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Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens
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  • ERSTER TEIL I BEDEUTUNG UND WERT DER KLAUSUR DER NONNEN
    • Die Klausur in ihrer asketischen Dimension
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Die Klausur in ihrer asketischen Dimension

5. Als asketisches Mittel von sehr hohem Wert (23) eignet sich die Klausur besonders für ein Leben, das ganz auf die Kontemplation hin ausgerichtet ist. Sie ist ein Zeichen der heiligen Obhut Gottes für sein Geschöpf und stellt andererseits eine einzigartige Form der Zugehörigkeit zu ihm allein dar, weil ihre Ganzheitlichkeit die absolute Hingabe an Gott kennzeichnet. Es handelt sich um eine typische und angemessene Weise, um die bräutliche Beziehung zu Gott in der Einzigartigkeit der Liebe und ohne ungebührliche Einmischung so zu leben, daß das auf Gott hin ausgerichtete und in ihn versunkene Geschöpf einzig und allein zum Lob seiner Herrlichkeit zu leben vermag (vgl. Eph 1,6. 10-12. 14).

Die kontemplative Klausurschwester erfüllt in höchstem Maße das erste Gebot des Herrn: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken« (Lk 10,27), indem sie es zu ihrem vollen Lebensinhalt macht und in Gott alle Brüder und Schwestern liebt. Sie strebt nach der Vollkommenheit der Liebe, wenn sie Gott als »das einzig Notwendige« wählt (vgl. Lk 10,42), ausschließlich ihn als den liebt, der alles in allen Dingen ist. Mit bedingungsloser Liebe zu ihm opfert sie in dem vom Evangelium vorgegebenen Geist des Verzichtes24 (vgl. Mt 13,45; Lk 9,23) jedes Gut, das heißt: Jedes Gutweiht sie” Gott allein, (25) damit nur er in dem klösterlichen Stillschweigen wohne, es mit seinem Wort und seiner Gegenwart erfülle und die Braut sich »in anhaltendem Gebet und hochherziger Buße « (26) im Geheimnis einer totalen und ausschlieblichen Liebe wirklich dem Einzigen widmen kann.

Deshalb hat die älteste geistliche Tradition mit dem vollständigen Rückzug aus der Welt (27) und aus jeder apostolischen Tätigkeit diese Lebensform verbunden, die schweigend im pochenden Herzen der bräutlichen Kirche Liebe und überreiche Gnade ausstrahlt. Das Kloster, das an einem abgeschiedenem Ort oder mitten in der Stadt liegt, zielt mit seiner besonderen architektonischen Struktur darauf ab, einen Raum der Trennung, der Einsamkeit und der Stille zu schaffen, wo man Gott freier suchen und nicht nur für ihn und mit ihm, sondern auch von ihm allein leben kann.

Die betreffende Person mub also — frei von jeder Bindung, frei von jeder inneren und äußeren Erregung oder Ablenkung — ihre Fähigkeiten bündeln und sie auf Gott hin ausrichten, um in der Freude der Anbetung und des Lobes seine Gegenwart zu empfangen.

Die Kontemplation wird zur Seligkeit derer, die reinen Herzens sind (vgl. Mt 5,8). Das reine Herz ist der klare Spiegel der Innerlichkeit der geläuterten und in der Liebe geeinten Person, wo Gott sich widerspiegelt und wohnt; (28) es ist wie ein klarer Kristall, der, vom Licht Gottes überflutet, dessen Glanz ausstrahlt (29)

Im Lichte der Kontemplation als Liebesgemeinschaft mit Gott findet die Reinheit des Herzens ihre höchste Verwirklichung in der Jungfräulichkeit des Geistes; denn sie erfordert die Unversehrtheit eines Herzens, das nicht nur von der Sünde gereinigt, sondern vereint im Streben nach Gott ist und daher ganz und ungeteilt liebt nach dem Vorbild der reinsten dreifaltigen Liebe, die von den Kirchenvätern »die erste Jungfrau« genannt wurde. (30)

Die klösterliche Einsamkeit ist eine große Hilfe, um die so verstandene Reinheit des Herzens zu erlangen, weil sie die Kontaktmöglichkeiten mit der Außenwelt auf das Wesentliche beschränkt, damit diese nicht auf verschiedene Weise in das Kloster einbricht und dessen Atmosphäre des Friedens und der heiligen Einheit mit dem einzigen Herrn und mit den Schwestern stört. So schaltet die Klausur großenteils die Zerstreuung aus, die von vielen unnötigen Kontakten, von einer Fülle von Bildern, oft Quelle weltlicher Gedanken und eitler Wünsche, von Informationen und Emotionen herrührt, die vom einzig Notwendigen ablenken und die innere Einheit zerreißen. »Im Kloster ist alles auf die Suche nach dem Antlitz Gottes ausgerichtet, alles wird auf das Wesentliche zurückgeführt, weil nur das wichtig ist, was zu Gott näher hinführt. Die klösterliche Sammlung ist Aufmerksamkeit auf die Gegenwart Gottes: Wenn sie uns in vielen Dingen verlorengeht, verlangsamt sich der Gang und man verliert das Ziel aus den Augen«. (31)

Nachdem sich die Nonne von den äußeren Dingen abgewandt und in die Innerlichkeit des Seins begeben hat, indem sie durch einen ernsthaften Weg aus Gebet, Verzicht und Gemeinschaftsleben sowie im Hören auf das Wort Gottes und in der Übung der theologalen Tugenden das Herz und den Geist läutert, ist sie berufen, mit dem göttlichen Bräutigam Zwiesprache zu halten, indem sie Tag und Nacht über sein Gesetz nachsinnt, um mit der Weisheit des Wortes beschenkt und unter dem Impuls des Heiligen Geistes mit ihm eins zu werden. (32)

In ununterbrochener Sehnsucht des Herzens, das unablässig auf die Kontemplation des Bräutigams ausgerichtet ist, nährt dieses Verlangen nach Vollendung in Gott den asketischen Einsatz der Klausurschwester. Von Gottes Schönheit ganz ergriffen, findet sie in der Klausur ihre Gnadenstätte und die vorweggenommene Seligkeit der Schau des Herrn. Durch die reinigende Flamme der göttlichen Gegenwart geläutert, bereitet sie sich auf die volle Seligkeit vor, während sie in ihrem Herzen den neuen Gesang der Geretteten anstimmt — auf dem Berg des Opfers und der Hingabe, des Heiligtums und der Kontemplation Gottes.

Daher muß auch die Disziplin der Klausur in praktischer Hinsicht so sein, daß sie die Verwirklichung dieses hohen kontemplativen Ideals ermöglicht, das die ganze Hingabe und Aufmerksamkeit, die Einheit der Gefühle und die Stimmigkeit des Verhaltens einschliebt.




23) Vgl. Johannes Paul II., Nachsynodales Apostol. Schreiben Vita consecrata (25. März 1996), 59.



24) Vgl. Hl. Benedikt, Regel, 72, 11: »Absolut nichts darf Christus übergeordnet werden«: CSEL 75, 5.163; Maximus Confessor, Liber asceticus, Nr. 43: PG 90, 953 B: »Geben wir uns mit ganzem Herzen dem Herrn hin, um ihn ganz aufzunehmen«; Johannes Paul II., Schreiben an die Karmelitinnen zum 400. Todestag der hl. Theresia von Avila (31. Mai 1982): »Ich zweifle nicht daran, daß die Karmelitinnen von heute nicht weniger als jene von gestern voll Freude das Ziel jenes Absoluten anstreben, um den tiefen Ansprüchen, die aus einer totalen Liebe zu Christus und einer vorbehaltlosen Hingabe an die Sendung der Kirche erwachsen, in angemessener Weise zu entsprechen«.



25) Vgl. Hl. Gregor der Grosse, Homilien über Ezechiel, Buch 2, Homilie 16, 8: CSEL 142, 348: »Wenn jemand dem allmächtigen Gott alles darbringt, was er hat, sein ganzes Leben, alles, dessen er sich erfreut, ist das ein Opfer ... Und genau das machen diejenigen, die sich aus dieser Welt zurückziehen«.



26) II. Vat. Konzil, Dekret über die zeitgemäbe Erneuerung des Ordenslebens Perfectae caritatis, 7.



27) Vgl. Hl. Augustinus, Sermo 339,4: PL 38,1481: »Keiner würde mich in der Liebe zu einem sicheren, ruhigen beschaulichen Leben übertreffen; es gibt nichts Besseres, nichts Köstlicheres, als fern von Lärm und Getriebe den göttlichen Schatz zu ergründen. Das ist eine schöne, eine gute Sache«; Guigo von Kastell, “Lob des Einsiedlerlebens”, Consuetudines, 80, 11: PL 153, 757-758: »Nichts eignet sich besser als die Einsamkeit, die Lieblichkeit der Psalmodie, den Einsatz der Lesung, die Glut der Gebete, die tiefgehenden Meditationen, die Verzückung der Kontemplation und die Taufe durch die Tränen zu fördern«; Hl. Eucherius von Lyon, Lob der Abgeschiedenheit, Brief an Hilarius, 3: PL 50, 702-703: »Mit Recht nenne ich die Einsiedlerklause uneingegrenzten Tempel unseres Gottes... Zweifellos soll man glauben, daß Gott unmittelbarer dort gegenwärtig ist, wo er sich leichter finden läbt«.



28) Vgl. Hl. Basilius der Grosse, Die wahre Integrität der Jungfräulichkeit, 49: PG 30, 765 C: »Die Seele der Jungfrau, Braut Christi, ist wie eine reine Quelle...; sie darf nicht durch Worte, die von auben kommen und gehört werden, aufgewühlt oder durch Bilder, die den Blick treffen, aus ihrer gelassenen Ruhe herausgerissen werden, so daß sie, wenn sie ihr Bild und die Schönheit des Bräutigams wie in einem ganz reinen Spiegel betrachtet, immer mehr von seiner wahren Liebe erfüllt wird«.



29) Vgl. Hl. Johannes vom Kreuz, Aufstieg zum Berge Karmel, 2, 5, 6.



30) Hl. Gregor von Nazianz, Gedichte, I, 2,1, V. 20: PG 37, 523-524.



31) Johannes Paul II., Ansprache an die Klausurschwestern (Loreto, 10. September 1995), 3.



32) Vgl. Hl. Bonaventura, Zu Ehren der hl. Agnes, Jungfrau und Märtyrerin, Serm. 1: Opera Omnia IX, 504 b: »Wenn ein Mensch kostet, wie süb der Herr ist, zieht er sich von den äuberen Betätigungen zurück; dann tritt er in sein Herz ein und bereitet sich ganz auf die Betrachtung Gottes vor, die ganz auf die ewige Herrlichkeit ausgerichtet ist; dann beginnt er zu strahlen und wird vom ewigen Glanz erfabt. Wenn die Seele diesen unvergleichlich Schönen sähe, könnten alle Bande dieser Welt sie nicht mehr von ihm abhalten«.






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