DAS HAB' ICH GEHÖRT.
Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rájagaham, im Bambusparke, am Hügel der
Eichhörnchen.
Um diese Zeit nun war Singálako, der Sohn eines Hausvaters, zu früher Stunde
schon aufgestanden und aus der Stadt hinweggeschritten, mit wasserbenetztem
Gewande, mit wasserbenetztem Scheitel: die Hände gefaltet emporhaltend brachte
er jeder Himmelsgegend eine Verbeugung dar, nach Osten gewandt und nach Süden,
nach Westen gewandt und nach Norden, nach unten hin und nach oben
hin53.
Nun hatte sich der Erhabene zeitig am Morgen gerüstet, Mantel und Schale
genommen und war nach der Stadt um Almosenspeise aufgebrochen. Da sah denn der
Erhabene Singálako den Bürgersohn, wie der zu so früher Stunde aufgestanden und
aus der Stadt hinweggeschritten war, mit wasserbenetztem Gewande, mit
wasserbenetztem Scheitel, wie er da die Hände gefaltet emporhaltend jeder
Himmelsgegend eine Verbeugung darbrachte: nach Osten gewandt und nach Süden,
nach Westen gewandt und nach Norden, nach unten hin und nach oben hin. Bei
diesem Anblick hat nun der Erhabene zu Singálako dem Bürgersohn also
gesprochen:
«Warum nur bist du, Bürgersohn, so früh aus der Stadt hierhergekommen, mit
wasserbenetztem Gewande, mit wasserbenetztem Scheitel, und bringst, die Hände
gefaltet emporhaltend, jeder Himmelsgegend eine Verbeugung dar, nach Osten
gewandt und nach Süden, nach Westen gewandt und nach Norden, nach unten hin und
nach oben hin?»
«Der Vater hat mir, o Herr, als er starb, gesagt: <Die Himmelsgegenden,
mein Sohn, sollst du verehren.> Da bring ich denn, o Herr, weil ich des
Vaters Wort hochschätze und werthalte, achte und ehre, den Himmelsgegenden
meine Verehrung auf diese Weise dar.»
«Nicht doch, Bürgersohn, hat man nach edler Sitte den sechs Himmelsgegenden
auf solche Weise Verehrung darzubringen.»
«Wie denn aber, o Herr, hat man nach edler Sitte den sechs Himmelsgegenden
Verehrung darzubringen? Möge mich, o Herr, der Erhabene gütig belehren, auf was
für eine Weise nach edler Sitte den sechs Himmelsgegenden Verehrung
darzubringen sei.»
«Wohlan denn, Bürgersohn, so höre und achte wohl auf meine Rede.»
«Gewiß, o Herr», sagte da aufmerksam Singálako der Bürgersohn zum Erhabenen.
Der Erhabene sprach also:
«Wenn da, Bürgersohn, der heilige Jünger viererlei Tatengelüste verleugnet
hat, er bei viererlei Anlässen keine schlechte Handlung begeht, und er auf
sechs Gebieten nach abwärts auszugleiten vermeiden lernt, dann ist er also
vierzehn Übeln entgangen, hat die sechs Himmelsgegenden überzogen, nach beiden
Welten hin zum Siege vorschreitend, er hat diese Welt und auch jene Welt zu
gewinnen vermocht, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, gelangt er
auf gute Fährte, in selige Welt empor. Welche viererlei Tatengelüste sind es,
die er verleugnet hat? Lebendiges umzubringen, Bürgersohn, ist ein Tatengelüst,
Nichtgegebenes zu nehmen ist ein Tatengelüst, Ausschweifung zu begehen ist ein
Tatengelüst, Lüge zu sagen ist ein Tatengelüst. Das sind die viererlei
Tatengelüste, die er verleugnet hat.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach
fernerhin also der Meister:
Bei welchen viererlei Anlässen begeht er keine schlechte Handlung?
Sobald nun, Bürgersohn, der heilige Jünger, weder dem Willen Folge leistet
noch dem Hasse gehorcht, nicht von Verblendung sich leiten und auch nicht von
Angst sich bewegen läßt, so kann er bei diesen viererlei Anlässen keine
schlechte Handlung begehen.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach
fernerhin also der Meister:
Auf was für sechs Gebieten hat er nach abwärts auszugleiten vermeiden
gelernt?
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt der Gebrauch von
berauschenden und berückenden Getränken, betäubenden und betörenden Mitteln mit
sich:
Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das der Gebrauch von
berauschenden und berückenden Getränken, betäubenden und betörenden Mitteln mit
sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt das müßig auf der Straße sich gern
Herumtreiben mit sich:
Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das das müßig auf der
Straße sich gern Herumtreiben mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt der Besuch der Festversammlungen mit
sich: man fragt nur immer <Wo wird getanzt, wo wird gesungen, wo wird
geblasen, wo wird vorgetragen, wo wird gefiedelt, wo wird
getrommelt54?> Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das der Besuch
der Festversammlungen mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt es mit sich, wenn man dem Spiel und
der Zerstreuung sich hingibt: wer gewinnt verfeindet sich, wer verliert trauert
dem Gehabten nach, das Geld ist alsogleich hin, wenn man öffentlich eine Rede
hält, so hat das Wort kein Gewicht, Freunden und Genossen ist man verächtlich
geworden, zu Hochzeit und Heirat wird man nicht beigezogen, <ein Mensch>,
heißt es, <der zum Spieler geworden ist, ist nicht imstande ein Weib zu
erhalten55.> Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das die Hingabe
an Spiel und Zerstreuung mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt es mit sich, wenn man schlechte
Freundschaften schließt: die da Spieler sind, Schwärmer und Trinker, die
Betrüger, Schwindler und Raufbolde, die hat er zu Freunden, hat er zu
Gefährten. Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das der Anschluß an schlechte
Freunde mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt lässiges Gehnlassen mit sich: <Es
ist zu kalt> sagt man und unterläßt die Arbeit, <Es ist zu heiß> sagt
man und unterläßt die Arbeit, <Es ist zu spät>, <Es ist zu früh>
sagt man und unterläßt die Arbeit, <Ich bin zu hungrig>, <Ich bin zu
durstig> sagt man und unterläßt die Arbeit. Indem man so allerhand Vorwände
gegen seine Pflichten macht, kann man noch nicht Erworbenes nicht gewinnen, und
was man erworben hat wird aufgebraucht. Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend,
das lässiges Gehnlassen mit sich bringt.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach
fernerhin also der Meister:
«Der eine trinkt uns Freundschaft
zu,
Der andre bleibt uns treu im
Glück:
Doch wer da, wenn man sein
bedarf,
Noch mit uns geht, der ist ein
Freund.
«Bis Mittag schlafen, buhlen um
des andern Weib,
In Grimm geraten, Schaden
anzustiften froh,
Gesell der schlechten Freunde
sein und geizverzehrt:
Der Dinge zum Verderb des
Menschen sind es sechs.
«Mit schlechtem Freunde schlecht
gesellt,
In schlechter Übung, schlechtem
Brauch:
Aus diesem Dasein, jener
Welt,
Aus beiden gräbt man sich
zugrund.
«Spiel, Weib und Wein, Gesang und
Tanzergetzen,
Bei Tage schlummern, Müßiggang
auf Gassen,
Im Bunde Böser, neidig nichts
vergönnen:
Der Dinge zum Verderb des
Menschen sind es sechs.
«Man spielt mit Würfeln, trinkt
sich an Berauschung,
Geht Weibern nach, wie Tiere,
gleichviel welchen:
Erweicht im Niedern, nicht empor
sich kämpfend,
Entweicht man wie der Mond im
finstern Viertel stirbt56.
«Ein Säufer, ohne Deut, hat
garnichts bei sich,
Schon trunken noch trinkend, hat
alles vertan:
Kopfüber in Schulden wie ins
Wasser gestürzt,
Ans Ufer sich klammern, er kann
es nicht mehr.
«Wer tags zu schlafen ist
gewohnt
Und nachts umherzieht nach
Genuß:
Der Schwärmer, der den Rausch nur
liebt,
Er hat im Hause keinen
Platz.
«'Es ist zu kühl', 'Es ist zu
schwül',
'Es ist zu spät', so schwatzt man
gern:
Und weil der Mensch nun müßig
steht
Entfliehn die Stunden flugs
hinweg.
«Wem gleich die Kälte gilt und
Glut,
Als leichte Last, wie Grashalm
groß:
In Männertaten echt geübt
Vermißt er tüchtig keine
Gunst.
Es sind da, Bürgersohn, viererlei Feinde, die wie Freunde
sich geben, zu merken: der Nurimmernehmer ist als ein Feind, der wie ein Freund
sich gibt, zu merken; der gute Ratgeber ist als ein Feind, der wie ein Freund
sich gibt, zu merken; der gefällige Jasager ist als ein Feind, der wie ein
Freund sich gibt, zu merken; der Gefährte nach abwärts ist als ein Feind, der
wie ein Freund sich gibt, zu merken.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Nurimmernehmer als Feind, der
sich als Freund gibt, zu merken ist: Nurimmernehmer ist er, um wenig fordert er
viel, ängstlich zu machen hält er für seine Pflicht, er liebt es Rechtshändel
zu erregen. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Nurimmernehmer als
Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der gute Ratgeber als Feind, der
sich als Freund gibt, zu merken ist: über Vergangenes verbreitet er sich gern,
über Zukünftiges verbreitet er sich gern, auf nichtige Dinge legt er Gewicht,
im gegebenen Notfall warnt er vor Unglück. Das sind, Bürgersohn, die vier
Fälle, wo der gute Ratgeber als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der gefällige Jasager als Feind,
der sich als Freund gibt, zu merken ist: bei Schlechtem stimmt er da zu und bei
Gutem stimmt er da zu, ins Gesicht sagt er einem Lobesworte und hinter dem
Rücken spricht er sich tadelnd aus. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo
der gefällige Jasager als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Gefährte nach abwärts als
Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist: berauschende und berückende
Getränke zu genießen, betäubende und betörende Mittel zu gebrauchen, da kommt
er mit; müßig auf der Straße sich herumtreiben ist ihm recht; Festversammlungen
besuchen gehn, da schließt er sich an; dem Spiel und der Zerstreuung sich
hingeben, dazu ist er Gefährte. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der
Gefährte nach abwärts als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach
fernerhin also der Meister:
«Nurimmernehmer sein als
Freund,
Als Freund zu gutem Rat
bereit,
Mit Ja bedienen jederzeit
Und abwärts an sich schließen
gern:
«Als Feinde gelten diese
vier,
Dem klugen Manne
wohlbekannt:
Von weitem soll er sie
umgehn,
Wie hohle Gassen voll
Gefahr.
Es gibt da, Bürgersohn, viererlei Freunde, die als treuherzig zu merken sind:
der Wohltäter ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist; der in Freuden
wie Leiden Gleiche ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist; der
Heildeuter ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist; der Mitempfinder
ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Wohltäter als ein treuherziger
Freund zu merken ist: den Leichtsinnigen hält er zurück, des Leichtsinnigen Hab
und Gut sucht er zu retten, dem Gefährdeten bietet er Zuflucht, im gegebenen
Notfall läßt er ihm verdoppelte Hilfe angedeihen. Das sind, Bürgersohn, die
vier Fälle, wo der Wohltäter als ein treuherziger Freund zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der in Freuden wie Leiden Gleiche
als ein treuherziger Freund zu merken ist: Vertrauliches teilt er mit,
Vertrauliches hütet er, im Unglück verläßt er ihn nicht, sogar sein Leben gibt
er ihm zuliebe dahin. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der in Freuden
wie Leiden Gleiche als ein treuherziger Freund zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Heildeuter als ein treuherziger
Freund zu merken ist: vor Schlechtem wehrt er ab, zum Guten lenkt er hin,
Ungekanntes erklärt er ihm, die himmlische Fährte zeigt er ihm an. Das sind,
Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Heildeuter als ein treuherziger Freund zu
merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Mitempfinder als ein
treuherziger Freund zu merken ist: ein Mißlingen erfreut ihn nicht, ein
Gelingen erfreut ihn, bei tadelnder Rede wehrt er ab, bei lobender Rede stimmt
er mit ein. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Mitempfinder als ein
treuherziger Freund zu merken ist.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach
fernerhin also der Meister:
«Wer Wohltat ausübt als ein
Freund,
Und wer in Freud' wie Leid
besteht,
Wer Heil zu deuten nicht
versäumt?
Als Mitempfinder
herzenstreu:
«Als Freunde gelten diese
vier,
Dem klugen Manne
wohlbekannt:
Er soll sie halten lieb und
wert,
Gleichwie die Mutter hegt ihr
Kind.
«Der Kluge, tüchtig so
bewährt,
Wie strahlend Feuer glänzt er
hell;
Vermögen schafft er, sammelt
an,
Der Biene gleich, die Honig
saugt:
So wird er reicher Tag um
Tag,
Ameisenemsig recht bemüht.
«Wer also einzuernten weiß,
Der ist im Hause reich
genug;
Er teilt die Habe vierfach
ab,
Kann fest nun knüpfen
Freundesbund.
«Ein Teil, der dien' ihm zum
Genuß,
Mit zwein versorg' er sein
Geschäft,
Den vierten spar' er zu
Bedarf:
Er soll für später Hort ihm
sein.
«Wie aber, Bürgersohn, kann ein Jünger des Heiligen die
sechs Himmelsgegenden überziehn? Sechs gibt es, Bürgersohn, der
Himmelsgegenden, die man sich merken muß: der Osten, das sind die Eltern; der
Süden, das sind die Meister; der Westen, das ist Weib und Kind; der Norden, das
sind Freunde und Genossen; das Unten, das ist Knecht- und Dienergesinde; das
Oben, das sind Asketen und Priester.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Sohn der östlichen Gegend, den
Eltern, entgegenkommen soll: <Erhalten von ihnen, werde ich sie erhalten,
ihre Arbeit werde ich verrichten, der häuslichen Überlieferung werde ich treu
bleiben, ihr Erbe werde ich antreten, und wenn sie wohl einst dahingegangen,
verstorben sind, werde ich die Spenden darbringen.> Ist also, Bürgersohn,
auf fünffache Weise der Sohn den östlichen Gegenden, den Eltern,
entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des Sohnes an: vor
Schlechtem wehren sie ab, zum Guten lenken sie hin, zu einem Beruf erziehn sie ihn,
eine geeignete Gattin führen sie ihm zu, beizeiten lassen sie ihm das Erbe
zukommen. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Sohn den östlichen
Gegenden, den Eltern, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache
Weise des Sohnes an. Da hat er denn diese östliche Himmelsgegend überzogen,
sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Schüler der südlichen Gegend, den
Meistern, entgegenkommen soll: er soll vor ihnen stehn, ihnen aufwarten, ihnen
gehorchen, ihres Dienstes beflissen sein, achtsam ihre Kunst begreifen lernen.
Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Schüler den südlichen Gegenden,
den Meistern, entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des
Schülers an: wohlunterwiesen wird er zurechtgeführt, Wohlgefaßtes wird ihm
faßlich gezeigt, alle Kunst, die mitteilbar ist, wird ihm erklärt, bei Freunden
und Genossen wird er heimisch gemacht, überall wird er in Obhut genommen. Ist
also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Schüler den südlichen Gegenden, den
Meistern, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des
Schülers an57. Da hat er denn diese südliche Himmelsgegend überzogen,
sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Gatte der westlichen Gegend,
seiner Frau, entgegenkommen soll: mit Achtung, nicht mit Verachtung soll er
sich benehmen, ihr kein Unrecht antun, sie nicht gebieterisch behandeln, ihr
genug zum Unterhalt darreichen. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der
Gatte den westlichen Gegenden, seinen Frauen, entgegengekommen, so nehmen sie
sich auf fünffache Weise des Gatten an: wohlbestellt ist das Hauswesen,
wohlerzogen das Gesinde, kein Gebot wird übertreten, das Besitztum ist in
treuer Hut, man ist geschickt und behende bei jeder Arbeit. Ist also,
Bürgersohn, auf fünffache Weise der Gatte den westlichen Gegenden, seinen
Frauen, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des
Gatten an. Da hat er denn diese westliche Himmelsgegend überzogen, sichergestellt,
gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein edler Mann der nördlichen Gegend,
den Freunden und Genossen, entgegenkommen soll: mit Gaben, mit freundlichen
Worten, mit nützlicher Bemühung, er wird sie als wie sich selbst betrachten,
wird einem Versprechen sich nicht entziehn. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache
Weise der edle Mann den nördlichen Gegenden, den Freunden und Genossen,
entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des edlen Mannes an:
den Leichtsinnigen halten sie zurück, des Leichtsinnigen Hab und Gut suchen sie
zu retten, dem Gefährdeten bieten sie Zuflucht, im Unglück verlassen sie ihn
nicht, noch in seinen Nachkommen bringen sie ihm Verehrung dar. Ist also,
Bürgersohn, auf fünffache Weise der edle Mann den nördlichen Gegenden, den
Freunden und Genossen, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache
Weise des edlen Mannes an. Da hat er denn diese nördliche Himmelsgegend
überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Herr der unteren Gegend, dem
Knecht- und Dienergesinde, entgegenkommen soll je nach der Kraft soll er die
Leistung an Arbeit einteilen, Kost und Lohn geben, bei Krankheit für Pflege
sorgen, außergewöhnliche Annehmlichkeiten soll er mitgenießen lassen,
zeitweilig Urlaub gewähren. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Herr
den unteren Gegenden, dem Knecht- und Dienergesinde, entgegengekommen, so
nehmen sie sich auf fünffache Weise des Herrn an: vor ihm erheben sie sich, und
nach ihm legen sie sich nieder, nur Gegebenes nehmen sie, verrichten tüchtig
ihre Arbeit, bringen ihn zu rühmlichem Ansehn. Ist also, Bürgersohn, auf
fünffache Weise der Herr den unteren Gegenden, dem Knecht- und Dienergesinde,
entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des Herrn an. Da
hat er denn diese untere Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos
gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein edler Mann der oberen Gegend, den
Asketen und Priestern, entgegenkommen soll: mit liebreichen Werken, mit
liebreichen Worten, mit liebreichen Gedanken, ohne ihnen das Tor zu
verschließen, mit Spenden der Notdurft zur Hand. Ist also, Bürgersohn, auf
fünffache Weise der edle Mann den oberen Gegenden, den Asketen und Priestern,
entgegengekommen, so nehmen sie sich auf sechsfache Weise des edlen Mannes an:
vor Schlechtem wehren sie ab, zum Guten lenken sie hin, gütigen Sinnes erbarmen
sie sich seiner, Ungekanntes erklären sie ihm, läutern sein Ohr, die himmlische
Fährte zeigen sie ihm an. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der edle
Mann den oberen Gegenden, den Asketen und Priestern, entgegengekommen, so
nehmen sie sich also auf sechsfache Weise des edlen Mannes an. Da hat er denn
diese obere Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach
Eernerhin also der Meister:
«Die Eltern sind der Osten hier,
Dem Süden stehn die Meister vor,
Als Westen gilt da Weib und Kind,
Als Norden uns Genosse, Freund,
«Nach unten reicht der Diener,
Knecht,
Asket und Priester oben
hin:
Wer also jede Richtung
ehrt,
Der ist im Hause reich
genug.
«Der Kluge, tüchtig so
bewährt,
Als milder, wohlbedachter
Mann
Bescheiden wandelnd, nicht
verstockt,
Er wird gepriesen mehr und
mehr.
«Wer immer aufstrebt, nicht
erschlafft,
Und auch im Unglück nicht
verzagt,
Unrügbar wandelnd, klar
gesinnt,
Er wird gepriesen mehr und
mehr.
«Zusammen hält er Freunde
fest,
Schenkt freudig, nicht aus
Eigensucht,
Er fördert warnend, munternd
auf,
Wird so gepriesen mehr und
mehr.
«Wer Gabe spendet, freundlich
spricht,
Sich heilsam hier zu schaffen
müht:
Gerecht erwägt er Ding um
Ding,
Je nach der Weise wie's
gebührt.
«Das ist der Anhalt für die
Welt
Wie um die Achse rollt das
Rad;
Wo solch ein Anhalt wäre
fehl,
Vergäß' die Mutter an ihr
Kind,
Nicht Ehrfurcht gäb' es, keine
Scheu,
Nicht Vaters und nicht Sohnes
Pflicht.
«Weil dieser Anhalt ist
bekannt
Den Klugen, die gar wohl
verstehn,
Darum gedeihn sie hoch
empor:
Ihr Lob, das darf gepriesen
sein58.»
Nach dieser Rede wandte sich Singálako der Bürgersohn an den Erhabenen mit
den Worten:
«Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob
man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg
wiese, oder ein Licht in die Finsternis hielte: <Wer Augen hat wird die
Dinge sehn>: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach dargelegt.
Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft als Anhänger soll mich der Erhabene betrachten, von heute an
zeitlebens getreu.»
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