DAS HAB' ICH GEHÖRT.
Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Nálanda, am Saume des Mangowaldes der
Stadt Pává. Da ist denn der ehrwürdige Sáriputto zum Erhabenen hingekommen, hat
den Erhabenen ehrerbietig begrüßt und sich beiseite gesetzt. Beiseite sitzend
hat dann der ehrwürdige Sáriputto zum Erhabenen also gesprochen:
«So klar geworden bin ich, o Herr, am Erhabenen: es war nicht und es wird
nicht sein und ist auch gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder Priester
reicher als der Erhabene an Weistum, und zwar im Erwachtsein.»
«Gewaltig ist, Sáriputto, das kühne Wort, das du gesprochen, schlechthin
behauptet, als Löwenruf hast erschallen lassen: <So klar geworden bin ich, o
Herr, am Erhabenen: es war nicht und es wird nicht sein und ist auch
gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder Priester reicher als der Erhabene an
Weistum, und zwar im Erwachtsein'; wie denn, Sáriputto: die da in vergangenen
Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, alle jene Erhabenen hast du im
Geiste geistig erfassend erkannt: <Also gelebt hatten jene Erhabenen, so und
so, also gelehrt, also gewußt, also geweilt, also erlöst waren jene Erhabenen,
so und so>?»
«Das wohl nicht, o Herr.»
«Wie aber, Sáriputto: die da in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen
Erwachte sein werden, alle jene Erhabenen hast du im Geiste geistig erfassend
erkannt: <Also leben werden jene Erhabenen, so und so, also lehren, also
wissen, also weilen, also erlöst sein werden jene Erhabenen, so und so>?»
«Das wohl nicht, o Herr.»
«Wie aber, Sáriputto: hast du gegenwärtig mich als Heiligen, vollkommen
Erwachten im Geiste geistig erfassend erkannt: <Also lebt der Erhabene, so
und so, lehrt also, weiß also, weilt also, also erlöst ist der Erhabene, so und
so>?»
«Das wohl nicht, o Herr.»
«So hast du eben da, Sáriputto, von den vergangenen, künftigen,
gegenwärtigen Heiligen, vollkommen Erwachten keine geistig durchdringende
Kunde: wie denn also nur, Sáriputto, konntest du das gewaltige Wort, kühne Wort
sprechen, schlechthin behaupten, als Löwenruf erschallen lassen: 'So klar
geworden bin ich, o Herr, am Erhabenen: es war nicht und es wird nicht sein und
ist auch gegenwärtig nicht ein anderer Asket oder Priester reicher als der
Erhabene an Weistum, und zwar im Erwachtsein'?»
«Freilich gibt es, o Herr, von den vergangenen, künftigen, gegenwärtigen
Heiligen, vollkommen Erwachten keine solche geistig durchdringende Kunde:
gleichwohl hab' ich folgerecht erkannt. - Gleichwie etwa, o Herr, als wenn an
des Königs Grenzen eine Burg steht, mit mächtigem Walle, mächtigen Mauern und
Zinnen, und einem Eingang: da sei ein Torhüter, klug, erfahren, besonnen, der
Unbekannte abweist, Bekannte einläßt. Der würde, indem er rings um die Festung
im Kreisweg herumschritte, keinen Spalt in der Mauer, keinen Schlitz in der
Mauer bemerken, nicht einmal um ein Kätzchen durchschlüpfen zu lassen, so daß
er sich sagte: <Was auch immer für größeres Wesen diese Burg betreten oder
verlassen will, ein jedes muß eben durch dieses Tor eintreten oder
austreten31.> Ebenso nun auch, o Herr, hab' ich folgerecht erkannt:
die da, o Herr, in vergangenen Zeiten, Heilige, vollkommen Erwachte waren, alle
jene Erhabenen hatten die fünf Hemmungen (nivarana) aufgehoben,
die Schlacken des Gemütes kennengelernt, die lähmenden, hatten bei den vier
Grundlagen der Achtsamkeit (satipatthana) den
Geist wohlaufgepflanzt, die sieben Erweckungen (bojjhanga) der
Wahrheit gemäß erwirkt, waren in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung
auferwacht. Und die da, o Herr, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen
Erwachte sein werden, alle jene Erhabenen werden die fünf Hemmungen aufheben,
die Schlacken des Gemütes kennenlernen, die lähmenden, bei den vier Grundlagen
der Achtsamkeit den Geist wohlaufpflanzen, die sieben Erweckungen der Wahrheit
gemäß erwirken, werden in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung
auferwachen. Der Erhabene aber, o Herr, hat jetzt als Heiliger, vollkommen
Erwachter die fünf Hemmungen aufgehoben, die Schlacken des Gemütes
kennengelernt, die lähmenden, hat bei den vier Grundlagen der Achtsamkeit den
Geist wohlaufgepflanzt, die sieben Erweckungen der Wahrheit gemäß erwirkt, ist
in der unvergleichlichen vollkommenen Erwachung auferwacht.
«Einst war ich, o Herr, zum Erhabenen gekommen um die Lehre zu
hören32. Da hat mir, o Herr, der Erhabene die Lehre dargelegt, weiter
und weiter, inniger und inniger, mit ihren Teilen von dunkel und licht33.
Je mehr und mehr nun, o Herr, der Erhabene die Lehre dargelegt hat, weiter und
weiter, inniger und inniger, mit ihren Teilen von dunkel und licht, desto mehr
und mehr hab' ich bei dieser Lehre Hellsicht erlangt und schon ein Ding bei den
Dingen sicher herausgefunden, bin am Meister klar geworden: <Vollkommen
erwacht ist der Erhabene, wohlkundgetan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut
die Jüngerschaft.>
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt an heilsamen Dingen. Da sind dies die heilsamen Dinge, und zwar: die
vier Grundlagen der Achtsamkeit, die vier gewaltigen Kämpfe, die vier
Machtgebiete, die fünf Fähigkeiten, die fünf Vermögen, die sieben Erweckungen,
der heilige achtfältige Weg. Da kann, o Herr, ein Mönch den Wahn versiegen
lassen und die wahnlose Gemüterlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich
offenbar machen, verwirklichen und erringen. Das ist, o Herr, unübertrefflich
an heilsamen Dingen, das hat der Erhabene restlos verstanden; und weil das der
Erhabene restlos verstanden hat, gibt es darüber hinaus nichts mehr zu
verstehn, wobei etwa ein anderer Asket oder Priester reicher als der Erhabene
an Weistum wäre, und zwar bei heilsamen Dingen.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt beim Aufweisen der Bereiche. Sechs gibt es, o Herr, der
innerlich-äußerlichen Bereiche: das Auge und die Formen, das Ohr und die Töne,
die Nase und die Düfte, die Zunge und die Säfte, den Leib und die Tastungen,
das Denken und die Dinge. Das ist, o Herr, unübertrefflich beim Aufweisen der
Bereiche, das hat der Erhabene restlos verstanden; und weil das der Erhabene
restlos verstanden hat, gibt es darüber hinaus nichts mehr zu verstehn, wobei
etwa ein anderer Asket oder Priester reicher als der Erhabene an Weistum wäre,
und zwar beim Aufweisen der Bereiche.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt in Bezug auf die Empfängnis. Vier Arten gibt es, o Herr, der
Empfängnis: da kommt eben, o Herr, einer unbewußt in den Schoß der Mutter
herab, unbewußt bleibt er im Schoße der Mutter, unbewußt kehrt er aus dem
Schoße der Mutter hervor; das ist die erste Art der Empfängnis. Weiter sodann,
o Herr: da kommt einer bewußt in den Schoß der Mutter herab, unbewußt bleibt er
im Schoße der Mutter, unbewußt kehrt er aus dem Schoße der Mutter hervor; das
ist die zweite Art der Empfängnis. Weiter sodann, o Herr: da kommt einer bewußt
in den Schoß der Mutter herab, bewußt bleibt er im Schoße der Mutter, unbewußt
kehrt er aus dem Schoße der Mutter hervor; das ist die dritte Art der
Empfängnis. Weiter sodann, o Herr: da kommt einer bewußt in den Schoß der
Mutter herab, bewußt bleibt er im Schoße der Mutter, bewußt kehrt er aus dem
Schoße der Mutter hervor; das ist die vierte Art der Empfängnis. Das ist, o
Herr, unübertrefflich in Bezug auf die Empfängnis.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt je nach der Art bestimmter Voranzeige. Vier Arten gibt es, o Herr, von
bestimmter Voranzeige: da kann, o Herr, einer aus Anzeichen voranzeigen:
<Daran denkst du, dies bedenkst du, das ist dein Gedanke>: und wenn er
auch viel voranzeigt, genau so ist es, nicht anders; das ist die erste Art
bestimmter Voranzeige. Weiter sodann, o Herr: da zeigt einer nicht wohl aus
Anzeichen voran, vielmehr hat er von Menschen oder von Nichtmenschen oder von
Geistern Töne vernommen, die er dann auslegt: <Daran denkst du, dies
bedenkst du, das ist dein Gedanke>: und wenn er auch viel voranzeigt, genau
so ist es, nicht anders; das ist die zweite Art bestimmter Voranzeige.
Weiter sodann, o Herr: da zeigt einer nicht wohl aus Anzeichen voran, noch
auch hat er von Menschen oder von Nichtmenschen oder von Geistern Töne
vernommen, die er dann auslegt, vielmehr hat er nachgesonnen und nachgedacht
und nachsinnend einen Nachhall gehört, den er auslegt: <Daran denkst du,
dies bedenkst du, das ist dein Gedanke>: und wenn er auch viel voranzeigt,
genau so ist es, nicht anders; das ist die dritte Art bestimmter Voranzeige.
Weiter sodann, o Herr: da zeigt einer nicht wohl aus Anzeichen voran, noch
auch hat er von Menschen oder von Nichtmenschen oder von Geistern Töne
vernommen, die er dann auslegt, er hat auch nicht nachgesonnen und nachgedacht
und nachsinnend einen Nachhall gehört, den er dann auslegt, aber in sinnend
gedenkende Schauung eingegangen erfaßt er geistig den Geist und erkennt:
<Wie bei diesem Lieben die gedanklichen Unterscheidungen gerichtet sind, so
muß es bei ihm unverzüglich zu der und der geistigen Vorstellung kommen>:
und wenn er auch viel voranzeigt, genau so ist es, nicht anders; das ist die
vierte Art bestimmter Voranzeige. Das ist, o Herr, unübertrefflich je nach der
Art bestimmter Voranzeige.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt bei der Erfüllung der Gesichte. Vier Arten gibt es, o Herr, von
Erfüllung der Gesichte: da hat, o Herr, irgendein Asket oder Priester in heißer
Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit
eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen eben diesen Körper da
von der Sohle bis zum Scheitel, den hautüberzogenen, den unterschiedliches
Unreine ausfüllt, sich betrachten kann: <Dieser Körper trägt einen Schopf,
ist behaart, hat Nägel und Zähne, Haut und Fleisch, Sehnen und Knochen und
Knochenmark, Nieren, Herz und Leber, Zwerchfell, Milz, Lungen, Magen,
Eingeweide, Weichteile und Kot, hat Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß,
Lymphe, Tränen, Serum, Speichel, Rotz, Gelenköl, Urin>; das ist die erste
Art Erfüllung der Gesichte34.
Weiter sodann, o Herr: da hat irgendein Asket oder Priester in heißer Buße,
in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer
Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen eben
diesen Körper da von der Sohle bis zum Scheitel, den hautüberzogenen, den
unterschiedliches Unreine ausfüllt, sich also betrachten kann: und indem er
weiter eindringt in des Menschen Haut und Fleisch und Blut betrachtet er sich
das Gerippe; das ist die zweite Art Erfüllung der Gesichte.
Weiter sodann, o Herr: da hat irgendein Asket oder Priester in heißer Buße,
in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer
Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen sich
darüber erhebt und am Menschen die Wellen des Bewußtseins gewahr wird, wie sie
nach beiden Seiten ununterbrochen dahinfließen, in Brandung zu dieser Welt, in
Brandung zu jener Welt; das ist die dritte Art Erfüllung der Gesichte.
Weiter sodann, o Herr: da hat irgendein Asket oder Priester in heißer Buße,
in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer
Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen sich
darüber erhebt und am Menschen die Wellen des Bewußtseins gewahr wird, wie sie
nach beiden Seiten ununterbrochen dahinfließen, ohne Brandung zu dieser Welt,
ohne Brandung zu jener Welt; das ist die vierte Art Erfüllung der Gesichte. Das
ist, o Herr, unübertrefflich bei der Erfüllung der Gesichte.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefllich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt beim Aufweisen der Personen. Sieben Arten gibt es, o Herr, von
Personen: da ist
Das ist, o Herr, unübertrefflich beim Aufweisen der Personen35.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt in Bezug auf die Kämpfe. Sieben gibt es, o Herr, der Erweckungen (bojjhanga), und
zwar:
Das ist, o Herr, unübertrefflich in Bezug auf die Kämpfe.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt je nachdem man vorschreiten kann. Nach viererlei Art, o Herr, kann man
vorschreiten: auf einem schmerzlichen Pfade, wo man langsam verstehn lernt, auf
einem schmerzlichen Pfade, wo man eilends verstehn lernt; auf einem fröhlichen
Pfade, wo man langsam verstehn lernt, auf einem fröhlichen Pfade, wo man
eilends verstehn lernt. Was nun, o Herr, den Pfad betrifft, der schmerzlich und
langsam zum Verständnis führt: ein solches Vorschreiten, o Herr, wird eben
zwiefach als minder bezeichnet, wegen der Schmerzlichkeit und wegen der
Langsamkeit. Was aber, o Herr, den Pfad betrifft, der schmerzlich und eilends
zum Verständnis führt: ein solches Vorschreiten, o Herr, wird wegen der
Schmerzlichkeit als minder bezeichnet. Was dann, o Herr, den Pfad betrifft, der
fröhlich und langsam zum Verständnis führt: ein solches Vorschreiten, o Herr,
wird wegen der Langsamkeit als minder bezeichnet. Und was nun, o Herr, den Pfad
betrifft, der fröhlich und eilends zum Verständnis führt: ein solches
Vorschreiten, o Herr, wird eben zwiefach als vorzüglich bezeichnet, wegen der
Fröhlichkeit und wegen der Schnelligkeit. Das ist, o Herr, unübertrefflich in
Bezug auf das Vorschreiten.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt je nachdem man zu reden hat. Da mag, o Herr, einer nicht wohl zur Lüge
neigende Sprache führen, auch nicht Verkehrtes angeben, hinterrücks reden, auch
keinen Anstoß erregen mit der Absicht auf Trumpf: besonnen, besonnen nur
spricht er sich aus, reich an Inhalt, zur rechten Zeit. Das ist, o Herr,
unübertrefflich in Bezug auf das Reden.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt je nachdem der Mensch sich betragen soll. Da mag, o Herr, einer
wahrhaft sein und vertrauenswürdig, kein Späher und Verräter, kein Bezichtiger
und Auskundschafter, nicht Vorteil um Vorteil zu erwuchern trachten; er wird
die Tore der Sinne hüten, beim Mahle Maß halten, unbestechlich sein, der
Wachsamkeit sich weihen, beharrlich, standhaft bleiben, kundig, einsichtig,
begütigend bereit sein als einer, der Weg und Steg und Rat weiß, es reizen ihn
keine Genüsse, sinnig und heiter wandelt er dahin. Das ist, o Herr,
unübertrefflich in Bezug auf menschliches Betragen.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt je nach der Art des Gehorsams. Vier Arten gibt es, o Herr, von
Gehorsam:
es
kennt, o Herr, der Erhabene eine andere Person von selbst nach gründlicher
Beobachtung: <Diese Person wird, wie sie dem Gebote Schritt um Schritt
nachkommt, nach Vernichtung der drei Fesseln zur Hörerschaft gelangen, dem
Verderben entronnen zielbewußt der vollen Erwachung entgegeneilen>;
es
kennt, o Herr, der Erhabene eine andere Person von selbst nach gründlicher
Beobachtung: <Diese Person wird, wie sie dem Gebote Schritt um Schritt
nachkommt, nach Vernichtung der drei Fesseln, von Gier, Haß und Irre
erleichtert, fast schon geläutert, nur einmal wiederkehren, nur einmal
noch zu dieser Welt gekommen dem Leiden ein Ende machen>;
es
kennt, o Herr, der Erhabene eine andere Person von selbst nach gründlicher
Beobachtung: <Diese Person wird, wie sie dem Gebote Schritt um Schritt
nachkommt, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigen
um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener
Welt>;
es
kennt, o Herr, der Erhabene eine andere Person von selbst nach gründlicher
Beobachtung: <Diese Person wird, wie sie dem Gebote Schritt um Schritt
nachkommt, den Wahn versiegen lassen und die wahnlose Gemüterlösung,
Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen
und erringen.>
Das ist, o Herr, unübertrefflicher Bescheid je nach der Art des Gehorsams.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt eben also je nach dem Wissen von der Erlösung bei anderen Personen. Das
ist, o Herr, unübertrefflicher Bescheid in Bezug auf das Wissen von anderer
Personen Erlösung.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt bei den Behauptern der Ewigkeit. Drei Arten gibt es, o Herr, wie
Ewigkeit behauptet wird.
Da
hat, o Herr, irgendein Asket oder Priester in heißer Buße, in stetem
Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit
eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen an manche
verschiedene frühere Daseinsform sich erinnert: als wie an ein Leben, dann
an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben,
dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an
vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an
tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an viele hunderttausend
Leben; <Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich
an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich
erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo
wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie
gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und
Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich
hier wieder ins Dasein>: so erinnert er sich mancher verschiedenen
früheren Daseinsform, mit je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den
eigenartigen Beziehungen. Der sagt nun also aus: <Die Zeiten der
Vergangenheit kenn' ich schon: zusammengeballt hatte sich die Welt und
auseinandergeballt; und die Zeiten der Zukunft kenn' ich wohl auch:
zusammenballen wird sich die Welt und auseinanderballen. Ewig ist Seele
und Welt, starr, giebelständig, grundfest gegründet; und diese Wesen
wandern um, wandeln um, verschwinden und erscheinen wieder: es ist eben
immer dasselbe.> Das ist die erste Behauptung der Ewigkeit.
Weiter
sodann, o Herr: da hat irgendein Asket oder Priester in heißer Buße, in
stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer
Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen an
manche verschiedene frühere Daseinsform sich erinnert, und zwar an die
Zeiten während einer Weltenentstehung und Weltenvergehung, dann an die
Zeiten während zweier Weltenentstehungen-Weltenvergehungen, dann an die
Zeiten während dreier Weltenentstehungen-Weltenvergehungen, dann an die
Zeiten während vier, fünf, zehn Weltenentstehungen-Weltenvergehungen, mit
je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Der
sagt nun also aus: <Die Zeiten der Vergangenheit kenn' ich gar wohl:
zusammengeballt hatte sich diese Welt und auseinandergeballt; und auch die
Zeiten der Zukunft kenn' ich gar wohl: zusammenballen wird sich die Welt
und auseinanderballen. Ewig ist Seele und Welt, starr, giebelständig,
grundfest gegründet; und diese Wesen wandern um, wandeln um, verschwinden
und erscheinen wieder: es ist eben immer dasselbe.> Das ist die zweite
Behauptung der Ewigkeit.
Weiter
sodann, o Herr: da hat irgendein Asket oder Priester in heißer Buße, in
stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit
eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen an manche
verschiedene frühere Daseinsform sich erinnert, und zwar an die Zeiten
während zwanzig Weltenentstehungen-Weltenvergehungen, während dreißig
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen, während vierzig
Weltenentstehungen-Weltenvergehungen, mit je den eigentümlichen Merkmalen,
mit je den eigenartigen Beziehungen. Der sagt nun also aus: <Die Zeiten
der Vergangenheit kenn' ich nunmehr: bald zusammengeballt hatte sich diese
Welt, bald auseinandergeballt; und die Zeiten der Zukunft kenn' ich
nunmehr: bald zusammenballen wird sich die Welt, bald
auseinanderballen36. Ewig ist Seele und Welt, starr,
giebelständig, grundfest gegründet; und die Wesen wandern um, wandeln um,
verschwinden und erscheinen wieder: es ist eben immer dasselbe.> Das
ist die dritte Behauptung der Ewigkeit. Da gibt es, o Herr,
unübertrefflichen Bescheid, wenn Ewigkeit behauptet wird.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt bei der erinnernden Erkenntnis früherer Daseinsformen. Da kann, o Herr,
irgendein Asket oder Priester in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster
Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung
erringen, wo er innig im Herzen an manche verschiedene frühere Daseinsform sich
erinnert, mit je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen. Nun gibt es, o Herr, Wesen, bei denen es nicht möglich ist mit
Zählen oder mit Rechnen die Dauer zu bestimmen; aber in was für einer
Selbstgestaltung man auch einstmals bestanden haben mag, war es nun in
formhafter Welt oder in formloser Welt, in bewußter Sphäre oder in unbewußter
Sphäre oder in weder bewußt noch unbewußter Wesen Bereich: mit je den
eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen ist da die
erinnernde Erkenntnis früherer Daseinsformen erreichbar. Da gibt es, o Herr,
unübertrefflichen Bescheid, wenn frühere Daseinsform erinnernd erkannt werden
soll.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt bei der Erkenntnis vom Verschwinden und Erscheinen der Wesen. Da kann,
o Herr, irgendein Asket oder Priester in heißer Buße, in stetem Kampfe, in
ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige
Einigung erringen, wo er innig im Herzen mit dem himmlischen Auge, dem
geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, die Wesen
dahinschwinden und wiedererscheinen sieht, gemeine und edle, schöne und
unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach
den Taten wiederkehren. <Diese lieben Wesen sind freilich in Taten dem
Schlechten zugetan, in Worten dem Schlechten zugetan, in Gedanken dem
Schlechten zugetan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, tun Verkehrtes; bei der
Auflösung des Leibes, nach dem Tode, geraten sie auf den Abweg, auf schlechte
Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Taten
dem Guten zugetan, in Worten dem Guten zugetan, in Gedanken dem Guten zugetan,
tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, tun Rechtes; bei der Auflösung des
Leibes, nach dem Tode, geraten sie auf gute Fährte, in selige Welt.> So kann
er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen
hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine
und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen
wie die Wesen ja nach den Taten wiederkehren. Da gibt es, o Herr,
unübertrefflichen Bescheid, wenn das Verschwinden und Erscheinen der Wesen
erkannt werden soll.
«Ferner aber, o Herr, ist das unübertrefflich, wie der Erhabene die Lehre
darlegt bei der Entfaltung von Macht. Zwei Arten sind es, o Herr, von
Machtentfaltung: es gibt, o Herr, eine Macht mit Wahn bestanden, mit Haften
bestanden, die <nicht heilig> genannt wird; es gibt, o Herr, eine Macht
ohne Wahn bestanden, ohne Haften bestanden, die <heilig> genannt wird.
Was ist das aber, o Herr, für eine Macht, die mit Wahn bestanden, mit Haften
bestanden, <nicht heilig> genannt wird? Da hat, o Herr, irgendein Asket
oder Priester in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in
unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen,
wo er innig im Herzen auf mannigfaltige Weise Machtentfaltung an sich erfahren
mag: als nur einer etwa vielfach zu werden, und vielfach geworden wieder einer
zu sein; oder sichtbar und unsichtbar zu werden; auch durch Mauern, Wälle,
Felsen hindurchzuschweben wie durch die Luft; oder auf der Erde auf- und
unterzutauchen wie im Wasser; auch auf dem Wasser zu wandeln ohne unterzusinken
wie auf der Erde; oder auch durch die Luft sitzend dahinzufahren wie der Vogel
mit seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond und diese Sonne, die so mächtigen,
so gewaltigen, mit der Hand zu befühlen und zu berühren; etwa gar bis zu den
Brahmawelten den Körper in seiner Gewalt zu haben. Das ist, o Herr, eine Macht
mit Wahn bestanden, mit Haften bestanden, die <nicht heilig> genannt
wird. Was ist es nun aber, o Herr, für eine Macht, die ohne Wahn bestanden,
ohne Haften bestanden, <heilig> genannt wird? Da kann, o Herr, ein Mönch,
wenn er sich wünscht: <Bei Widerwärtigem will ich unwiderwärtig
gewahrbleiben>, dabei unwiderwärtig gewahrbleiben; wenn er sich wünscht:
<Bei Unwiderwärtigem will ich widerwärtig gewahrbleiben>, dabei widerwärtig
gewahrbleiben; wenn er sich wünscht: <Bei Widerwärtigem und Unwiderwärtigem
will ich unwiderwärtig gewahrbleiben>, dabei unwiderwärtig gewahrbleiben;
wenn er sich wünscht: <Bei Unwiderwärtigem und Widerwärtigem will ich
widerwärtig gewahrbleiben>, dabei widerwärtig gewahrbleiben; wenn er sich
wünscht: <Widerwärtiges und Unwiderwärtiges, beides will ich von mir weisen
und gleichmütig bleiben, besonnen, klar bewußt>, dabei gleichmütig bleiben,
besonnen, klar bewußt. Das nun, o Herr, ist eine Macht ohne Wahn bestanden,
ohne Haften bestanden, die <heilig> genannt wird. Das ist, o Herr, der
unübertreffliche Bescheid, wenn Macht entfaltet werden soll, das hat der
Erhabene restlos verstanden; und weil das der Erhabene restlos verstanden hat,
gibt es darüber hinaus nichts mehr zu verstehn, wobei etwa ein anderer Asket
oder Priester reicher als der Erhabene an Weistum wäre, und zwar bei der
Entfaltung von Macht.
«Was da, o Herr, mit Vertrauen einem edlen Sohne erreichbar ist durch mutige
Beharrlichkeit, Beständigkeit, durch Mannesgewalt, Manneskraft,
Mannestapferkeit, Mannesausdauer: es ist vom Erhabenen erreicht worden. Denn
der Erhabene, o Herr, ist nicht dem Genießen, am Wohlgenuß klebend, hingegeben,
dem gewöhnlichen, gemeinen, alltäglichen, unheiligen, unheilsamen, und auch
keiner Selbstkasteiung hingegeben, der leidigen, unheiligen, unheilsamen:
dagegen hat der Erhabene die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im
Leben beseligen, nach Wunsch gewonnen, in ihrer Fülle und Weite.
«Wenn man, o Herr, mich da fragen würde: <Wie denn nun, Bruder Sáriputto:
hat es in vergangenen Zeiten andere Asketen oder Priester gegeben, die reicher
als der Erhabene an Weistum waren, im Erwachtsein?>, so würd' ich, o Herr,
auf diese Frage mit Nein antworten. <Oder wird es wohl, Bruder Sáriputto, in
künftigen Zeiten andere Asketen oder Priester geben, die reicher als der
Erhabene an Weistum sein werden, im Erwachtsein?> Auch darauf, o Herr, würd'
ich Nein sagen. <Wie aber nun, Bruder Sáriputto: gibt es in der Gegenwart
andere Asketen oder Priester, die reicher als der Erhabene an Weistum sind, im
Erwachtsein?> Auch dies, o Herr, würd' ich mit Nein beantworten. Wenn man, o
Herr, mich da fragen würde: <Wie aber nun, Bruder Sáriputto: hat es in
vergangenen Zeiten andere Asketen oder Priester gegeben, die dem Erhabenen ganz
gleich waren im Erwachtsein?>, so würd' ich, o Herr, auf diese Frage mit Ja
antworten. <Und wird es wohl, Bruder Sáriputto, in künftigen Zeiten andere
Asketen oder Priester geben, die dem Erhabenen ganz gleich sein werden im
Erwachtsein?> Auch darauf, o Herr, würd' ich Ja sagen. <Wie denn aber,
Bruder Sáriputto: gibt es in der Gegenwart andere Asketen oder Priester, die
dem Erhabenen ganz gleich sind im Erwachtsein?> Darauf würd' ich, o Herr, mit
Nein antworten. Und wenn man mich, o Herr, nun weiter befragte: <Warum hat
wohl der ehrwürdige Sáriputto das eine zugegeben und das andere nicht
zugegeben?>, so würd' ich, o Herr, auf diese Frage derart antworten: <Von
Angesicht hab' ich es, Brüder, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen:
'Es hat in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte gegeben, die mir
ganz gleich waren im Erwachtsein'; von Angesicht hab' ich es, Brüder, vom
Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen: 'Es wird in künftigen Zeiten Heilige,
vollkommen Erwachte geben, die mir ganz gleich sein werden im Erwachtsein'; von
Angesicht hab' ich es, Brüder, vom Erhabenen gehört, von Angesicht vernommen:
'Unmöglich ist es und kann nicht sein, daß in ein und derselben Weltordnung
zwei Heilige, vollkommen Erwachte zugleich auftreten könnten: ein solcher Fall
kommt nicht vor.'> Vielleicht hab' ich, o Herr, mit solcher Antwort auf
solche Frage auch wirklich die Worte des Erhabenen gebraucht und den Erhabenen
nicht mit Unrecht angeführt und der Lehre gemäß geredet, so daß sich da kein
entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen kann.»
«Gewiß hast du, Sáriputto, mit solcher Antwort auf solche Frage auch
wirklich meine Worte gebraucht und mich nicht mit Unrecht angeführt und der
Lehre gemäß geredet, so daß sich da kein entsprechender Folgesatz als ungehörig
erweisen kann.»
Nach diesem Bezeugnis hat der ehrwürdige Udáyí sich also an den Erhabenen
gewandt:
«Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr, ist des Vollendeten
Genügsamkeit, Zufriedenheit, Abgeschiedenheit, da ja doch der Vollendete so
hohe Macht, so hohe Gewalt erworben hat, aber sich eben nicht zu erkennen geben
mag. Wäre davon, o Herr, auch nur ein oder das andere Ding den andersfährtigen
Pilgern bei sich zu gewahren möglich, sie würden damit schon eine Flagge
aufhissen. Wunderbar, o Herr, außerordentlich, o Herr, ist des Vollendeten
Genügsamkeit, Zufriedenheit, Abgeschiedenheit, da ja doch der Vollendete so
hohe Macht, so hohe Gewalt erworben hat, aber sich eben nicht zu erkennen geben
mag.»
«Ja sieh' nur, Udáyí, wie der Vollendete genügsam, zufrieden, abgeschieden
bleibt, da ja doch der Vollendete so hohe Macht, so hohe Gewalt erworben hat,
aber sich eben nicht zu erkennen geben mag. Wäre freilich, Udáyí, davon auch
nur ein oder das andere Ding den andersfährtigen Pilgern bei sich zu gewahren
möglich, so würden sie damit schon eine Flagge aufhissen. Ja sieh' nur, Udáyí,
wie der Vollendete genügsam, zufrieden, abgeschieden bleibt, da ja doch der
Vollendete so hohe Macht, so hohe Gewalt erworben hat, aber sich eben nicht zu
erkennen geben mag37.»
Da hat nun der Erhabene sich an den ehrwürdigen Sáriputto gewandt:
«Wohlan denn, Sáriputto, so magst du diesen Gedankengang wiederholt
darstellen, vor Mönchen und Nonnen, vor Anhängern und Anhängerinnen. Denn wenn
auch wohl, Sáriputto, unter eitlen Menschen manche am Vollendeten ein Zweifel
oder ein Bedenken ankommen mag, so können auch solche, wenn sie diesen
Gedankengang vernommen haben, Zweifel oder Bedenken am Vollendeten verlieren.»
So hat da der ehrwürdige Sáriputto im Angesicht des Erhabenen die Klarheit
kundgetan. Darum eben ist diese Ausführung 'Um klar zu werden' benannt.
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