5. Die Werbung
59. Der Einfluß der
Werbung auf den Menschen in der heutigen Zeit wächst von Tag zu Tag, und
niemand kann sich ihrer Wirkung entziehen. Sie bringt der Gesellschaft
vielfachen Nutzen. Der Käufer wird durch sie informiert über
Sachgüter, die er benötigt, und über Dienstleistungen, die zur
Verfügung stehen. So wird durch Werbung eine breite Verteilung der
Produktionsgüter ermöglicht. Das wiederum verhilft der Industrie zu
weiteren Fortschritten, die sich erneut zum Besten der ganzen Gesellschaft
auswirken. Darum ist gegen Werbung nichts einzuwenden, wenn sie auf ihre Weise
der Wahrheit verpflichtet bleibt und die Wahlfreiheit des Käufers wahrt,
auch in den Fällen, wo man, um seine Kauflust anzuregen, an seine
elementaren Bedürfnisse appelliert und eine Ware als unbedingt nötig
anpreist.
60. Wenn aber in der breiten
Öffentlichkeit für schädliche oder gänzlich unnütze
Dinge geworben wird, wenn falsche Vorstellungen über die Ware geweckt
werden, wenn lediglich Instinkte angesprochen werden, entsteht der Gesellschaft
Schaden und die Werbewirtschaft verliert Vertrauen und Ansehen. Einzelne und
ganze Familien werden geschädigt, wenn die Werbung unsinnige Wünsche
weckt oder unablässig zum Kauf überflüssiger und nur dem
Genuß dienender Waren anreizt; dadurch werden die Käufer vielleicht
sogar blind für das, was sie wirklich brauchen. Völlig
unzulässig ist eine Werbung, die in schamloser Weise den Geschlechtstrieb
für alles mißbraucht und um des Geldes willen ausbeutet.
Unzulässig ist sie auch dann, wenn sie derart in das Unterbewußtsein
eingreift, daß die freie Entscheidung der Käufer gefährdet ist.
Die Werbewirtschaft sollte sich also schon aus eigenem Entschluß die
erforderlichen Grenzen auferlegen, damit sie die Würde des Menschen und
die Rechte der Gesellschaft nicht verletzt.
61. Andererseits kann ein
wohlüberlegter Einsatz der Werbung den Entwicklungsländern helfen,
einen höheren Lebensstandard zu erreichen. Allerdings wäre der
Schaden groß, wenn eine unablässige, verantwortungslose Werbung
diese Völker bei ihrem Aufstieg aus der Armut zu einem erträglichen
Lebensstandard dazu verführen würde, den Fortschritt in der
Befriedigung von Wünschen zu suchen, die künstlich erzeugt wurden.
Das Ergebnis wäre, daß diese Völker ihre Mittel verschleudern,
ihre wirklichen Bedürfnisse vernachlässigen und ihre genuine
Entwicklung verfehlen.
62. Die großen
Geldsummen, welche die Medien aus der Werbung ziehen, bedrohen ihre eigenen
Grundlagen. Stil und Art der Werbung können den gefährlichen Eindruck
hervorrufen, als trage beinahe das ganze Kommunikationswesen Werbe- und
Propagandacharakter. Obendrein kann die den Instrumenten der Sozialen
Kommunikation wesentliche Freiheit durch den Druck wirtschaftlicher Macht in
schwere Bedrängnis geraten. Weil die Medien eine gesunde wirtschaftliche
Basis brauchen, können nur jene überleben, bei denen die Werbung
größere Gewinne abwirft. Das begünstigt Monopole,
gefährdet das Informationsrecht und erschwert das Gespräch der
Gesellschaft. Der Pluralismus im Gebrauch der Medien muß mit allen
Mitteln, gegebenenfalls auch durch eine geeignete Gesetzgebung erhalten werden.
Das schützt auch vor der Gefahr, die zweifellos besteht, daß die
Werbeetats fast ausschließlich den großen Medien
zufließen.
|