DRITTER
TEIL
AUSDAUER IN DER TREUE
Die
Ausbildung
22.
Die Ausbildung der Klausurschwestern zielt darauf ab, die Person auf die
Ganzhingabe an Gott in der Nachfolge Christi vorzubereiten, (72) wie es
der ausschließlich auf die Kontemplation ausgerichteten Lebensform
entspricht, die der besonderen Sendung der Klausurschwestern in der Kirche
eigen ist.
Die Ausbildung muß die Person in ihrem
tiefsten Inneren erreichen, mit dem Ziel, sie in einem Prozeß
fortschreitender Gleichgestaltung mit Jesus Christus und seiner Ganzhingabe an
den Vater reifen zu lassen. Die ihr eigene Methode muß daher das Merkmal
der Ganzheitlichkeit annehmen und ausdrücken, (73) indem sie zur
Weisheit des Herzens erzieht. (74) Es ist klar, daß diese Formung
gerade wegen des Strebens nach der Umgestaltung der ganzen Person niemals ans
Ende kommt.
Die besonderen Erfordernisse der Ausbildung
der Nonnen, die zum gänzlich auf die Kontemplation ausgerichteten Leben
berufen sind, wurden in der Instruktion Potissimum institutioni
dargelegt (Teil IV, 72-85).
Die Ausbildung der kontemplativen
Ordensfrauen ist in erster Linie Formung zum Glauben, »der Grundlage und
Erstlingsfrucht einer echten Kontemplation...«. (75) Denn mit Hilfe des
Glaubens lernt man, die ständige Gegenwart Gottes zu erkennen, um in Liebe
seinem Geheimnis der Gemeinschaft anzuhängen.
Die Erneuerung des kontemplativen Lebens
obliegt großenteils der Ausbildung der einzelnen Nonnen und der ganzen
Gemeinschaft, damit sie zur Verwirklichung des göttlichen Planes gelangen,
indem sie sich ihr Charisma zu eigen machen.
23.
Besondere Bedeutung dafür gewinnt
das vom besonderen Charisma inspirierte Ausbildungsprogramm, das, klar
unterschieden, zunächst die Anfangsjahre bis zur feierlichen oder ewigen
Profeß und dann die nachfolgenden Jahre umfaßt, die die Ausdauer in
der Treue für das ganze Leben sicherstellen sollen. Zu diesem Zweck sollen
die Klausurorden für die Erstellung einer entsprechenden »ratio
formationis« (Ausbildungsordnung) sorgen, (76) die unter das Eigenrecht
fallen soll, nachdem sie nach vorheriger Beschlußfassung durch das
Konventualkapitel dem Heiligen Stuhl vorgelegt worden ist.
Der Kontext der Kulturen unserer Zeit
schließt für die Institute des kontemplativen Lebens im Hinblick auf
die Vorbereitung ein Niveau ein, das der Würde und den Anforderungen
dieses geweihten Lebensstandes angepabt ist. Daher verlangen die Klöster
von den Kandidatinnen vor der Zulassung zum Noviziat jenen Grad an
persönlicher und affektiver, menschlicher und geistlicher Reife, die sie
dazu befähigt, das Wesen einer Lebensform, die ganz auf die Kontemplation
in der Klausur hingeordnet ist, zu verstehen und ihr treu zu bleiben. Die
Verpflichtungen des Klosterlebens müssen den einzelnen Kandidatinnen gut
bekannt sein; sie müssen von ihnen in der ersten Ausbildungsperiode und
nicht erst nach Ablegung der feierlichen oder ewigen Gelübde angenommen
werden. (77)
Das Studium des Gotteswortes, der
Überlieferung der Kirchenväter, der Dokumente des Lehramtes, der
Liturgie, der Spiritualität und der Theologie muß die
lehrmäßige Basis der Ausbildung darstellen mit dem Ziel, die in der
christlichen Offenbarung enthaltenen Grundlagen für die Erkenntnis des
Geheimnisses Gottes anzubieten, indem »sie alle im Geheimnis Christi beschlossene
Wahrheit im Lichte des Glaubens durchforscht«. (78)
Das kontemplative Leben muß
unablässig aus dem Geheimnis Gottes schöpfen, weshalb es wesentlich
darauf ankommt, den Nonnen für eine persönliche und gemeinschaftliche
Ausbildung die Grundlagen und die Methode zu geben, die feststehend sind und
nicht gelegentlichen Erfahrungen überlassen werden.
24.
Allgemeine Norm ist, daß der
gesamte Zyklus der Ausbildung am Anfang und der späteren Fortbildung
innerhalb des Klosters durchgeführt wird. Das Fehlen äußerer
Tätigkeiten und die Stabilität der Mitglieder erlaubt es, stufenweise
und mit größerer Anteilnahme die verschiedenen Abschnitte der
Ausbildung zu durchlaufen. Im eigenen Kloster wächst und reift die Nonne
im geistlichen Leben und erlangt die Gnade der Kontemplation. Die Ausbildung im
eigenen Kloster hat auch den Vorteil, daß dadurch der Einklang in der
ganzen Kommunität gefördert wird. Darüber hinaus ist das Kloster
mit seinem charakteristischen Umfeld und Lebensrhythmus der angemessenste Ort,
um den Ausbildungsweg (79) zurückzulegen, da die tägliche
Speise der Eucharistie, die Liturgie, die lectio divina, die
Marienverehrung, die Askese und die Arbeit, die Pflege der schwesterlichen
Liebe sowie die Erfahrung von Einsamkeit und Schweigen wesentliche Momente und
Faktoren im Hinblick auf die Formung zum kontemplativen Leben ausmachen.
Die Oberin eines Klosters muß als
Erstverantwortliche für die Ausbildung (80) für einen
angemessenen Weg der anfänglichen Formung der Kandidatinnen sorgen. Sie
soll auch die ständige Fortbildung der Nonnen dadurch fördern,
daß sie sie lehrt, vom Geheimnis Gottes zu zehren, der sich ihnen
unablässig in der Liturgie und in den verschiedenen Augenblicken des
monastischen Lebens schenkt. Zudem soll die Oberin den Nonnen die geeigneten
Mittel für die geistliche und doktrinelle Ausbildung an die Hand geben und
sie zu einem ständigen Wachstum anspornen, wie es die Treue zu dem immer
neuen Geschenk der göttlichen Berufung verlangt.
Die Ausbildung ist ein Recht und eine
Pflicht eines jeden Klosters, das sich auch der Mitarbeit von auswärtigen
Personen bedienen kann, vor allem von dem Institut, dem es eventuell
angeschlossen ist. Wenn das der Fall ist, wird die Oberin die Beteiligung an
jenen Fernkursen billigen können, die sich auf den Stoff des
Ausbildungsprogrammes des Klosters beziehen.
Wenn ein Kloster von sich aus diese Aufgabe
nicht zu leisten vermag, können einige Unterrichtseinheiten gemeinsam in
einem der Klöster desselben Instituts und gewöhnlich in derselben
Gegend organisiert werden. Die beteiligten Klöster setzen dafür die
Bedingungen, die Häufigkeit und Dauer in der Weise fest, daß die
grundlegenden Erfordernisse der kontemplativen Berufung zum Leben in Klausur
und die Mabgaben der eigenen “ratio formationis” eingehalten werden. Die
Klausurvorschriften gelten auch für das Verlassen der Klausur zu
Ausbildungszwecken. (81)
Der Besuch von Ausbildungskursen kann
freilich die systematische und stufenweise Formung in der eigenen
Kommunität nicht ersetzen.
Jedes Kloster muß tatsächlich
Baumeister seiner Lebendigkeit und seiner Zukunft sein können. Es ist
daher nötig, daß es vor allem im Bereich der Ausbildung
selbständig wird; diese darf sich ja nicht nur an einige seiner Mitglieder
richten, sondern soll die ganze Kommunität einbeziehen, damit sie zum Ort
eines leidenschaftlichen Fortschritts und geistlichen Wachstums werde.
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