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Ioannes Paulus PP. II
Laborem exercens

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25. Die Arbeit als Teilnahme am Werk des Schöpfers

»Eins steht für die Glaubenden fest«, so das II. Vatikanische Konzil, »das persönliche und gemeinsame menschliche Schaffen, dieses gewaltige Bemühen der Menschen im Ablauf der Jahrhunderte, ihre Lebensbedingungen auf einen stets besseren Stand zu bringen, entspricht an und für sich der Absicht Gottes. Der nach Gottes Bild geschaffene Mensch hat ja den Auftrag erhalten, sich die Erde mit allem, was zu ihr gehört, zu unterwerfen und die Welt in Heiligkeit und Gerechtigkeit zu regieren. Er soll ferner durch die Anerkennung Gottes als des Schöpfers aller Dinge sich selbst und die gesamte Wirklichkeit in Beziehung zu Gott bringen, so daß, nachdem alle Dinge dem Menschen unterworfen sind, Gottes Name wunderbar sei auf der ganzen Erde«.

Im Wort der göttlichen Offenbarung ist diese fundamentale Wahrheit zutiefst eingeprägt, daß der Mensch, als Abbild Gottes geschaffen, durch seine Arbeit am Werk des Schöpfers teilnimmt und es im Rahmen seiner menschlichen Möglichkeiten in gewissem Sinne weiterentwickelt und vollendet, indem er unaufhörlich voranschreitet in der Entdeckung der Schätze und Werte, welche die gesamte Schöpfung in sich birgt. Dieser Wahrheit begegnen wir schon am Anfang der Heiligen Schrift, im Buch Genesis, wo das Schöpfungswerk selbst in Form einer »Arbeit« dargestellt wird, die Gott im Verlauf von »sechs Tagen« verrichtet, um am siebten Tag zu »ruhen«. Und noch im letzten Buch der Heiligen Schrift klingt die gleiche Ehrfurcht vor dem Werk an, das Gott durch seine schöpferische »Arbeit« vollbracht hat, wenn es dort heißt: »Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr, Gott und Herrscher über die ganze Schöpfung« - die gleiche Ehrfurcht, die im Buch Genesis zum Ausdruck kommt, wenn es die Beschreibung der einzelnen Schöpfungstage mit der Feststellung beschließt: »Gott sah, daß es gut war«.

Diese Beschreibung des Schöpfungswerkes, die wir bereits im ersten Kapitel des Buches Genesis finden, ist zugleich in einem gewissen Sinne das erste »Evangelium der Arbeit«; zeigt sie doch auf, worin deren Würde besteht: sie lehrt, daß der Mensch durch seine Arbeit Gott, seinen Schöpfer, nachahmen soll, da er - und nur er allein - mit dem Privileg der Ebenbildlichkeit ausgestattet ist. Der Mensch soll Gott nachahmen sowohl in der Arbeit als auch in der Ruhe, da Gott selbst ihm sein eigenes schöpferisches Tun in der Form der Arbeit und der Ruhe vor Augen führen wollte. Dieses Wirken Gottes in der Welt setzt sich unaufhörlich fort, wie es die Worte Christi bezeugen: »Mein Vater ist noch immer am Werk...«. Er wirkt mit schöpferischer Kraft, indem er die Welt im Sein erhält, die er aus dem Nichts ins Sein gerufen hat; er wirkt mit heilbringender Kraft in den Herzen der Menschen, die er seit Anbeginn zur »Ruhe« bestimmt hat, bei ihm selbst, »im Haus des Vaters«. Daher erfordert die menschliche Arbeit auch die Ruhe - an jedem »siebten Tag«. Vor allem aber darf sie nicht bloß im äußerlichen Einsatz der menschlichen Kräfte bestehen; sie muß im Inneren des Menschen einen Freiraum lassen, wo der Mensch immer mehr das wird, was er dem Willen Gottes entsprechend sein soll, und sich so auf jene »Ruhe« vorbereitet,die der Herr seinen Dienern und Freunden bereithält.

Das Bewußtsein von der menschlichen Arbeit als einer Teilnahme am Wirken Gottes muß - wie das Konzil lehrt - auch »das gewöhnliche, alltägliche Tun (durchdringen); denn Männer und Frauen, die beim Erwerb des Lebensunterhalts für sich und ihre Familie ihre Tätigkeiten so ausüben, daß sie ein sinnvoller Dienst für die Gesellschaft sind, dürfen mit Recht überzeugt sein, daß sie durch ihre Arbeit das Werk des Schöpfers weiterentwickeln, daß sie dem Wohl ihrer Brüder dienen und durch ihr persönliches Bemühen zur geschichtlichen Erfüllung des göttlichen Plans beitragen«.

Es ist darum erforderlich, daß diese christliche Spiritualität der Arbeit zum gemeinsamen Besitz aller wird. Vor allem heute muß aber die Spiritualität der Arbeit von jener Reife geprägt sein, welche die Spannungen und die Unruhe der Geister und Herzen verlangen: »Den Christen liegt es deshalb fern zu glauben, daß die von des Menschen Geist und Kraft geschaffenen Werke einen Gegensatz zu Gottes Macht bilden oder daß dieses mit Vernunft begabte Geschöpf sozusagen als Rivale dem Schöpfer gegenübertrete. Im Gegenteil, sie sind überzeugt, daß die Siege der Menschheit ein Zeichen der Größe Gottes und die Frucht seines unergründlichen Ratschlusses sind. Je mehr aber die Macht des Menschen wächst, desto mehr weitet sich die Verantwortung der einzelnen wie der Gemeinschaften aus. Daraus wird klar, daß die Menschen durch die christliche Botschaft nicht vom Aufbau der Welt abgehalten noch zur Vernachlässigung des Wohls ihrer Mitmenschen veranlaßt, sondern vielmehr strenger zur Bewältigung dieser Aufgaben verpflichtet werden«.

Das Bewußtsein des Menschen, durch die Arbeit am Schöpfungswerk teilzunehmen, bildet für ihn den tiefsten Beweggrund, sie in den verschiedenen Bereichen auf sich zu nehmen: »Die Gläubigen müssen also«, so lesen wir in der Konstitution Lumen gentium, »die innerste Natur der ganzen Schöpfung, ihren Wert und ihre Hinordnung auf das Lob Gottes anerkennen. Sie müssen auch durch das weltliche Wirken sich gegenseitig zu einem heiligeren Leben verhelfen. So soll die Welt vom Geist Christi erfüllt werden und in Gerechtigkeit, Liebe und Frieden ihr Ziel wirksamer erreichen... Sie sollen also durch ihre Zuständigkeit in den profanen Bereichen und durch ihre innerlich von der Gnade Christi erhöhte Tätigkeit einen gültigen Beitrag leisten, daß die geschaffenen Güter gemäß der Ordnung des Schöpfers und im Lichte seines Wortes durch menschliche Arbeit, Technik, Zivilisation und Kultur... entwickelt... werden«.




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