Im Geheimnis der Kirche, die ihre
ausschliebliche Vereinigung
mit dem Bräutigam Christus lebt
4.
Die Geschichte Gottes mit der Menschheit
ist die Geschichte einer bräutlichen Liebe, die im Alten Testament
vorbereitet und in der Fülle der Zeiten feierlich vollzogen wurde.
Die Göttliche Offenbarung beschreibt
mit dem Bild von der Hochzeit die innige, unauflösliche Beziehung zwischen
Gott und seinem Volk (vgl. Hos 1-2; Jes 54,4-8; 62,4-5; Jer
2,2; Ez 16; 2 Kor 11,2; Röm 11,29).
Der Sohn Gottes tritt als der Messias und
Bräutigam auf (vgl. Mt 9,15; 25,1), der gekommen ist, Gottes
Hochzeit mit der Menschheit in einem wunderbaren Tausch der Liebe zu
vollziehen, der in der Menschwerdung beginnt, in der Passion den Gipfel der
Selbstlosigkeit erreicht und als Geschenk in der Eucharistie fortlebt.(16)
Jesus Christus, der seine eigene und die
Liebe des Vaters in die Herzen der Menschen ausgißt, befähigt sie
zur totalen Antwort durch die Gabe des Heiligen Geistes, der stets mit der
Braut fleht: »Komm!« (Offb 22,17). Diese Vollkommenheit von Gnade und
Heiligkeit erfüllt sich in der »Braut, der Frau des Lammes, ... die von
Gott her aus dem Himmel herabkommt, erfüllt von der Heiligkeit Gottes« (Offb
21,9-10).
Die Dimension des Bräutlichen ist der
ganzen Kirche eigen; deren lebendiges Bild aber ist das geweihte Leben, das
sehr eindringlich das Streben nach dem einen Bräutigam zum Ausdruck
bringt. (17)
Noch eindringlicher und radikaler kommt das
Geheimnis von der ausschließlichen Vereinigung der Kirche als Braut mit
dem Herrn in der Berufung der Klausurschwestern zum Ausdruck. Ihr Leben ist ja
ganz dem über alles geliebten Gott geweiht; im ständigen Streben nach
dem himmlischen Jerusalem und in der Vorwegnahme der endzeitlichen Kirche ist
es auf den Besitz und die Anschauung Gottes ausgerichtet. (18) So
bildet es für das ganze christliche Volk einen Hinweis auf die wesentliche
Berufung eines jeden zur Begegnung mit Gott (19) und stellt das Ziel
dar, worauf die ganze Gemeinschaft der Kirche zugeht, (20) die für
immer als Braut des Lammes leben wird.
Durch die Klausur vollziehen die Nonnen den
Rückzug aus der Welt, um in der Einsamkeit »klösterlicher
Verlassenheit« Gott zu begegnen. Zur Anteilnahme der Braut an der Einsamkeit
Jesu in Getsemani und an seinem erlösenden Leiden am Kreuz (vgl. Gal
6,14) gehören auch die innere Einsamkeit, die Prüfungen des Geistes
und die tägliche Mühsal des gemeinsamen Lebens (vgl. Eph
4,15-16).
Zudem bringen die Nonnen gerade auf Grund
ihres Wesens als Frau das Geheimnis der Kirche als »unbefleckter Braut des
unbefleckten Lammes« wirksamer zum Ausdruck, während sie sich selbst in
einzigartiger Weise in der bräutlichen Dimension der gänzlich
kontemplativen Berufung wiederfinden. (21)
Das Klosterleben der Frau eignet sich also
besonders, um den Ehebund mit Christus zu verwirklichen und dessen lebendiges
Zeichen zu sein: Verwirklicht sich nicht in der Jungfrau Maria, einer Frau, das
himmlische Geheimnis der Kirche? (22)
So gesehen, leben die Nonnen die Anwesenheit
und das Werk Mariens in der Kirche weiter. Dadurch, daß sie das Wort im
Glauben und in anbetendem Schweigen annehmen, stellen sie sich in den Dienst
des Geheimnisses von der Menschwerdung Gottes und wirken, mit Jesus Christus in
der Hingabe an den Vater vereint, am Geheimnis der Erlösung mit. Wie Maria
im Abendmahlssaal durch ihr betendes Dasein die Anfänge der Kirche in
ihrem Herzen bewahrte, so ist dem liebenden Herzen und den gefalteten
Hände der Klausurschwestern der Weg der Kirche anvertraut.
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