DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Kuru-Lande, bei
einer Stadt der Kuruner namens Kammasadammam (wörtliche Übersetzung "Die
bunte Kuh").
Da begab sich denn der ehrwürdige Anando zum Erhabenen hin, begrüßte den
Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend
sprach nun der ehrwürdige Anando zum Erhabenen also:
„Erstaunlich, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie tief doch, o Herr,
diese Bedingte Entstehung ist, und wie tief sie hinableuchtet: und gleichwohl
scheint es mir, als ob sie ganz und gar offenbar wäre!"
„Sage das nicht, Anando, sage das nicht, Anando; tief ist freilich, Anando,
diese Bedingte Entstehung und leuchtet tief hinab: weil diese Satzung, Anando,
nicht verstanden, nicht durchschaut wird, darum kann dieses Geschlecht, als
Garn verflochten, als Knäuel vernestelt, Bast und Bindfaden geworden, dem
Abwege, der üblen Fährte, dem Verderben, der Wandelwelt nicht entkommen.
'Ist Alter und Tod auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando,
wäre 'Das ist es' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Alter und Tod?', wenn man
so fragte, wäre 'Durch Geburt bedingt ist Alter und Tod' zu antworten.
'Ist Geburt auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando, wäre 'Das
ist sie' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Geburt?', wenn man so fragte, wäre
'Durch Werden bedingt ist Geburt' zu antworten.
'Ist Werden auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando, wäre 'Das
ist es' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Werden?', wenn man so fragte, wäre
'Durch Anhangen bedingt ist Werden' zu antworten.
'Ist Anhangen auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando, wäre
'Das ist es' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Anhangen?', wenn man so fragte,
wäre 'Durch Durst bedingt ist Anhangen' zu antworten.
'Ist Durst auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando, wäre 'Das
ist er' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Durst?', wenn man so fragte, wäre
durch Gefühl bedingt ist Durst' zu antworten.
'Ist Gefühl auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando, wäre 'Das
ist es' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Gefühl?', wenn man so fragte, wäre
'Durch Berührung bedingt ist Gefühl' zu antworten.
'Ist Berührung auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando, wäre
'Das ist sie' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Berührung?', wenn man so
fragte, wäre 'Durch Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt ist Berührung' zu
antworten 1.
'Ist Geistigkeit und Körperlichkeit auf gewisse Weise bedingt?', auf diese
Frage, Anando, wäre 'Das ist es' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Geistigkeit
und Körperlichkeit?', wenn man so fragte, wäre 'Durch Bewußtsein bedingt ist
Geistigkeit und Körperlichkeit' zu antworten.
'Ist Bewußtsein auf gewisse Weise bedingt?', auf diese Frage, Anando, wäre
'Das ist es' zu antworten; 'Wodurch bedingt ist Bewußtsein?', wenn man so
fragte, wäre 'Durch Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt ist Bewußtsein' zu
antworten.
„So ist denn, Anando, durch Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt
Bewußtsein, durch Bewußtsein bedingt Geistigkeit und Körperlichkeit, durch
Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt Berührung, durch Berührung bedingt
Gefühl, durch Gefühl bedingt Durst, durch Durst bedingt Anhangen, durch
Anhangen bedingt Werden, durch Werden bedingt Geburt, durch Geburt bedingt gehn
Alter und Tod, Schmerz und Jammer, Leiden, Trübsal, Verzweiflung hervor: also
kommt dieses gesamten Leidensstückes Entwicklung zustande 2.
'Durch Geburt bedingt ist Alter und Tod', das ist da wohl gesagt worden; das
muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie durch Geburt
bedingt Alter und Tod ist. Wenn es nämlich, Anando, keine Geburt gäbe, ganz und
gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, als wie etwa bei
Göttern zur Gottheit, oder bei Engeln zur Engelheit, oder bei Geistern zur
Geistheit, oder bei Gespenstern zur Gespenstheit, oder bei Menschen zur
Menschheit, oder bei Vierfüßern zur Vierfüßerheit, oder bei Vögeln zur
Vogelheit, oder bei Kriechern und Schlangen zur Kriecher und Schlangenheit;
wenn es, Anando, bei diesen und diesen Wesen eben dahin keine Geburt gäbe,
Geburt also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung der Geburt
Alter und Tod zum Vorschein kommen?
„Gewiß nicht, o Herr".
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung von Alter und Tod, und zwar Geburt.
'Durch Werden bedingt ist Geburt', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie durch Werden
bedingt Geburt ist. Wenn es nämlich, Anando, kein Werden gäbe, ganz und gar
nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, als wie etwa
geschlechtliches Werden, oder formhaftes Werden, oder formloses Werden, Werden
also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Werdens Geburt zum
Vorschein kommen?
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung der Geburt, und zwar Werden.
„Durch Anhangen bedingt ist Werden', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie durch Anhangen
bedingt Werden ist. Wenn es nämlich, Anando, kein Anhangen gäbe, ganz und gar
nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, als wie etwa Hang zur Lust,
oder Hang zur Ansicht, oder Hang zu Tugendwerk 3, oder Hang zur
Selbstbehauptung, Anhangen also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei der
Auflösung des Anhangens Werden zum Vorschein kommen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Werdens, und zwar Anhangen.
„Durch Durst bedingt ist Anhangen', das ist da wohl gesagt worden; das muß
man nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie durch Durst
bedingt Anhangen ist. Wenn es nämlich, Anando, keinen Durst gäbe, ganz und gar
nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, als wie etwa Durst nach
Gestalten, Durst nach Tönen, Durst nach Düften, Durst nach Säften, Durst nach
Tastungen, Durst nach Gedanken, Durst also überhaupt nicht wäre: könnte nun
wohl bei Auflösung des Durstes Anhangen zum Vorschein kommen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Anhangens, und zwar Durst.
„Durch Gefühl bedingt ist Durst', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie durch Gefühl
bedingt Durst ist. Wenn es nämlich, Anando, kein Gefühl gäbe, ganz und gar
nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, als wie etwa durch
Sehberührung entstandenes Gefühl, durch Hörberührung entstandenes Gefühl, durch
Riechberührung entstandenes Gefühl, durch Schmeckberührung entstandenes Gefühl,
durch Tastberührung entstandenes Gefühl, durch Denkberührung entstandenes
Gefühl, Gefühl also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des
Gefühls Durst zum Vorschein kommen?
„Gewiß, nicht o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Durstes, und zwar Gefühl.
„So ist es denn, Anando, derart: aus Gefühl erfolgt Durst, aus Durst erfolgt
Ersehnen, aus Ersehnen erfolgt Erlangen, aus Erlangen erfolgt Untersuchung,
Untersuchung erfolgt Willensreiz, aus Willensreiz erfolgt Anklammern, aus
Anklammern erfolgt Ergreifen, aus Ergreifen erfolgt Eigensucht, aus Eigensucht
erfolgt Festhalten, infolge von Festhalten kommt es zu Wüten und Blutvergießen,
Krieg und Zwietracht, Zank und Streit, Lug und Trug, gehn mancherlei böse, heillose
Dinge hervor.
'Infolge von Festhalten kommt es zu Wüten und Blutvergießen, Krieg und
Zwietracht, Zank und Streit, Lug und Trug, gehn mancherlei böse Dinge hervor',
das ist da wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch
verstanden werden, wie es infolge von Festhalten zu Wüten und Blutvergießen
kommt, Krieg und Zwietracht, Zank und Streit, Lug und Trug, mancherlei böse,
heillose Dinge hervorgehn. Wenn es nämlich, Anando, kein Festhalten gäbe, ganz
und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Festhalten also
überhaupt nicht wäre: könnten nun wohl bei Auflösung des Festhaltens Wüten und
Blutvergießen, Krieg und Zwietracht, Zank und Streit, Lug und Trug, mancherlei
böse, Dinge hervorgehn?
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung, daß Wüten und Blutvergießen, Krieg und
Zwietracht, Zank und Streit, Lug und Trug, mancherlei böse, heillose Dinge
hervorgehn, und zwar Festhalten.
'Aus Eigensucht erfolgt Festhalten', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Eigensucht
Festhalten erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, keine Eigensucht gäbe, ganz und
gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Eigensucht also
überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung der Eigensucht Festhalten
zum Vorschein kommen?
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Festhaltens, und zwar Eigensucht.
'Aus Ergreifen erfolgt Eigensucht', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Ergreifen
Eigensucht erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, kein Ergreifen gäbe, ganz und gar
nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Ergreifen also überhaupt
nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Ergreifens Eigensucht zum
Vorschein kommen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung der Eigensucht, und zwar Ergreifen.
'Aus Anklammern erfolgt Ergreifen', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Anklammern
Ergreifen erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, kein Anklammern gäbe, ganz und gar
nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Anklammern also überhaupt
nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Anklammerns Ergreifen zum
Vorschein kommen?
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Ergreifens, und zwar Anklammern.
'Aus Willensreiz erfolgt Anklammern', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Willensreiz
Anklammern erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, keinen Willensreiz gäbe, ganz und
gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Willensreiz also
überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Willensreizes
Anklammern zum Vorschein kommen?"
„Gewiß, nicht o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Anklammerns, und zwar Willensreiz.
'Aus Untersuchung erfolgt Willensreiz', das ist da wohl gesagt worden; das
muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus
Untersuchung Willensreiz erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, keine Untersuchung
gäbe, ganz und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem,
Untersuchung also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung der
Untersuchung Willensreiz zum Vorschein kommen?
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Willensreizes, und zwar Untersuchung.
'Aus Erlangen erfolgt Untersuchung', das ist da wohl gesagt worden;
das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus
Erlangen Untersuchung erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, kein Erlangen gäbe,
ganz und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Erlangen also
überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Erlangens Untersuchung
zum Vorschein kommen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung der Untersuchung, und zwar Erlangen.
'Aus Ersehnen erfolgt Erlangen', das ist da wohl gesagt worden; das muß nun,
Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Ersehnen Erlangen erfolgt.
Wenn es nämlich, Anando, kein Ersehnen gäbe, ganz und gar nicht, nicht irgend
irgendwo, bei keinem zu keinem, Ersehnen also überhaupt nicht wäre: könnte nun
wohl bei Auflösung des Ersehnens Erlangen zum Vorschein kommen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Erlangens, und zwar Ersehnen.
'Aus Durst erfolgt Ersehnen', das ist da wohl gesagt worden; das muß nun,
Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Durst Ersehnen
erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, keinen Durst gäbe, ganz und gar nicht, nicht
irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, als wie etwa Geschlechtsdurst,
Daseinsdurst, Wohlseinsdurst, Durst also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl
bei Auflösung des Durstes Ersehnen zum Vorschein kommen?
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Ersehnens, und zwar Durst.
„So gehn denn, Anando, immer zwei Dinge von beiden Seiten im Gefühl in eine
einheitliche Verbindung über.
'Durch Berührung bedingt ist Gefühl', das ist da wohl gesagt worden; das muß
nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie durch Berührung
bedingt Gefühl ist. Wenn es nämlich, Anando, keine Berührung gäbe, ganz und gar
nicht, nicht irgendwo, bei keinem zu keinem, als wie etwa Sehberührung,
Hörberührung, Riechberührung, Schmeckberührung, Tastberührung, Denkberührung,
Berührung also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung der
Berührung Gefühl zum Vorschein kommen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Gefühls, und zwar Berührung.
'Durch Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt ist Berührung', das ist da
wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden
werden, wie durch Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt Berührung ist. -
„Wenn es, Anando, solche Merkmale, solche Abzeichen, solche Kennzeichen,
solche Bestimmungen, durch welche ein körperlicher Begriff erkannt wird,
überhaupt nicht gäbe: könnte dann wohl an einem körperlichen Bilde namenhafte
Berührung stattfinden?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Wenn es, Anando, solche Merkmale, solche Abzeichen, solche Kennzeichen,
solche Bestimmungen, durch welche ein körperliches Bild erkannt wird, überhaupt
nicht gäbe: könnte dann wohl an einem körperlichen Begriffe gegenständige
Berührung stattfinden?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Wenn es, Anando, solche Merkmale, solche Abzeichen, solche Kennzeichen,
solche Bestimmungen, durch welche ein körperlicher Begriff und ein körperliches
Bild erkannt wird, überhaupt nicht gäbe: könnte dann wohl namenhafte Berührung
oder gegenständige Berührung stattfinden?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Wenn es, Anando, solche Merkmale, solche Abzeichen, solche Kennzeichen,
solche Bestimmungen, durch welche Geistigkeit und Körperlichkeit erkannt wird,
überhaupt nicht gäbe: könnte dann wohl Berührung stattfinden?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung der Berührung, und zwar Geistigkeit und
Körperlichkeit.
'Durch Bewußtsein bedingt ist Geistigkeit und Körperlichkeit', das ist da
wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden,
wie durch Bewußtsein bedingt Geistigkeit und Körperlichkeit ist. Wenn sich da
etwa, Anando, kein Bewußtsein in den Mutterleib herabsenkte, würde dann wohl
Geistigkeit und Körperlichkeit im Mutterleibe gegenständlich werden
können?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Wenn nun etwa, Anando, Bewußtsein, nachdem es sich in den Mutterleib
herabgesenkt hat, wieder zurückträte: würde dann wohl Geistigkeit und
Körperlichkeit nach diesseit empfangen sein können?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Wenn nun etwa, Anando, Bewußtsein noch am Jungen wieder zerfiele, am
Knäblein oder am Mägdelein: würde dann wohl Geistigkeit und Körperlichkeit zu
Wachstum, Gedeihen und Entfaltung gelangen können?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung von Geistigkeit und Körperlichkeit, und zwar
Bewußtsein. -
'Durch Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt ist Bewußtsein', das ist da
wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden
werden, wie durch Geistigkeit und Körperlichkeit bedingt Bewußtsein ist. Wenn
man nun, Anando, kein Bewußtsein hätte, das an Geistigkeit und Körperlichkeit
zuständig ist: würde dann wohl fernerhin Geburt, Alter und Tod, ein Hervorgehn
der Leidensentwicklung stattfinden?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die
Entwicklung, dies die Bedingung des Bewußtseins, und zwar Geistigkeit und
Körperlichkeit.
„Insofern, Anando, kommt es zu entstehen und vergehn und ersterben, zu
schwinden und erscheinen; insofern gibt es eine Bahn der Benennung, insofern
eine Bahn der Aussprache, insofern eine Bahn der Verständigung, insofern ein
Gebiet der Weisheit; insofern kann der Kreis bestehn, um diese Welt zu
erklären, und zwar Geistigkeit und Körperlichkeit mit Bewußtsein, gegenseitig
durch Bedingtheit bestanden 4
„Auf welcherlei Art wohl, Anando, wird, bei Auslegung der Seele, ausgelegt?
Formhaft sei sie, sagt man ja, Anando, bei Auslegung der Seele, und beschränkt:
'Formhaft ist meine beschränkte Seele.' Oder formhaft sei sie, sagt man ja,
Anando, bei Auslegung der Seele, und unendlich: 'Formhaft ist meine unendliche
Seele.' Oder formlos sei sie, sagt man ja, Anando, bei Auslegung der Seele, und
beschränkt: 'Formlos ist meine beschränkte Seele.' Oder formlos sei sie, sagt
man ja, Anando, bei Auslegung der Seele, und unendlich: 'Formlos ist meine
unendliche Seele.'
„Wer da nun, Anando, bei Auslegung der Seele, sie als formhaft und
beschränkt auslegt, der legt sie entweder jetzt als formhaft und beschränkt
aus, oder als derartig werdend, oder er vermeint: 'Ob sie gleich so noch nicht
ist, werde ich sie dazu bringen.' Ist es also, Anando, dann genügt es zu sagen:
'Auf die Lehre von der formhaft beschränkten Seele stützt er sich.'
„Wer da nun, Anando, bei Auslegung der Seele, sie als formhaft und unendlich
auslegt, der legt sie entweder jetzt als formhaft und unendlich aus, oder als
derartig werdend, oder er vermeint: 'Ob sie gleich so noch nicht ist, werde ich
sie dazu bringen.' Ist es also, Anando, dann genügt es zu sagen: 'Auf die Lehre
von der formhaft unendlichen Seele stützt er sich.'
„Wer da nun, Anando, bei Auslegung der Seele, sie als formlos und beschränkt
auslegt, der legt sie entweder jetzt als formlos und beschränkt aus, oder als
derartig werdend, oder er vermeint: 'Ob sie gleich so noch nicht ist, werde ich
sie dazu bringen.' Ist es also, Anando, dann genügt es zu sagen: 'Auf die Lehre
von der formlos beschränkten Seele stützt er sich.'
„Wer da nun, Anando, bei Auslegung der Seele, sie als formlos und unendlich
auslegt, der legt sie entweder jetzt als formlos und unendlich aus, oder als
derartig werdend, oder er vermeint : 'Ob sie gleich so noch nicht ist, werde
ich sie dazu bringen.' Ist es also, Anando, dann genügt es zu sagen: 'Auf die
Lehre von der formlos unendlichen Seele stützt er sich.' - Auf solcherlei Art,
Anando, wird bei Auslegung der Seele, ausgelegt.
„Auf welcherlei Art nun, Anando, wird, bei keiner Auslegung der Seele, nicht
ausgelegt? Daß sie formhaft und beschränkt sei, Anando, sagt man da nicht; daß
sie formhaft und unendlich, oder formlos und beschränkt, oder formlos und
unendlich sei, sagt man da nicht.
„Wer da nun, Anando, bei keiner Auslegung der Seele, sie als formhaft und
beschränkt nicht auslegt; sie als formhaft und unendlich, als formlos und
beschränkt, als formlos und unendlich nicht auslegt: der legt sie weder jetzt
als derartig aus, noch auch als derartig werdend, und vermeint auch nicht: 'Ob
sie gleich so noch nicht ist, werde ich sie dazu bringen.' Ist es also, Anando,
dann genügt es zu sagen : 'Auf die Lehre von der formhaft beschränkten Seele,
von der formhaft unendlichen Seele, von der formlos beschränkten Seele, von der
formlos unendlichen Seele stützt er sich nicht.' - Auf solcherlei Art, Anando,
wird, bei keiner Auslegung der Seele, nicht ausgelegt.
„Auf welcherlei Art nun, Anando, wird, bei Betrachtung der Seele, betrachtet?
Das Gefühl sei sie, sagt man ja, Anando, bei Betrachtung der Seele: 'Das Gefühl
ist meine Seele'; oder man sagt dabei: 'Nicht doch ist bei mir das Gefühl die
Seele, unmitfühlsam ist meine Seele'; oder sagt auch: 'Weder ist ja bei mir das
Gefühl die Seele, noch auch ist sie unmitfühlsam: die Seele wird von mir
gefühlt, dem Gefühl unterworfen ist eben meine Seele': so wird ja, Anando, bei
Betrachtung der Seele, betrachtet.
„Da wäre denn, Anando, einem, der gesagt hat: 'Das Gefühl ist meine Seele',
also zu antworten: 'Drei Arten von Gefühl, Bruder, gibt es: das wohlige Gefühl,
das wehe Gefühl und das weder wohlig noch wehe Gefühl; welches von diesen drei
Gefühlen betrachtest du nun als Seele?' - Zu einer Zeit, Anando, wo man ein
wohliges Gefühl empfindet, zu dieser Zeit empfindet man kein wehes Gefühl und
empfindet kein weder wohlig noch wehes Gefühl, eben ein wohliges Gefühl
empfindet man zu dieser Zeit. Zu einer Zeit, Anando, wo man ein wehes Gefühl
empfindet, zu dieser Zeit empfindet man kein wohliges Gefühl und empfindet kein
weder wohlig noch wehes Gefühl, eben ein wehes Gefühl empfindet man zu dieser
Zeit. Zu einer Zeit, Anando, wo man ein weder wohlig noch wehes Gefühl
empfindet, zu dieser Zeit empfindet man kein wohliges Gefühl und empfindet kein
wehes Gefühl, eben ein weder wohlig noch wehes Gefühl empfindet man zu dieser
Zeit. Wohlige Gefühle sind aber, Anando, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt
entstanden, müssen versiegen und versagen, müssen aufhören und untergehn. Und
auch wehe Gefühle sind, Anando, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt entstanden,
müssen versiegen und versagen, müssen aufhören und untergehn. Und auch weder
wohlig noch wehe Gefühle sind, Anando, wandelbar, zusammengesetzt, bedingt
entstanden, müssen versiegen und versagen, müssen aufhören und untergehn. -
Wenn nun jener, während er ein wohliges Gefühl empfindet, 'Das ist meine Seele'
glaubt, so muß er, sobald eben dieses wohlige Gefühl untergegangen ist,
'Vergangen ist meine Seele' glauben; wenn er, während er ein wehes Gefühl empfindet,
'Das ist meine Seele' glaubt, so muß er, sobald eben dieses wehe Gefühl
untergegangen ist, 'Vergangen ist meine Seele' glauben; wenn er, während er ein
weder wohliges noch wehes Gefühl empfindet, 'Das ist meine Seele', glaubt, so
muß er, sobald eben dieses weder wohlig noch wehe Gefühl untergegangen ist,
'Vergangen ist mein Seele' glauben. So muß er, bei seiner Betrachtung der Seele
schon bei Lebzeiten als wandelbar, mit Wohl und Wehe durcheinandergemischt, dem
Entstehen und Vergehn unterworfen betrachten, wenn er da gesagt hat: 'Das
Gefühl ist meine Seele.' Darum aber, Anando, kann sich eben dies nicht damit
vertragen, es so zu betrachten: 'Das Gefühl ist meine Seele.'
„Da wäre denn, Anando, einem, der gesagt hat: 'Nicht doch ist bei mir das
Gefühl die Seele, unmitfühlsam ist meine Seele', also zu antworten: 'Wo es
aber, Bruder, gar keine Fühlbarkeit gibt, kann denn da ein 'Ich bin' sein?'
'Freilich nicht, o Herr.' - Darum aber, Anando, kann sich auch dies nicht damit
vertragen, es so zu betrachten: 'Nicht doch ist bei mir das Gefühl die Seele,
unmitfühlsam ist meine Seele.'
„Da wäre denn, Anando, einem, der gesagt hat : 'Weder ist ja bei mir das
Gefühl die Seele, noch auch ist sie unmitfühlsam: die Seele wird von mir
gefühlt, dem Gefühl unterworfen ist eben meine Seele', also zu antworten: 'Wenn
sich nun etwa die Gefühle, Bruder, insgesamt überall ganz und gar ohne Überrest
auflösten, Gefühl also überhaupt nicht wäre: könnte dann wohl bei Auflösung des
Gefühls noch ein 'Ich bin' sein?' - 'Freilich nicht, o Herr.' - Darum aber,
Anando, kann sich auch dies nicht damit vertragen, es so zu betrachten: 'Weder
ist ja bei mir das Gefühl die Seele, noch auch ist sie unmitfühlsam: die Seele
wird von mir gefühlt, dem Gefühl unterworfen ist eben meine Seele.'
„Weil da nun, Anando, ein Mönch weder das Gefühl als sich selbst betrachtet,
noch auch sich selbst als unmitfühlsam betrachtet, und es auch so nicht
betrachtet: 'Das Selbst wird von mir gefühlt, dem Gefühl unterworfen ist eben
mein Selbst', bei keiner solchen Betrachtung verweilt, so hangt er nirgend in
der Welt an; ohne anzuhangen wird er nicht erschüttert, unerschütterlich
gelangt er eben bei sich selbst zur Erlöschung: 'Versiegt ist die Geburt,
vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt' versteht
er da.
„Würde nun, Anando, ein also erlöster Mönch etwa befragt: 'Besteht ein
Vollendeter jenseit des Todes?', so wäre das eine Ansicht und somit ungehörig;
oder: 'Besteht ein Vollendeter nicht jenseit des Todes?', so wäre das eine
Ansicht und somit ungehörig; oder: 'Besteht ein Vollendeter und besteht nicht
jenseit des Todes?', so wäre das eine Ansicht und somit ungehörig; oder:
'Besteht weder, noch auch besteht nicht ein Vollendeter jenseits des Todes?',
so wäre das eine Ansicht und somit ungehörig: und warum das? Soweit, Anando,
eine Benennung reicht, soweit die Bahn der Benennung reicht, soweit eine
Aussprache reicht, soweit die Bahn der Ausprache reicht, soweit eine
Verständigung reicht, soweit die Bahn der Verständigung reicht, soweit eine
Weisheit reicht, soweit das Gebiet der Weisheit reicht, soweit ein Kreis
reicht, soweit der Kreis bestehn kann: insoweit kann der Kreis bestehn, In
solcher Durchschauung ist der Mönch erlöst.
'In solcher Durchschauung erlöst weiß der Mönch nichts und sieht nichts': so
zu sagen wär' eine Ansicht und somit ungehörig.
„Sieben gibt es, Anando, der Stätten des Bewußtseins, und zweierlei
Bereiche. Was für sieben sind es? Es gibt, Anando, Wesen verschieden an
Körperart, verschieden an Denkart, als wie etwa Menschen, und mancherlei
Himmlische und mancherlei Höllische. Das ist erste Stätte des Bewußtseins. Es
gibt, Anando, Wesen verschieden an Körperart, einig an Denkart, als wie etwa
die Götter brahmischer Kreise auf ihrem ersten Grade. Das ist die zweite Stätte
des Bewußtseins. Es gibt, Anando, Wesen einig an Körperart, verschieden an
Denkart, als wie etwa die Leuchtenden Götter. Das ist dritte Stätte des
Bewußtseins. Es gibt, Anando, Wesen einig an Körperart, einig an Denkart, als wie
etwa die Strahlenden Götter. Das ist vierte Stätte des Bewußtseins. Es gibt,
Anando, Wesen, die nach völliger Überwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung
der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken
'Grenzenlos ist der Raum' das Reich des unbegrenzten Raumes erlangen. Das ist
fünfte Stätte des Bewußtseins. Es gibt, Anando, Wesen, die nach völliger
Überwindung der unbegrenzten Raumsphäre in dem Gedanken 'Grenzenlos ist das
Bewußtsein' das Reich des unbegrenzten Bewußtseins erlangen. Das ist sechste
Stätte des Bewußtseins. Es gibt, Anando, Wesen, die nach völliger Überwindung
der unbegrenzten Bewußtseinsphäre in dem Gedanken 'Nichts ist da' das Reich des
Nichtdaseins erlangen. Das ist siebente Stätte des Bewußtseins. Dann:
unbewußter Wesen Bereich, und: weder bewußt noch unbewußt als zweiten Bereich.
„Was nun, Anando, die erste Stätte des Bewußtseins betrifft, verschieden an
Körperart, verschieden an Denkart, als wie etwa Menschen, und mancherlei
Himmlische und mancherlei Höllische; wer da wohl, Anando, diese bedenkt, und
deren Beginn und deren Vergehn bedenkt, und deren Labsal und deren Elend und
deren Überwindung bedenkt: kann sich der etwa daran gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, die zweite Stätte des Bewußtseins betrifft, verschieden an
Körperart, einig an Denkart, als wie etwa die Götter brahmischer Kreise auf
ihrem ersten Grade: wer da wohl, Anando, diese bedenkt, und deren Beginn und
deren Vergehn bedenkt, und deren Labsal und deren Elend und deren Überwindung
bedenkt: kann sich der etwa daran gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, die dritte Stätte des Bewußtseins betrifft, einig an
Körperart, verschieden an Denkart, als wie etwa die Leuchtenden Götter; wer da
wohl, Anando, diese bedenkt, und deren Beginn und deren Vergehen bedenkt, und
deren Labsal und deren Elend und deren Überwindung bedenkt: kann sich der etwa
daran gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, die vierte Stätte des Bewußtseins betrifft, einig an
Körperart, einig an Denkart, als wie etwa die Strahlenden Götter; wer da wohl,
Anando, diese bedenkt, und deren Beginn und deren Vergehn bedenkt, und deren
Labsal und deren Elend und deren Überwindung bedenkt: kann sich der etwa daran
gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, die fünfte Stätte des Bewußtseins betrifft, wo man nach
völliger Überwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen,
Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken 'Grenzenlos ist der Raum'
das Reich des unbegrenzten Raumes erlangt; wer da wohl, Anando, diese bedenkt,
und deren Beginn und deren Vergehn bedenkt, und deren Labsal und deren Elend
und deren Überwindung bedenkt: kann sich der etwa daran gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, die sechste Stätte des Bewußtseins betrifft, wo man nach
völliger Überwindung der unbegrenzten Raumsphäre in dem Gedanken 'Grenzenlos
ist das Bewußtsein' das Reich des unbegrenzten Bewußtseins erlangt; wer da
wohl, Anando, diese bedenkt, und deren Beginn und deren Überwindung bedenkt,
und deren Labsal und deren Elend und deren Überwindung bedenkt: kann sich der
etwa daran gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, die siebente Stätte des Bewußtseins betrifft, wo man nach
völliger Überwindung der unbegrenzten Bewußtseinsphäre in dem Gedanken 'Nichts
ist da' das Reich des Nichtdaseins erlangt 5: wer da wohl, Anando,
diese bedenkt, und deren Beginn und deren Vergehn bedenkt, und deren Labsal und
deren Elend und deren Überwindung bedenkt: kann sich der etwa daran gehörig
erfreuen?".
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, den Bereich unbewußter Wesen betrifft; wer da wohl,
Anando, diesen bedenkt, und dessen Beginn und dessen Vergehn bedenkt, und
dessen Labsal und dessen Elend und dessen Überwindung bedenkt: kann sich der
etwa daran gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Was nun, Anando, den Bereich weder bewußt noch unbewußt betrifft; wer da
wohl, Anando, diesen bedenkt, und dessen Beginn und dessen Vergehn bedenkt, und
dessen Labsal und dessen Elend und dessen Überwindung bedenkt: kann sich der
etwa daran gehörig erfreuen?"
„Gewiß nicht, o Herr."
„Sofern nun, Anando, ein Mönch bei diesen sieben Stätten des Bewußtseins und
bei diesen zwei Bereichen Beginn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung
der Wahrheit gemäß verstanden hat und ohne anzuhangen erlöst ist, so wird,
Anando, ein solcher Mönch in Weisheit erlöst genannt. -
„Acht gibt es, Anando, der Freiungen (vimokha) 6:
und was für acht?
Formhaft
ist er und sieht die Formen: das ist die erste Freiung.
Innen
ohne Formwahrnehmung sieht er außen Formen: das ist die zweite Freiung.
Schönheit
nur hat er im Sinne: das ist die dritte Freiung.
Durch
völlige Überwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der
Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt er in dem
Gedanken 'Grenzenlos ist der Raum' das Reich des unbegrenzten Raumes: das
ist die vierte Freiung.
Nach
völliger Überwindung der unbegrenzten Raumsphäre gewinnt er in dem
Gedanken 'Grenzenlos ist das Bewußtsein' das Reich des unbegrenzten
Bewußtseins: das ist die fünfte Freiung.
Nach
völliger Überwindung der unbegrenzten Bewußtseinsphäre gewinnt er in dem
Gedanken 'Nichts ist da' das Reich des Nichtdaseins: das ist die sechste
Freiung.
Nach
völliger Überwindung der Nichtdaseinsphäre erreicht er die Grenzscheide
möglicher Wahrnehmung: das ist die siebente Freiung.
Nach
völliger Überwindung der Grenzscheide möglicher Wahrnehmung erreicht er
die Auflösung der Wahrnehmbarkeit: das ist die achte Freiung.
Das sind, Anando, die acht Freiungen.
„Sofern nun, Anando, ein Mönch diese acht Freiungen so nach oben hin
beschreiten kann als nach unten zurück beschreiten kann, so nach oben hin als
nach unten zurück beschreiten kann, wie er will und wo er will, und solange er
will beschreiten kann und verlassen kann, und durch die Wahnversiegung die
wahnlose Gemüterlösung, Weisheiterlösung schon bei Lebzeiten sich offenbar
gemacht, verwirklicht und errungen hat: so wird, Anando, ein solcher Mönch von
beiden Seiten erlöst genannt. Eine andere aber, Anando, als diese Erlösung von
beiden Seiten, die darüber hinausreichte oder erlesener wäre, gibt es nicht
7."
Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Anando über
das Wort des Erhabenen.
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