DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit
wanderte der Erhabene im Lande Kosalo von Ort zu Ort und kam, von vielen
Mönchen begleitet, mit einer Schar von fünfhundert Mönchen, nach Sálavatiká
heran.
Um diese Zeit aber lebte Lohicco der Priester zu Sálavatiká, das, gar heiter
anzuschauen, mit Weide-, Wald- und Wasserplätzen, mit Kornkammern, mit
königlichem Reichtum begabt, von König Pasenadi von Kosalo als Königsgabe den
Priestern zu eigen gegeben war.
Damals nun hatte Lohicco der Priester folgende verkehrte Ansicht gefaßt:
<Da mag ein Asket oder ein Priester ein heilsames Ding ausfinden; und hat er
das heilsame Ding ausgefunden, es keinem anderen anzeigen: was kann denn einer
dem anderen nützen? Gleichwie etwa als ob man eine alte Fessel durchschnitten
hätte um eine andere, neue Fessel sich anzulegen, so auch geschähe da hier;
verkehrt und aus Sucht gehandelt heiß' ich das: was kann denn einer dem anderen
nützen?>
Nun hörte Lohicco der Priester reden: <Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo,
der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande
von Ort zu Ort und ist, von vielen Mönchen begleitet, mit einer Schar von
fünfhundert Mönchen bei Sálavatiká angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt
man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: 'Das ist der Erhabene, der
Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der
Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der
Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese
Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von
Büßern und Priestern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden
und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren
Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das
vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum dar. Glücklich aber wer solche
Heilige sehn kann!'
Da wandte sich denn Lohicco der Priester an Rosiko den Bader und sagte:
«Komm', bester Rosiko, und geh' zum Asketen Gotamo hin und erkundige dich in
meinem Namen beim Asketen Gotamo nach Gesundheit, Frische, Munterkeit, Stärke,
Wohlbefinden: <Lohicco>, sage, <o Gotamo, der Priester, läßt Herrn
Gotamo Gesundheit, Frische, Munterkeit, Stärke, Wohlbefinden wünschen>; und
füge hinzu: <gewähren, läßt er sagen, möge Herr Gotamo Lohicco dem Priester
die Bitte, morgen bei ihm zu speisen, in Gemeinschaft der Mönche.>»
«Gern, o Herr!» sagte da Rosiko der Bader, Lohicco dem Priester willfahrend.
Dann begab er sich zum Erhabenen hin, bot dem Erhabenen ehrerbietigen Gruß dar
und nahm beiseite Platz. Beiseite sitzend sprach nun Rosiko der Bader zum
Erhabenen also:
«Lohicco, o Herr, der Priester läßt dem Erhabenen Gesundheit, Frische,
Munterkeit, Stärke, Wohlbefinden wünschen; und er trägt mir auf: gewähren, o
Herr, läßt er sagen, möge Herr Gotamo Lohicco dem Priester die Bitte, morgen
bei ihm zu speisen, in Gemeinschaft der Mönche.»
Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.
Als nun Rosiko der Bader der Zustimmung des Erhabenen gewiß war, stand er
von seinem Sitze auf, bot dem Erhabenen ehrerbietigen Gruß dar, ging rechts
herum und begab sich zu Lohicco dem Priester zurück um ihm zu melden:
«Ausgerichtet haben wir, o Herr, in deinem Auftrag an Ihn, den Erhabenen:
<Lohicco, o Herr, der Priester, läßt dem Erhabenen Gesundheit, Frische,
Munterkeit, Stärke, Wohlbefinden wünschen; und er trägt mir auf: gewähren, o
Herr, läßt er sagen, möge Herr Gotamo Lohicco dem Priester die Bitte, morgen
bei ihm zu speisen, in Gemeinschaft der Mönche.> Gewährt aber hat Er die
Bitte, der Erhabene.»
Am nächsten Morgen nun ließ Lohicco der Priester in seiner Behausung
ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sagte dann zu Rosiko dem
Bader:
«Komm', bester Rosiko und begib dich zum Asketen Gotamo hin und bringe dem
Asketen Gotamo die Meldung: <Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist
bereit.>»
«Gern, o Herr!» sagte da Rosiko der Bader, Lohicco dem Priester willfahrend.
Dann begab er sich zum Erhabenen hin, bot dem Erhabenen ehrerbietigen Gruß dar
und stand beiseite. Beiseite stehend gab nun Rosiko der Bader dem Erhabenen
Meldung:
«Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit.»
So begann denn der Erhabene sich beizeiten zu rüsten, nahm Mantel und
Almosenschale und machte sich auf den Weg nach Sálavatiká, in Gemeinschaft der
Mönche. Zu gleicher Zeit aber folgte Rosiko der Bader dem Erhabenen Schritt um
Schritt nach. Alsbald nun wandte sich Rosiko der Bader an den Erhabenen mit den
Worten:
«Lohicco, o Herr, der Priester, hat folgende verkehrte Ansicht gefaßt:
<Da mag ein Asket oder ein Priester ein heilsames Ding ausfinden; und hat er
das heilsame Ding ausgefunden, es keinem anderen anzeigen: was kann denn einer
dem anderen nützen? Gleichwie etwa als ob man eine alte Fessel durchschnitten
hätte um eine andere, neue Fessel sich anzulegen, so auch geschähe da hier;
verkehrt und aus Sucht gehandelt heiß' ich das: was kann denn einer dem anderen
nützen?> Gut wär' es, o Herr, wenn der Erhabene Lohicco den Priester von
einer solchen verkehrten Ansicht abbringen wollte.»
«Nun, es mag wohl noch werden, Rosiko, nun, es mag wohl noch werden,
Rosiko.»
Unterdessen kam der Erhabene zur Behausung heran, wo Lohicco der Priester
wohnte. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem dargebotenen Sitze Platz.
Lohicco aber der Priester bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten und
seine Jünger mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.
Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Lohicco
der Priester einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite
hin. An Lohicco den Priester, der da zur Seite saß, wandte sich alsbald der
Erhabene und fragte:
«Ist es wahr, wie man sagt, Lohicco, dir sei eine solche verkehrte Ansicht
aufgestiegen: <Da mag ein Asket oder ein Priester ein heilsames Ding
ausfinden; und hat er das heilsame Ding ausgefunden, es keinem anderen
anzeigen: was kann denn einer dem anderen nützen? Gleichwie etwa als ob man
eine alte Fessel durchschnitten hätte um eine andere, neue Fessel sich
anzulegen, so auch geschähe da hier; verkehrt und aus Sucht gehandelt heiß' ich
das: was kann denn einer dem anderen nützen?>»
«So ist es, o Gotamo!»
«Was meinst du wohl, Lohicco: bist du nicht über Sálavatiká Gebieter?»
«Allerdings, o Gotamo!»
«Wer da nun, Lohicco, also spräche: <Lohicco der Priester ist über
Sálavatiká Gebieter; was in Sálavatiká gesät und geerntet wird, Lohicco nur
soll es, der Priester, allein genießen, soll nichts anderen geben>: würde
wer also spräche denen, die von dir leben, zum Unheil gereichen, oder nicht?»
«Zum Unheil gereichen, o Gotamo!»
«Zum Unheil gereichend hätt' er Liebe und Erbarmen für sie, oder wär' er
ohne Liebe und Erbarmen?»
«Ohne Liebe und Erbarmen, o Gotamo!»
«Ohne Liebe und Erbarmen wär' er ihnen freundlich gesinnt, oder feindlich?»
«Feindlich, o Gotamo!»
«Feindlich gesinnt hätt' er rechte Ansicht, oder falsche Ansicht?»
«Falsche Ansicht, o Gotamo!»
«Bei falscher Ansicht stehn ihm, sag' ich, Lohicco, zweierlei Fährten bevor:
Hölle oder Tierheit. -
Was meinst du wohl, Lohicco: ist nicht König Pasenadi der Kosaler über Kasi
1 und Kosalo Gebieter?»
«Gewiß, o Gotamo!»
«Wer da nun, Lohicco, also spräche <König Pasenadi der Kosaler ist über
Kási und Kosalo Gebieter; was in Kási und Kosalo gesät und geerntet wird, der
König nur soll es, Pasenadi von Kosalo, allein genießen, soll nichts anderen
geben: würde wer also spräche denen, die von König Pasenadi dem Kosaler leben,
euch eben gleichwie den anderen, zum Unheil gereichen, oder nicht?»
«Zum Unheil gereichen, o Gotamo!»
«Zum Unheil gereichend hätt' er Liebe und Erbarmen für sie, oder wär' er
ohne Liebe und Erbarmen?»
«Ohne Liebe und Erbarmen, o Gotamo!»
«Ohne Liebe und Erbarmen wär' er ihnen freundlich gesinnt, oder feindlich?»
«Feindlich, o Gotamo!»
«Feindlich gesinnt hätt' er rechte Ansicht, oder falsche Ansicht?»
«Falsche Ansicht, o Gotamo!»
«Bei falscher Ansicht stehn ihm, sag' ich, Lohicco, zweierlei Fährten bevor:
Hölle oder Tierheit. -
Darum merke, Lohicco, wer also spräche: <Lohicco der Priester ist über
Sálavatiká Gebieter; was in Sálavatiká gesät und geerntet wird, Lohicco nur
soll es, der Priester, allein genießen, soll nichts anderen geben>: mit
solcher Sprache wird er denen, die von dir leben, zum Unheil gereichen; zum
Unheil gereichend ist er ohne Liebe und Erbarmen; ohne Liebe und Erbarmen ist
er feindlich gesinnt; feindlich gesinnt hat er falsche Ansicht.
Ebenso nun auch, Lohicco, wer also spräche: <Da mag ein Asket oder ein
Priester ein heilsames Ding ausfinden; und hat er das heilsame Ding
ausgefunden, es keinem anderen anzeigen: was kann denn einer dem anderen
nützen? Gleichwie etwa als ob man eine alte Fessel durchschnitten hätte um eine
andere, neue Fessel sich anzulegen, so auch geschähe da hier; verkehrt und aus
Sucht gehandelt heiß' ich das: was kann denn einer dem anderen nützen?>: mit
solcher Sprache wird er denen, die als edle Söhne zu des Vollendeten
dargelegter Lehre und Ordnung herangekommen ein also reiches Ergebnis ausfinden
können, wie etwa das Ziel des Stromeintritts zu verwirklichen, das Ziel der
Einmalwiederkehr zu verwirklichen, das Ziel der Nichtwiederkehr zu
verwirklichen, die Heiligkeit zu verwirklichen, die da auch irgend zu
himmlischer Einkehr erwachsen mögen um himmlischen Werdegang zu entwickeln,
ihnen zum Unheil gereichen; zum Unheil gereichend ist er ohne Liebe und
Erbarmen; ohne Liebe und Erbarmen ist er feindlich gesinnt; feindlich gesinnt
hat er falsche Ansicht; bei falscher Ansicht stehn ihm, sag' ich, Lohicco,
zweierlei Fährten bevor Hölle oder Tierheit. -
Darum merke, Lohicco: wer also spräche: <König Pasenadi der Kosaler ist
über Kási und Kosalo Gebieter; was in Kási und Kosalo gesät und geerntet wird,
der König nur soll es, Pasenadi von Kosalo, allein genießen, soll nichts
anderen geben>: mit solcher Sprache wird er denen, die von König Pasenadi
dem Kosaler leben, euch eben gleichwie den anderen, zum Unheil gereichen; zum
Unheil gereichend ist er ohne Liebe und Erbarmen; ohne Liebe und Erbarmen ist
er feindlich gesinnt; feindlich gesinnt hat er falsche Ansicht. Ebenso nun
auch, Lohicco, wer also spräche: <Da mag ein Asket oder ein Priester ein
heilsames Ding ausfinden; und hat er das heilsame Ding ausgefunden, es keinem
anderen anzeigen: was kann denn einer dem anderen nützen? Gleichwie etwa als ob
man eine alte Fessel durchschnitten hätte um eine andere, neue Fessel sich
anzulegen, so auch geschähe da hier; verkehrt und aus Sucht gehandelt heiß' ich
das: was kann denn einer dem anderen nützen?>: mit solcher Sprache wird er
denen, die als edle Söhne zu des Vollendeten dargelegter Lehre und Ordnung
herangekommen ein also reiches Ergebnis ausfinden können, wie etwa das Ziel des
Stromeintritts zu verwirklichen, das Ziel der Einmalwiederkehr zu
verwirklichen, das Ziel der Nichtwiederkehr zu verwirklichen, die Heiligkeit zu
verwirklichen, die da auch irgend zu himmlischer Einkehr erwachsen mögen um
himmlischen Werdegang zu entwickeln, ihnen zum Unheil gereichen; zum Unheil
gereichend ist er ohne Liebe und Erbarmen; ohne Liebe und Erbarmen ist er
feindlich gesinnt; feindlich gesinnt hat er falsche Ansicht; bei falscher
Ansicht stehn ihm, sag' ich, Lohicco, zweierlei Fährten bevor: Hölle oder
Tierheit.
«Drei Arten gibt es, Lohicco, von Meistern, die Tadel in der Welt verdienen:
und wenn etwa so ein Meister getadelt wird, ist es ein Tadel, der wirklich, der
ehrlich, der gerecht und unleugbar ist; was für drei Arten?
«Da hat, Lohicco, irgendein Meister das Ziel, warum er aus dem Hause in die
Hauslosigkeit gezogen ist, dieses Ziel der Asketenschaft hat er nicht erreicht.
Ohne dieses Ziel der Asketenschaft erreicht zu haben legt er den Jüngern die
Lehre dar: <Das dient euch zum Wohle, das dient euch zum Heile.> Dessen
Jünger horchen nicht auf, leihen kein Gehör, wenden das Herz nicht dem
Verständnisse zu, übertreten gar in ihrem Betragen die Satzung des Meisters.
Den dürfte solcher Tadel treffen: <Ehrwürdiger, das Ziel, warum du aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen bist, dieses Ziel der Asketenschaft hast du
nicht erreicht. Ohne dieses Ziel der Asketenschaft erreicht zu haben legst du
den Jüngern die Lehre dar 'Das dient euch zum Wohle, das dient euch zum Heile.'
Da horchen dir die Jünger nicht auf, leihen kein Gehör, wenden das Herz nicht
dem Verständnisse zu, übertreten gar in ihrem Betragen die Satzung des
Meisters. Gleichwie etwa als ob man einer, die fortgehn will, nachgehn oder sie
bei abgewandtem Antlitz umarmen wollte, so auch geschähe da hier; verkehrt und
aus Sucht gehandelt heiß' ich das: was kann denn einer dem anderen nützen?>
Das ist, Lohicco, der erste Meister, der Tadel in der Welt verdient: und wenn
etwa so ein Meister getadelt wird, ist es ein Tadel, der wirklich, der ehrlich,
der gerecht und unleugbar ist.
«Weiter sodann, Lohicco: da hat irgendein Meister das Ziel, warum er aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen ist, dieses Ziel der Asketenschaft hat er
nicht erreicht. Ohne dieses Ziel der Asketenschaft erreicht zu haben legt er
den Jüngern die Lehre dar: <Das dient euch zum Wohle, das dient euch zum
Heile.> Dessen Jünger horchen auf, leihen Gehör, wenden das Herz dem
Verständnisse zu, nicht etwa übertreten sie in ihrem Betragen die Satzung des
Meisters. Den dürfte solcher Tadel treffen: <Ehrwürdiger, das Ziel, warum du
aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen bist, dieses Ziel der Asketenschaft
hast du nicht erreicht. Ohne dieses Ziel der Asketenschaft erreicht zu haben
legst du den Jüngern die Lehre dar: 'Das dient euch zum Wohle, das dient euch
zum Heile'. Da horchen dir die Jünger auf, leihen Gehör, wenden das Herz dem
Verständnisse zu, nicht etwa übertreten sie in ihrem Betragen die Satzung des
Meisters. Gleichwie etwa als ob man sein Feld im Stiche gelassen und ein
fremdes Feld zu bestellen gedächte, so auch geschähe da hier; verkehrt und aus
Sucht gehandelt heiß' ich das: was kann denn einer dem anderen nützen?> Das
ist, Lohicco, der zweite Meister, der Tadel in der Welt verdient: und wenn etwa
so ein Meister getadelt wird, ist es ein Tadel, der wirklich, der ehrlich, der
gerecht und unleugbar ist.
«Weiter sodann, Lohicco: da hat irgendein Meister das Ziel, warum er aus dem
Hause in die Hauslosigkeit gezogen ist, dieses Ziel der Asketenschaft hat er
erreicht. Nachdem er dieses Ziel der Asketenschaft erreicht hat, legt er den
Jüngern die Lehre dar: <Das dient euch zum Wohle, das dient euch zum
Heile.> Dessen Jünger horchen nicht auf, leihen kein Gehör, wenden das Herz
nicht dem Verständnisse zu, übertreten gar in ihrem Betragen die Satzung des
Meisters. Den dürfte solcher Tadel treffen <Ehrwürdiger, das Ziel, warum du
aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen bist, dieses Ziel der Asketenschaft
hast du erreicht. Nachdem du dieses Ziel der Asketenschaft erreicht hast, legst
du den Jüngern die Lehre dar: 'Das dient euch zum Wohle, das dient euch zum
Heile.' Da horchen dir die Jünger nicht auf, leihen kein Gehör, wenden das Herz
nicht dem Verständnisse zu, übertreten gar in ihrem Betragen die Satzung des
Meisters. Gleichwie etwa als ob man eine alte Fessel durchschnitten hätte um
eine andere, neue Fessel sich anzulegen, so auch geschähe da hier; verkehrt und
aus Sucht gehandelt heiß' ich das: was kann denn einer dem anderen nützen?>
Das ist, Lohicco, der dritte Meister, der Tadel in der Welt verdient: und wenn
etwa so ein Meister getadelt wird, ist es ein Tadel, der wirklich, der ehrlich,
der gerecht und unleugbar ist.
«Das sind, Lohicco, die drei Arten von Meistern, die Tadel in der Welt
verdienen: und wenn etwa so ein Meister getadelt wird, ist es ein Tadel, der
wirklich, der ehrlich, der gerecht und unleugbar ist.»
Nach dieser Rede wandte sich Lohicco der Priester an den Erhabenen und
sagte:
«Gibt es aber, o Gotamo, irgend einen Meister, der Tadel in der Welt nicht
verdient?»
«Es gibt, Lohicco, einen Meister, der Tadel in der Welt nicht verdient.»
«Was ist das aber, o Gotamo, für ein Meister, der Tadel in der Welt nicht
verdient?»
«Da erscheint, Lohicco, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen
Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner,
der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und
Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern,
ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern,
Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er
verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende
begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte,
geklärte Asketentum dar. -
Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer,
der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, faßt
er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt
er also: <Ein Gefängnis ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie
Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das
völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie,
wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus
dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?> So gibt er denn später einen
kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis
oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und
Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. -
Also Pilger geworden bleibt er in reiner Zucht richtig gezügelt, lauter im
Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter,
Schritt um Schritt; in Taten und Worten heilsam beflissen lebt er rein, ist
tüchtig in Tugend, hütet die Tore der Sinne, gewappnet mit klarem Bewußtsein,
zufrieden. -
Treu der heiligen Tugendsatzung, treu der heiligen Sinnenzügelung, treu der
heiligen klaren Einsicht, treu der heiligen Zufriedenheit sucht er einen
abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte,
eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der
offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist,
setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet,
und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt
begierdelosen Gemütes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er
verworfen, haßlosen Gemütes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen
lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er
verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar
bewußt, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmut hat er verworfen,
er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemütes läutert er sein Herz von
stolzem Unmut. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewißheit ist er
entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz. -
Sobald nun, Lohicco, der Mönch diese fünf Hemmungen (nivarana) in sich
aufgehoben merkt, wird er freudig bewegt. Freudig bewegt wird er heiter.
Heiteren Herzens wird der Körper beschwichtigt. Körperbeschwichtigt fühlt er
sich wohl. Sich wohl fühlend wird sein Geist einig. So gewinnt er gar fern von
Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener
seliger Verzückung, die Weihe der ersten Schauung. - Bei einem Meister nun,
Lohicco, wo der Jünger ein so reiches Ergebnis ausfinden kann: das ist ein
Meister, Lohicco, der Tadel in der Welt nicht verdient; und wenn etwa so ein
Meister getadelt wird, ist es ein Tadel, der nicht wirklich, nicht ehrlich,
nicht gerecht, der leugbar ist.
«Weiter sodann, Lohicco: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht
der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von sinnen, von
gedenken freie, in der Einigung geborene selige Verzückung, die Weihe der
zweiten Schauung. In heiterer Ruhe verweilt er gleichmütig, einsichtig, klar
bewußt, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: <Der
gleichmütig Einsichtige lebt beglückt>; so erwirkt er die Weihe der dritten
Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des
einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt er die leidlose, freudlose,
gleichmütig einsichtige vollkommene Reine, die Weihe der vierten Schauung. Bei
einem Meister nun, Lohicco, wo der Jünger ein so reiches Ergebnis ausfinden
kann: das ist ein Meister, Lohicco, der Tadel in der Welt nicht verdient; und
wenn etwa so ein Meister getadelt wird, ist es ein Tadel, der nicht wirklich,
nicht ehrlich, nicht gerecht, der leugbar ist.
«Weiter sodann, Lohicco, kann der Mönch sich mancher verschiedenen früheren
Daseinsform erinnern, mit je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen
Beziehungen. Es kann ferner der Mönch die Wesen dahinschwinden und
wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und
unglückliche, kann erkennen wie die Wesen je nach den Taten wiederkehren. Es
kann dann der Mönch mit der Wahnversiegung die wahnlose Gemüterlösung,
Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und
erringen. <Im Erlösten ist die Erlösung>, diese Erkenntnis geht ihm auf,
<Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht
mehr ist diese Welt> versteht er da. Bei einem Meister nun, Lohicco, wo der
Jünger ein so reiches Ergebnis ausfinden kann: das ist ein Meister, Lohicco,
der Tadel in der Welt nicht verdient; und wenn etwa so ein Meister getadelt
wird, ist es ein Tadel, der nicht wirklich, nicht ehrlich, nicht gerecht, der
leugbar ist.»
Also belehrt wandte sich Lohicco der Priester mit diesen Worten an den
Erhabenen:
«Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob einer einen anderen, der schon einen
abschüssigen Abhang hinabkollerte, noch an den Haaren erfaßte, emporzöge und
sicher an den Rand brächte: ebenso auch bin ich von Herrn Gotamo, während ich
schon einen abschüssigen Abhang hinabkollerte, emporgezogen und sicher an den
Rand gebracht worden. -
Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo,
als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verborgenes aufdeckte, oder Verirrten
den Weg zeigte, oder eine Lampe ins Dunkle hielte: <Wer Augen hat wird die
Dinge sehn>: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre von vielen Seiten
beleuchtet. Und so nehm' ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei
der Jüngerschaft: als Anhänger soll mich Herr Gotamo betrachten, von heute an
zeitlebens getreu.»
Fußnote:
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