„Es gibt, ihr Mönche, einige Priester und Asketen, die Zerstörung behaupten,
des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung ankünden, nach sieben
Urständen. Diese ehrsamen Priester und Asketen nun, worauf gründen sich die,
worauf stützen sich die und behaupten Zerstörung, künden des lebendigen Wesens
Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an, nach sieben Urständen?
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(1) „Da hat, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester diese Meinung, diese
Ansicht: Da ja doch dieses Selbst formhaft, aus den vier Hauptstoffen
entstanden ist, von Vater und Mutter gezeugt wird, so geht es bei der Auflösung
des Leibes zugrunde, geht verloren, besteht nicht mehr nach dem Tode; daher
fällt denn also dieses Selbst völliger Vernichtung anheim. Auf solche Weise
künden die einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
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(2) „Einem solchen entgegnet nun ein anderer: Es ist wohl dieses Selbst so
beschaffen, wie du sagst: ich sage nicht, daß es das nicht gibt. Aber dieses
Selbst ist nicht schon insofern gänzlich vernichtet. Es gibt noch ein anderes Selbst,
ein himmlisches, formhaftes, nach Lust umherschweifendes, das an der
körperlichen Speise teilnimmt. Das kennst du nicht und siehst es nicht während
ich es kenne und sehe. Es ist aber dies das Selbst, das bei der Auflösung des
Leibes zugrundegeht, verlorengeht, nach dem Tode nicht mehr besteht; erst
insofern ist das Selbst völliger Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise
künden die anderen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
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(3) „Einem solchen entgegnet nun einer: Es ist wohl dieses Selbst so
beschaffen, wie du sagst; ich sage nicht, daß es das nicht gibt. Aber dieses
Selbst ist nicht schon insofern gänzlich vernichtet. Es gibt noch ein anderes
Selbst, ein himmlisches, formhaftes, geisthaftes, das begabt mit allen Gliedern
fällig ist. Das kennst du nicht und siehst es nicht, während ich es kenne und
sehe. Es ist aber dies das Selbst, das bei der Auflösung des Leibes
zugrundegeht, verlorengeht, nach dem Tode nicht mehr besteht; erst insofern ist
das Selbst völliger Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise kündigen die
einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
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(4) „Einem solchen entgegnet nun ein anderer: Es ist wohl dieses Selbst so
beschaffen, wie du sagst; ich sage nicht, daß es das nicht gibt. Aber dieses
Selbst ist nicht schon insofern gänzlich vernichtet. Es gibt noch ein anders
Selbst, das nach völliger Überwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der
Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken
'Grenzenlos ist der Raum' das Reich des unbegrenzten Raumes erreicht. Das
kennst du nicht und siehst es nicht, während ich es kenne und sehe. Es ist aber
dies das Selbst, das bei der Auflösung des Leibes zugrundegeht, verlorengeht,
nach dem Tode nicht mehr besteht; erst insofern ist das Selbst völliger
Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise künden die anderen des lebendigen
Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
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(5) „Einem solchen entgegnet nun einer: Es ist wohl dieses Selbst so
beschaffen, wie du sagst; ich sage nicht, daß es das nicht gibt. Aber dieses
Selbst ist nicht schon insofern gänzlich vernichtet. Es gibt noch ein anderes
Selbst, das nach völliger Überwindung der unbegrenzten Raumsphäre in dem
Gedanken 'Grenzenlos ist das Bewußtsein' das Reich des unbegrenzten Bewußtseins
erreicht. Das kennst du nicht und siehst es nicht, während ich es kenne und
sehe. Es ist aber dies das Selbst, das bei der Auflösung des Leibes
zugrundegeht, verlorengeht, nach dem Tode nicht mehr besteht; erst insofern ist
das Selbst völliger Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise künden die
einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
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(6) „Einem solchen entgegnet nun ein anderer: Es ist wohl dieses Selbst so
beschaffen, wie du sagst; ich sage nicht, daß es das nicht gibt. Aber dieses
Selbst ist nicht schon insofern gänzlich vernichtet. Es gibt noch ein anderes
Selbst, das nach völliger Überwindung der unbegrenzten Bewußtseinsphäre in dem
Gedanken 'Nichts ist da' das Reich des Nichtdaseins erreicht (eine Vorstufe auf
dem Wege zur Erwachung). Das kennst du nicht und siehst es nicht, während ich
es kenne und sehe. Es ist aber dies das Selbst, das bei der Auflösung des
Leibes zugrundegeht, verlorengeht, nach dem Tode nicht mehr besteht; erst insofern
ist das Selbst völliger Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise künden die
anderen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
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(7) „Einem solchen entgegnet nun einer: Es ist wohl dieses Selbst so
beschaffen, wie du sagst; ich sage nicht, daß es das nicht gibt. Aber dieses
Selbst ist nicht schon insofern gänzlich vernichtet. Es gibt noch ein anderes
Selbst, das nach völliger Überwindung der Nichtdaseinsphäre in dem Gedanken
'Das ist die Ruhe, das ist das Ziel' das Reich der Grenze möglicher Wahrnehmung
erreicht. Das kennst du nicht und siehst es nicht, während ich es kenne und
sehe. Es ist aber dies das Selbst, das bei der Auflösung des Leibes
zugrundegeht, verlorengeht, nach dem Tode nicht mehr besteht; erst insofern ist
das Selbst völliger Vernichtung anheimgefallen. Auf solche Weise künden die
einen des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an.
„Danach, ihr Mönche, behaupten jene Asketen und Priester Zerstörung, künden
des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung an, nach den sieben
Urständen. Denn wer da irgend, ihr Mönche, als ein Asket oder Priester
Zerstörung behauptet, des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung
ankündet, ein jeder solche tut es nach eben diesen sieben Urständen, nach dem
einen oder dem anderen: es gibt keine außerdem.
„Da
erkennt denn, ihr Mönche, der Vollendete: 'Solche Ansichten, also
angenommen, also beharrlich erworben, lassen dahin gelangen, lassen eine
solche Zukunft erwarten.' Das erkennt der Vollendete, und erkennt was
darüber hinausreicht. Bei dieser Erkenntnis beharrt er aber nicht, und
weil er dabei nicht beharrt findet er Einkehr eben in sich: und weil er
der Gefühle Aufgang und Untergang, Labsal und Elend und Überwindung
wirklich verstanden hat, ist ohne Anhangen abgelöst, ihr Mönche, der
Vollendete.
„Das sind, ihr Mönche, die Dinge, die tief sind, schwer zu entdecken, schwer
zugewahren, stille, erlesene, unbekrittelbare, feine, Weisen erfindliche, die
der Vollendete selbst verstanden, sich offenbar gemacht hat und dann kennen
lehrt, um welche man über den Vollendeten nach Gebühr ein günstiges Urteil
richtig fällen mag.
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