Zehn Stücke bilden den zweiten Teil der Längeren Sammlung, das Große Buch.
Nachdem der erste Band als Grundlage das Buch der Tugendstücke mit seinen
dreizehn Ansprachen, die stets gleichen Staffeln der Lehre zur Darstellung
gebracht hatte, ist hier nun der mächtige Bau dieser Redenhalle weiter und
weiter emporgeführt. Es sind gleichsam zehn Säulen- und Wandelgänge, die sich
uns hier eröffnen, jeder einzeln wohlgefügt aus den Quadern und Schaften der
Überlieferung. So kann der Besucher dieser Stätten in die Vorzeit hinaufsteigen
und Schritt um Schritt an jene fernen Dinge und Verhältnisse herankommen, sie
wieder in anschaulicher Gegenwart betrachten und erleben. Ist er unvorbereitet
eingetreten, wird ihn freilich die ungewohnte Kunst und Kultur zuerst mehr
Erstaunen als Verständnis empfinden lassen: eine Enttäuschung wird der erste
Eindruck sein, wie einst bei Goethe am Tempel von Pästum. Aber das Auge wird
Form und Sinn nach und nach auffassen und begreifen lernen, bis auch hier der
Gegenstand vertraut wird, seine strengen Gesetze immer mehr und mehr gemildert
erscheinen, und das Denkmal Stück um Stück anspricht und dann als ganzes, fast
unmerklich zu Leben erwachend, zu wirken beginnt. Der nun besser geübte Blick
findet sich in der Architektonik bald zurecht. Groß und einfach wird er durch
eine selbstgewaltige Gegenwart geleitet und ist so halb und halb unbewußt auch
schon zur Anschauung jener Gebilde und Gestalten gelangt, die wie von ferne in
deutlichen Umrissen sich zu erkennen geben. Aus den Trümmern zweier
Jahrtausende treten sie hervor. Der Sonnenschimmer und Duft der Sage, mit dem
sie umwoben sind, löst sich und wandelt sich unversehens in lichte leichte
Schleierwölkchen und ist dann plötzlich ganz verschwunden: die ursprünglichen
Gedanken des Meisters strahlen wieder allein, in unvergänglicher Kraft und
Schönheit; unvertrübt von jeder bloß durch Ort und Augenblick bedingten Hülle
gewahrt man die Zeitlose Lehre.
Die Art eines solchen Vorgangs ist bei den Stücken dieses zweiten Buches der
Längeren Sammlung gut zu beobachten, mit Ausnahme der 15. und 22. Rede, die
beide nur das Wort und die Darstellung Gotamos wiedergeben, ohne reichere
landestümliche Einkleidung. Der 16. Abschnitt, der von der Lebensneige des
Meisters handelt, ist von Winkel zu Winkel in der quer durchgehenden Linie
gehalten und fügt nach der Weise des 17. oder 20. Stückes mancherlei schön
kannelierte Sage hinzu, leicht und gleich erkennbar angebracht, in sinniger
Gestalt, ohne die unverrückbar tief gegründeten Säulen der Überlieferung zu
gefährden und unbeschadet der granitenen Würde des Schaftes. In der Vorrede zu
den Letzten Tagen Gotamo Buddhos, München 1911, habe ich eine knappe
grenzgeschichtliche Übersicht gegeben, wo denn auch der mittelbare und geistige
Zusammenhang unserer Denkmale mit dem vedischen Boden und Baustoff sicher
gezeigt ist. Der Endbericht des vorliegenden Buches, die 23. Rede, steht ebenso
wie der 10. Abschnitt des ersten Bandes nicht mehr in äußerer Beziehung zum
Meister: es ist einer der großen Jünger, der da zu Worte kommt, im Gespräch mit
einem Fürsten, wobei freilich alles wieder auf den einen zurückweist, der, wie
auf den Reliefen der symbolisch nur andeutenden asokischen Heimatkunst, selbst
unsichtbar, durch seine Gedanken gegenwärtig ist. Als lebendige Kunde und
Aussage, von Angesicht vernommen, wird die Satzung stets in den anderen Reden
bezeugt. Zu Eingang des Buches, in der 14. Rede, ist es die Erfahrung und das
offenbarte offenbare Erlebnis aller Erwachten, aller vollendeten Meister, die
Einsicht in Alter, Krankheit und Tod, und der erschlossene Weg zur Freiheit
über die Brücke der Bedingten Entstehung. Die 15. und 22. Unterweisung und
Ansprache gibt reine Diagnostik und Asketik, das ist Erkenntnislehre und
Willensübung, von den ersten Stufen an höher und immer steiler emporschreitend
bis zur letzten kühnsten Warte, mit unerbittlich scharf unterscheidender
Geistestätigkeit bei Dingen, die schwer zu entdecken, schwer zu gewahren sind,
stillen, erlesenen, unbekrittelbaren, feinen, die von Weisen erfunden werden.
Rüstige Klänge von den Helden der Vorzeit und ihren ruhmvollen, edlen und doch
unzulänglichen Taten lassen das 17. Stück wie eine andere Sinfonia eroica in
drei gewaltigen Wellensätzen an uns vorüberrauschen. Auf der 18. und 19.
Ausfahrt werden himmlische Gebiete gekreuzt, jenseitige Reiche umkreist, Götter
und Geister in ihren eigenen Gefilden aufgesucht, es werden ihre innigen
Geheimnisse erforscht: kein Sternenschleier, und wäre er noch so funkelnd
gewebt, kann da dem untäuschbaren Auge die Durchsicht an das entdämmernde Ufer
der Ewigkeit wehren oder blenden; Ausblicke und Einblicke, immer auf Gotamo
zurückreichend, werden gewiesen, die man sonst kaum oder nirgends anderswo, wie
ich einmal sagte, zu sehn bekommt. Der 20. Vortrag führt uns in die Zauber der
brahmischen Walpurgisnacht ein, zu einem Fest am Alpenpaß von gar seltener Art,
in Wald, Fels und Einöde, wo heilige Anachoreten, gebirgauf verteilt, gelagert
zwischen Klüften, still lächelnd die Grüße, Gesänge und jubelnden Huldigungen
empfangen von den unermeßlich herbeiströmenden immer neuen und anderen
Heerscharen und Gestalten der Über- und Unterirdischen des Weltalls. Und im 21.
Gespräch umweht uns jener erlauchte göttliche Witz und Humor, der gelegentlich
zu schimmern beginnt, aus dem gotamidischen Tiefsinn aufschwebt, erquickende
Schauer ringsum verbreitend, alsbald hoch über den dunklen Grund wie ein
Regenbogen farbig leuchtend gewölbt und auch schon wieder in Licht verflossen.
Die reichhaltige Sittengeschichte mit allerhand Landes- und Volkskunde aber,
die zumal aus dem 16. und 23. Bericht nebenbei zu gewinnen ist, wird als
gröbere körnige Ausbeute zum Verständnis jener einstigen Macht und Tüchtigkeit
dem Altertumsforscher willkommen sein.
Es darf hier wohl an einen Umstand erinnert werden, den man recht oft
vergißt oder kaum nach Gebühr zu beachten scheint. Man hört nämlich fast immer
die Frage aufwerfen, ob jene Weltansicht die Möglichkeit einer Nutzanwendung
für die Gegenwart gewähre. Da sei denn vorweg die Antwort mit einem kräftigen
Ja gegeben, da es hinlänglich bekannt ist, daß ernste rüstige Anhänger schon
seit einer Reihe von Jahren sich nach Osten wenden und in der heutigen Heimat
der dort noch erhaltenen Zucht und Sitte, auf Zeilon oder in Hinterindien, dem
Orden beitreten, richtige Mönche und Asketen werden und manch einer ist dabei,
wie ich es persönlich erfahren habe, fröhlich verstorben, nachdem er wohl «auch
einer der Heiligen» geworden war. Über die tatsächliche Wirksamkeit des
Meisterwortes in der Gegenwart bei uns kann also heute keine Frage mehr sein,
wenn auch natürlich sein Wert je nach dem Standpunkt als eitel und nichtig oder
als hoch und erhaben, als verderblich und närrisch oder als unvergleichlich
gelten wird. Solche Wertbegriffe sind jedoch, wie mir scheint, wenig geeignet
zu allgemeiner Untersuchung und Erörterung. Über diese Fragen war und wird nie
und nirgends ein einiges Urteil zu erzielen sein, viel weniger noch als etwa
über die eine Musik oder die eine Malerei. Der Prüfstein bei solchen
Werturteilen ist immer je nach dem Härtegrad verschieden geartet und muß daher,
wie es billigen Menschen und ihrer Erfahrung entspricht, jedem einzelnen zur
Wahl überlassen bleiben. Der Umstand aber, mit dem wir uns hier zu beschäftigen
haben, und den man so oft außer acht läßt oder beinahe stets nur flüchtig
streift, der liegt links ab von dergleichen eigenkundigen Erlebnissen. Wir
haben hier bloß den Versuch zu unternehmen, ob es etwa gelingen kann jene
Weltansicht als eine rein indische Anschauung und Kunst verstehen zu lernen.
Dies würde der Lohn der Mühe sein bei der viel Zeit und viel Sorgfalt
erfordernden Prüfung und Durcharbeitung unserer alten Texte. Wem diese, nur um
ihrer selbst willen betrachtet, einen so anspruchsvollen Aufwand nicht zu
vergelten scheinen, der kann ja, wenn er eben auch über unsere Lehrsätze eine
Meinung haben oder mitreden will, nach leicht handlichen Werken greifen, an
denen längst kein Mangel mehr ist: sei es nun der vorzügliche, regelmäßig
neubewährte «Buddhistische Katechismus von Subhadra Bhikschu» oder der wieder
in anderer Art ausgezeichnete, groß angelegte und weithin vor allen zu
empfehlende «Buddha» Oldenbergs, der seit dreißig Jahren die Grundlage echter
einschlägiger Forschung ist und im nächsten Jahr erfreulicherweise schon zum
sechstenmal wiedererscheinen wird. Doch die kanonischen Urkunden selbst sind
wenig geeignet sich gleich in einen praktisch verwendbaren Nutzen umsetzen zu
lassen. Dazu sind sie zu spröde. Zwei Jahrtausende trennen uns von ihnen und
ihrer Form und Ausdrucksweise. Und was ein Verständnis noch weit mehr
erschwert: eine fremde Kulturschicht liegt fast undurchdringlich dazwischen.
Wie sollten da jene fern verklungenen Töne und Stimmen bei uns wieder
vernehmbar werden können, so nämlich wie sie wirklich, auf eigenem Boden und
Gebiete, lauteten? Da die mitschwingende Vermittlung, wie die Dinge nun einmal
liegen, nahezu fehlt, ist die Möglichkeit des Widerhalls beinahe ebenso
ausgeschlossen wie die Schallfortpflanzung von der Sonne zur Erde, die doch in
wenig über vierzehn Jahren schon erreichbar wäre. Darum also kann hier, bei
unseren weltverlorenen Stücken, von praktischer Nutzanwendung insofern keine
Rede sein. Man muß sich zufrieden geben, wenn unter den tauben Klötzen der eine
Memnon sich findet, und wenn in unermüdlicher Arbeit und Übung doch vielleicht
die Hemmnisse zu überwinden sind und das Mittel sich entdecken und erwerben
läßt, das jene Stimmen der Vorzeit in unsere Gegenwart herüberzuleiten imstande
ist; so daß dann der Hörer der Botschaft tiefe Kunde, zarte Ergebnisse erfahren
mag. Aber deswegen wird er es nicht gleich nach Jünglingsart auf eine
allgemeine Weltbekehrung versehn haben. Hat doch Gotamo selbst immer nur zu
den einzelnen gesprochen, nie sich an das Volk oder gar an die Menge gewandt.
Nachdem das lebendige Wort des Sakyer Asketen und Denkers seit mehr als zwanzig
Jahrhunderten verstummt und verschollen, nachdem auf den kurzen herrlichen
Mittag bald die bleiche lange Nacht der Vergessenheit eingebrochen war, kann
heute das erstarrte Wort, auch wenn es wieder zu klingen anfängt, jene
entschwundene Kultur mit ihren viel höheren geistigen Erkenntnissen sicherlich
nie wieder zum Gesamtleben erwecken, etwa wie Schwärmer vermeinen, in
verjüngter moderner Form uns ansprechen: die Zeitgenossen der Kraft- und Luftwagen
könnten dafür auch bei größter Eile und bestem Willen kein Gehör haben, keine
Muße aufbringen; abgesehen übrigens, daß die Träumereien und Donquichotterien
von einer allseitigen Bekehrung mehr kleinbürgerlich, kindisch, kientöppisch
sind und gar nicht lehrgemäß. Der Jünger Gotamos ließ die Welt Welt sein,
unberührt davon was geredet wird. Ähnlich kann nun auch heute und künftig der
Versuch gewagt werden, jenen Geist verstehen zu lernen, vermittelst seiner
klassischen Zeugnisse. Die aber werden sich dem zugänglich erweisen, der für
solch eine Art irgend etwas übrig hat, Anlagen zu entwickeln weiß: nicht anders
wie der eine seinen Shakespeare, der andere seinen Bach fleißig pflegt, ein
dritter Marskarten anfertigt, und wieder ein anderer Impfstoffe kocht. Mit
dürren Worten: jene Weltansicht ist eine Wissenschaft geworden, für uns. Daß
freilich dabei auch für das liebe arme Volk allerhand Brauchbares mit abfallen
kann, ist eine günstige Begleiterscheinung, der bloße Schatten der Sache, und
zwar ein Riesenschatten, recht eigentlich ein Erdschatten, angesichts der
Millionen immer erneuter Beiläufer, Mitgänger, Anhänger in den zehn
Weltgegenden. Mit der Sache selbst aber, unserem «Ding an sich» so zu sagen,
wird auch im besten Fall immer nur ab und zu der eine oder der andere sich
befassen können, ob nun auf Wissen, Kunst oder Heiligkeit abgezielt sei. Das
genügt. Ich meine daß eine solche Möglichkeit für den ernster Strebenden
überhaupt vorhanden ist, das allein zeigt hinreichend, wie auch wir das Erbe aus
den Schätzen bereits angetreten haben. Wer aber gern zahlenmäßig einen
Überschlag des möglichen Nutzens aufstellen wollte, der könnte ja leicht nach
dem Exempel Johannes Einsiedels, im Speculum pastorum, berechnen was für ein
Ergebnis etwa herauskommen mag bei der gewiß nicht allzu hoch gegriffenen
Annahme, daß ein Mensch zwanzig Jahre hindurch jedes Jahr durch Beispiel oder
Lehre auch nur einen einzigen Mitmenschen zu rechter Ansicht hinleite, und nun
jeder solche jährlich wiederum nur einen einzigen, und dieser ebenso wieder nur
einen auf den rechten Weg brächte: wobei sich denn, mit dem Stift in der Hand,
ergäbe, daß die Anzahl der auf diese Weise Geförderten, obzwar nur von einem
einzelnen Anreger und im Mindestmaß ausgehend, nach zwanzig Jahren schon eine
Million überstiege. Doch wir wollen ja hier wohl keine Statistik und Allotria
treiben.
Die schlichten allgemein gültigen Grundpfeiler dieses zweiten Teils sind im
Gebälk, mehr als sonst, von dem Ranken- und Blätterwerk der heimischen
Anschauungen und Vorstellungen umsponnen, mit den hundert Kranzgewinden aus der
vedischen Sagenwelt verbrämt und geschmückt. In der Vorhalle des ersten Teils
war ein solcher Säulenbehang nur selten und spärlich zu bemerken: ich konnte
daher an dergleichen Stellen in der Regel mit einem leichten Wink oder Hinblick
vorbeigehn. Hier nun, im Mittelschiff angelangt, scheint es mir angezeigt, auf
den näheren Zusammenhang der Dinge und die vielfachen Beziehungen zu Land und
Leuten, namentlich auch auf die überaus wertvollen Bestätigungen durch die
Inschriften Asokos und seiner Nachfolger sowie auf die reichen archäologischen
Behelfe der bildenden Kunst, doch wohl etwas eingehender hinzuweisen, da eben
dieser zweite Band in den Mythensaal des Lehrgebäudes einführt, ja seinen
Grundriß und seinen Gewölbeplan ausmacht; wohlverstanden: nur als Draufgabe und
Beiwerk. Natürlich werde ich mich mit den Hinweisen, die obzwar gewichtig und
merkwürdig doch meist nur unterbrechend, störend, überflüssig bedünken müssen,
so knapp als möglich zu bescheiden haben. Um übrigens dem Besucher in keiner
Weise lästig zu fallen und seiner stillen Betrachtung nicht vorzugreifen, werde
ich es so einrichten, daß die Anmerkungen nicht mehr den wiederaufgestellten
Stücken der Denkmale sich anheften, nicht zwischen den Steinfliesen wuchern,
nicht mehr unter dem Redespiegel als Unkraut und Ungeziefer dahinkriechen
sollen: ich werde sie immer erst ans Ende versetzen, wo denn der wimmelnde
Kehricht nicht weiter schadet, und, darf ich raten, besser übergangen wird. Empfindsame
Kritiker haben schon lange seufzend geklagt, daß die Stacheln und Dornen und
unliebsam kribbelnden und krabbelnden Erklärungen so gar nicht zur erhabenen
Ruhe des Textes paßten. Das war sehr richtig empfunden. Nur möchte es scheinen
als ob hier blasse Angst einer gänzlich belanglosen Sache ungeheuerliche
Wichtigkeit beigemessen, mit Bomben nach Kletten und Spinnen gezielt hätte.
Denn wie sollte das wohl anders als lachhaft mit dem Palast oben zu schaffen
haben, wenn der philologische Kärrner unten, zu den mancherlei mit
ausgegrabenen oft großartigen, oft wunderbar aufschlußreichen Trümmern der
Vergangenheit auch dann und wann allerhand Asseln, Würmer, Schnecken,
angeschossene Kristalle, Glimmer und Splitter, glatte oder rauhe garstige
Anhängsel, gemeine und kostbare Steinchen, Schimmelpilze, Algen usw., wie es
eben kommt, einbringen und vorbringen muß: das ist Kieselgur, fossiler Mergel,
buntscheckiger Sand, ein kaleidohistorisches Amöbenuniversum, und nicht wenig
menschliche, allzu menschliche Kalkerde und Quellsäure, nur belehrend und
nützlich für die winzige Wissenschaft, die mikrologische Forschung - sonst
nichts. Werden nun bei solchen peinlich beäugelten Untersuchungen recht
verschiedene, jedoch stets irgendwie zuständige Proben, Ansichtflächen,
Querschnitte dargeboten, so mag es zur Anregung und Abwechslung beitragen, auch
dem Auge das Nachspüren und Vergleichen etwas weniger ermüdend, etwas leichter
und bequemer machen. Wer Ablenkung nicht liebt und nicht braucht, der lasse
sich nicht beirren. Für den, den Philologen wie er sein soll, sind die tausend
unterschiedlichen Worttropfen da, auf den Täfelchen sauber hergerichtet zum
Einstellen unter die Linse. - Es wäre ungerecht, wenn nicht auch hier nun
wieder der so tiefen Einmütigkeit jener fernen und unserer eigenen großen
Traumerwachten gelegentlich mit einer Andeutung gedacht würde; Wegeskundige,
Pfaderleuchter, Wahnvernichter wie Bernhard der Zisterzienser, San Francesco,
Antonius von Padua, Meister Eckhart, Merswin, Heinrich Seuse, der unbekannte
Ritter zu Frankfurt, um nur die herrlichsten genannt zu haben: solche Kenner
und Verkünder, selbst durch so manchen Mittelstrahl von Osten her, wie man ja
heute weiß, mächtig angeregt, mögen vielleicht künftighin kräftiger auch nach
außen zu wirken beginnen, erst besser verstanden werden. Und der Gegenschall
ihrer Bezeugnisse, im Einklang mit der Lehre Gotamos vernommen, wird nicht mehr
verstummen, oder doch nicht bevor die Bahn des letzten Wandelsterns bestimmt
sein wird.
Die Übersetzung hat wie beim ersten Bande den ausgezeichneten Siamesischen
Kodex, Bangkok 1894, zur Grundlage, bei Angabe der Lesarten mit S bezeichnet.
Mit dieser ältesten, nach den besten Handschriften überlieferten Fassung, der
bisher einzig tauglichen, wurde wieder verglichen: die von Rhys Davids und
Carpenter für die Pali Text Society besorgte Auflage London 1903, die einige
brauchbare Varianten aus brahmanischen Quellen darbietet, im übrigen aber so
flüchtig hergestellt ist, daß sie eine ernstere Benützung unmöglich macht,
schon deshalb, weil die nur in S zu findenden echten Formen darin bald nicht
gebracht, bald ungenau oder falsch angegeben sind, aber auch anderweitig sich
die Sätze verstümmelt zeigen, ja sehr oft ganze Worte fehlen, übersehn wurden;
bei den Anmerkungen nun Zeile um Zeile geprüft und wo geboten berichtigt.
Ferner wurde zur Vergleichung herangezogen: der sinhalesische Wiegendruck des
Díghanikáyo, Band II Kolombo 2448 = 1905, der ab und zu verwendbare Belege, mit
C gekennzeichnet, beigesteuert hat. Zu No. 15 und 20 ist noch die erste
europäische Textausgabe dieser Stücke durchgesehn worden, bei Grimblot, Sept
Suttas pâlis, Paris 1876, mit G vermerkt. Von Übertragungen habe ich folgende
kennengelernt: T.W. and C.A.F. Rhys Davids, Dialogues of the Buddha, Part II,
London 1910; W.A. Samarasekera, Singhalese Translation, Buddhist Pali Texts,
Kolombo 2448; Burnouf No. 15, Gogerly No. 20, beide bei Grimblot; Dutoit, Das
Leben des Buddha, Leipzig 1906, s. 221-318, No. 16; Leumann, Akten des sechsten
Orientalistenkongresses, Leiden 1885, s. 471-490, No. 23. Einzelne Stellen
sowie größere Bruchstücke aus der 15. und 16. Rede sind in fast allen
Darstellungen und Sammelwerken mitgeteilt, so bei Kern, Oldenberg, Warren und
vielen anderen.
Die Zahlen am Rande geben die Seiten der siamesischen Fassung an.
Wien, im Sommer 1912. K. E. N.
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