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Päpstlicher Rat für die sozialen Kommunikationsmittel
Communio et progressio

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  • Zweiter Teil
    • Die Funktion der Sozialen Kommunikationsmittel als Faktoren des menschlichen Fortschritts (19-100)
      • 2. Das Recht auf Information
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2. Das Recht auf Information 

33. Damit öffentliche Meinung sich nach den ihr eigenen Entstehungsgesetzen bilden kann, muß der Gesellschaft grundsätzlich der Zugang zu den Quellen und Kanälen der Information offenstehen und die Freiheit der Meinungsäußerung gewährt sein. Meinungsfreiheit sowie das Recht zu informieren und informiert zu werden bedingen einander notwendig. Johannes XXIII.,(4) Paul VI.(5) und das II. Vatikanische Konzil(6) haben das Recht auf Information klar und deutlich herausgestellt, da es für den Menschen und unsere moderne Gesellschaft wesentlich ist. 

a) Der Zugang zu den Quellen und Kanälen der Information 

34. Der heutige Mensch braucht eine zuverlässige, klare, vollständige und genaue Information. Nur so kann er die Welt, in der er lebt, in ihrem ständigen Wandel verstehen. Nur so kann er sich einstellen auf die Tatsachen und die stets wechselnden Situationen, die täglich sein Urteil und seine Entscheidung herausfordern. Nur so kann er an seinem Platz einen aktiven und bedeutsamen Beitrag in die Gesellschaft einbringen. Nur so ist er wirklich dabei, wo es um die Formung des wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen, menschlichen und religiösen Lebens seiner Zeit geht. Dem Recht, das aus diesen Erfordernissen erwächst, entspricht auf der anderen Seite die Pflicht, von sich aus Information zu suchen. Denn das Informationsrecht bliebe nur Formel, wenn sich nicht jeder bemüht, auch informiert zu sein. Um frei das auszuwählen, was jeweils seinen persönlichen und gesellschaftlichen Erfordernissen entspricht, muß jeder über ein hinreichend vielfältiges Angebot von Instrumenten und Einrichtungen der Sozialen Kommunikation verfügen. Ohne eine Vielzahl voneinander unabhängiger Informationsquellen wäre der Gebrauch des Informationsrechtes völlig gegenstandslos

35. Damit auch die Gesellschaft als ganze in all ihren Schichten und Gruppierungen richtig funktioniert, bedarf sie gut informierter Bürger. Das Recht auf Information kommt also heute nicht nur dem einzelnen zu, sondern ist auch vom Gemeinwohl her gefordert

36. Die Menschen, deren Beruf es ist, die Öffentlichkeit zu informieren, erfüllen daher eine sehr wichtige und schwierige Aufgabe, die sie oft großen Belastungen aussetzt. Häufig werden sie von denen unter Druck gesetzt, die ein Interesse daran haben, die Wahrheit zu verdunkeln und zu verschweigen. Das betrifft vor allem die Korrespondenten, die in die entlegensten Teile der Welt reisen,(7) um direkt vom Ort des Geschehens zu berichten. Während sie versuchen, die Ereignisse so zu sehen, wie sie sich wirklich zutragen,(8) begeben sie sich zwangsläufig oft sogar in Lebensgefahr. Viele haben bei der Ausübung ihres Berufes den Tod gefunden. Besonders in Kriegsfällen, die die ganze Menschheit in große Aufregung und Angst versetzen, haben die Menschen ein Recht zu erfahren, was sich in den Krisengebieten abspielt. Hier müssen Leben und Gesundheit der Korrespondenten immer und mit allen Mitteln geschützt werden. Darum lehnt die Kirche jede Gewaltanwendung gegen diese Korrespondenten und andere Journalisten entschieden ab. Denn beim Recherchieren und bei der richtigen Weitergabe der Nachrichten nehmen sie das Informationsrecht der Menschen wahr und verwirklichen es. 

37. Es ist schon gemeinhin für den Menschen schwierig genug, die Wahrheit unverkürzt zu sehen und darzustellen. Für den Journalisten kommt hinzu, daß Nachrichten etwas Neues bringen müssen und darum ihrer Natur nach nur das beleuchten, was sich im Augenblick verändert und von aktuellem Interesse ist. Für die Redakteure ergibt sich ein neues Problem: sie müssen aus der Flut der Nachrichten jene auswählen, die ihrer Meinung nach wichtig sind und öffentliches Interesse finden können. Nachrichten sind folglich Ausschnitte, die ein Ereignis nicht notwendig in seinem ganzen Umfang und seiner vollen Bedeutung erkennen lassen

38. Ferner müssen die Kommunikatoren umfassend und verständlich berichten, und zwar so schnell es geht. Dabei greifen sie mehr und mehr auf Sachverständige als Kommentatoren zurück, welche die Hintergründe und die näheren Umstände berichteter Ereignisse erläutern und ihre eigene Beurteilung dazu beitragen sollen. Kommentare aber werden oft innerhalb kürzester Frist verlangt, gelegentlich sogar, ehe ein erwartetes Ereignis eintritt. Auf der anderen Seite widerstrebt es mit Recht gerade verantwortungsbewußten und gewissenhaften Menschen, vor allem wenn sie leitende Stellungen innehaben oder Ansehen genießen, überstürzt Vorgänge zu erläutern, bevor sie sich mit ihnen gründlich und im Zusammenhang befassen konnten. Unter diesem Zeitdruck, der aus dem Wesen der Medien resultiert, passiert es dann oft, daß sich unbekümmerte und oberflächliche Mitarbeiter anbieten, die im übrigen diese Arbeit recht gern und bereitwillig übernehmen. Diejenigen, die jedoch mit der Problematik wirklich vertraut sind, sollten dies sorgsam zu verhindern suchen. Nach Möglichkeit werden sie sich selbst ständig auf dem laufenden halten, damit sie dann auch vorbereitet sind, das Publikum zuverlässig zu informieren

39. Damit Nachrichten Interesse wecken und nicht veralten, müssen sie möglichst schnell verbreitet werden, wobei noch hinzukommt, daß solche Eile auch vom Druck wirtschaftlichen Wettbewerbs aufgenötigt wird. Daraus entsteht ein neues Problem: Schnelligkeit kann oft um den Preis der Genauigkeit der Nachricht erkauft sein. Außerdem müssen die Kommunikatoren Rücksicht nehmen auf ihr Publikum, seinen Geschmack, sein kulturelles Niveau, und gleichzeitig noch bedenken, worüber es in erster Linie informiert sein möchte. In dieser gewiß nicht leichten Situation müssen sich die Kommunikatoren an die Wahrheit halten, wenn sie Nachrichten verbreiten

40. Neben diesen Schwierigkeiten, die mit dem Wesen der Kommunikationsmittel und der Nachrichtengebung zusammenhängen, haben die Redakteure noch mit weiteren Hindernissen zu rechnen. Sie müssen die Nachrichten vielfach einem gehetzten und unkonzentrierten Publikum so lebendig vermitteln, daß es angesprochen und gefesselt wird. Dabei dürfen sie jedoch auf keinen Fall der Versuchung erliegen, das Publikum zu schockieren und durcheinander zu bringen, indem sie Nachrichten aus dem Zusammenhang reißen, sensationell aufbauschen oder dramatisieren und dadurch verfälschen

41. Die Empfänger nun, die das Gewirr von Nachrichten zusammenfügen müssen, können zu einem ungenauen und verzerrten Gesamtbild der Tatsachen kommen. Eine gewisse Korrektur dieses Bildes kann erfolgen auf Grund des ständigen Flusses der Nachrichten aus verschiedenartigen Quellen, die man allerdings kritisch sichten muß. Ferner sollten die Empfänger Verständnis aufbringen für die Situation der Journalisten. Sie dürfen von ihnen keine Perfektion verlangen, die menschliches Vermögen völlig übersteigt. Sie haben aber das Recht und die Pflicht zu fordern, daß falsche oder fehlerhafte Nachrichten sofort und deutlich berichtigt und Auslassungen ergänzt werden. Sie haben das Recht, Einspruch zu erheben, wenn die Instrumente der Sozialen Kommunikation die Tatsachen selbst entstellen, indem sie den Zusammenhang zerreißen und sie unverhältnismäßig über- oder untertreiben. Dieses Recht der Rezipienten kann wirksam gesichert werden durch berufsethische Normen, welche die Kommunikatoren selbst vereinbaren oder, wenn solche fehlen, durch staatliche Gesetze und internationale Verträge

42. Doch das Recht auf Information hat klare Grenzen, wenn sein Gebrauch andere Rechte verletzen würde, z. B. das Recht der Wahrheit, das den guten Ruf der einzelnen und der ganzen Gesellschaft schützt; das Recht auf die Unverletzlichkeit des Intimbereichs für die Familie und den einzelnen;(9) das Recht auf Wahrung des Berufsgeheimnisses oder des Geheimnisses im Interesse des öffentlichen Wohles. Wenn das Gemeinwohl auf dem Spiel steht, kann die Weitergabe von Nachrichten nur nach sehr sorgfältiger Abwägung aller Umstände erfolgen

43. Eine offene und ausführliche Darstellung von Verbrechen und Brutalität setzt ein hohes Verantwortungsbewußtsein und große Umsicht voraus. Ohne Zweifel gibt es viel Unmenschlichkeit und Grausamkeit im Leben, und sie sind heute mehr als früher sichtbar. Deren Darstellung kann tatsächlich auf Rezipienten abschreckend wirken. Wenn aber Brutalität allzu häufig und zu eindrucksvoll gezeigt wird, besteht die Gefahr, ein falsches Bild vom wirklichen Leben zu vermitteln. Nach Meinung vieler Fachleute können gelegentlich sogar Psychosen entstehen oder seelische Grundeinstellungen geprägt werden, denen Gewalt und Brutalität als normale Wege zur Lösung von Konflikten gelten

b) Freiheit der Kommunikation 

44. Das Recht auf ausreichende Information hängt eng zusammen mit der Freiheit der Kommunikation überhaupt. Das ganze gesellschaftliche Leben beruht ja auf einem ständigen Austausch und Dialog zwischen den einzelnen und den Gruppen. Dies wiederum ist für gegenseitiges Verständnis und Zusammenarbeit unerläßlich. Wenn dieses Gespräch der Gesellschaft nun auch in den Instrumenten der Sozialen Kommunikation eine Stimme erhält, erschließt sich eine neue Dimension, schon weil immer mehr Menschen am Leben und am Fortschritt der Gesellschaft teilhaben

45. Da der Mensch ein gesellschaftliches Wesen ist, muß er seine Gedanken mit anderen austauschen und vergleichen. Dies gilt in unseren Tagen mehr denn je, da geistige und schöpferische Arbeit weniger vom einzelnen, sondern immer mehr auf allen Ebenen im Zusammenwirken vieler geleistet wird. Wenn die Menschen ihrer Natur folgend untereinander Erkenntnisse und Meinungen austauschen, üben sie ihr ureigenstes Recht aus und erfüllen zugleich eine Pflicht gegenüber der Gesellschaft

46. Sogenannte pluralistische Gesellschaften wissen sehr wohl, was die Möglichkeit der freien Verbreitung von Nachrichten und Meinungen für die aktive Teilnahme der Bürger am Leben der Gesellschaft wert ist. Darum schützen sie diese Freiheit durch Gesetze. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat die Kommunikationsfreiheit als Grundforderung herausgestellt. Diese schließt notwendig die Freiheit der Instrumente der Sozialen Kommunikation ein. 

47. In der Praxis ist die Freiheit der Kommunikation verbunden mit der Freiheit der einzelnen und der Gruppen, Nachrichten zu erhalten und überall zu verbreiten sowie Zugang zu den Kommunikationsmitteln zu haben. Eine Kommunikationsfreiheit aber, die ohne Rücksicht auf die wesenseigenen Grenzen und Voraussetzungen des Informationsrechts gebraucht wird, befriedigt eher die Kommunikatoren als das Publikum.




4)Vgl. Pacem in Terris, AAS., LV (1963), S. 260.



5)Vgl. die Ansprache vom 17. April 1964 an das "Seminar der Vereinten Nationen über die Freiheit der Information" A. A. S., LVI (1964), S. 387 ff.



6)Vgl. Inter Mirifica, 5.



7) Pius XII, Ansprache an amerikanische Journalisten vom 21. Juli 1945. L'Osservatore Romano, 22.7.1945.



8) Desgl 27. April 1946, L'Osservarore Romano, 28.4.1946



9) "Auch in der Form muß sie (die Kommunikation) ethisch einwandfrei sein, d.h., beim Sammeln (...) von Nachrichten müssen die ethischen Grundsätze sowie die Rechte und Würde des Menschen beachtet werden". Inter Mirifica, 5.






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