2. Möglichkeiten und Pflichten
a) der Kommunikatoren
73. Die Kommunikatoren sind
Anwalt und Stimulator im Gespräch der Gesellschaft. Sie sind gleichsam
Gesprächsleiter am großen runden Tisch, den die Instrumente der
Sozialen Kommunikation bilden. Es ist daher ihre Aufgabe, immer und
überall um die Verwirklichung der Ziele der gesellschaftlichen
Kommunikation bemüht zu sein, d. h. in jeder Hinsicht den menschlichen
Fortschritt zu fördern sowie die Menschen zueinander zu führen und
sie in wirklicher Gemeinschaft zu verbinden.
74. Bei der Auswahl ihrer
Stoffe werden die Kommunikatoren dafür sorgen, alles für die Öffentlichkeit
Notwendige zu berücksichtigen. Sie werden genau darauf achten, daß
alle gesellschaftlich relevanten Gruppen mit ihren Auffassungen zu Wort kommen.
In diesem Zusammenhang sollten sich die Kommunikatoren künftig noch
eingehender damit beschäftigen, welches Publikum sie im Einzelfall wohl
haben werden und mit ihm auch direkten Kontakt suchen. Nur wenn sie sich
einstellen auf die verschiedenen Altersstufen, auf die einzelnen Schichten in
der Gesellschaft und den unterschiedlichen Bildungsstand ihrer Rezipienten,
können sie allen Erfordernissen und Erwartungen des Publikums gerecht
werden. Denn nur zwischen wissenden, freien und verantwortungsbewußten
Menschen gibt es jenen ständigen Dialog, den die Instrumente der Sozialen
Kommunikation ermöglichen.
75. Nachrichtenredakteure
"sind ständige, aufmerksame Beobachter der Weltereignisse.
Unablässig schauen sie wie durch ein offenes Fenster in die Welt, um
Tatsachen, Tendenzen, Meinungen und das ganze Panorama der menschlichen
Gesellschaft samt ihren Interessen zu erfassen".(14) Sie haben
daher nicht einfach die Tatsachen, wie sie sind, festzuhalten, sondern in ihrer
Berichterstattung wichtige Aspekte hervorzuheben, ihre Bedeutung sichtbar zu
machen und sie in ihrem Zusammenhang zu beleuchten. So tragen sie bei,
daß den Rezipienten das ganze Nachrichtengewirr transparent wird. Dann
sind diese auch in der Lage, ihre eigenen Urteile und Entscheidungen zum Wohle
der Gesellschaft zu fällen.
76. Desgleichen dürfen
die Kommunikatoren nicht übersehen, daß man mit diesen Medien von
der Natur der Sache her ein massenhaft großes Publikum erreicht, da es
sich ja um Instrumente der Sozialen, d. h. universalen Kommunikation handelt.
Sie müssen einerseits dem Selbstverständnis und dem Ethos ihres
Berufes folgen, andererseits aber gleichzeitig die Macht und die ernste
Verantwortung bedenken, die ihnen mit diesen Instrumenten zufällt. Denn
sie haben eine einmalige Chance, zum Glück und zum Fortschritt der
Menschen beizutragen. Unparteilichkeit und ausgewogenes Urteil werden sie auch
auf Minderheiten Rücksicht nehmen lassen. Auf solche Unparteilichkeit
muß besonders dann gepocht werden, wenn rechtlich oder tatsächlich
Medien-Monopole bestehen. Denn Monopole bergen die Gefahr, den Dialog durch
einen Monolog zu ersetzen.
77. Kommunikatoren, die ihre
Arbeit vornehmlich an wirtschaftlichen Interessen oder am wankelmütigen
Geschmack der Menge orientieren, leisten den Menschen den schlechtesten Dienst
und diskreditieren sich schließlich selbst.
78. Kritiker haben die
unverzichtbare Aufgabe darüber zu wachen, daß das Angebot der Medien
im Interesse des Publikums eine hohe formale und inhaltliche Qualität
wahrt. Zugleich veranlassen sie die Kommunikatoren zu immer neuen
Anstrengungen. Die Kritiker, die ja auch Kommunikatoren sind, bilden eine Art
beruflicher Selbstkontrolle, die es ersparen könnte, daß es zur
Ausübung großen Drucks von außen kommt. Sie müssen
wissen, daß Unbestechlichkeit und Objektivität zum Wesen ihres
Berufs gehören. Gerecht und wahrhaftig, ausgewogen und treffend im Urteil,
werden sie Stärken und Schwächen, Wertvolles und Minderwertiges im
Angebot der Medien aufdecken. So fördern sie auch die Urteilskraft des
Publikums. Man darf die schöpferische Funktion der Kritiker nicht
unterschätzen, wenn sie mit Scharfblick und Kunstverstand aus der Tiefe
eines Werkes einen Sinnreichtum erschließen, der selbst dem Künstler
entgangen sein mag. Sie sollten so selbstvergessen arbeiten, daß sie die
Aufmerksamkeit der Rezipienten nicht von den Werken weg auf sich selbst
lenken.
79. Durch
Zusammenschluß in Vereinigungen, regelmäßigen
Gedankenaustausch und gegenseitige Hilfe werden die Kommunikatoren leichter und
besser die Schwierigkeiten ihres Berufes meistern. In kollegialer
Zusammenarbeit können sie sich auf der Grundlage von Sachgerechtigkeit und
Erfahrung eine Berufsordnung geben, um gemeinsame Probleme und Aufgaben im
Sinne der umfassenden Ziele sozialer Kommunikation zu lösen. Dabei wird es
dienlicher sein, Anleitungen und Anregungen zum rechten Handeln zu geben statt
einen Katalog von Verboten aufzustellen.
80. Die Technik der
Kommunikation, ihr Aufbau, ihre Verwaltung und ihre Fortentwicklung verlangen
gewaltige Geldsummen. Weil daher die Besitzer oder Verwalter solcher
Unternehmen direkt oder indirekt öffentliches oder privates Kapital
brauchen, können auch die Geldgeber einen positiven Einfluß
ausüben, wenn sie solche Organe unterstützen, die sich nicht allein
am fìnanziellen Gewinn, sondern auch am menschlichen Fortschritt
orientieren. Wenn die Geldgeber zudem einsehen, daß die
Kommunikationsmittel nicht bloße Wirtschaftsunternehmen sind, sondern
gleichzeitig soziale und kulturelle Aufgaben erfüllen, werden sie die
Unabhängigkeit der Kommunikatoren, der Mitarbeiter und der Rezipienten von
sich aus in vollem Umfang wahren.
b) der Rezipienten
81. Die
Einflußmöglichkeiten der Rezipienten und damit auch ihre Pflichten
sind viel größer, als gemeinhin angenommen wird. Von den Rezipienten
hängt es entscheidend ab, ob ein wirkliches Gespräch zustande kommt.
Bleiben sie passiv und stumm, wird Kommunikation zur Einbahnstraße, auch
wenn sich die Kommunikatoren noch so sehr um einen Dialog bemühen.
82. Leser, Hörer und
Zuschauer werden dann eine aktive Rolle spielen, wenn sie die Informationen
richtig deuten und nach Ursprung und Zusammenhang bewerten, wenn sie diese
gewissenhaft auswählen und kritisch beurteilen, wenn sie die Informationen
gegebenenfalls aus anderen Quellen ergänzen und ohne Scheu Zustimmung,
Zweifel oder Ablehnung offen äußern.
83. Wer einwendet, die
einzelnen könnten auf diesem öffentlichen Forum nicht viel
ausrichten, darf nicht übersehen, daß sie in großer Zahl oder
sogar organisiert ein entscheidender Faktor sind. Wie die Kommunikatoren,
genauso sollten sich auch die Rezipienten zu eigenen Gruppen und Vereinigungen
zusammenschließen oder die Hilfe anderer Organisationen in Anspruch nehmen,
die ähnliche oder weiter gesteckte Ziele verfolgen.
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