DIE THEOLOGISCHE
ENTWICKLUNG
2. Das II. Vatikanische Konzil hat einen
grundlegenden Beitrag für die Neubewertung des "brüderlichen Lebens in
Gemeinschaft" und für ein neues Verständnis der Ordensgemeinschaften
geleistet.
Es war die Entwicklung der
Ekklesiologie, die mehr als andere Faktoren die Entfaltung des
Verständnisses der Ordensgemeinschaften beeinflußt hat. Das II. Vatikanum
betonte, daß das Ordensleben "unerschütterlich" (inconcusse)
zum Leben und zur Heiligkeit der Kirche gehört, und hat es im Herzen ihres
Geheimnisses der communio und der Heiligkeit beheimatet.(3)
Die Ordensgemeinschaft hat also
Anteil an einem erneuerten und vertieften Verständnis der Kirche. Daraus
folgert:
a) Von der Kirche als
Geheimnis zur geheimnisbezogenen Dimension der Ordensgemeinschaft.
Die Ordensgemeinschaft ist nicht
einfachhin ein Zusammenschluß von Christen, die ihre persönliche Vollkommenheit
suchen. Sie ist in ihrer Tiefe vielmehr Teilhabe und qualifiziertes Zeugnis für
die Kirche als einem Geheimnis, denn sie ist lebendiger Ausdruck und
wesensgemäße Verwirklichung ihrer besonderen "communio", der großen
trinitarischen "koinonia", an welcher der Vater den Menschen Teilhabe
gewähren wollte durch den Sohn im Heiligen Geist.
b) Von der Kirche als
Geheimnis zur brüderlichen und gemeinschaftsbezogenen Dimension der
Ordensgemeinschaft.
Die Ordensgemeinschaft macht
durch ihre Struktur, durch ihre Motivationen, durch ihre charakteristischen
Werte jene Gabe der Brüderlichkeit öffentlich sichtbar und fortwährend
erfahrbar, die Christus der ganzen Kirche geschenkt hat. Eben deshalb ist es
ihre unverzichtbare Aufgabe und ihre Sendung, eine Zelle intensiv gelebter gemeinschaftlicher
Brüderlichkeit zu sein, die Zeichen und Ansporn ist für alle Getauften
(4).
c) Von der Kirche, die von den
Charismen beseelt ist, zur charismatischen Dimension der Ordensgemeinschaft.
Die Ordensgemeinschaft ist eine
Zelle brüderlicher Gemeinschaft, die ihr Leben von ihrem Gründungscharisma her
empfängt; sie ist Teil der organischen communio der ganzen Kirche, die der
Geist fortwährend mit den verschiedensten Diensten und Charismen erfüllt.
Um einer solchen Gemeinschaft
anzugehören ist die besondere Gnade einer Berufung erforderlich. Konkret heißt
dies, daß die Mitglieder einer Ordensgemeinschaft untereinander durch einen gemeinsamen
Ruf Gottes im Sinne des Charismas der Gründung verbunden sind, durch
eine typische kirchliche Lebensweihe und durch eine gemeinschaftliche Antwort,
die in der Teilhabe an "der Erfahrung des Geistes" besteht, die vom
Gründer gelebt und an seine Sendung in der Kirche weitergegeben
wurde.(5)
Sie will auch die
"schlichteren und allgemeineren"(6) Gnadengaben dankbar
annehmen, die Gott in ihren Mitgliedern zum Wohle des ganzen Leibes erweckt.
Die Ordensgemeinschaft existiert für die Kirche, um sie darzustellen, sie zu
bereichern(7) und sie für ihre Sendung fähiger zu machen.
d) Von der Kirche als
Sakrament der Einheit zur apostolischen Dimension der Ordensgemeinschaft.
Der Sinn des Apostolates liegt
darin, die Menschheit zur Vereinigung mit Gott und zu ihrer Einheit zu führen,
und dies durch die göttliche Liebe. Das brüderliche Leben in Gemeinschaft als
ein Ausdruck der durch Gottes Liebe bewirkten Einheit ist, neben seinem
wesentlichen Zeugnischarakter im Dienste der Evangelisierung, auch für das
apostolische Wirken und für dessen letzte Zielsetzung von großer Bedeutung. Von
hier empfängt die Ordensgemeinschaft die Kraft eines Zeichens und eines
Instruments der Brüderlichkeit. Die brüderliche Gemeinschaft steht in der Tat
am Anfang und am Ende des Apostolates.
Das Lehramt hat seit dem Konzil dieses neue
Verständnis der Ordensgemeinschaft vertieft und durch neue Beiträge
bereichert(8).
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