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Päpstlicher Rat für die sozialen Kommunikationsmittel
Communio et progressio

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  • Erster Teil
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Erster Teil

 

Die Instrumente der Sozialen Kommunikation in christlicher Sicht: Die Grundzüge der Lehre 

6. Zwar sprechen die Kommunikatoren durch die Instrumente der Sozialen Kommunikation die einzelnen Menschen an, doch in Wirklichkeit erreichen und beeinflussen diese Mittel die gesamte menschliche Gesellschaft.(1) Sie vermitteln nämlich jedermann ein Bild des Lebens in der heutigen Welt und öffnen Geist und Sinn für die gegenwärtige Zeit. Sie sind daher geradezu unabdingbar, um die innersten, immer noch wachsenden Beziehungsgeflechte und Leistungen unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Darum gelten für sie auch die Grundsätze, die nach christlicher Auffassung das Zusammenleben der Menschen bestimmen. Ihrem inneren Wesen nach sind diese Erfindungen darauf angelegt, die Probleme und Erwartungen der menschlichen Gesellschaft sichtbar zu machen, dadurch schneller Antworten zu finden und die Menschen in immer engere Verbindung zueinander zu bringen. Dies ist der oberste Grundsatz für die christliche Beurteilung der Möglichkeiten, welche die Kommunikationsmittel für den menschlichen Fortschritt bieten

7. In allen Anstrengungen des Menschen, die Lebensbedingungen auf der Erde zu verbessern, vor allem in den neuesten Entdeckungen der Wissenschaft und in den verheißungsvollen Erfolgen der Technik sieht der Christ bei der Beurteilung des Menschen, seiner Beziehungen und der ganzen Weltgeschichte eine - oft unbewußte - Antwort auf das göttliche Gebot, der Mensch solle "die Erde in Besitz nehmen und beherrschen",(2) Zugleich erblickt er darin eine Teilhabe und Fortführung des Werkes Gottes, der die Welt erschaffen hat und sie erhält.(3) In den gleichen Sinnzusammenhang gehören auch die Instrumente der Sozialen Kommunikation; denn sie vermögen viel zu leisten für die zwischenmenschliche Mitteilung und darum auch für eine schöpferische Zusammenarbeit. Als Gott den Menschen nach seinem Bilde erschuf, gab er ihm in der Tat auch die Macht, an seiner Schöpferkraft teilzunehmen, um die irdische Stadt zu erbauen.(4

8. Ihrer ganzen Natur nach zielt die Soziale Kommunikation darauf ab, daß die Menschen durch die Vielfalt ihrer Beziehungen einen tieferen Sinn für Gemeinschaft entwickeln. Daher leistet jeder einzelne, der mit den übrigen Menschen brüderlich verbunden ist, wie von Gottes Hand geführt,(5) seinen Beitrag zur Erfüllung des göttlichen Heilsplans in der Geschichte. Nach christlicher Glaubensauffassung ist die Verbundenheit und die Gemeinschaft der Menschen -das oberste Ziel jeder Kommunikation - ursprünglich verwurzelt und gleichsam vorgebildet im höchsten Geheimnis der ewigen Gemeinschaft in Gott zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, die ein einziges göttliches Leben haben. 

9. Die Kommunikationsmittel können zwar viel zur Einheit unter den Menschen beitragen. Unwissenheit und Mangel an gutem Willen lassen jedoch den Gebrauch dieser Mittel ins Gegenteil verkehren: die Menschen verstehen sich noch weniger, entzweien sich noch mehr, und die schlimmen Folgen werden ärger. Denn nur zu oft macht man die Erfahrung, daß durch eben diese Kommunikationsmittel die höchsten Werte des menschlichen Lebens verneint oder verfälscht werden. In diesen verhängnisvollen Erscheinungen sieht der Christ einen Hinweis darauf, daß der Mensch erlöst und befreit werden muß von der Sünde, die durch die Urschuld in die Menschheitsgeschichte eintrat.(6

10. Wenn sich der Mensch durch eigene Schuld von seinem Schöpfer abwendet, ist er durch die der Sünde folgende Verwirrung auch selbst der Zwietracht preisgegeben, dann dem verderblichen Kampf mit seinen Brüdern ausgeliefert, und schließlich reißt die Kommunikation vollends ab.(7) Doch die Liebe Gottes zu den Menschen läßt sich nicht zurückstoßen. Er selbst begann am Anfang der Heilsgeschichte(8) von neuem das Gespräch mit den Menschen. Als die Fülle der Zeit gekommen war, teilte er selbst sich ihnen mit,(9) "und das Wort ist Fleisch geworden"(10) Christus, Mensch gewordener Gottessohn, Wort und Ebenbild des unsichtbaren Gottes,(11) hat durch seinen Tod und seine Auferstehung das Menschengeschlecht erlöst und dabei allen an der Wahrheit und am Leben Gottes in größerem Reichtum und doppelter Fülle Anteil gegeben. Als einziger Mittler zwischen dem Vater und den Menschen festigt er den Frieden und die Gemeinschaft mit Gott und begründet die brüderliche Verbundenheit unter den Menschen.(12) Seitdem findet man den tiefsten Grund und das Urbild jeder Gemeinschaft zwischen Menschen in Gott, der unser menschlicher Bruder wurde und seinen Jüngern auftrug, die frohe Botschaft allen Menschen jeden Alters und jeder Abstammung zu bringen(13) und sie "im Lichte" und "von den Dächern"(14) zu verkünden

11. Während seines Erdenwandels erwies sich Christus als Meister der Kommunikation. In der "Menschwerdung" nahm er die Natur derer an, die einmal die Botschaft, welche in seinen Worten und seinem ganzen Leben zum Ausdruck kam, empfangen sollten. Er sprach ihnen aus dem Herzen, ganz in ihrer Mitte stehend. Er verkündete die göttliche Botschaft verbindlich, mit Macht und ohne Kompromiß. Andererseits glich er sich ihnen in der Art und Weise des Redens und Denkens an, da er aus ihrer Situation heraus sprach. Tatsächlich ist Kommunikation mehr als nur Äußerung von Gedanken oder Ausdruck von Gefühlen; im Tiefsten ist sie Mitteilung seiner selbst in Liebe. Die Kommunikation Christi ist Geist und Leben.(15) Durch die Einsetzung der Eucharistie schenkte uns Christus die höchste Form der Einigung, die den Menschen auf Erden möglich ist, und zwar die Einigung zwischen Gott und Mensch und darum auch die innigste und vollendetste Gemeinschaft zwischen den Menschen selbst. Schließlich hat Christus uns seinen lebenspendenden Geist mitgeteilt, der das Prinzip der Verbundenheit und Einheit ist.(16) In der Kirche, die der mystische Leib Christi und die verborgene Fülle des verherrlichten Christus ist, umfaßt er selbst das All.(17) So gehen wir in der Kirche, gestärkt durch das Wort und die Sakramente, auf die erhoffte letzte Vereinigung zu, in der "Gott alles in allem sein wird".(18

12. In den "erstaunlichen Erfindungen der Technik",(19) die der Sozialen Kommunikation unter den Menschen dienen, erblickt der gläubige Christ die von der Vorsehung Gottes gegebenen Mittel, um das Zusammenleben der Menschen auf dieser Erde zu fördern. Denn sie knüpfen neue Verbindungen unter ihnen und schaffen sozusagen eine neue Sprache, die es ermöglicht, daß die Menschen einander noch besser kennenlernen und leichter zueinander finden. Je mehr gegenseitiges Verständnis und Sympathie wachsen, um so schneller gelangen die Menschen zu Gerechtigkeit und Frieden, zu Wohlwollen und Wohltun, zu gegenseitiger Hilfe, zur Liebe und endlich zur Einheit. Darum gehören die Kommunikationsmittel zu den wirksamsten Kräften und Möglichkeiten, die der Mensch einsetzen kann zur Stärkung der Liebe, die Ausdruck und Quelle der Gemeinschaft ist. 

13. Darum sind alle Menschen guten Willens dringend zu gemeinsamen Anstrengungen aufgerufen, die Instrumente der Sozialen Kommunikation in den Dienst der Wahrheitssuche und der Wahrheitsfindung sowie der Förderung des menschlichen Fortschritts zu stellen. Der Christ wird zu dieser Mitarbeit auch noch durch seinen Glauben verpflichtet; denn das Evangelium, das die Bruderschaft der Menschen unter der Vaterschaft Gottes bewirkt, dient diesem Ziel in besonders hohem Maße, wenn es über die Kommunikationsmittel verkündet wird. Gemeinschaft untereinander und schöpferische Zusammenarbeit beruhen indessen auf dem freien Willen des Menschen; dieser aber ist abhängig von Einflüssen aus dem seelischen, gesellschaftlichen und technischen Bereich. Durch die Art, wie menschliche Freiheit sie gebraucht, erfahren daher die Kommunikationsmittel letztlich ihre Bedeutung und Prägung

14. Weil der Mensch also selbst über den Gebrauch der Kommunikationsmittel entscheidet, stützen sich die hier geltenden ethischen Grundsätze auf den Vollbegriff von der Würde des Menschen, der ja in die Gemeinschaft der angenommenen Kinder Gottes berufen ist. Andererseits ergeben sich diese Grundsätze aus dem Wesen der Sozialen Kommunikation und der Eigengesetzlichkeit eines jeden Mediums. So sagt auch die Konzilskonstitution Gaudium et spes: "Durch ihr Geschaffensein selber haben nämlich alle Einzelwirklichkeiten ihren festen Eigenstand, ihre eigene Wahrheit, ihre eigene Gutheit sowie ihre Eigengesetzlichkeit und Ordnung, die der Mensch anerkennen muß (...)".(20

15. Wer die Kommunikationsmittel und deren Gebrauch in den rechten Zusammenhang der Schöpfungs- und Heilsgeschichte einordnen und ihren ethischen Wert beurteilen möchte, muß daher den ganzen Menschen sehen und das Wesen der Sozialen Kommunikation sowie ihrer einzelnen Medien gründlich kennen. Alle Kommunikatoren (d. h. solche, die sich beruflich der Kommunikationsmittel bedienen) sind in ihrem Gewissen verpflichtet, sich die Kenntnis und Bildung anzueignen, die zur rechten Erfüllung ihres Berufes erforderlich ist.(21) Dies gilt um so mehr, je größer die Verantwortung ist, welche die berufliche Stellung für die Qualität der Kommunikation mit sich bringt. Besondere Verantwortung tragen jene, welche andere zu kritischem Urteil und zur Gewissensentscheidung anleiten, zumal wenn deren Reife und Vorbildung unzulänglich ist. Diese ernste Verpflichtung erstreckt sich auf alles, was irgendwie das Menschsein einzelner oder vieler Menschen bereichern oder schädigen kann. Es darf auch nichts unversucht gelassen werden, die Rezipienten (Leser, Hörer und Zuschauer) so anzuleiten, daß sie alles, was ihnen durch die Medien geboten wird, richtig deuten, daraus möglichst großen Gewinn ziehen und so schließlich an ihrem Platz das Leben der Gesellschaft aktiv mitgestalten. Nur dann entfalten die Kommunikationsmittel ihre volle Wirksamkeit

16. Das Gesamtangebot der verschiedenen Kommunikationsmittel und ihrer Einrichtungen in einem bestimmten Gebiet ist danach zu beurteilen und einzuschätzen, inwieweit es als solches dem Gemeinwohl(22) dient, d. h. wie es durch Information, Bildung und Unterhaltung das Leben und die Entwicklung der betreffenden Gesellschaft fördert. Die Medien sollen Informationen so vermitteln, daß der Ereigniszusammenhang nicht zerrissen, sondern im Gegenteil hergestellt wird, damit alle Rezipienten die Probleme der Gesellschaft wirklich durchschauen und zu ihrem Aufbau durch eigene Mitarbeit beitragen. Es muß ein ausgewogenes Verhältnis gewahrt bleiben zwischen Information, Bildung und Unterhaltung sowie auch zwischen einem anspruchsvollen und volkstümlichen Angebot für die Freizeit

17. Jede Kommunikation muß unter dem obersten Gesetz der Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit und Wahrheit stehen. Reine Absicht und guter Wille allein genügen nicht, um eine Kommunikation schon als positiv zu bewerten. Sie muß darüber hinaus die Dinge sachlich richtig darstellen, d. h. ein zutreffendes Bild des Zusammenhangs vermitteln und in sich glaubwürdig sein. Nicht allein das Thema oder die vertretene Meinung bestimmen den sittlichen Wert einer Kommunikation, sondern auch der Geist, aus dem heraus sie geschieht, die Art und Weise, mit der sie anspricht und Einfluß zu nehmen sucht, ihre Begleitumstände und schließlich das Publikum, an das sie sich wendet.(23

18. Besseres Verständnis und Rücksichtnahme unter den Menschen, Hilfsbereitschaft und schöpferische Zusammenarbeit, wie sie durch die Soziale Kommunikation in erstaunlichem Maße gefördert werden können, sind in der Tat Ziele, die mit denen des Gottesvolkes nicht nur im Einklang stehen, sondern von daher sogar noch tiefer gesichert und vervollkommnet werden. "Denn die Förderung der Einheit hängt ja mit der innersten Sendung der Kirche zusammen, da diese 'in Christus gleichsam das Sakrament, d. h. Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit ist".(24)

 




1Inter Mirifica, 1. 



2) Gn 1, 26-28; vgl. Gn 9, 2-3; Weish 9, 2-3 und Gaudium et Spes, 34. 



3) Vgl. Gaudium et Spes, 34. 



4) Vgl. Gaudium et Spes, 57.



5) Vgl. Gaudium et Spes, 36; Johannes XXIII., Enzyklika Pacem in Terris, AAS., LV (1963), S. 257 u.ö.



6) Vgl. Röm 5, 12-14.



7) Vgl. Gn 4, 1-16; 11, 1-9.



8) Vgl. Gn 3, 15; 9, 1-17; 12, 1-3.



9) Vgl. Hebr 1, 1-2.



10) Vgl. Jo 1, 14. 



11) Kol 1, 15; 2 Kor 4, 4 



12) Vgl. Ad Gentes, 3



13) Mt 28, 19.



14) Mt 10, 27; Lk 12, 3.



15) Jo 6, 63.



16) Vgl. Lumen Gentium, AAS., LVII (1965), Nr. 9, S. 14. 



17) Eph 1, 23; 4, 10. 



18) 1 Kor 15, 28 



19) Inter Mirifica, 1.



20) Gaudium et Spes, 36. 



21) Vgl. Gaudium et Spes, 43.



22) Was unter Gemeinwohl zu verstehen ist, umschreibt die Enzyklika Mater et Magistra wie folgt: "Die Summe (...) der Voraussetzungen im gesellschaftlichen Leben, durch welche die Menschen ihre persönliche Vollendung in vollem Umfang und leichter erreichen können". AAS., LIII (1961), S. 417. Vgl. auch die Enzyklika Pacem in Terris, AAS., LV (1963) S. 272-274; Dignitatis Humanae, 6; Gaudium et Spes, 26 und 74.



23) Vgl. Inter Mirifica, 4



24) Gaudium et Spes, 42; Lumen Gentium, 1.






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