„Es gibt, ihr Mönche, einige Priester und Asketen, die teils Ewigkeit, teils
Zeitlichkeit behaupten, die Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich
auslegen, nach vier Urständen. Diese ehrsamen Priester und Asketen nun, worauf
gründen sich die, worauf stützen sich die und behaupten teils Ewigkeit, teils
Zeitlichkeit, legen Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich aus, nach
vier Urständen?
·
(1) „Es kommt wohl, ihr Mönche, eine Zeit vor, wo sich da hin und wieder, im
Verlaufe langer Wandlungen, diese Welt zusammenballt. Wann die Welt sich
zusammenballt, ballen sich die Wesen zumeist als Leuchtende zusammen. Die sind
dann geistförmig, genießen Wonne, kreisen selbstleuchtend im Raume, bestehn in
Schönheit, lange Wandlungen dauern sie durch.
·
„Es kommt wohl, ihr Mönche, eine Zeit vor, wo sich da hin und wieder, im
Verlaufe langer Wandlungen, diese Welt auseinanderballt. Wann die Welt sich
auseinanderballt, kommt ein öder Brahmahimmel zum Vorschein. Aber eines der
Wesen, aus Mangel an Kraft oder Mangel an Güte (oder indem das durch gute Taten
angehäufte Karma verbraucht ist. [WG]) dem Reigen der Leuchtenden entschwunden,
sinkt in den öden Brahmahimmel herab. Auch das ist noch geistförmig, genießt
Wonne, kreist selbstleuchtend im Raume, besteht in Schönheit, lange Wandlungen
dauert es durch.
·
„Nach einsam dort lange verlebter Frist erhebt Unbehagen und Unruhe sich in
ihm: 'O daß doch andere Wesen noch hier erschienen!' Und andere der Wesen noch,
aus Mangel an Kraft oder Mangel an Güte dem Reigen der Leuchtenden
entschwunden, sinken in den Brahmahimmel herab, gesellen sich jenem Wesen zu.
Auch diese sind noch geistförmig, genießen Wonne, kreisen selbstleuchtend im
Raume, bestehn in Schönheit, lange Wandlungen dauern sie durch. 2
·
„Da ist, ihr Mönche, jenem Wesen, das zuerst herabgesunken war, also zumute
worden: „ich bin Brahma, der große Brahma, der Übermächtige, der
Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer,
der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem
was da war und sein wird: von mir sind diese Wesen erschaffen. Und woher weiß
ich das? Ich habe ja vordem gewünscht 'O daß doch andere Wesen noch hier
erschienen': das war mein geistiges Begehren, und diese Wesen sind hier
erschienen.' Die Wesen aber, die da später herabgesunken sind, auch diese
vermeinen dann: 'Das ist der liebe Brahma, der große Brahma, der Übermächtige,
der Unübermächtige, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der
Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater
von allem was da war und sein wird: von ihm, dem lieben Brahma, sind wir
erschaffen. Und woher wissen wir das? Ihn haben wir ja hier schon früher da
gesehn, wir aber sind erst später hinzugekommen.'
·
„Nun hat, ihr Mönche, das Wesen, das zuerst herabgesunken ist, eine längere
Lebensdauer, eine höhere Anmut, eine größere Macht; während die Wesen, die
später nachgekommen sind, geringere Lebensdauer, geringere Anmut, geringere
Macht haben. Es mag aber wohl, ihr Mönche, geschehn, daß eines der Wesen diesem
Reich entschwindet und hienieden Dasein erlangt. Hienieden zu Dasein gelangt
wird ihm das Haus zuwider, als Pilger zieht er von dannen. Ohne Haus und Heim
hat er als Pilger in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in
unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen,
wo er innig im Herzen seiner früheren Daseinsform sich erinnert, darüber hinaus
aber nicht sich erinnert. Der sagt sich nun: 'Er, der der liebe Brahma ist, der
große Brahma, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der
Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der
Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird, von dem
wir, dem lieben Brahma, erschaffen sind: er ist unvergänglich, beständig, ewig,
unwandelbar, ewig gleich wird er immer so bleiben; während wir, die wir von
ihm, dem lieben Brahma, erschaffen wurden, vergänglich sind, unbeständig,
kurzlebig, sterben müssen, hienieden zur Welt gekommen.' - Das ist, ihr Mönche,
der erste Standort, auf den sich da manche Asketen und Priester gründen und
stützen und teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit behaupten, Seele und Welt als
teils ewig, teils zeitlich auslegen.
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(2) „Zum zweiten nun: worauf gründen sich und worauf stützen sich ehrsame
Priester und Asketen und behaupten teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit, legen
Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich aus?
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„Es gibt, ihr Mönche, Götter, die heißen 'Lustig im Dämmerlicht'. Sie lassen
sich über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn. Weil
sie sich über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn
lassen, trübt sich ihr Sinn. Trüben Sinnes schwinden sie aus ihrem Reiche
hinweg. Es mag aber wohl, ihr Mönche, geschehen, daß eines der Wesen, aus
diesem Reiche hinweggeschwunden, hienieden Dasein erlangt. Hienieden zu Dasein
gelangt wird ihm das Haus zuwider, als Pilger zieht er von dannen. Ohne Haus
und Heim hat er als Pilger in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung,
in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung
errungen, wo er innig im Herzen seiner früheren Daseinsform sich erinnert,
darüber hinaus aber nicht sich erinnert. Der sagt sich nun: Sie, jene lieben
Götter, die nicht lustig im Dämmerlicht sind, die lassen sich nicht über die
Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn. Weil sie sich nicht
über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn lassen, wird
ihr Sinn nicht trübe. Weil ihr Sinn nicht trübe wird, schwinden jene Götter
nicht aus ihrem Reiche hinweg: sie sind unvergänglich, beständig, ewig,
unwandelbar, ewig gleich werden sie immer so bleiben; während wir, die wir
lustig im Dämmerlicht gewesen, über die Zeit hinaus uns in launigen lustigen
Spielen weidlich ergehn ließen. Weil wir uns über die Zeit hinaus in launigen
lustigen Spielen weidlich ergehn haben lassen, ist unser Sinn trübe geworden.
Trüben Sinnes aber sind wir aus unserem Reiche hinweggeschwunden, sind
vergänglich, unbeständig, kurzlebig worden, müssen sterben, hienieden zur Welt
gekommen.' Das ist, ihr Mönche, der zweite Standort, auf den sich da manche
Asketen und Priester gründen und stützen und teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit
behaupten, Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich auslegen.
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(3) „Zum dritten nun: worauf gründen sich und worauf stützen sich ehrsame
Priester und Asketen und behaupten teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit, legen
Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich aus?
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„Es gibt, ihr Mönche, Götter, die heißen 'Sinnig im Dämmerlicht'. Sie lassen
über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen. Weil sie über die Zeit hinaus
einer den anderen erspähen lassen, werden ihre Geister aneinander trübe. Aneinander
trüben Geistes geworden ermatten ihre Schwingen, ermatten ihre Geister. So
schwinden diese Götter aus ihrem Reiche hinweg. Es mag aber wohl, ihr Mönche,
geschehn, daß eines der Wesen, aus diesem Reiche hinweggeschwunden hienieden
Dasein erlangt. Hienieden zu Dasein gelangt wird ihm das Haus zuwider, als
Pilger zieht er von dannen. Ohne Haus und Heim hat er als Pilger in heißer
Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer
Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen seiner
früheren Daseinsform sich erinnert, darüber hinaus aber nicht sich erinnert.
Der sagt sich nun: 'Sie, jene lieben Götter, die nicht sinnig im Dämmerlicht
sind, die lassen nicht über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen. Weil
sie nicht über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen lassen, werden ihre
Geister aneinander nicht trübe. Aneinander nicht trüben Geistes geworden,
bleiben ihre Schwingen unermattet, unermattet ihre Geister. So schwinden jene
Götter nicht aus ihrem Reiche hinweg: sie sind unvergänglich, beständig, ewig,
unwandelbar, ewig gleich werden sie immer so bleiben; während wir, die wir
sinnig im Dämmerlicht gewesen, über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen
ließen. Weil wir über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen haben lassen,
sind unsere Geister aneinander trübe geworden. Aneinander trüben Geistes
geworden sind aber unsere Schwingen ermattet, ermattet unsere Geister,, und wir
sind aus unserem Reiche hinweggeschwunden, vergänglich, unbeständig, kurzlebig
geworden, müssen sterben, hienieden zur Welt gekommen.' Das ist, ihr Mönche,
der dritte Standort, auf den sich da manche Asketen und Priester gründen und
stützen und teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit behaupten, Seele und Welt als
teils ewig, teils zeitlich auslegen.
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(4) „Zum vierten nun: worauf gründen sich und worauf stützen sich ehrsame
Priester und Asketen und behaupten teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit, legen
Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich aus?
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„Da ist ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester ein Grübler, ein Forscher;
der trägt eine grüblerische vernagelte Lehre vor, wie er sie selbst ersonnen
und ausgedacht hat: 'Was man da bezeichnet als Gesicht, als Gehör, als Geruch,
als Geschmack, als Getast, das ist eine Seelenkraft, die vergänglich,
unbeständig, zeitlich, wandelbar ist; was man aber da bezeichnet als Geist, als
Denken, als Bewußtsein, das ist eine Seelenkraft, die unvergänglich, beständig,
ewig, unwandelbar ist, die ewig gleich immer so bleiben wird. Das ist der vierte
Standort, auf den sich da manche Asketen und Priester gründen und stürzen und
teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit behaupten, Seele und Welt als teils ewig,
teils zeitlich auslegen.
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„Danach, ihr Mönche, behaupten jene Asketen und Priester teils Ewigkeit, teils
Zeitlichkeit, legen Seele und Welt als teils ewig, teils zeitlich aus, nach den
vier Urständen. Denn wer da irgend, ihr Mönche, als ein Asket oder Priester,
teils Ewigkeit, teils Zeitlichkeit behauptet, Seele und Welt als teils ewig,
teils zeitlich auslegt, ein jeder solcher tut es nach eben diesen vier
Urständen, nach dem einen oder dem anderen: es gibt keine außerdem.
„Da
erkennt denn, ihr Mönche, der Vollendete: 'Solche Ansichten, also
angenommen, also beharrlich erworben, lassen dahin gelangen, lassen eine
solche Zukunft erwarten.' Das erkennt der Vollendete, und erkennt was
darüber hinausreicht. Bei dieser Erkenntnis beharrt er aber nicht, und
weil er dabei nicht beharrt findet er Einkehr eben in sich: und weil er
der Gefühle Aufgang und Untergang, Labsal und Elend und Überwindung
wirklich verstanden hat, ist ohne Anhangen abgelöst, ihr Mönche, der
Vollendete.
„Das sind, ihr Mönche, die Dinge, die tief sind, schwer zu entdecken, schwer
zu gewahren, stille, erlesene, unbekrittelbare, feine, Weisen erfindliche, die
der Vollendete selbst verstanden, sich offenbar gemacht hat und dann kennen
lehrt, um welche man über den Vollendeten nach Gebühr ein günstiges Urteil
richtig fällen mag.
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