Der
Tag der Ruhe
64.
Jahrhunderte lang erlebten die Christen den Sonntag nur als Tag des Kultes,
ohne damit auch die besondere Bedeutung der Sabbatruhe verbinden zu
können. Erst im 4. Jahrhundert anerkannte die staatliche Gesetzgebung des
Römischen Reiches den Wochenrhythmus an und verfügte, daß am
»Tag der Sonne« die Richter, die Bevölkerung der Städte und die
verschiedenen Handwerkszünfte die Arbeit ruhen lassen konnten.
(107) Die Christen freuten sich, daß damit die Hindernisse
beseitigt waren, die bis dahin die Einhaltung des Tages des Herrn manchmal zu
einer heroischen Tat gemacht hatten. Nun konnten sie sich ungehindert dem
gemeinsamen Gebet widmen. (108)
Es
wäre also ein Fehler, in der den Wochenrhythmus respektierenden
Gesetzgebung eine bloße geschichtliche Gegebenheit ohne Wert für die
Kirche zu sehen, auf welche sie verzichten könnte. Die Konzilien haben
nicht aufgehört, auch nach dem Ende des Reiches an den Verfügungen
festzuhalten, die sich auf die Sonntagsruhe beziehen. In den Ländern, in
denen die Christen eine kleine Minderheit bilden und die auf dem Kalender
vorgesehenen Feiertage nicht dem Sonntag entsprechen, bleibt der Sonntag
später trotzdem immer der Tag des Herrn, der Tag, an dem die
Gläubigen zur eucharistischen Versammlung zusammenkommen. Das geschieht
jedoch um den Preis nicht geringer Opfer. Für die Christen ist es nicht
normal, daß der Sonntag, Fest- und Freudentag, nicht auch Ruhetag ist,
und es ist für sie schwierig, den Sonntag »zu heiligen«, wenn sie nicht
über genügend Freizeit verfügen.
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