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Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des apostolischen Lebens
Brüderliche Leben in Gemeinschaft

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  • III. DIE ORDENSGEMEINSCHAFT ALS ORT UND TRÄGERIN DER SENDUNG
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III.

DIE ORDENSGEMEINSCHAFT ALS ORT UND TRÄGERIN DER SENDUNG

58. Wie der Heilige Geist die Kirche schon im Abendmahlsaal gesalbt hat, um sie zur Verkündigung der Frohen Botschaft in die Welt zu senden, so ist jede Ordensgemeinschaft, insofern sie echte, geisterfüllte Gemeinschaft des Auferstandenen ist, ihrer Eigenart entsprechend eine apostolische Gemeinschaft.

Es ist wahr: "Die communio schafft communio und stellt sich wesentlich als missionarische communio dar... Communio und Sendung sind zutiefst miteinander verbunden; sie durchdringen und bedingen einander, so daß die communio zugleich Quelle und Frucht der Sendung ist: die communio ist missionarisch und die Sendung gilt der communio".(72)

Jede Ordensgemeinschaft, auch die rein kontemplative, ist nicht auf sich selbst bezogen, sondern sie wird Verkündigung, Diakonie und prophetisches Zeugnis. Der Auferstandene, der in ihr lebt und ihr seinen Geist mitteilt, macht sie zum Zeugen seiner Auferstehung.

Ordensgemeinschaft und Sendung

Es ist angebracht, hier über die besondere Beziehung zwischen den verschiedenen Formen von Ordensgemeinschaft und deren Sendung nachzudenken, bevor wir uns einigen speziellen Situationen zuwenden, denen sich die Ordensgemeinschaften heutzutage in den unterschiedlichen Verhältnissen der Welt stellen müssen, um ihrer besonderen Sendung treu zu bleiben.

59. a) Das II. Vatikanische Konzil sagt: "Die Ordensleute sollen sorgfältig darauf achten, daß durch sie die Kirche wirklich von Tag zu Tag mehr den Gläubigen wie den Ungläubigen Christus sichtbar mache, wie er auf dem Berg in der Beschauung weilte oder wie er den Scharen das Reich Gottes verkündigt oder wie er die Kranken und Schwachen heilt oder wie er die Kinder segnet und allen Wohltaten erweist, immer aber dem Willen des Vaters gehorsam ist, der ihn gesandt hat".(73)

Aus der Teilhabe an den verschiedenen Formen der Sendung Christi läßt der Geist verschiedene Ordensfamilien entstehen, die durch unterschiedliche Sendungen und deshalb auch durch unterschiedliche Gemeinschaftsformen geprägt sind.

b) Die Form der monastisch-kontemplativen Gemeinschaft (die Christus auf dem Berg darstellt) ist auf die Vereinigung mit Gott und auf die Einheit der Mitglieder untereinander ausgerichtet. Sie hat eine höchst wirkungsvolle apostolische Zielsetzung, die jedoch zum guten Teil im Geheimnis verborgen bleibt. Die "apostolische" Gemeinschaft (die Christus unter der Menge darstellt) ist dem aktiven, durch ein besonderes Charisma geprägten Dienst am Nächsten geweiht.

Unter den "apostolischen Gemeinschaften" sind einige mehr auf das gemeinsame Leben ausgerichtet, so daß das Apostolat von der Fähigkeit zum Gemeinschaftsleben abhängt; andere sind entschieden auf die missionarische Tätigkeit hin ausgerichtet, weshalb die Form der Gemeinschaft von der Form der missionarischen Tätigkeit bedingt wird. Die ausgesprochen auf die verschiedenen Arten des apostolischen Dienstes orientierten Institute betonen die Priorität der ganzen Ordensfamilie, die als ein einziger apostolischer Körper und als eine große Gemeinschaft vom Geist eine Sendung in der Kirche empfangen hat. Die communio, die die ganze Familie belebt und eint, wird konkret in den einzelnen Hausgemeinschaften gelebt, denen die Ausführung der Sendung gemäß den unterschiedlichen Erfordernissen anvertaut ist.

Es gibt also unterschiedliche, durch Jahrhunderte überlieferte Formen von Ordensgemeinschaften, wie die monastische Gemeinschaft, die Konventual-Gemeinschaft und die aktive oder "diakonale" Ordensgemeinschaft.

"Das gemeinsame Leben in Gemeinschaft" hat also nicht für alle Ordensleute dieselbe Bedeutung. Mönche, Konventualen und aktiv tätige Ordensleute unterscheiden sich zu Recht dadurch, wie sie die Ordensgemeinschaft verstehen und leben.

Diese Verschiedenheit findet sich in den Konstitutionen, die gleichzeitig mit dem Charakter des Instituts auch jenen der Ordensgemeinschaft beschreiben.

c) Allgemein wird betont, daß es besonders für die in apostolischen Werken tätigen Ordensgemeinschaften ziemlich schwierig sei, im praktischen Alltag das Gleichgewicht von Gemeinschaft und apostolischem Einsatz zu wahren. Wenn es gefährlich ist, diese beiden Aspekte einander entgegenzustellen, so ist es doch schwierig, sie miteinander in Einklang zu bringen. Auch hierin liegt eine der fruchtbaren Spannungen des Ordenslebens, dessen Aufgabe es ist, gleichzeitig sowohl das Wachstum des 'Jüngers' zu fördern, der mit Christus und mit der Schar derer, die ihm nachfolgen, lebt, als auch jenes des 'Apostels', der an der Sendung des Herrn teilnimmt.

d) Die Verschiedenheit der apostolischen Erfordernisse führte in den vergangenen Jahren oft zur Koexistenz sehr unterschiedlicher Gemeinschaften innerhalb ein und desselben Instituts: große, fest strukturierte Gemeinschaften, und kleine, beweglichere Gemeinschaften, ohne deshalb jedoch die charakteristischen Merkmale einer Ordensgemeinschaft zu verlieren.

Dies alles beeinflußt nicht unerheblich das Leben eines Instituts und dessen Charakter, der nicht mehr, wie einst, eng umrissen ist, sondern sich formenreicher zeigt und verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für die Ordensgemeinschaft offenläßt

e) In manchen Instituten hat die Tendenz, die apostolische Tätigkeit stärker als das Gemeinschaftsleben zu betonen, oder die Vielfalt der Einheit vorzuziehen, das gemeinsame brüderliche Leben tief beeinflußt, bis zu dem Punkt, daß es manchmal geradezu zu einer Option wurde anstatt ein integrierender Bestandteil des Ordenslebens zu sein.

Die sicherlich nicht positiven Folgen geben Anlaß, diesen Weg ernsthaft in Frage zu stellen, und legen eher nahe, die enge Verbindung von Gemeinschaft und Sendung neu zu entdecken, um so kreativ jene Einseitigkeiten zu überwinden, die den Reichtum des Ordenslebens immer mehr verarmen lassen.

In der Ortskirche

60. Was ihre missionarische Präsenz anbetrifft, so steht eine Ordensgemeinschaft innerhalb einer bestimmten Ortskirche, der sie den Reichtum ihrer Lebensweihe, ihres brüderlichen Lebens und ihres Charismas schenkt.

Durch ihre schlichte Gegenwart birgt sie in sich nicht nur den Reichtum des christlichen Lebens, sondern stellt gleichzeitig eine besonders wirkungsvolle Verkündigung der christlichen Botschaft dar. Man kann sagen, sie ist eine fortwährende und lebendige Verkündigung. Diese objektive Gegebenheit schärft ganz offenkundig das Verantwortungsbewußtsein der Ordensleute, indem sie sie in die Pflicht nimmt, dieser ihrer erstrangigen Sendung treu zu bleiben und alles zu verbessern oder auszumerzen, was die Attraktivität dieses ihres Erscheinungsbildes schwächt oder verwässert, und sie macht deren Anwesenheit in der Ortskirche sehr erwünscht und wertvoll, unabhängig von jeder anderen Überlegung.

Da die Liebe das höchste aller Charismen darstellt (vgl. 1 Kor 13,13), bereichert eine Ordensgemeinschaft die Kirche, deren lebendiger Teil sie ist, in erster Linie durch ihre Liebe.

Die Ordensgemeinschaft liebt zugleich die universale Kirche und die konkrete Ortskirche, zu der sie gehört, weil sie innerhalb der Kirche steht und als Kirche sich in Beziehung zur Gemeinschaft der heiligsten und heiligmachenden Dreifaltigkeit weiß, der Quelle jeglichen Gutes. So wird sie zu einem hervorragenden Ausdruck des innersten Wesens der Kirche selbst.

Sie liebt ihre Ortskirche, sie bereichert diese mit ihren Charismen und öffnet sie auf eine universalere Dimension hin. Die komplexen Beziehungen zwischen den pastoralen Erfordernissen der Ortskirche und den charismatischen Besonderheiten der Ordensgemeinschaft wurden in dem Dokument Mutuae Relationes behandelt, das mit seinen theologischen und pastoralen Richtlinien einen gewichtigen Beitrag für eine herzlichere und bessere Zusammenarbeit geboten hat. Es ist an der Zeit, dieses Dokument erneut aufzugreifen, um den Geist wahrer Gemeinschaft zwischen Ordensgemeinschaft und Ortskirche neu anzuregen.

Die zunehmenden Schwierigkeiten, die die Verwirklichung der Sendung und der Mangel an Personal mit sich bringen, können für Ordensgemeinschaften und Ortskirche eine Versuchung zur Isolation darstellen, was sicherlich weder dem gegenseitigen Verstehen noch der Zusammenarbeit dienlich ist.

So läuft einerseits die Ordensgemeinschaft Gefahr, in der Ortskirche ohne organischen Bezug zu deren Leben und Pastoral präsent zu sein, während man andererseits dabei ist, die Ordensgemeinschaft auf die Wahrnemnung rein pastoraler Aufgaben zu beschränken. Noch einmal: während das Ordensleben immer stärker die eigene, charismatische Identität betont, fordert die Ortskirche oftmals mit Nachdruck Kräfte für die diözesane oder pfarrliche Pastoral an, die nicht immer ganz angemessen eingesetzt werden. Mutuae Relationes ist weit davon entfernt, die Ordensgemeinschaften in ihrem Verhältnis zur Ortskirche zu isolieren und sie von ihr loszubinden, ist aber ebenso davon entfernt, sie in den Belangen der Ortskirche praktisch aufgehen zu lassen.

Wie die Ordensgemeinschaft weder unabhängig noch alternativ, und schon gar nicht gegen die pastoralen Direktiven der Ortskirche handeln kann, ebenso kann die Ortskirche nicht nach ihrem Gutdünken und nach ihren Bedürfnissen über die Ordensgemeinschaft oder deren Mitglieder verfügen.

Es sei daran erinnert, daß eine zu geringe Berücksichtigung des Charismas einer Ordensgemeinschaft weder für die Ortskirche noch für die Ordensgemeinschaft selbst vorteilhaft ist. Nur eine Ordensgemeinschaft mit klarem Charisma kann sich in die "Gesamtpastoral" einordnen und diese durch ihren Beitrag bereichern, ohne sich selbst zu verfälschen.

Es darf nicht vergessen werden, daß jedes Charisma aus der Kirche und für die Welt heranwächst, daß es beständig auf seine Ursprünge und auf seine Ziele zurückgeführt werden muß und in dem Maße lebt, in welchem es diesen treu bleibt.

Kirche und Welt ermöglichen seine Deutung und spornen es an zu einer wachsenden Aktualität und Vitalität. Charisma und Ortskirche sind nicht geschaffen, sich gegenseitig zu behindern, sondern um sich zu stützen und zu ergänzen, und dies besonders im gegenwärtigen Augenblick, in dem der Verwirklichung des Charismas und seiner Einordnung in veränderte Umstände nicht wenige Probleme entgegenstehen.

Eine unvollständige gegenseitige Kenntnis der Ortskirche und des Ordenslebens sowie der Aufgaben des Bischofs ihnen gegenüber ist oft Ursache für viele Mißverständnisse.

Dringend wird empfohlen, in den theologischen Seminaren der Diözesen einen speziellen Kurs über die Theologie des geweihten Lebens vorzusehen, wo diese besonders in ihren dogmatischen, juridischen und pastoralen Aspekten vertieft werde. Ebenso soll den Ordensleuten eine angemessene theologische Ausbildung über die Ortskirche nicht vorenthalten werden.(74)

Vor allem aber möge eine brüderliche Ordensgemeinschaft dafür sorgen, jenes Klima der Gemeinsamkeit zu verbreiten, das der ganzen christlichen Gemeinde hilft, sich als "Familie der Kinder Gottes" zu fühlen.

61. Die Pfarrgemeinde

In den Pfarrgemeinden ist es manchmal schwer, das Leben der Pfarrei mit jenem der Gemeinschaft zu verbinden.

In einigen Gegenden verursacht die Schwierigkeit, neben dem Dienst in der Pfarrei auch noch ein Gemeinschaftsleben zu führen, bei den Ordenspriestern nicht geringe Spannungen. Der vielfältige Einsatz in der Pfarrpastoral geschieht oft auf Kosten des Charismas des Instituts und des Gemeinschaftslebens. Dies kann dazu führen, daß die Gläubigen, der Diözesanklerus und die Ordensleute selbst das Gespür für die Besonderheit des Ordenslebens verlieren.

Die drängenden pastoralen Erfordernisse dürfen nicht vergessen lassen, daß der beste Dienst, den eine Ordensgemeinschaft der Kirche leisten kann, darin besteht, ihrem Charisma treu zu sein. Dies äußert sich auch in der Übernahme und Leitung von Pfarreien: jene Pfarrgemeinden sind zu bevorzugen, die weiterhin ein Gemeinschaftsleben gestatten und die Verwirklichung des eigenen Charismas ermöglichen.

Auch die weiblichen Ordensgemeinschaften, die oft aufgefordert werden, in der Pfarrseelsorge unmittelbarer präsent zu sein, erfahren ähnliche Schwierigkeiten.

Auch hier - es sei wiederholt - wird deren Einbindung in die Pfarrgemeinde um so fruchtbarer sein, je stärker die Ordensgemeinschaft durch die Eigenart ihres Charismas präsent sein kann.(75) Dies mag von großem Nutzen sein für die Ordensgemeinschaft wie für die Pastoral selbst, in der die Ordensfrauen für gewöhnlich gut angenommen und geschätzt sind.

62. Die kirchlichen Bewegungen

Die kirchlichen Bewegungen im weitesten Sinne des Wortes, die von einer lebendigen Spiritualität und apostolischen Vitalität gekennzeichnet sind, haben die Aufmerksamkeit einiger Ordensleute auf sich gezogen, die an ihnen teilnahmen, manchmal mit dem Erfolg einer geistlichen Erneuerung, neuen apostolischen Eifers und einer Verlebendigung ihrer Berufung. Zuweilen jedoch haben sie auch Spaltung in die Gemeinschaft hineingetragen. Dazu ist folgendes zu bemerken:

a) Einige dieser Bewegungen dienen schlicht der geistlichen Anregung, andere dagegen unterhalten eigene apostolische Projekte, die unvereinbar sein können mit jenen der eigenen Ordensgemeinschaft.

Ebenso schwankt auch der Grad der Einbeziehung der Ordensleute: einige stehen mehr am Rande, andere sind Gelegenheitsteilnehmer, andere wiederum sind feste Mitglieder, doch in völliger Übereinstimmung mit der eigenen Gemeinschaft und Spiritualität.

Diejenigen jedoch, die eine vorrangige Zugehörigkeit zur Bewegung zu erkennen geben, verbunden mit einer psychologischen Entfremdung vom eigenen Institut, stellen ein Problem dar, da sie in einem inneren Zwiespalt leben: sie wohnen in der Gemeinschaft, leben aber gemäß den pastoralen Absichten und Richtlinien der Bewegung.

Es ist demzufolge scharf zwischen den jeweiligen Bewegungen wie auch zwischen den jeweiligen Formen der Beteiligung eines Ordensmitgliedes zu unterscheiden.

b) Die Bewegungen können eine fruchtbare Herausforderung für die Ordensgemeinschaft darstellen, an ihre geistliche Spannkraft, an die Qualität ihres Betens, an die Prägnanz ihrer apostolischen Initiativen, an ihre Treue zur Kirche, an die Tiefe ihres brüderlichen Lebens. Die Ordensgemeinschaft müßte für die Begegnung mit den Bewegungen offen sein in einer Haltung gegenseitigen Verstehens, des Dialogs und des Austauschs der Gaben.

Die große aszetische und mystische Tradition des Ordenslebens und eines Instituts kann auch für die neuen Bewegungen von Nutzen sein.

c) Das Grundproblem in den Beziehungen zu Bewegungen bleibt die Identität der einzelnen Ordensperson: ist diese stabil, wird die Beziehung beiden Gewinn bringen.

Jene Ordensleute, die mehr in der Bewegung und für sie zu leben scheinen, als in der eigenen Ordensgemeinschaft und für diese, seien daran erinnert, was Potissimum Institutioni sagt: "Ein Institut besitzt eine innere Kohärenz, die ihm aus seiner Natur, seiner Zielsetzung, seinem Geist, seiner Anlage und seinen Überlieferungen erwächst. Dieses ganze Erbgut stellt den Grundpfeiler sowohl für die Identität und die Einheit des Instituts selbst, als auch für die Einheit des Lebens jedes Mitgliedes dar. Es ist ein Geschenk des Geistes an die Kirche, das keinerlei Einmischung, Überlagerung oder Trübung erfahren darf. Der Dialog und die Teilnahme innerhalb der Kirche setzen voraus, daß sich jeder dessen bewußt ist, was er ist.

Ein Kandidat für das Ordensleben (...) kann nicht gleichzeitig von einem Verantwortlichen außerhalb des Instituts abhängig sein (...) und von den Obern des Instituts.

Diese Forderungen bleiben über die Ordensweihe hinaus gültig, um jeder Form von 'Mehrfachzugehörigkeiten' im persönlichen geistlichen Leben wie auch in der Sendung des Ordensangehörigen vorzubeugen".(76)

Die Teilnahme an einer Bewegung wird für die Ordensperson dann fruchtbar sein, wenn sie deren charakteristische Identität bestärkt.

Einige besondere Fragen

63. Einbindung in das Leben der Armen

Zusammen mit vielen anderen Brüdern und Schwestern im Glauben gehören die Ordensgemeinschaften zu den ersten, die sich auf immer neue Weise der materiellen und geistigen Nöte ihrer Zeit angenommen haben.

Die Armut war in den vergangenen Jahren eines der Themen, die die Herzen der Ordensleute am leidenschaftlichsten bewegt haben. Das Ordensleben hat sich ernsthaft gefragt, wie es sich in den Dienst des "evangelizare pauperibus" (die Armen evangelisieren) stellen könne; es hat jedoch auch nach dem "evangelizari a pauperibus" gefragt, d.h. wie es selbst durch den Kontakt mit der Welt der Armen evangelisiert werden könne.

In diesem großen Aufbruch, in dem die Ordensleute es sich zum Programm gemacht haben, "alle für die Armen", "viele mit den Armen", "einige wie die Armen" zu leben, seien hier einige Unternehmungen angeführt, die jene betreffen, die selbst "wie die Armen" sein wollen.

Angesichts der Verarmung großer Volksschichten, besonders in den verlassenen Randgebieten der Großstädte und in den vergessenen ländlichen Gegenden sind "inserierte Ordensgemeinschaften" entstanden als eine der Ausdrucksformen der evangeliumsgemäßen vorrangigen und solidarischen Option für die Armen mit dem Ziel, diese in ihrem ganzheitlichen Befreiungsprozeß zu begleiten. Zugleich sind sie aber auch eine Frucht des Bestrebens, den armen Christus im gesellschaftlich ausgestoßenen Bruder zu entdecken, um Ihm zu dienen und Ihm gleichförmig zu werden.

a) Die "Insertion" als Ideal und Kriterium des Ordenslebens entfaltet sich im Umfeld einer Hinwendung des Glaubens und der Solidarität der Ordensgemeinschaften mit den Ärmsten.

Diese Wirklichkeit muß Bewunderung hervorrufen für die Kraft des persönlichen Einsatzes und für die damit verbundenen großen Opfer; für die Liebe zu den Armen, die dazu drängt, deren tatsächliche, bittere Armut zu teilen; für das Bemühen, das Evangelium unter Menschen ohne Hoffnung anzusiedeln, um sie dem Wort Gottes näher zu bringen, damit sie sich als lebendiger Teil der Kirche fühlen.(77) Diese Gemeinschaften finden sich oft an Orten, die stark durch ein Klima der Gewalt geprägt sind, das Unsicherheit mit sich bringt und manchmal auch Verfolgung bis zur Bedrohung des Lebens. Ihr Mut ist groß und stellt ein deutliches Zeugnis dar für die Hoffnung, daß man als Geschwister leben kann, allem Leid und aller Ungerechtigkeit zum Trotz.

Solche Ordensgemeinschaften, die oft an die Frontlinien der Mission entsandt wurden, und die nicht selten Zeugnis ablegen von der apostolischen Kreativität der Gründer, müssen auf das Wohlwollen und das brüderliche Gebet der übrigen Mitglieder des Instituts ebenso vertrauen können, wie auf die besondere Fürsorge seitens der Obern.(78)

b) Diese Ordensgemeinschaften dürfen nicht sich selbst überlassen bleiben, sondern es muß ihnen geholfen werden, damit ihnen ein Gemeinschaftsleben gelinge, d.h. damit sie Raum finden für Gebet und für das gemeinsame Leben; damit sie nicht verleitet werden, die charismatische Originalität des Instituts zugunsten eines unterschiedslosen Dienstes an den Armen zu relativieren; damit ihr Zeugnis für das Evangelium nicht durch einseitige Ausdeutung oder Vereinnahmung gestört werde.(79)

Die Obern werden auch Sorge tragen, geeignete Personen auszuwählen und solche Gemeinschaften gezielt vorzubereiten, damit ihre Verbindung zu den anderen Gemeinschaften des Instituts gewährleistet bleibe und dadurch ihre Kontinuität sichergestellt werde.

c) Anerkennung verdienen auch die anderen Ordensgemeinschaften, die sich tatkräftig der Armen annehmen, sei es auf traditionelle Weise, sei es in neuen, der neuen Armut angemesseneren Formen, sei es schließlich durch eine Sensibilisierung aller für die Probleme der Armut, indem sie bei den Laien Hilfsbereitschaft, Berufe für sozialen und politischen Einsatz, für Hilfsaktionen und Volontariat wecken.

Das alles gibt Zeugnis davon, daß in der Kirche der Glaube lebt, und daß die Liebe zu Christus wirkt, der im Armen gegenwärtig ist: "Was ihr einem der Geringsten von diesen meinen Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40).

Dort, wo die Eingliederung unter die Armen - sowohl für sie wie auch für die Gemeinschaft selbst - zu einer wirklichen Erfahrung Gottes wurde, hat sich die Wahrheit bestätigt, daß die Armen evangelisiert werden und daß die Armen selbst auch evangelisieren.

64. Kleine Gemeinschaften

a) Auch andere soziale Faktoren haben einen Einfluß auf die Gemeinschaften ausgeübt. In einigen wirtschaftlich besser entwickelten Gegenden hat der Staat seine Aktivität im Bereich des Schulwesens, des Gesundheitswesens und der Versorgung oft auf eine solche Weise ausgedehnt, daß für andere Träger, auch für die Ordensgemeinschaften, kein Raum mehr bleibt. Andererseits haben der Rückgang der Zahl der Ordensmitglieder, und mancherorts auch ein unvollständiges Verständnis der Präsenz der Katholiken im sozialen Bereich, die oft eher als eine Zutat, denn als eine wesensgemäße Äußerung der christlichen Liebe betrachtet wird, die Weiterführung großangelegter Apostolatswerke erschwert.

Dies ist ein Grund für die zunehmende Auflösung traditioneller Apostolatswerke, die lange Zeit von großen und homogenen Gemeinschaften getragen wurden, und für die Zunahme von kleinen Gemeinschaften mit einem neuen Angebot von Diensten, die in den meisten Fällen mit dem Charisma des Instituts übereinstimmen.

b) Die kleinen Gemeinschaften haben sich auch ausgebreitet aufgrund der bewußten Entscheidung einiger Institute, in der Absicht, die brüderliche Einheit und Zusammenarbeit durch engere persönliche Beziehungen sowie durch gegenseitige und gemeinsam übernommene Verantwortung zu fördern.

Nach Evangelica Testificatio(80) sind solche Gemeinschaften durchaus möglich, selbst wenn sie an ihre Mitglieder höhere Anforderungen stellen.

c) Die kleinen Gemeinschaften, die oft in engem Kontakt mit dem Alltagsleben und den Problemen der Menschen stehen, allerdings aber auch einem säkularisierten Denken stärker ausgesetzt sind, haben die große Aufgabe, deutlich sichtbare Stätten herzlicher Brüderlichkeit, frohen Eifers und übernatürlicher Hoffnung zu sein.

Es ist also erforderlich, daß diese kleinen Gemeinschaften sich ein tragkräftiges Lebensprogramm geben, das gleichzeitig beweglich und verbindlich ist, das von der zuständigen Autorität gutgeheißen ist und dem Apostolat seine gemeinschaftsbezogene Dimension sichert.

Ein derartiges Programm wird den Personen und den Bedingungen der Sendung angepaßt sein, damit es den Ausgleich von Gebet und Arbeit, von gemeinschaftlicher Zurückgezogenheit und apostolischer Tätigkeit gewährleiste. Es wird außerdem regelmäßige Treffen mit den anderen Gemeinschaften desselben Instituts vorsehen, eben um die Gefahr der Isolierung und der Absonderung von der großen Gemeinschaft des Instituts zu vermeiden.

d) Auch wenn die kleinen Gemeinschaften ihre Vorzüge haben können, so ist es in der Regel doch nicht empfehlenswert, daß ein Institut lediglich aus kleinen Gemeinschaften besteht. Die größeren Gemeinschaften sind notwendig. Sie können dem gesamten Institut wie auch den kleinen Gemeinschaften wertvolle Dienste leisten: sie können ein intensiveres und reicheres Gebetsleben pflegen und die Feste entsprechend gestalten, sie können bevorzugte Orte für Studium und Besinnung sein, sie können den Mitgliedern, die an den schwierigeren Fronten der Evangelisierung arbeiten, Möglichkeiten zur Einkehr und Erholung bieten.

Dieser Austausch zwischen den Gemeinschaften wird dann fruchtbar, wenn er in einer Atmosphäre des Wohlwollens und der Offenheit stattfindet.

Alle Gemeinschaften sollen vor allem an ihrer brüderlichen Liebe erkennbar sein, an ihrem einfachen Lebensstil, an der Sendung im Namen des Instituts, an ihrer beharrlichen Treue zum eigenen Charisma und an der beständigen Verbreitung des "Wohlgeruchs Christi" (2 Kor 2,15), und so in den unterschiedlichsten Verhältnissen dem verirrten und von der gegenwärtigen Gesellschaft zerrissenen Menschen die "Wege des Friedens" weisen.

65. Ordensleute auf Einzelposten

Zuweilen begegnet man auch dem Phänomen, daß Ordensleute alleine leben. Das gemeinsame Leben in einem Haus des Instituts gehört wesentlich zum Ordensleben. "Die Ordensleute wohnen im eigenen Ordenshaus und führen ein gemeinsames Leben. Sie dürfen nicht ohne ernsthaften Grund allein leben, besonders dann, wenn sich in der Nähe eine Gemeinschaft ihres Instituts befindet".(81)

Es gibt jedoch Ausnahmen, die vom Obern geprüft werden müssen und von ihm erlaubt werden können,(82) und zwar aus Gründen des Apostolats im Namen des Instituts (wie z.B. Aufträge im Namen der Kirche, außergewöhnliche Aufgaben, große Entfernungen in Missionsgebieten, allmähliche Reduzierung einer Gemeinschaft auf ein einzelnes Mitglied in einem institutseigenen Werk), aus Gesundheitsgründen und zum Studium.

Während es Pflicht der Obern ist, häufige Kontakte mit den Mitgliedern auf Einzelposten zu pflegen, ist es gleichzeitig Pflicht dieser Mitglieder, in sich selbst das Bewußtsein der Zugehörigkeit zum Institut und der Gemeinschaft mit deren Mitgliedern lebendig zu erhalten und kein Mittel ungenützt zu lassen, das die Festigung der brüderlichen Bande fördern kann. Man schaffe deshalb "Zeiten starker Gemeinschaftserfahrung", man plane regelmäßige Zusammenkünfte mit den andern zur Weiterbildung, zu mitbrüderlichem Austausch, zu Neuorientierung und Gebet, zum Durchatmen in einem Klima familiärer Geborgenheit. Wo immer sich das Mitglied eines Institutes jedoch befindet, muß es Träger des Charismas seiner Ordensfamilie sein.

Eine "alleinlebende" Ordensperson stellt niemals ein Ideal dar. In der Regel ist sie eingebunden in eine brüderliche Gemeinschaft: in diesem gemeinsamen Leben hat sie sich Gott geweiht, innerhalb dieser Lebensform übt sie für gewöhnlich ihr Apostolat aus, zu diesem Leben kehrt sie mit Leib und Seele jedesmal wieder zurück, wenn die Umstände sie für kürzere oder längere Zeit zu einem Leben fern der Gemeinschaft gezwungen haben.

a) Die Erfordernisse eines bestimmten Apostolatswerkes, z.B. eines Diözesanwerkes, veranlaßten verschiedene Institute, eines ihrer Mitglieder in die Zusammenarbeit mit Mitgliedern aus verschiedenen Instituten zu entsenden.

Man hat gute Erfahrungen damit gemacht, daß Ordensfrauen, die in einem Werk an einem Ort zusammenarbeiten, an dem keine Gemeinschaften des eigenen Instituts bestehen, anstatt allein zu wohnen, gemeinsam in einem Haus zusammenleben, miteinander beten, das Wort Gottes bedenken und Mahlzeiten und Hausarbeiten miteinander teilen usw. Immer vorausgesetzt, daß dies keinen Ersatz für eine lebendige Verbindung mit dem eigenen Institut darstellt, kann auch diese Form von "gemeinsamem Leben" zum Nutzen für ein Werk und für die Ordensfrauen selbst sein.

Die Ordensleute seien klug bei der Übernahme von Arbeiten, die im Regelfall ein Leben außerhalb einer Gemeinschaft erfordern; ebenso klug seien auch die Obern, wenn sie ihnen eine solche Arbeit übertragen.

b) Auch die Bitte, den alten und kranken Eltern beizustehen, was oft lange Abwesenheiten von der Gemeinschaft bedingt, erfordert aufmerksames Prüfen, und möglicherweise kann ihr durch andere Lösungen entsprochen werden, um zu lange Abwesenheiten des Sohnes oder der Tochter zu verhindern.

c) Es ist festzuhalten, daß ein Ordensmitglied, das ohne Auftrag oder Erlaubnis seines Obern allein lebt, sich der Verpflichtung zum gemeinsamen Leben entzieht. Es genügt auch nicht, an gelegentlichen Treffen oder Feiern teilzunehmen, um wirklich Ordensmitglied zu sein. Solche Zustände, die für Ordensleute rechtswidrig und unzulässig sind, müssen schrittweise beseitigt werden.

d) Jedenfalls ist die Erinnerung daran nützlich, daß ein Ordensmann oder eine Ordensfrau - selbst wenn sie außerhalb ihrer Gemeinschaft leben - in allem, was ihr Apostolat betrifft,(83) der Autorität des Bischofs unterstellt sind, der von ihrem Aufenthalt in seiner Diözese unterrichtet werden muß.

e) Sollte es jedoch bedauerlicherweise Institute geben, in denen die Mehrzahl der Mitglieder nicht mehr in Gemeinschaften leben, dann dürften solche Institute nicht mehr als wirkliche Ordensinstitute angesehen werden. Obere und Mitglieder sind aufgefordert, ernsthaft über diese schmerzliche Möglichkeit sowie über die Wichtigkeit einer energischen Wiederaufnahme des brüderlichen Lebens in Gemeinschaft nachzudenken.

66. In den Missionsgebieten

Das brüderliche Leben in Gemeinschaft ist von besonderem Wert in den Missionen ad gentes, weil es dort einer vor allem nicht-christlichen Welt das "Neue" des Christentums zeigt, das heißt jene Liebe, die fähig ist, durch Rasse, Farbe oder Stammeszugehörigkeit bedingte Trennungen zu überwinden. In einigen Gegenden, in denen eine Verkündigung des Evangeliums unmöglich ist, bleiben die Ordensgemeinschaften fast das einzige Zeichen und das stille und wirksame Zeugnis für Christus und die Kirche.

Doch nicht selten sind es gerade die Missionsländer, wo beachtliche Schwierigkeiten für die Errichtung von stabilen und lebensfähigen Ordensgemeinschaften bestehen: die Entfernungen, die eine große Mobilität und weitzerstreute Niederlassungen erfordern, die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Rassen, Stämmen und Kulturen, die Notwendigkeit der Ausbildung in von mehreren Instituten getragenen Gemeinschaftszentren. Diese und weitere Ursachen können dem Gemeinschaftsideal hinderlich sein.

Wichtig ist, daß die Mitglieder der Institute sich des Außergewöhnlichen einer solchen Situation bewußt sind, einen häufigen Austausch untereinander pflegen, sich regelmäßig treffen und daß sie, so bald wie nur möglich, brüderliche und missionarisch geprägte Gemeinschaften bilden, damit das hervorstechendste aller missionarischen Zeichen errichtet werden kann: "daß (...) alle eins seien, damit die Welt glaubt" (Joh 17,21).

67. Die Neuordnung der Apostolatswerke

Die Veränderungen der kulturellen und kirchlichen Gegebenheiten, die inneren Faktoren in der Entwicklung der Institute sowie deren schwankende Einkommen können - besonders in einigen Regionen des Westens - eine Neuorganisierung der Werke und der Präsenz der Ordensgemeinschaften erforderlich machen.

Diese nicht einfache Aufgabe bringt konkrete Auswirkungen auf das Gemeinschaftsleben mit sich. Es handelt sich dabei im allgemeinen um Werke, für welche viele Mitbrüder und Mitschwestern ihre besten apostolischen Kräfte eingesetzt haben, und mit denen sie durch besondere psychische und geistliche Beziehungen verbunden sind.

Die Zukunft dieser Werke, ihre apostolische Zeichenhaftigkeit und ihre Neustrukturierung verlangen Studium, Auseinandersetzung und kritisches Abwägen. Dies alles kann zu einer Schule werden, in der gemeinsam der Wille Gottes gesucht und angenommen wird, es kann gleichzeitig aber auch Anlaß zu schmerzhaften und nur schwer zu überwindenden Konflikten sein.

Folgende Kriterien dürfen dabei nicht vergessen werden, die die Gemeinschaften im Moment der manchmal kühnen und schmerzhaften Entscheidungen leiten können: das Bemühen, die Zeichenhaftigkeit des eigenen Charismas in einem bestimmten Umfeld zu wahren; die Sorge um die Erhaltung eines lebendigen und echt brüderlichen Lebens; die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Ortskirche. Es ist also ein vertrauensvoller und beständiger Dialog mit der Ortskirche zu führen und eine wirksame Verbindung mit den entsprechenden Institutionen der Orden zu unterhalten.

Neben der Rücksicht auf die Bedürfnisse der Ortskirche muß die Ordensgemeinschaft sich auch mitbetroffen fühlen von all dem, was die Welt vernachlässigt, d.h. von der neuen Armut und dem neuen Elend, die in vielerlei Formen in verschiedenen Teilen der Erde bestehen.

Diese Umstrukturierung wird kreativ sein und prophetisch wirken, wenn sie bemüht ist, Signale einer neuen Präsenz zu setzen - sei es auch in bescheidener Anzahl - um durch sie auf die neuen Bedürfnisse zu antworten, besonders auf jene der am meisten verlassenen und vergessenen Gegenden.

68. Die alten Ordensleute

Das Gemeinschaftsleben sieht sich heute immer häufiger dem Faktum des steigenden Alters seiner Mitglieder gegenüber. Der Prozeß der Überalterung hat durch die Abnahme neuer Berufe und durch die Fortschritte der Medizin besondere Bedeutung erhalten.

Für die Gemeinschaft beinhaltet diese Tatsache einerseits das Bemühen, die alten Mitbrüder und Mitschwestern und die Dienste, die sie noch anzubieten vermögen, in ihrer Mitte als wertvoll anzunehmen, und andererseits die Aufmerksamkeit, brüderlich und dem Stil des Ordenslebens entsprechend jene geistlichen und materiellen Hilfen zu gewährleisten, auf die alte Leute angewiesen sind.

Die Anwesenheit von alten Menschen in den Gemeinschaften kann sehr positiv sein. Ein altes Ordensmitglied, das sich nicht von den Unpäßlichkeiten und Beschränkungen seines Alters unterkriegen läßt, sondern die Freude, die Liebe und die Hoffnung in sich wachhält, bedeutet für die jungen Leute eine unschätzbare Hilfe. Sein Zeugnis, seine Weisheit und sein Beten stellen eine ständige Ermutigung dar auf ihrem geistlichen und apostolischen Weg. Andererseits trägt ein Ordensmitglied, das sich um seine alten Mitbrüder oder Mitschwestern sorgt, zur evangelischen Glaubwürdigkeit seines Instituts bei als einer "wahren Familie, die im Namen des Herrn beisammen ist".(84)

Es ist angebracht, daß auch die Ordensleute sich frühzeitig auf das Alter vorbereiten und ihre "aktive" Zeit verlängern, indem sie lernen, wie sie auf die ihnen eigene Weise Gemeinschaft bilden und an der gemeinsamen Sendung teilnehmen können, und indem sie durch eine positive Annahme der Herausforderungen des Alters, in geistiger und kultureller Lebendigkeit, durch ihr Gebet und durch ihr Aushalten im Arbeitsbereich solange es nur geht, ihre - wenngleich beschränkten - Dienste leisten. Die Obern mögen Kurse und Treffen veranlassen, die einer persönlichen Vorbereitung dienen und ein möglichst langes Verbleiben im gewohnten Arbeitsbereich wertvoll machen.

Wenn sie dann tatsächlich ihre Selbständigkeit verlieren oder besonderer Pflege bedürfen, muß das Institut, selbst wenn diese Pflege durch Laien geschieht, mit großer Sorgfalt sich um ihre geistige Betreuung kümmern, damit die alten Menschen spüren, daß sie ins Leben des Instituts eingebunden, an dessen Sendung beteiligt, in seine apostolische Dynamik einbezogen, in der Einsamkeit gestützt und im Leiden ermutigt sind. Denn tatsächlich stehen sie nicht außerhalb der Sendung, sondern sind in deren Mitte hineingenommen und haben an ihr auf eine neue und wirksame Weise Anteil.

Ihre obgleich unsichtbare Fruchtbarkeit steht jener der aktiveren Gemeinschaften nicht nach. Denn diese schöpfen Kraft und Fruchtbarkeit aus dem Gebet, dem Leiden und der scheinbaren Unwirksamkeit der ersteren. Die Sendung bedarf beider: die Früchte werden offenbar, wenn der Herr mit seinen Engeln in Herrlichkeit kommt.

69. Die Probleme der zunehmenden Zahl der alten Ordensleute werden noch drängender in einigen Klöstern, die schon durch das Ausbleiben neuer Berufe geschwächt sind. Da ein Kloster gewöhnlich eine autonome Gemeinschaft darstellt, tut es sich schwer damit, diesen Problemen allein zu begegnen. Deshalb sei an die Wichtigkeit gemeinsamer Strukturen erinnert, wie z.B. der Föderationen, die bei der Bewältigung solcher Zustände personellen Rückgangs helfen können.

Die Treue zum kontemplativen Leben der Mitglieder eines Klosters verlangt die Union mit einem anderen Kloster desselben Ordens immer dann, wenn eine monastische Gemeinschaft aus Gründen der Zahl, des Alters oder des Ausbleibens von Berufen dem eigenen Erlöschen entgegensieht. Auch in den schmerzhaften Fällen jener Gemeinschaften, denen es nicht gelingt, ihrer eigenen Berufung gemäß zu leben, die ausgebrannt sind durch ihre praktische Arbeit, oder sich in der Betreuung ihrer Alten und Kranken erschöpfen, wird es erforderlich sein, innerhalb desselben Ordens Verstärkung für sie zu suchen oder eine Union oder Fusion mit einem anderen Kloster anzustreben.(85)

70. Ein neues Verhältnis zu den Laien

Die Ekklesiologie des Konzils hat die gegenseitige Ergänzung der verschiedenen Berufungen in der Kirche herausgestellt, deren Auftrag es ist, miteinander, überall und auf jede Weise Zeugen des auferstandenen Herrn zu sein. Die Begegnung und Zusammenarbeit von Ordensmännern, Ordensfrauen und besonders auch von gläubigen Laien stellt gleichsam ein Muster kirchlicher Gemeinschaft dar und verstärkt die apostolischen Kräfte für die Evangelisierung der Welt.

Ein angemessener Kontakt zwischen den Werten der Berufung der Laien, zu denen z.B. die realistische Kenntnis des Lebens in der Welt, in Kultur, Politik und Wirtschaft usw. gehört, und den typischen Werten des Ordenslebens, wie der vorbehaltlosen Nachfolge Christi, der kontemplativen und eschatologischen Dimension der christlichen Existenz usw., kann zwischen Laien und Ordensgemeinschaften zu einem fruchtbaren Austausch ihrer Gaben führen.

Die Zusammenarbeit und der Austausch der Gaben wird um so intensiver, wenn die Laiengruppen kraft ihrer Berufung und auf die ihnen eigene Weise inmitten derselben geistlichen Familie am Charisma und an der Sendung des Instituts teilhaben. Dann werden fruchtbare Beziehungen entstehen, die auf einer reifen Mitverantwortung gründen und durch geeignete Einführung in die Spiritualität des Instituts gestärkt werden.

Um zu diesem Ziel zu gelangen, bedarf es jedoch solcher Ordensgemeinschaften, die über eine klare, innerlich angenommene und gelebte charismatische Identität verfügen, d.h. die imstande sind, diese auch an andere weiterzugeben und sie mit anderen zu teilen; Ordensgemeinschaften sind notwendig, die tief ihre Spiritualität leben und Freude an ihrer Sendung ausstrahlen, damit sie dadurch denselben Geist und denselben evangelisierenden Schwung weitergeben können; Ordensgemeinschaften sind nötig, die es verstehen, die Laien zu motivieren und dazu zu ermutigen, das Charisma des Instituts entsprechend ihrem welthaften Charakter und gemäß ihrem eigenen Lebensstil anzunehmen, und die diese einladen, neue Formen der Verwirklichung desselben Charismas und derselben Sendung zu entdecken. Auf diese Weise kann die Ordensgemeinschaft zu einem Zentrum werden, das geistliche Kraft ausstrahlt und motiviert, das eine Brüderlichkeit ausstrahlt, die selbst wieder Brüderlichkeit schafft, zu einem Ort gelebter kirchlicher communio und Zusammenarbeit, in der die verschiedenen Beiträge zur Erbauung des Leibes Christi, der die Kirche ist, zusammengeführt werden.

Es versteht sich, daß diese engere Zusammenarbeit unter Respektierung der verschiedenen Berufungen und der unterschiedlichen Lebensstile der Ordensleute und der Laien geschehen muß. Die Ordensgemeinschaft hat ihre eigenen Bedürfnisse, was geistliche Anregung, Zeitplan, Disziplin und Zurückgezogenheit(86) betrifft. Diese machen jene Formen der Zusammenarbeit unzumutbar, die eine Wohngemeinschaft und ein Zusammenleben von Ordensleuten und Laien mit sich bringen, denn auch die Laien haben ihre eigenen Bedürfnisse, die zu respektieren sind.

Die Ordensgemeinschaft würde sonst ihren eigenen Charakter verlieren, den sie sich durch die Pflege des eigenen Gemeinschaftslebens bewahren muß.




72) ChL 32



73) LG 46a



74) vgl. MR 30e, 47



75) vgl. MR 49-50



76) PI 93



77) vgl. SD 85



78) vgl. RPU 6; EN 69; SD 92



79) vgl. PI 28



80) vgl. ET 40



81) EE III,12



82) vgl. can. 665 § 1



83) vgl. can. 678 § 1



84) PC 15a



85) vgl. PC 21 und 22



86) vgl. ca. 667, 607 § 3






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