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Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens
Brüderliche Leben in Gemeinschaft

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  • I. DAS GESCHENK DER COMMUNIO UND DER GEMEINSCHAFT
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I.

DAS GESCHENK DER COMMUNIO UND DER GEMEINSCHAFT

8. Noch bevor die Ordensgemeinschaft ein Gebilde des Menschen ist, ist sie eine Gabe des Geistes. Aus der Liebe Gottes, die durch den Geist in die Herzen eingegossen ist, nimmt die Ordensgemeinschaft ihren Ursprung, und aus ihr wird sie auferbaut zu einer wahren Familie, die im Namen des Herrn versammelt ist.(20)

Die Ordensgemeinschaft kann also nicht verstanden werden, wenn man sie nicht als ein Geschenk von Oben betrachtet und von ihrem innersten Geheimnis ausgeht: von ihrer Verwurzelung im Herzen der heiligen und heiligmachenden Dreifaltigkeit, die sie teilhaben läßt am Geheimnis der Kirche, für das Leben der Welt.

Die Kirche als communio

9. Indem Gott den Menschen nach seinem Bild und Gleichnis erschuf, hat er ihn auf Gemeinschaft hin erschaffen. Der Schöpfer, der sich als Liebe, Dreifaltigkeit, Gemeinschaft geoffenbart hat, hat den Menschen dazu berufen, in engste Beziehung zu Ihm und zur Gemeinschaft zwischen den Menschen einzutreten, d.h. zur allumfassenden Liebe.(21)

Die höchste Berufung des Menschen besteht darin, mit Gott und mit den Mitmenschen, seinen Brüdern und Schwestern, in eine persönliche Beziehung zu treten.

Dieser Plan Gottes wurde durch die Sünde belastet, die jede Form von Beziehung zerstört hat: die Beziehung zwischen Mensch und Gott, zwischen Mann und Frau, zwischen Geschwistern, zwischen den Völkern, zwischen der Menschheit und der Schöpfung.

In seiner großen Liebe sandte der Vater seinen Sohn, damit Er, der neue Adam, die gesamte Schöpfung wiederherstelle und zu ihrer vollen Einheit zurückführe. Er, der in unsere Mitte kam, hat den Anfang des neuen Gottesvolkes gebildet, indem er Apostel und Jünger, Männer und Frauen, um sich sammelte als ein lebendiges Abbild der in sich geeinten Menschheitsfamilie. Ihnen hat er die universale Brüderlichkeit im Vater verkündet, der uns zu seiner Familie gemacht hat, zu seinen Kindern und zu Geschwistern untereinander. So hat er die Gleichheit durch Brüderlichkeit gelehrt, und Versöhnung durch gegenseitige Vergebung. Er hat die Strukturen der Macht und der Herrschaft auf den Kopf gestellt, indem er selbst das Beispiel gab, wie man dienen und sich an den letzten Platz stellen soll. Beim letzten Abendmahl hat er seinen Jüngern das neue Gebot der gegenseitigen Liebe anvertraut: "Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt; wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben" (Joh 13,34; 15,12); er hat die Eucharistie eingesetzt, die uns zur gegenseitigen Liebe befähigt, indem sie uns durch das eine Brot und den einen Kelch nährt. Dann hat er sich an den Vater gewandt und von ihm, als Summe seines Wollens, die Einheit aller nach dem Vorbild der dreifaltigen Einheit erbeten: "...daß alle eins seien, wie Du, Vater, in mir und ich in dir" (Joh 17,21).

Indem er sich dem Willen des Vaters anheimgab, hat er im Ostergeheimnis jene Einheit vollendet, die er vom Vater erbeten und die zu leben er seine Jünger angewiesen hatte. Mit seinem Kreuzestod hat er die Mauer niedergerissen, die Völker trennt, und hat alle in der Einheit versöhnt (vgl. Eph 2,14-16); so hat er uns gezeigt, daß Gemeinschaft und Einheit Früchte aus der Teilhabe am Geheimnis seines Todes sind.

Die Herabkunft des Heiligen Geistes, der ersten Gabe an jene, die glauben, hat die von Christus gewollte Einheit verwirklicht. Ausgegossen über die im Abendmahlsaal mit Maria versammelten Jünger, machte der Geist die Kirche sichtbar, die sich von ihrem ersten Augenblick an darstellt als brüderliche Gemeinschaft in der Einheit des Herzens und der Seele (vgl. Apg 4,32).

Diese Gemeinschaft ist das Band der Liebe, das alle Glieder des Leibes Christi untereinander verbindet, und den Leib mit seinem Haupt. Die lebenspendende Gegenwart des Heiligen Geistes(22) selbst schafft in Christus die organische Einheit: Er eint die Kirche in der communio und im Geheimnis, er ordnet und leitet sie durch verschiedene, sich gegenseitig ergänzende hierarchische und charismatische Gaben, er schmückt sie mit seinen Früchten.(23)

Auf ihrem Weg durch die Zeit ist die eine und heilige Kirche ständig geprägt von jenem oft leidvollen Ringen um tatsächliche Einheit. Auf ihrem geschichtlichen Weg wurde sie sich immer stärker bewußt, daß sie Volk und Familie Gottes ist, Leib Christi, Tempel des Geistes, Sakrament der tiefsten Einheit des Menschengeschlechtes, Gemeinschaft, Abbild der Dreifaltigkeit. Das II. Vatikanische Konzil hat diese geheimnishafte und gemeinschaftsbezogene Dimension der Kirche betont.

Die Ordensgemeinschaft als Ausdruck der kirchlichen communio

10. Das Ordensleben hat von seinem Anbeginn an dieses innerste Wesen des Christentums aufgegriffen. So fühlte sich die Ordensgemeinschaft in Kontinuität mit jener Schar, die dem Herrn folgte. Er hatte sie einzeln beim Namen gerufen, damit sie in Gemeinschaft mit ihm und den anderen Jüngern lebten, damit sie sein Leben und sein Schicksal teilten (vgl. Mk 3,13-15), um dadurch Zeichen für jenes Leben und jene Gemeinschaft zu werden, die er begründet hat. Die ersten Mönchsgemeinschaften betrachteten die Gemeinschaft der Jünger, die Jesus folgten, und die Gemeinschaft von Jerusalem als ein Idealbild des Lebens. Dem Beispiel der jungen Kirche folgend, haben die Mönche sich in der Einheit des Herzens und des Geistes um einen geistlichen Führer, den Abt, geschart, um eine radikale Gemeinschaft der materiellen und geistlichen Güter und die von Christus gegründete Einheit zu verwirklichen. Sie findet ihr Urbild und ihre einheitstiftende Kraft im Leben der Einheit unter den Personen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit.

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden unter dem charismatischen Wirken des Geistes vielfältige Formen von Gemeinschaften. Er, der das menschliche Herz erforscht, geht ihm entgegen und antwortet auf seine Bedürfnisse. Er bringt Männer und Frauen hervor, die vom Evangelium erleuchtet und sensibel für die Zeichen der Zeit, neue Ordensfamilien ins Leben rufen, und dadurch auch neue Formen der Verwirklichung der einzigen communio in der Verschiedenheit der Dienste und der Gemeinschaften.(24)

Es ist nicht möglich, den Begriff "Ordensgemeinschaft" in einer einzigen Bedeutung anzuwenden. Die Geschichte des Ordenslebens bezeugt unterschiedliche Formen, wie die eine communio entsprechend der Eigenart der einzelnen Institute gelebt werden kann. So können wir heute die "wunderbare Vielfalt" der Ordensfamilien bewundern, die die Kirche bereichern und sie für jegliches gute Werk ausrüsten.(25)

Dennoch erschien das brüderliche Leben in Gemeinschaft in seinem Formenreichtum immer als eine konsequente Verwirklichung jener gemeinsamen brüderlichen Gesinnung, die alle Christen untereinander verbindet. Die Ordensgemeinschaft ist Gestaltwerdung jener communio, auf der die Kirche gründet, und gleichzeitig Prophetie jener Einheit, die sie als ihr Ziel erstrebt. "Als 'Experten des gemeinschaftlichen Lebens' sind die Ordensleute dazu berufen, in der Kirche, der kirchlichen Gemeinschaft und in der Welt Zeugen und Baumeister im Sinne jenes göttlichen Planes für Gemeinschaft zu sein, der die Geschichte der Menschen krönen soll. Vor allem werden sie durch das Leben nach den evangelischen Räten, das die Liebe von jedem Hindernis befreit, gemeinsam zu einem prophetischen Zeichen der innigsten Vereinigung mit dem über alles geliebten Gott. Durch die tägliche Erfahrung eines Lebens in Gemeinschaft, des Gebets und Apostolates als eines wesentlichen und unterscheidenden Elements ihrer Form gottgeweihten Lebens werden sie ferner zum 'Zeichen brüderlicher Gemeinschaft', denn sie bezeugen in einer oft so tief entzweiten Welt und vor all ihren Glaubensbrüdern die Fähigkeit zur Gütergemeinschaft, zu brüderlicher Zuneigung sowie zu einem Plan ihres Lebens und Tuns. Dies wird ihnen dadurch möglich, daß sie den Anruf zu freierer und engerer Nachfolge Christi angenommen haben, der vom Vater gesandt wurde, um als Erstgeborener unter vielen Brüdern eine neue Gemeinschaft aufzubauen durch das Geschenk seines Geistes".(26)

Dies wird um so sichtbarer sein, je mehr sie nicht nur mit und in der Kirche fühlen, sondern auch, die Kirche selbst erfühlen und sich mit ihr identifizieren in vollständiger Übereinstimmung mit ihrer Lehre, ihrem Leben, ihren Hirten, ihren Gläubigen und mit ihrer Sendung in der Welt.(27)

Besonders bedeutsam ist das Zeugnis der kontemplativen Ordensleute. Für sie bezeichnet das brüderliche Leben viel weitere und tiefere Dimensionen, die von den Grundbedürfnissen einer solchen speziellen Berufung herrühen, d.h. von der ausschließlichen Suche nach Gott in Schweigen und Gebet.

Ihre beständige Bereitschaft für Gott macht ihre Bereitschaft für die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft empfindsamer und feinfühliger, und die Kontemplation wird zu einer Kraft, die von jeder Form des Egoismus frei macht.

Das brüderliche Leben in Gemeinschaft muß in einem Kloster lebendiges Zeichen des Geheimnisses der Kirche sein: je größer das Geheimnis der Gnade, um so reicher die Früchte des Heiles.

Der Geist des Herrn, der die ersten Gläubigen versammelt hat und die Kirche beständig zu einer einzigen Familie zusammenruft, ruft und nährt so auch die Ordensfamilien, die die Aufgabe haben, durch ihre über die Erde zerstreuten Gemeinschaften besonders verständliche Zeichen für die tiefe Einheit zu sein, die die Kirche beseelt und erbaut, und Stütze zu sein für die Verwirklichung des Planes Gottes.




20) vgl. PC 15a; can. 602



21) vgl. GS 3



22) vgl. LG 7



23) vgl. LG 4; MR 2



24) vgl. PC 1; EE 18-22



25) vgl. PC 1



26) RPU 24



27) vgl. PI 21-22






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