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Ioannes Paulus PP. II
Laborem exercens

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18. Das Problem des Arbeitsplatzes

Wenn man die Rechte der Arbeitenden gerade im Hinblick auf diesen »indirekten Arbeitgeber« bedenkt, also im Hinblick auf das Gefüge der nationalen und internationalen Stellen, die für die ganze Ausrichtung der Arbeitspolitik verantwortlich sind, muß man seine Aufmerksamkeit zuerst auf ein grundlegendes Problem richten, nämlich auf das Problem des Arbeitsplatzes, mit anderen Worten, auf das Problem einer geeigneten Beschäftigung für alle Arbeitsfähigen. Das Gegenteil einer gerechten und geordneten Situation auf diesem Gebiet ist die Arbeitslosigkeit, der Mangel an Arbeitsplätzen für Arbeitsfähige. Es kann sich dabei um eine allgemeine oder eine auf einzelne Sektoren beschränkte Arbeitslosigkeit handeln. Aufgabe der genannten Institutionen, die hier unter dem Namen des indirekten Arbeitgebers verstanden werden, ist es, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die in jedem Fall ein Übel ist und, wenn sie große Ausmaße annimmt, zu einem echten sozialen Notstand werden kann. Ein besonders schmerzliches Problem wird sie, wenn sie vor allem die Jugendlichen trifft, die nach einer entsprechenden allgemeinbildenden, technischen und beruflichen Vorbereitung keinen Arbeitsplatz finden können und ihren ehrlichen Arbeitswillen und ihre Bereitschaft, die ihnen zukommende Verantwortung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft zu übernehmen, schmerzlich frustriert sehen. Die Pflicht der Hilfeleistung für die Arbeitslosen, das heißt die Verpflichtung, den beschäftigungslosen Arbeitnehmern und ihren Familien durch die dazu nötige entsprechende Unterstützung den Lebensunterhalt zu sichern, entspringt dem Grundprinzip der für diesen Bereich gültigen sittlichen Ordnung, nämlich dem Prinzip der gemeinsamen Nutznießung der Güter oder, anders und einfacher ausgedrückt, dem Recht auf Leben und Unterhalt.

Um der Gefahr der Arbeitslosigkeit entgegenzutreten und allen einen Arbeitsplatz zu sichern, müssen die hier als »indirekte Arbeitgeber« bezeichneten Stellen für eine Gesamtplanung zugunsten jener differenzierten Werkstatt sorgen, in der sich nicht nur das wirtschaftliche, sondern auch das kulturelle Leben eines Landes formt; darüber hinaus müssen sie auf eine korrekte und rationelle Organisation der Arbeit in dieser Werkstatt achten. Diese Gesamtsorge obliegt letzten Endes dem Staat, darf jedoch nicht einer einseitigen Zentralisierung durch die öffentliche Hand gleichkommen . Es geht vielmehr um eine gerechte und überlegte Koordinierung, in deren Rahmen die freie Initiative der einzelnen Personen, der unabhängigen Gruppen, der örtlichen Betriebe und Unternehmen garantiert sein muß, unter Berücksichtigung dessen, was oben bereits über den subjekthaften Charakter der menschlichen Arbeit gesagt worden ist.

Die Tatsache der gegenseitigen Abhängigkeit der einzelnen Länder und Staaten und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit auf verschiedenen Gebieten fordern, daß man - unter Berücksichtigung der souveränen Rechte eines jeden von ihnen auf den Gebieten der Planung und der Organisation der Arbeit im eigenen Bereich - in diesem wichtigen Sektor gleichzeitig auf der Ebene der internationalen Zusammenarbeit durch entsprechende Verträge und Vereinbarungen tätig wird. Auch hier muß das Grundanliegen solcher Verträge und Vereinbarungen immer mehr die menschliche Arbeit werden, als Grundrecht aller Menschen verstanden; die Arbeit, welche allen, die sie verrichten, analoge Rechte verleiht, so daß der Lebensstandard der Arbeitenden in den einzelnen Ländern immer weniger jene ärgerniserregenden Unterschiede aufweise, die ungerecht sind und sogar gewaltsame Reaktionen hervorrufen können. Die internationalen Organisationen haben auf diesem Gebiet enorme Aufgaben zu erfüllen. Sie müssen sich dabei von einer genauen Diagnose der vielschichtigen Situationen und ihrer naturgegebenen, geschichtlichen, politischen und sonstigen Bedingungen leiten lassen; darüber hinaus müßten sie in der Verwirklichung der gemeinsam festgelegten Aktionspläne eine größere Leistungsfähigkeit und Effiziens erlangen.

Auf diesem Wege ließe sich der Plan eines universalen und ausgeglichenen Fortschritts aller verwirklichen, wie er den Leitfaden der Enzyklika Populorum progressio Pauls VI. bildet. Dabei ist hervorzuheben, daß das entscheidende Element und gleichzeitig der beste Prüfstein eines solchen Fortschritts im Geist der Gerechtigkeit und des Friedens, wie ihn die Kirche verkündet und unaufhörlich vom Vater aller Menschen und Völker erbittet, gerade die ständige Aufwertung der menschlichen Arbeit ist, sei es unter dem Gesichtspunkt ihrer objektiven Zielsetzung, sei es im Hinblick auf die Würde des Subjekts jeder Arbeit, das der Mensch ist. Der Fortschritt, um den es sich handelt, muß sich durch den Menschen und für den Menschen vollziehen und in ihm Früchte tragen. Prüfstein dieses Fortschritts wird eine immer echtere Anerkennung der Zielsetzung der Arbeit und eine immer allgemeinere Achtung der Rechte sein, die sich aus ihr entsprechend der Würde des Menschen, der das Subjekt der Arbeit ist, ergeben.

Vernünftige Planung und angemessene Organisation der menschlichen Arbeit im Rahmen der einzelnen Länder und Staaten sollten auch die Ermittlung des rechten Verhältnisses zwischen den verschiedenen Arten von Beschäftigung erleichtern: Arbeit in der Landwirtschaft, in der Industrie und in den vielfältigen Dienstleistungsberufen, Arbeit in der Verwaltung wie auch in der Wissenschaft und Kunst, je nach den Fähigkeiten der einzelnen Menschen und für das Gemeinwohl der einzelnen Länder und der ganzen Menschheit. Der Organisation des menschlichen Lebens nach den vielfältigen Arbeitsmöglichkeiten müßte ein angemessenes Unterrichts - und Erziehungssystem entsprechen; es sollte in erster Linie die Entwicklung einer reifen Menschlichkeit zum Ziel haben, dann aber auch die fachliche Befähigung, um nutzbringend einen rechten Platz in der großen und sozial differenzierten Werkstatt einnehmen zu können.

Wenn wir auf die gesamte Menschheitsfamilie rund um die Erde schauen, werden wir unvermeidlich von einer erschütternden Tatsache ungeheuren Ausmaßes schmerzlich berührt: Während einerseits beträchtliche Naturschätze ungenützt bleiben, gibt es andrerseits Scharen von Arbeitslosen und Unterbeschäftigten und ungezählte Massen von Hungernden, eine Tatsache, die zweifelsfrei bezeugt, daß im Inneren der einzelnen politischen Gemeinschaften wie auch in den Beziehungen zwischen ihnen auf kontinentaler und globaler Ebene hinsichtlich der Organisation der Arbeit und der Beschäftigung irgendetwas nicht funktioniert, und zwar gerade in den entscheidenden und sozial wichtigsten Punkten.




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