5. Kriterien für die verwaltung unserer güter in transparenz und
brüderlichkeit
29. Franziskus hat die Zufluchtnahme zu ausserordentlichen
Mitteln erlaubt bei offensichtlicher Not von kranken Brüdern (vgl. NbReg 8,3)
und von Aussätzigen (vgl. NbReg 8,10). Heute erfordern andere
"offensichtliche Nöte", die jeweils sorgfältig bedacht sein wollen,
die Zufluchtnahme zu ausserordentlichen Mitteln wie etwa finanziellen Rücklagen
und Anlegen von Geld. Deshalb halten wir fest:
Finanzielle
Rücklagen und Geldanlagen dürfen allein für "offensichtliche
Not" angelegt werden, die wir weder durch Arbeit, noch durch Almosen,
noch durch interprovinzielle Solidarität abdecken können.
Die
Bedürfnisse, um deretwillen Gelder angelegt werden, müssen klar
umschrieben sein. Zudem darf der Ertrag solcher Anlagen nur für die im
voraus festgelegten Bedürfnisse eingesetzt werden.
Statt eine
Mindestsumme für das Anlegen von Geld festzusetzen, um dadurch eine
gewisse Sicherheit zu garantieren, muss eine franziskanische
Brüdergemeinschaft sich auf eine Höchstsumme festlegen, um ihr Vertrauen
auf die menschliche Vorsorge und auf die göttliche Vorsehung in ein
ausgewogenes Gleichgewicht zu bringen.
Jede
Anlage - ob es sich um Immobilien, Geld oder andere Werttitel handelt -
muss den Anforderungen der Ethik genügen. Zu diesem Zweck kann sich die
Zusammenarbeit mit anderen christlichen oder religiösen Organisationen,
die in einem bestimmten Bereich tätig sind, als hilfreich und sogar als
notwendig erweisen.
Als
Glieder eines internationalen Ordens sind unsere Gemeinschaften in ein
breites Spektrum unterschiedlicher sozialer und wirtschaftlicher
Strukturen eingebunden. Dieser Umstand erfordert pluriforme
Verhaltensweisen. Allerdings könnte es sich als hilfreich erweisen,
nationale oder kontinentale Kriterien festzulegen, nach denen die Bildung
von finanziellen Rücklagen und das Anlegen von Geld geregelt wird.
30. Das
Leben der Brüdergemeinschaft erfordert Transparenz, auch in der Haus-,
Provinz- und Gesamtordensverwaltung. Die Transparenz beginnt beim einzelnen
Bruder, setzt sich fort in der Transparenz der örtlichen Gemeinschaft und
findet ihre Vollendung in der Transparenz des Ordensbezirks, zu der eine
Gemeinschaft gehört.
Die Transparenz fördert die
Brüderlichkeit und die Solidarität zwischen allen Teilen des Ordens und
zugleich macht sie diese sichtbar.
31. Das Hauskapitel
ist der gegebene Ort, wo die Brüder über den Haushaltsplan ihrer Gemeinschaft
befinden und sich bewusst werden, wofür sie das Geld ausgeben. Auch im
wirtschaftlichen Verhalten müssen wir die Brüderlichkeit sichtbar machen. Das
Hauskapitel ist der Ort, wo wir unser wirtschaftliches Verhalten konfrontieren
mit anderen Werten, wie der Treue zum Evangelium, dem Mindersein, usw.
32. Um
die Transparenz im Bereich der verschiedenen Verwaltungen zu gewährleisten, ist
es unabdingbar, dass jede Jahresabrechnung der einzelnen Gemeinschaft,
des Ordensbezirks und des Gesamtordens folgende Angaben macht:
a) Vermögensstand oder Bilanz;
b) Kontostand oder Geschäftsbericht mit Ein- und Ausgaben;
c) Haushaltsplan oder jährliches Budget.
Zur Erstellung korrekter
Haushaltspläne braucht es unbedingt einen übersichtlich und klar strukturierten
Kontenplan.
33. Die örtliche
Brüdergemeinschaft darf nur über kurzfristige Geldanlagen verfügen. Diese
sollen die Liquidität der Gemeinschaft garantieren. Das ihr zur Verfügung
stehende Kapital betrifft allein die notwendigen Rücklagen für die ordentlichen
Bedürfnisse der Gemeinschaft. Der Höhere Obere mit seinem Rat legt das
Höchstmass fest, über das eine einzelne Gemeinschaft verfügen darf (vgl. Satz
73,2). Zu diesem Zweck sollen die Ordensbezirke Modelle und geeignete Vorlagen
entwickeln und auch überprüfen, ob sich gegebenenfalls auf Provinzebene eine
zentralisierte Verwaltung und Buchhaltung aufdrängt.
34.
Transparenz ist auch erfordert bei jenen Provinzeinrichtungen, die
gesondert verwaltet werden wie: Missionen, seelsorgliche Einrichtungen, soziale
Werke und verschiedene Fonds. Entscheidungsträger und Kontrollinstanz ist immer
der Höhere Obere mit seinem Rat. Die Buchhaltungsprüfung kann vom Oberen an
Personen oder an in finanziellen Fragen kompetente Organe übertragen werden.
Solche Organe können aus Ordensleuten und/oder aus Laien zusammengesetzt sein.
35. Im
Rechenschaftsbericht eines jeden Ordensbezirks müssen die Geldanlagen, die für
den Ordensbezirk oder für andere Werke getätigt werden, klar ersichtlich sein.
Was die Bilanz angeht, so muss auch der Verkehrswert der nicht
realisierbaren Güter erkennbar sein, d.h. der Güter, die nicht dem ordentlichen
Aufwand des Ordensbezirks dienen wie z.B. Grundstücke, nicht mehr verwendete
Gebäude, vermietete Objekte, usw.
36. Unter
Berücksichtigung der auf diesem Plenarrat aufgestellten Kriterien für
Solidarität und nach Konsultation der eigenen Konferenz und in Beachtung
unserer Satzungen (vgl. 67,7; 73,1) entscheidet jeder Ordensbezirk auf der
Ebene des Definitoriums, allenfalls des Kapitels, was für den eigenen
ordentlichen Haushalt notwendig ist und wie hoch die Reserven und Geldanlagen
für ausserordentliche Ausgaben nach innen (Unterhalt der Häuser, Vorsorge für
die kranken Brüder, Versicherungen für das Personal, Aus- und Weiterbildung)
sowie für die Solidarität nach aussen (Missionen und Caritas) sein dürfen.
37.
Bezüglich der Geldanlagen haben wir uns, abgesehen von der erforderten
Transparenz, an die ethischen Prinzipien zu halten. Wir halten es mit Berufung
auf die Satzungen (vgl. 66,3) für tragbar, dass wir Geldanlagen vornehmen, wie
sie heute in der Gesellschaft üblich sind. Dabei wollen wir aber die folgenden
Kriterien beachten:
a) Wir wägen die positiven und
negativen Folgen jeder Geldanlage ab ("ethische Verantwortung") und
bemühen uns im Rahmen des Möglichen das Geld anzulegen, wie es einer gerechten
Ordnung entspricht.
b) Wir vermeiden rein spekulative Geldanlagen.
c) Im Rahmen des Möglichen machen wir Geldanlagen in der eigenen
Wirtschaftsregion oder dann in ärmeren Ländern.
In diesem Zusammenhang machen
wir darauf aufmerksam, dass jeder Ordensbezirk gehalten ist, sein eigenes
Verhalten mit den Vorgaben der anderen Ordensbezirke und den Finanzgesetzen und
Finanzkontrollen der betreffenden Länder in Übereinstimmung zu bringen. Das
Anlegen von Geld darf nicht in der Zuständigkeit eines einzelnen Bruders
stehen. Es bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der Höheren Oberen und soll
sich auch auf die Beratung durch kompetente Laien abstützen, die sich im
finanziellen Bereich auskennen und um den evangelischen Charakter unseres
Ordens wissen.
38. Was
die einzelnen Niederlassungen angeht, so sind zur Lösung konkreter
Probleme die Weisungen der Satzungen und der vorangegangenen Plenarräte mehr
als hinreichend (vgl. I CPO 53). Die Brüder müssen in dieser Welt als Pilger
und Fremde leben. Deshalb ermuntern wir die Brüder gemeinsam zu prüfen, ob die
Häuser, die sie zur Zeit bewohnen, in genügendem Mass unser Vertrauen auf die
göttliche Vorsehung zum Ausdruck bringen. Sie sollen auch überlegen, ob die
Niederlassungen, wo sie wohnen, und die Zahl der dort lebenden Brüder und der
dort entwickelten Aktivitäten in einem vernünftigen Verhältnis zueinander
stehen.
39.
Unsere Häuser seien einfach und gastfreundlich. Sie sollen in einfühlsamer
Weise bescheidene Nüchternheit des Lebensraums mit dem Gespür für Schönheit
und Harmonie verbinden. Der Lebensstil, zu dem wir uns entschlossen haben,
muss sich auch auswirken auf unsere Bauten und die Umgebung, die wir uns
schaffen. Es ist der Geist, der die Materie formen muss.
40. Die Vermietung
von Immobilien, die uns gehören, ist zulässig im Rahmen der ortsüblichen
Verhältnisse und entsprechend den Weisungen, die der Generalminister mit seinem
Definitorium nach ihrem Ermessen erlassen. Wir ziehen es allerdings vor, dass
wir Güter und Grundstücke, die wir selber nicht mehr nutzen, zum Verkauf
freigeben. Wenn der Verkauf nicht möglich ist, sollen wir sie mit nicht
gewinnorientierten Mietzinsen für soziale Zwecke zur Verfügung stellen.
41.
Wünschenswert ist das Angebot von Schulungskursen für Brüder, die
wirtschaftliche Kompetenz in der zeitgemässen Verwaltung eines Betriebs mit
einem glaubwürdigen Lebensstil zu verbinden wissen.
42.
Gemäss den Weisungen in unseren Satzungen (71,5-6; vgl. 163,3) sollen die
Triennalberichte, die die Höheren Oberen an ihren Oberen richten, auch
bezüglich der wirtschaftlichen Aspekte transparent und erschöpfend sein. Zu
diesem Zweck soll ein Formular geschaffen werden, das auf alle Ordensbezirke
anwendbar ist. Im derzeitigen Kontext der Globalisierung braucht es unbedingt
ein gutes Kommunikationsnetz, um die notwendigen Hilfen an die
bedürftigen Ordensbezirke gerecht verteilen zu können.
43. Die
für die einzelnen Brüdergemeinschaften und die Ordensbezirke vorgeschlagene
Transparenz gilt auch auf der Ebene des Gesamtordens. Neben den Beiträgen, die
schon festgelegt sind (z.B. der jährliche Beitrag der Ordensbezirke von 10% der
Missionseinnahmen), sind in die Kasse der Generalkurie auch der
Überfluss der einzelnen Provinzen und eventuelle Schenkungen, für die kein
unmittelbarer Bedarf besteht, überzuführen (vgl. Satz 67,7). Die langfristige
Anlage von Geldern, die für die unmittelbare Solidarität bestimmt sind (z.B.
Messstipendien, Schenkungen für die Armen, usw.) ist unbedingt zu vermeiden.
44. Die
Generalkurie ist das zuständige Organ, das für die Solidarität und die Brüderlichkeit
auf Weltebene gerade steht. Mit angepassten Massnahmen und strukturellen Hilfen
trete sie ein für jene Ordensbezirke, die nicht in der Lage sind für die
Lebensbedürfnisse ihrer Brüder aufzukommen (notwendiger Lebensunterhalt, Aus-
und Weiterbildung, Krankenkosten, Bedürfnisse der älteren Brüder). Bei der
Koordination der solidarischen Hilfe muss der kulturelle und soziale Kontext,
in dem die Brüder leben, angemessen berücksichtigt werden.
45. Wir
begrüssen es, wenn der Generalminister mit seinem Definitorium die Modalitäten
der solidarischen Hilfe festlegt und auch die notwendigen Strukturen
schafft, damit das solidarische Handeln des Ordens in ausreichendem Mass und effizient
gestaltet werden kann. Die Verwaltung der Fonds, über die der Generalminister
mit Zustimmung seines Definitoriums verfügt, um diesen Erfordernissen zu
genügen, muss jedem Generalkapitel zur Kenntnisnahme und zur Beurteilung
vorgelegt werden.
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