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Ioannes Paulus PP. II Laborem exercens IntraText CT - Text |
17. »Indirekter« und »direkter« Arbeitgeber
Der Begriff des indirekten Arbeitgebers umfaßt Personen wie auch Institutionen verschiedener Art; er umfaßt auch kollektive Arbeitsverträge und Verhaltensprinzipien, die von diesen Personen und Institutionen festgelegt sind und das ganze sozio-ökonomische System bestimmen oder sich aus ihm ergeben. Der Begriff des indirekten Arbeitgebers bezieht sich somit auf viele verschiedene Elemente. Die Verantwortung des indirekten Arbeitgebers unterscheidet sich von der des direkten, wie schon das Wort besagt: die Verantwortung ist weniger direkt, bleibt jedoch eine echte Verantwortung; der indirekte Arbeitgeber bestimmt wesentlich den einen oder anderen Aspekt des Arbeitsverhältnisses und bedingt so das Verhalten des direkten Arbeitgebers, wenn dieser den Arbeitsvertrag und das Arbeitsverhältnis konkret festlegt. Eine solche Feststellung verfolgt nicht das Ziel, den direkten Arbeitgeber von der ihm eigenen Verantwortung zu entbinden, sondern möchte nur die Aufmerksamkeit auf das Geflecht von Bedingtheiten lenken, die sein Verhalten beeinflussen. Wenn es um die Fassung einer ethisch korrekten Arbeitspolitik geht, muß man all diese Bedingtheiten vor Augen haben. Und sie ist korrekt, wenn die objektiven Rechte des Arbeitnehmers vollauf gewahrt sind.
Der Begriff des indirekten Arbeitgebers läßt sich auf jedes einzelne Land und vor allem auf den Staat anwenden. Gerade dem Staat obliegt ja eine gerechte Arbeitspolitik. Es ist jedoch bekannt, daß im heutigen System der Weltwirtschaft zahlreiche Verbindungen zwischen den einzelnen Staaten bestehen, zum Beispiel im Bereich von Ein - und Ausfuhr, also des gegenseitigen Tausches von Wirtschaftsgütern, seien dies Rohstoffe, Halbfabrikate oder Fertigprodukte. Diese Beziehungen schaffen auch gegenseitige Abhängigkeiten, weshalb es heute schwer wäre, bei irgendeinem Staat, und sei er auch wirtschaftlich der mächtigste, von voller Selbstversorgung, von Autarkie, zu sprechen.
Ein solches System gegenseitiger Abhängigkeiten ist an sich etwas Normales; es kann aber leicht zum Anlaß verschiedener Formen von Ausbeutung und Ungerechtigkeit werden und folglich die Arbeitspolitik der einzelnen Staaten und somit letzten Endes den einzelnen Arbeitnehmer, das eigentliche Subjekt der Arbeit, beeinflussen. So suchen zum Beispiel die hochindustrialisierten Länder und mehr noch jene Unternehmen, welche in hohem Maß über die industriellen Produktionsmittel bestimmen (die sogenannten multinationalen oder übernationalen Unternehmen), während sie die Preise für ihre Produkte möglichst hoch festsetzen, gleichzeitig die Preise der Rohstoffe oder der Halbfabrikate möglichst niedrig zu halten, was zusammen mit anderen Ursachen zu einem immer größeren Mißverhältnis zwischen den Nationaleinkommen der betroffenen Länder führt. Dieser Abstand zwischen den meisten reichen und den ärmeren Ländern verringert sich nicht und gleicht sich nicht aus, sondern wird immer noch größer, natürlich den letzteren zum Schaden. Es liegt auf der Hand, daß dies nicht ohne Auswirkungen auf die lokale Arbeitspolitik und auf die Lage des arbeitenden Menschen in den wirtschaftlich benachteiligten Ländern bleiben kann. Der direkte Arbeitgeber, der in einem ähnlichen System von Bedingtheiten steht, setzt die Arbeitsbedingungen unter dem objektiven Bedarf und Anspruch der Arbeitnehmer an, vor allem dann, wenn er selbst möglichst hohe Gewinne aus dem von ihm geführten Unternehmen ziehen will (oder aus mehreren von ihm geführten Unternehmen im Fall von »sozialisiertem« Eigentum an den Produktionsmitteln).
Dieses System der Abhängigkeiten, die zum Begriff des indirekten Arbeitgebers gehören, ist, wie man leicht folgern kann, sehr ausgedehnt und kompliziert. Um es näher zu bestimmen, muß man gewissermaßen die Gesamtheit der für das wirtschaftliche Leben im Profil des betreffenden Landes und Staates entscheidenden Elemente berücksichtigen; gleichzeitig jedoch muß man noch viel weitere Verbindungen und Abhängigkeiten im Auge haben. Die Verwirklichung der Rechte des Arbeitnehmers darf aber nicht dazu verurteilt sein, nur einen Ableger von Wirtschaftssystemen darzustellen, die mehr oder weniger ausschließlich vom Gesichtspunkt des größtmöglichen Profits geleitet würden. Ganz im Gegenteil, gerade die Rücksicht auf die objektiven Rechte des Arbeitenden (jede Art von Arbeit eingeschlossen: körperliche und geistige, in Industrie und Landwirtschaft) ist es, die einen angemessenen und grundlegenden Maßstab für den Aufbau der gesamten Wirtschaft bilden muß, sowohl innerhalb von Land und Staat als auch im Gesamt der Weltwirtschaftspolitik mit den von ihr bestimmten internationalen Systemen und Beziehungen.
In dieser Richtung sollten alle dazu berufenen internationalen Organisationen ihren Einfluß geltend machen, angefangen von der Organisation der Vereinten Nationen. Das Internationale Arbeitsamt und die Unterorganisation der Vereinten Nationen für Ernährung und Landwirtschaft und noch andere mehr können wahrscheinlich gerade hierzu neue Beiträge anbieten. Auf der Ebene der einzelnen Staaten gibt es Ministerien, Behörden und auch verschiedene gesellschaftliche Einrichtungen zu diesem Zweck. All das macht unübersehbar, welch große Bedeutung, wie erwähnt, dem indirekten Arbeitgeber bei der Verwirklichung der vollen Achtung der Rechte des Arbeitnehmers zukommt; denn die Rechte der menschlichen Person sind in der gesamten Sozialmoral das entscheidende Element.