DAS HAB' ICH GEHÖRT. ZU einer Zeit
wanderte der Erhabene im Lande Kosalo von Ort zu Ort und kam, von vielen
Mönchen begleitet, mit einer Schar von fünfhundert Mönchen, in die Nähe von
Manasá-Bad, wie die Kosaler ein Priesterdorf dort genannt hatten.
Bei Manasá-Bad weilte nun der Erhabene, im Norden von Manasá-Bad, am Gestade
der Aciravatí im Mangohaine.
Um diese Zeit nun hielten sich gar manche wohlbekannte, wohlberühmte
hochmögende Priester zu Manasá-Bad auf, als da waren Cankí der Priester,
Tárukkho der Priester, Pokkharasáti der Priester, Jánussoni der Priester,
Todeyyo der Priester, und noch andere wohlbekannte, wohlberühmte hochmögende
Priester.
Als nun eines Tages Vásettho und Bháradvájo, zwei der jüngeren Priester, auf
einem Spaziergange lustwandelnd sich ergingen, kam es über Weg und Weg unter
ihnen zu einem Gespräche. Vásettho, der junge Priester, sagte nämlich:
«Das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist,
der dem Vollbringer ausreicht um in brahmische Gemeinschaft einzugehn, der da
von Pokkharasáti dem Priester verkündet ward.»
Bháradvájo aber, der junge Priester, sagte:
«Das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist,
der dem Vollbringer ausreicht um in brahmische Gemeinschaft einzugehn, der da
von Tárukkho dem Priester verkündet ward.»
Aber weder vermochte der junge Vásetther den jungen Bháradvájer zu seiner
Ansicht zu bringen, noch auch vermochte der junge Bháradvájer den jungen
Vásetther zu sich zu bekehren. Da wandte sich denn der junge Vásetther also an
den jungen Bháradvájer:
«Es hält sich da, o Bháradvájo, der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem
Erbe der Sakyer entsagt hat, bei Manasá-Bad auf, im Norden von Manasá-Bad, am
Gestade der Aciravatí, im Mangohaine. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man
allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: <Das ist der Erhabene, der
Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der
Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der
Meister der Göttcr und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.> Wir wollen
uns, o Bháradvájo, dorthin begeben wo der Asket Gotamo weilt und den Asketen
Gotamo darum befragen: wie es uns der Asket Gotamo erklären wird, so wollen wir
es halten.»
«Gut, Herr!» sagte da zustimmend der junge Bháradvájer zum jungen Vásetther.
Alsbald nun begaben sich Vásettho und Bháradvájo die jungen Priester dorthin
wo der Erhabene weilte. Dort angelangt tauschten sie höflichen Gruß und
freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich beiseite
nieder. Beiseite sitzend wandte sich dann der junge Vásetther also an den
Erhabenen:
«Während wir, o Gotamo, auf einem Spaziergange lustwandelnd uns ergingen,
kam es über Weg und Weg unter uns zu einem Gespräche. Ich nämlich sagte:
<Das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist,
der dem Vollbringer ausreicht um in brahmische Gemeinschaft einzugehn, der da
von Pokkharasáti dem Priester verkündet ward.> Der junge Bháradvájer aber
sagte: <Das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der
ausreichend ist, der dem Vollbringer ausreicht um in brahmische Gemeinschaft
einzugehn, der da von Tárukkho dem Priester verkündet ward.> Da ist es, o
Gotamo, eben hierüber zu Streit und Hader gekommen, wir sind verschiedener
Meinung.»
«Das heißt also, Vásettho, daß du behauptest: <Das nur ist der gerade
Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist, der dem Vollbringer
ausreicht um in brahmische Gemeinschaft einzugehn, der da von Pokkharasáti dem
Priester verkündet ward>; während der junge Bháradvájer wieder meint:
<Das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist,
der dem Vollbringer ausreicht um in brahmische Gemeinschaft einzugehn, der da
von Tárukkho dem Priester verkündet ward>: worüber denn aber seid ihr nun,
Vásettho, in Streit und Hader geraten, worüber seid ihr verschiedener Meinung
geworden?»
Über Weg und Weg, o Gotamo. Wenn auch, o Gotamo, die Priester verschiedene
Wege aufweisen, die Altarpriester und Opferpriester, die Sangespriester, die
Spruchpriester 1: so sind sie doch alle ausreichend, sie reichen dem
Vollbringer aus um in brahmische Gemeinschaft einzugehn. Gleichwie etwa, o
Gotamo, als wenn in der Nähe eines Dorfes oder einer Burg eine Menge
verschiedener Wege und Pfade sich zeigen, aber sie alle nach dem Dorfe hin
zusammenlaufen: ebenso nun auch, o Gotamo, mögen immerhin die Priester
verschiedene Wege aufweisen, die Altarpriester und Opferpriester, die
Sangespriester, die Spruchpriester, es sind doch alle ausreichend, sie reichen
dem Vollbringer aus um in brahmische Gemeinschaft einzugehn.»
«Sie reichen aus, Vásettho, sagst du?»
«Sie reichen aus, o Gotamo, sag' ich.»
«Sie reichen aus, Vásettho, sagst du?»
«Sie reichen aus, o Gotamo, sag' ich.»
«Sie reichen aus, Vásettho, sagst du?»
«Sie reichen aus, o Gotamo, sag' ich.»
«Wie nun, Vásettho: gibt es unter den Dreivedenpriestern auch nur einen
einzigen, der Brahmá selber gesehn hätte?»
«Das wohl nicht, o Gotamo!»
«Wie nun, Vásettho: gibt es unter den Dreivedenpriestern auch nur einen
einzigen Meister oder Altmeister, der Brahmá selber gesehn hätte?»
«Das wohl nicht, o Gotamo!»
«Wie nun, Vásettho: gibt es irgendeinen unter den Dreivedenpriestern, bis
zum siebenten Großmeisterahnen hinauf, der Brahmá selber gesehn hätte?»
«Das wohl nicht, o Gotamo!»
«Wie nun, Vásettho: die da vormals der Dreivedenpriester Seher waren, die
Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren uralte Spruchlieder, wie
sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt wurden, die Dreivedenpriester heute und
hier ihnen nachsingen, ihnen nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte
weiterlehren, als da waren Atthako, Vámako, Vámadevo, Vessámitto, Yamataggi,
Angiraso, Bháradvájo, Vásettho, Kassapo, Bhagu: haben etwa diese gesagt:
<Wir wissen es, wir sehn es wo Brahmá ist, wie Brahmá ist, wann Brahmá ist?>»
«Das wohl nicht, o Gotamo!»
«Das heißt also, Vásettho es gibt unter den Dreivedenpriestern auch nicht
einen einzigen, der Brahmá selber gesehn hätte; es gibt unter den
Dreivedenpriestern auch nicht einen einzigen Meister oder Altmeister, der
Brahmá selber gesehn hätte; es gibt unter den Dreivedenpriestern auch nicht
irgendeinen, bis zum siebenten Großmeisterahnen hinauf, der Brahmá selber
gesehn hätte; die aber, wie man sagt, vormals der Dreivedenpriester Seher
waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder der Sprüche, deren uralte
Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen, gesammelt wurden, die
Dreivedenpriester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen nachsagen, das Gesagte
weitersagen, das Gelehrte weiterlehren, als da waren Atthako, Vámako, Vámadevo,
Vessámitto, Yamataggi, Angiraso, Bháradvájo, Vásettho, Kassapo, Bhagu: auch
diese haben nicht gesagt: <Wir wissen es, wir sehn es wo Brahmá ist, wie
Brahmá ist, wann Brahmá ist>; jene Dreivedenpriester haben nur gesagt:
<Den wir nicht kennen, den wir nicht sehn, zur Einkehr bei ihm weisen wir
den Weg: das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend
ist, der dem Vollbringer ausreicht um in brahmanische Gemeinschaft
einzugehn>; was meinst du wohl, Vásettho: haben nun nicht, bei solcher Bewandtnis,
die Dreivedenpriester Unbegreifliches ausgesagt?»
«Freilich, o Gotamo, bei solcher Bewandtnis haben die Dreivedenpriester
Unbegreifliches ausgesagt.»
«Gut, Vásettho: daß eben jene Dreivedenpriester, den sie nicht kennen, den
sie nicht sehn, zur Einkehr bei ihm den Weg weisen könnten: <Das nur ist der
gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist, der dem Vollbringer
ausreicht um in brahmische Gemeinschaft einzugehn>: das ist unmöglich.
Gleichwie etwa, Vásettho, eine Reihe Blinder, einer dem anderen angeschlossen,
und kein vorderer sieht, und kein mittlerer sieht, und kein letzterer sieht:
ebenso nun auch, Vásettho, als eine Reihe Blinder will mir das Reden der
Dreivedenpriester erscheinen, wo kein vorderer sieht, und kein mittlerer sieht,
und kein letzterer sieht; denen gereicht, den Dreivedenpriestern, jene Rede nur
zum Spotte, zum bloßen Namen, erweist sich ganz eitel und nichtig. - Was meinst
du wohl, Vásettho: sehn die Dreivedenpriester Sonne und Mond, wie eben auch
andere Leute mehr, wo da Sonne und Mond aufgehn und wo sie untergehn, flehn sie
an, besingen sie, verneigen sich huldigend vor ihnen, Tag um Tag ihnen
dienend?»
«Gewiß, o Gotamo: es sehn die Dreivedenpriester Sonne und Mond, wie eben
auch andere Leute mehr, wo da Sonne und Mond aufgehn und wo sie untergehn,
flehn sie an, besingen sie, verneigen sich huldigend vor ihnen, Tag um Tag
ihnen dienend.»
«Was meinst du wohl, Vásettho was sie sehn, die Dreivedenpriester, Sonne und
Mond, wie eben auch andere Leute mehr, wo da Sonne und Mond aufgehn und wo sie
untergehn, die sie anflehn, besingen, vor denen sie sich huldigend verneigen,
denen sie Tag um Tag dienen: vermögen sie, die Dreivedenpriester, auch nur bei
denen zur Einkehr, bei Sonne und Mond, den Weg zu weisen: <Das nur ist der
gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist, der dem Vollbringer
ausreicht um in Sonnen- und Mondengemeinschaft einzugehn?>»
«Das wohl nicht, o Gotamo!»
«Das heißt also, Vásettho: was sie sehn, die Dreivedenpriester, Sonne und
Mond, wie eben auch andere Leute mehr, wo da Sonne und Mond aufgehn und wo sie
untergehn, die sie anflehn, besingen, vor denen sie sich huldigend verneigen,
denen sie Tag um Tag dienen: auch nur bei denen vermögen sie nicht, bei Sonne
und Mond, zur Einkehr den Weg zu weisen: <Das nur ist der gerade Weg, der
den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist, der dem Vollbringer ausreicht um in
Sonnen- und Mondengemeinschaft einzugehn>: wie nun? Die Dreivedenpriester
haben, sagen sie, Brahmá nicht selber gesehn; auch die Meister und Altmeister
der Dreivedenpriester haben, sagen sie, Brahmá nicht selber gesehn; auch nicht
irgendeiner der Dreivedenpriester, sagen sie, bis zum siebenten
Großmeisterahnen hinauf, hat Brahmá selber gesehn; die aber, wie man sagt,
vormals der Dreivedenpriester Seher waren, die Verfasser der Sprüche, Verkünder
der Sprüche, deren uralte Spruchlieder, wie sie gesungen, ausgesprochen,
gesammelt wurden, die Dreivedenpriester heute und hier ihnen nachsingen, ihnen
nachsagen, das Gesagte weitersagen, das Gelehrte weiterlehren, als da waren
Atthako, Vámako, Vámadevo, Vessámitto, Yamataggi, Angiraso, Bháradvájo,
Vásettho, Kassapo, Bhagu: auch diese haben nicht gesagt: <Wir wissen es, wir
sehn es wo Brahmá ist, wie Brahmá ist, wann Brahmá ist>; jene Dreivedenpriester
haben nur gesagt: <Den wir nicht kennen, den wir nicht sehn, zur Einkehr bei
ihm weisen wir den Weg: das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt,
der ausreichend ist, der dem Vollbringer ausreicht um in brahmische
Gemeinschaft einzugehn>; was meinst du wohl, Vásettho: haben nun nicht, bei
solcher Bewandtnis, die Dreivedenpriester Unbegreifliches ausgesagt?»
«Freilich, o Gotamo, bei solcher Bewandtnis haben die Dreivedenpriester
Unbegreifliches ausgesagt.»
«Gut, Vásettho: daß eben die Dreivedenpriester, den sie nicht kennen, den
sie nicht sehn, zur Einkehr bei ihm den Weg weisen könnten: <Das nur ist der
gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der ausreichend ist, der dem Vollbringer
ausreicht um in brahmische Gemeinschaft einzugehn>: das ist unmöglich.
Gleichwie etwa, Vásettho, wenn ein Mann also spräche: <Ich habe nach ihr,
die da im ganzen Lande die Schönste ist, Verlangen, habe Sehnsucht nach
ihr>; und man fragte ihn: <Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der
du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, ob es eine Fürstin oder eine
Priestertochter, ein Bürgermädchen oder eine Dienerin ist?>; und er gäbe
'Nein' zur Antwort; und man fragte ihn <Lieber Mann, die Schönste des
Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, weißt du, wie
sie heißt, wo sie herstammt oder hingehört, ob sie von großer oder von kleiner
oder von mittlerer Gestalt ist, ob ihre Hautfarbe schwarz oder braun der gelb
ist, in welchem Dorf oder welcher Burg oder welcher Stadt sie zuhause ist?>;
und er gäbe 'Nein' zur Antwort; und man fragte ihn: <Lieber Mann, die du
nicht kennst und nicht siehst, nach der verlangst du, sehnst ich nach ihr?>;
und er gäbe 'Ja' zur Antwort; was meinst du wohl, Vásettho: hätte nun nicht,
bei solcher Bewandtnis, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben?»
«Freilich, o Gotamo, bei solcher Bewandtnis hätte jener Mann unbegreifliche
Antwort gegeben.»
«Ebenso auch ist es, Vásettho, mit jenen Dreivedenpriestern. Gleichwie etwa,
Vásettho, wenn ein Mann auf dem Marktplatz eine Leiter errichtete um einen Turm
zu ersteigen; und man fragte ihn: <Lieber Mann, da du einen Turm zu
ersteigen die Leiter errichtest, weißt du was für ein Turm es ist, ob er nach
Osten oder nach Süden, nach Westen oder nach Norden zu steht, ob es ein hoher
oder ein niederer oder ein mittlerer ist?>; und er gäbe 'Nein' zur Antwort;
und man fragte ihn: <Lieber Mann, den du nicht kennst und nicht siehst, um
einen solchen Turm zu ersteigen errichtest du die Leiter?>; und er gäbe 'Ja'
zur Antwort; was meinst du wohl, Vásettho: hätte nun nicht, bei solcher
Bewandtnis, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben?»
«Freilich, o Gotamo, bei solcher Bewandtnis hätte jener Mann unbegreifliche
Antwort gegeben.»
«Ebenso auch ist es, Vásettho, mit jenen Dreivedenpriestern: daß etwa sie,
den sie nicht kennen, den sie nicht sehn, zur Einkehr bei ihm den Weg weisen
könnten: <Das nur ist der gerade Weg, der den Spuren nachfolgt, der
ausreichend ist, der dem Vollbringer ausreicht um in brahmische Gemeinschaft
einzugehn>: das ist unmöglich. Gleichwie etwa, Vásettho, diese Aciravatí
hinfließt, voll von Wasser, schon das Ufer erreicht, für Krähen schlürfbar; und
es käme ein Mann herbei, der hinüber sollte, hinüberzukommen suchte, hinüber
müßte, hinübergelangen wollte: der stände hüben am Gestade und riefe das
Gestade drüben an: <O komme, du drüben, herüber! O komme, du drüben,
herüber!>; was meinst du wohl, Vásettho: würde nun etwa, weil der Mann da
riefe, weil er da flehte, weil er bäte und schmeichelte, jenes Gestade dort
über die Wellen der Aciravatí an dieses Gestade hier herkommen?»
«Gewiß nicht, o Gotamo!»
«Ebenso nun auch, Vásettho, haben die Dreivedenpriester von Dingen, die den
Priester ausmachen, sich abgewandt, an Dinge, die keinen Priester ausmachen,
sich gewöhnt und dann also gesprochen: <Den Sonnigen rufen wir, den Mondigen
rufen wir, den Himmlischen rufen wir, den Herrlichen rufen wir, den Schaffenden
rufen wir, den Heiligen rufen wir, den Mächtigen rufen wir, den Schützenden
rufen wir 2!> Daß aber, Vásettho, die Dreivedenpriester, die von
Dingen, die den Priester ausmachen, sich abgewandt, an Dinge, die keinen
Priester ausmachen, sich gewöhnt haben, weil sie da rufen, weil sie da flehn,
weil sie bitten und schmeicheln, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode,
zu Brahmá gemeinsam eingehn könnten: das ist unmöglich. Gleichwie etwa,
Vásettho, diese Aciravatí hinfließt, voll von Wasser, schon das Ufer erreicht,
für Krähen schlürfbar; und es käme ein Mann herbei, der hinüber sollte,
hinüberzukommen suchte, hinüber müßte, hinübergelangen wollte: der würde hüben
am Gestade mit einer starken Kette, die Hände nach hinten, in feste Fesseln
geschlagen; was meinst du wohl, Vásettho: könnte nun etwa der Mann da von
diesem Gestade hier über die Wellen der Aciravatí an jenes Gestade dort
hingelangen?»
«Durchaus nicht, o Gotamo!»
«Ebenso nun auch, Vásettho, werden da die fünf Begehrungen im Orden des
Heiligen 'Kette' genannt, werden 'Fessel' genannt und welche fünf? Die durch
das Gesicht ins Bewußtsein tretenden Formen, die ersehnten, geliebten,
entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das
Gehör ins Bewußtsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten, entzückenden,
angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geruch ins
Bewußtsein tretenden Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen,
dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack ins Bewußtsein
tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Getast ins Bewußtsein
tretenden Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem
Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind Vásettho die fünf Begehrungen die
man im Orden des Heiligen 'Kette' genannt hat, 'Fessel' genannt hat. Das sind
Vásettho, die fünf Begehrungen wobei die Dreivedenpriester verlockt geblendet,
hingerissen, ohne das Elend zu sehn, ohne an Entrinnung zu denken, ihr Teil
genießen. Daß aber, Vásettho, die Dreivedenpriester, die von Dingen, die den
Priester ausmachen, sich abgewandt, an Dinge, die keinen Priester ausmachen,
sich gewöhnt haben und bei den fünf Begehrungen verlockt, geblendet,
hingerissen, ohne das Elend zu sehn, ohne an Entrinnung zu denken, ihr Teil
genießen, von Wunscheswillen gefesselt, bei der Auflösung des Leibes, nach dem
Tode, zu Brahmá gemeinsam eingehn könnten: das ist unmöglich. Gleichwie etwa,
Vásettho, diese Aciravatí hinfließt, voll von Wasser, schon das Ufer erreicht,
für Krähen schlürfbar; und es käme ein Mann herbei, der hinüber sollte,
hinüberzukommen suchte, hinüber müßte, hinübergelangen wollte: der hätte sich
hüben am Gestade vom Scheitel bis zur Sohle eingehüllt niedergelegt; was meinst
du wohl, Vásettho: könnte nun etwa der Mann da von diesem Gestade hier über die
Wellen der Aciravatí an jenes Gestade dort hingelangen?»
«Allerdings nicht, o Gotamo!»
«Ebenso nun auch, Vásettho, werden da die fünf Hemmungen (nivarana) im Orden
des Heiligen 'Hemmnisse' genannt, werden 'Hemmungen' genannt, werden
'Zögernisse' genannt, werden 'Verwicklungen' genannt: und welche fünf? Die
Hemmung durch Wunscheswillen, die Hemmung durch Hassensgroll, die Hemmung durch
matte Müde, die Hemmung durch stolzen Unmut, die Hemmung durch Schwanken. Das
sind, Vásettho, die fünf Hemmungen, die man im Orden des Heiligen 'Hemmnisse'
genannt hat, 'Hemmungen' genannt hat, 'Zögernisse' genannt hat, 'Verwicklungen'
genannt hat. In diese fünf Hemmungen, Vásettho, sind die Dreivedenpriester
eingeschlossen, eingeschnürt, verzogen und verwickelt. Daß aber, Vásettho, die
Dreivedenpriester, die von Dingen, die den Priester ausmachen, sich abgewandt,
an Dinge, die keinen Priester ausmachen, sich gewöhnt haben und in die fünf Hemmungen
eingeschlossen, eingeschnürt, verzogen und verwickelt sind, bei der Auflösung
des Leibes, nach dem Tode, zu Brahmá gemeinsam eingehen könnten: das ist
unmöglich. -
Was meinst du wohl, Vásettho: hast du vielleicht von den Priestern, den
ergrauten, bejahrten, den Meistern und Altmeistern reden hören: umschränkt ist
Brahmá, oder unumschränkt?»
«Unumschränkt, o Gotamo!»
«Ein grimmiger Geist, oder kein grimmiger Geist?»
«Kein grimmiger Geist, o Gotamo!»
«Ein grollender Geist, oder kein grollender Geist?»
«Kein grollender Geist, o Gotamo!»
«Ein unsauberer Geist, oder kein unsauberer Geist?»
«Kein unsauberer Geist, o Gotamo!»
«Selbstgewaltig, oder nicht selbstgewaltig?»
«Selbstgewaltig, o Gotamo!»
«Was meinst du wohl, Vásettho: sind die Dreivedenpriester umschränkt, oder
unumschränkt?»
«Umschränkt, o Gotamo 3!»
«Grimmige Geister, oder keine grimmigen Geister?»
«Grimmige Geister, o Gotamo!»
«Grollende Geister, oder keine grollenden Geister?»
«Grollende Geister, o Gotamo!»
«Unsaubere Geister, oder keine unsauberen Geister?»
«Unsaubere Geister, o Gotamo!»
«Selbstgewaltig, oder nicht selbstgewaltig?»
«Nicht selbstgewaltig, o Gotamo!»
«Das heißt also, Vásettho umschränkt sind die Dreivedenpriester,
unumschränkt ist Brahmá. Kann es nun etwa zwischen den umschränkten
Dreivedenpriestern und dem unumschränkten Brahmá eine Übereinstimmung, ein
Übereinkommen geben?»
«Freilich wohl nicht, o Gotamo!»
«Gut, Vásettho: daß eben die umschränkten Dreivedenpriester, bei der
Auflösung des Leibes, nach dem Tode, zu dem unumschränkten Brahmá gemeinsam
eingehn könnten: das ist unmöglich. - So sagst du denn, Vásettho: grimmige
Geister seien die Dreivedenpriester, Brahmá sei kein grimmiger Geist; grollende
Geister seien die Dreivedenpriester, Brahmá sei kein grollender Geist;
unsaubere Geister seien die Dreivedenpriester, Brahmá sei kein unsauberer
Geist; nicht selbstgewaltig seien die Dreivedenpriester, Brahmá sei
selbstgewaltig. Kann es nun da etwa zwischen den grimmigen, grollenden,
unsauberen, nicht selbstgewaltigen Dreivedenpriestern und dem nicht grimmigen,
nicht grollenden, nicht unsauberen, selbstgewaltigen Brahmá eine
Übereinstimmung, ein Übereinkommen geben?»
«Freilich wohl nicht, o Gotamo!»
«Gut, Vásettho: daß eben die grimmigen, grollenden, unsauberen, nicht
selbstgewaltigen Dreivedenpriester, bei der Auflösung des Leibes, nach dem
Tode, zu dem nicht grimmigen, nicht grollenden, nicht unsauberen,
selbstgewaltigen Brahmá gemeinsam eingehn könnten das ist unmöglich. Da sind
sie aber nun, Vásettho, die Dreivedenpriester, darauf versessen und bleiben
sitzen; sitzen geblieben entsetzen sie sich dann wohl: allzu leicht, mein' ich,
leben sie dahin. Darum wird das der Dreivedenpriester Dreivedenwüste genannt,
Dreivedenwildnis genannt, Dreivedenverderbnis genannt.»
Nach diesen Worten wandte sich der junge Vásetther also an den Erhabenen:
«Reden hab' ich hören, o Gotamo: <Der Asket Gotamo kennt den Weg, der zu
Brahmá eingehn läßt.>»
«Was meinst du wohl, Vásettho ist Manasá-Bad nahebei, liegt es unweit von
hier?»
«Freilich, o Gotamo, ist Manasá-Bad nahebei, es liegt unweit von hier.»
«Was meinst du wohl Vásettho: es sei da ein Mann, in Manasá-Bad von Geburt
auferwachscn, und man fragte ihn, wie weit es noch des Weges nach Manasá-Bad
sei: würde da nun, Vásettho, dieser Mann, in Manasá-Bad von Geburt
auferwachsen, um den Weg nach Manasá-Bad gefragt, irgend zögern oder zaudern?»
«Gewiß nicht, o Gotamo!»
«Und warum nicht?»
«Der Mann ist ja, o Gotamo, in Manasá-Bad von Geburt auferwachsen: so kennt
er denn alle die Wege um Manasá-Bad genau.»
«Doch könnte, Vásettho, dieser Mann, in Manasá-Bad von Geburt auferwachsen,
um den Weg nach Manasá-Bad gefragt, irgend zögern oder zaudern: nicht aber kann
der Vollendete, um brahmische Welt oder den in brahmische Welt geleitenden Pfad
gefragt, irgend zögern oder zaudern. Den Brahmá, Vásettho, kenn' ich wohl, und
brahmische Welt, und den in brahmische Welt geleitenden Pfad, und auf welche
Weise Brahmá in brahmische Welt gelangt ist, auch das weiß ich.»
Also berichtet wandte sich der junge Vásetther mit diesen Worten an den
Erhabenen:
«Reden hab' ich hören, o Gotamo: <Der Asket Gotamo zeigt den Weg, der zu
Brahmá eingehen läßt.> Gut wär' es, wenn uns Herr Gotamo den Weg zeigen
wollte, der zu Brahmá eingehn läßt: emporziehen möge Herr Gotamo das
Priestergeschlecht!»
«Wohlan denn, Vásettho, so höre und achte wohl auf meine Rede.»
«Ja, Herr! » sagte da aufmerksam der junge Vásetther zum Erhabenen. Der Erhabene
sprach also:
«Da erscheint, Vásettho, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen
Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner,
der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen,
der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen
und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und
Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet
die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt,
die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte
Asketentum dar. - Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines
Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese
Lehre gehört hat, faßt er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen
erfüllt denkt und überlegt er also: <Ein Gefängnis ist die Häuslichkeit, ein
Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn
man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt
für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit
fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?> So
gibt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat
einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und
ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die
Hauslosigkeit gezogen. - Also Pilger geworden bleibt er in reiner Zucht richtig
gezügelt, lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft
er beharrlich weiter, Schritt um Schritt; in Taten und Worten heilsam beflissen
lebt er rein, ist tüchtig in Tugend, hütet die Tore der Sinne, gewappnet mit
klarem Bewußtsein, zufrieden.
«Wie aber, Vásettho, ist der Mönch tüchtig in Tugend?
Da hat, Vásettho, der Mönch Lebendiges umzubringen verworfen, Lebendiges
umzubringen liegt ihm fern ohne Stock, ohne Schwert, fühlsam, voll Teilnahme,
hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Das eben gilt ihm als
Tugend. -
Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen
hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch
gesinnt, rein gewordenen Herzens. Das eben gilt ihm als Tugend. Die
Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entraten der
Paarung, dem gemeinen Gesetze. Das eben gilt ihm als Tugend. Lüge hat er
verworfen, von Lüge hält er sich fern die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist
er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Heuchler und Schmeichler der
Welt. Das eben gilt ihm als Tugend. -
Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fcrn: was er
hier gehört hat erzählt dort nicht wieder um jene zu entzweien, und was er dort
gehört hat erzählt er hier nicht wieder um diese zu entzweien; so einigt er
Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn,
Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Das eben gilt ihm
als Tugend. - Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich
fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohltuend, liebreich, zum
Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht
er. Das eben gilt ihm als Tugend. -
Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er
sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Tatsachen gemäß, auf den Sinn
bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt,
gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande
angemessen. Das eben gilt ihm als Tugend. - Sämereien und Pflanzungen anzulegen
hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er
nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel,
Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck,
Zierat, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und
Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt
er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinnen nimmt
er nicht an. Ziegen und Schafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er
nicht an. Elefanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er
nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und
Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maß und Gewicht hält er sich fern. Von
den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht hält er sich fern.
Von Raufereien, Schlägereien, Handeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er
sich fern. Das eben gilt ihm als Tugend. «Ein solcher Mönch nun, Vaisettho,
also tüchtig in Tugend, kann nicht irgendwoher noch Gefahr erspähn, weil er
tüchtig gerüstet ist. Gleichwie etwa, Vásettho, ein gesalbter Kriegerfürst,
wann er den Feind niedergestreckt hat, nicht irgendwoher noch Gefahr erspähn
kann, weil er ja tapfer gegenübersteht ebenso auch, Vásettho, kann der Mönch,
also tüchtig in Tugend, nicht irgendwoher noch Gefahr erspähn, weil er ja tüchtig
gerüstet ist. Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er
ein inneres fleckenloses Glück. Also ist der Mönch, Vásettho, tüchtig in
Tugend.
«Wie aber, Vásettho, hütet der Mönch die Tore der Sinne? Hat da, Vásettho,
der Mönch mit dem Gesichte eine Form erblickt, so faßt er keine Neigung, faßt
keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den
überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser
Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht. Hat er mit
dem Gehöre einen Ton gehört, hat er mit dem Geruche einen Duft gerochen, hat er
mit dem Geschmacke einen Saft geschmeckt, hat er mit dem Getaste eine Tastung
getastet, hat er mit dem Gedenken ein Ding erkannt, so faßt er keine Neigung,
faßt keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar
bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich
dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken.
Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres
ungetrübtes Glück. Also hütet, Vásettho, der Mönch die Tore der Sinne.
«Wie aber, Vásettho, ist der Mönch mit klarem Bewußtsein gewappnet? Da ist,
Vásettho, der Mönch klar bewußt beim Kommen und Gehn, klar bewußt beim
Hinblicken und Wegblicken, klar bewußt regt und bewegt er sich, klar bewußt
trägt er des Ordens Gewand und Almosenschale, klar bewußt ißt er und trinkt er,
kaut er und schmeckt er, klar bewußt entleert er Kot und Harn, klar bewußt geht
er und steht er und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und
schweigt er. Also ist, Vásettho, der Mönch mit klarem Bewußtsein gewappnet.
«Wie aber, Vásettho, ist der Mönch zufrieden ? Da ist, Vásettho, der Mönch
zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die
sein Leben fristet; wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der
Almosenschale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa, Vásettho, ein beschwingter
Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt: ebenso
auch, Vásettho, ist der Mönch zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt,
mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet; wohin er auch pilgert, nur mit
dem Gewande und der Almosenschale versehn pilgert er. Also ist, Vásettho, der
Mönch zufrieden.
«Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung,
treu dieser heiligen klaren Einsicht, treu dieser heiligen Zufriedenheit sucht
er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte,
eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der
offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist,
setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet,
und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt
begierdelosen Gemütes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er
verworfen, haßlosen Gemütes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen
lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er
verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar
bewußt, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmut hat er verworfen,
er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemütes läutert er sein Herz von stolzem
Unmut. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewißheit ist er entronnen; er
zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.
«Während er so diese fünf Hemmungen (nivarana) in sich aufgehoben
erkennt, wird er freudig bewegt. Freudig bewegt wird er heiter. Heiteren
Herzens wird der Körper beschwichtigt. Körperbeschwichtigt fühlt er sich wohl.
Sich wohl fühlend wird sein Geist einig. Liebevollen Gemütes weilend strahlt er
nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach
der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich
wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüte, mit
weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Gleichwie etwa,
Vásettho, ein kräftiger Trompeter gar mühelos nach den vier Seiten posaunen
kann, ebenso nun auch, Vásettho, kann in also geübter liebevoller Gemüterlösung
beschränktes Werk nicht mehr übrig bleiben, nicht mehr bestehn. Das aber ist,
Vásettho, der Weg, der zu Brahmá eingehn läßt.
«Weiter sodann, Vásettho: erbarmenden Gemütes, freudevollen Gemütes,
unbewegten Gemütes weilend strahlt der Mönch nach einer Richtung, dann nach
einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben
und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze
Welt mit erbarmendem Gemüte, mit freudevollem Gemüte, mit unbewegtem Gemüte,
mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Gleichwie
etwa, Vásettho, ein kräftiger Trompeter gar mühelos nach den vier Seiten
posaunen kann, ebenso nun auch, Vásettho, kann in also geübter erbarmender,
freudevoller, unbewegter Gemüterlösung beschränktes Werk nicht mehr übrig
bleiben, nicht mehr bestehn. Das aber ist, Vásettho, der Weg, der zu Brahmá
eingehn läßt. - Was meinst du wohl, Vásettho: ein Mönch, der also verweilt, ist
der umschränkt, oder unumschränkt?»
«Unumschränkt, o Gotamo!»
«Ein grimmiger Geist, oder kein grimmiger Geist?»
«Kein grimmiger Geist, o Gotamo!»
«Ein grollender Geist, oder kein grollender Geist?»
«Kein grollender Geist, o Gotamo!»
«Ein unsauherer Geist, oder kein unsauberer Geist?»
«Kein unsauberer Geist, o Gotamo'»
«Selbstgewaltig, oder nicht selbstgewaltig?»
«Selbstgewaltig, o Gotamo!»
«Das heißt also, Vásettho: unumschränkt ist der Mönch, unumschränkt Brahmá.
Kann es nun etwa zwischen dem unumschränkten Mönche und dem unumschränkten
Brahmá eine Übereinstimmung, ein Übereinkommen geben?»
«Freilich, o Gotamo!»
«Gut, Vásettho: daß eben der unumschränkte Mönch, bei der Auflösung des
Leibes, nach dem Tode, zu dem unumschränkten Brahmá gemeinsam eingehn könnte:
das ist möglich. - So sagst du denn, Vásettho: kein grimmiger Geist sei der
Mönch, kein grimmiger Geist Brahmá; kein grollender Geist sei der Mönch, kein
grollender Geist Brahmá; kein unsauberer Geist sei der Mönch, kein unsauberer
Geist Brahmá; selbstgewaltig sei der Mönch, selbstgewaltig Brahmá. Kann es nun
da etwa zwischen dem nicht grimmigen, nicht grollenden, nicht unsauberen,
selbstgewaltigen Mönche und dem nicht grimmigen, nicht grollenden, nicht
unsauberen, selbstgewaltigen Brahmá eine Übereinstimmung, ein Übereinkommen
geben?»
«Freilich, o Gotamo!»
«Gut, Vásettho: daß eben der nicht grimmige, nicht grollende, nicht
unsaubere, selbstgewaltige Mönch bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode,
zu dem nicht grimmigen, nicht grollenden, nicht unsauberen, selbstgewaltigen
Brahmá gemeinsam eingehn könnte: das ist möglich.»
Nach dieser Rede wandten sich die jungen Priester, Vásettho und Bháradvájo,
also an den Erhabenen:
«Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge Herr
Gotamo uns betrachten, von heute an zeitlebens getreu.»
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