Der Dienst der Kommunikationsmittel für
die Katholiken (114-134)
1. Öffentliche Meinung und
Kommunikation im Leben der Kirche (114-125)
114. Der Kirche liegt sehr
daran, daß die gemeinschaftlichen Bindungen unter ihren Gläubigen
wachsen und vertieft werden. Darum bedarf sie wesentlich der Mitteilung und des
Gesprächs. Zudem lebt sie mitten in der menschlichen Gesellschaft, mit der
sie im Dialog und durch vielfache Beziehungen tief verbunden sein muß.
Das kann nur Wirklichkeit werden im Austausch von Informationen und Gedanken,
durch aufmerksame Beobachtung der öffentlichen Meinung innerhalb und
außerhalb der Kirche sowie durch Teilnahme am Gespräch mit und in
der heutigen Welt, um so gemeinsam an der Lösung jener Probleme zu
arbeiten, welche die Menschen bewegen.
a) Der
innerkirchliche Dialog
115. Als lebendiger
Organismus bedarf die Kirche der öffentlichen Meinung, die aus dem
Gespräch ihrer Glieder erwächst. Nur dann ist in ihrem Denken und
Handeln Fortschritt möglich. "Dem Leben der Kirche würde etwas
fehlen, wenn es in ihr an öffentlicher Meinung mangelte. Die Schuld daran
fiele auf Hirten und Gläubige".(2)
116. Darum müssen
Katholiken sich völlig dessen bewußt sein, daß sie wirklich
die Freiheit der Meinungsäußerung besitzen. Diese Freiheit
gründet im Glaubenssinn und in der Liebe; im Glaubenssinn, der vom Geist
der Wahrheit geweckt und genährt wird, so daß das Gottesvolk unter
der Leitung des heiligen Lehramtes in dessen treuer Gefolgschaft den einmal den
Heiligen übergebenen Glauben unverlierbar festhält, in ihn mit
rechtem Urteil immer tiefer eindringt und ihn im Leben umfassender zur
Auswirkung kommen läßt;(3) in der Liebe aber, weil durch sie
die Kommunikationsfreiheit bis zur Freiheit in Christus hinaufgehoben wird.
Christus nämlich befreite uns von den Fesseln der Sünde. Er machte
uns damit erst fähig, im Einklang mit seinem Willen frei zu urteilen. Die
verantwortlichen kirchlichen Obrigkeiten werden dafür sorgen, daß
sich innerhalb der Kirche auf der Basis der Meinungs- und Redefreiheit der
Austausch legitimer Ansichten lebendig entfaltet. Darum werden sie Normen und
Bedingungen schaffen, die diesem Ziel dienen.(4)
117. In der Tat öffnet
sich dem innerkirchlichen Gespräch ein weiter Raum. Zwar gehören die
Glaubenswahrheiten zum Wesen der Kirche, und sie sind nicht jedermann zu
beliebiger Deutung überlassen. Andererseits nimmt die Kirche ihren Weg
durch die menschliche Geschichte. In den ihr abverlangten Entscheidungen
muß sie sich deshalb vielfältigen zeitlichen und örtlichen
Verhältnissen anpassen. Es gilt, die Wahrheiten des Glaubens so
darzulegen, daß sie den verschiedenen Epochen und Kulturen angemessen
sind. Desgleichen muß auch das Wirken der Kirche dem Wandel der Zeit und
der Situation entsprechen. Solange sie treu zum Lehramt der Kirche stehen,
haben alle Katholiken das Recht und die Pflicht, in Freiheit danach zu suchen,
wie sie die geoffenbarten Wahrheiten tiefer verstehen und diese unter
ständig sich wandelnden gesellschaftlichen Verhältnissen
glaubwürdiger bezeugen können. Diese Freiheit des Gesprächs in
der Kirche belastet den Zusammenhalt und die Einheit in ihr keineswegs; im Gegenteil,
gerade im ungehinderten Prozeß öffentlicher Meinungsbildung vermag
sie Einmütigkeit und Gemeinsamkeit des Handelns herbeizuführen. Ein
solches Gespräch kann sich nur dann richtig entfalten, wenn bei aller
Meinungsverschiedenheit die Liebe bestimmend bleibt und jeder von dem Wollen
beherrscht ist, das Gemeinsame zu wahren und die Zusammenarbeit zu sichern. Man
muß aufrichtig bestrebt sein, aufzubauen und nicht zu zerstören,
getragen von tiefer Liebe zur Kirche und bemüht um jene Einheit, die
Christus als Zeichen der wahren Kirche und damit seiner wahrhaften Jünger
gewollt hat.(5)
118. In diesem Zusammenhang
ist zu unterscheiden zwischen wissenschaftlicher Forschung und der Unterweisung
der Gläubigen. Auf dem Gebiet der Forschung brauchen die Wissenschaftler
für ihre Arbeit die notwendige Freiheit, um ihre Untersuchungsergebnisse
in Artikeln und Büchern untereinander auszutauschen. Bei der Unterweisung
der Gläubigen hingegen dürfen nur Aussagen als Lehre der Kirche
vorgetragen werden, die tatsächlich vom authentischen Lehramt der Kirche
anerkannt sind, darüber hinaus solche Lehrmeinungen, die schon als
gesichert gelten können. Allerdings bringt es die Situation der
Massenkommunikation mit sich, daß neue und noch unausgereifte Meinungen
von Theologen oft am falschen Platz erscheinen. Solchen Meinungen, die nicht
mit den Aussagen des authentischen kirchlichen Lehramtes verwechselt werden
dürfen, müssen die Rezipienten kritisch gegenüberstehen. Zudem
sollten sie bedenken, daß der Sinn derartiger
Meinungsäußerungen durch die Art der Darstellung und die
vereinfachende Sprache der Medien gar nicht so selten ziemlich verzerrt
wird.
119. Da die Entfaltung der
öffentlichen Meinung in der Kirche lebensnotwendig ist, muß jeder
Gläubige das Recht und die Möglichkeit haben, sich über alles zu
informieren, was erforderlich ist, um im Leben der Kirche eine aktive Rolle zu
übernehmen. Dazu bedarf es einer Vielfalt weitreichender
Kommunikationsmittel und, wenn nötig, auch katholischer, wenn diese ihrer
Aufgabe wirklich gerecht werden.
120. Wenn die Kirche lebendig
sein und ihre Aufgaben wirklich erfüllen will, muß es zwischen
kirchlichen Autoritäten auf jeder Ebene, katholischen Einrichtungen und
allen Gläubigen einen ständigen, wechselseitigen und weltweiten
Fluß von Informationen und Meinungen geben. Dafür sind entsprechende
Institutionen zu schaffen und hinreichend auszustatten, z. B.
Nachrichtendienste, Pressestellen, Begegnungszentren und Pastoralräte.
121. Wenn bei der Behandlung
irgendwelcher Fragen in der Kirche Geheimhaltung geboten ist, gelten die
gleichen Grundsätze wie im staatlichen Bereich. Die geistigen Werte, die
in der Kirche zum Ausdruck kommen, erfordern es allerdings, daß die
Informationen über ihre Absichten und über die Fülle ihrer
Tätigkeit mit einem Höchstmaß an Vollständigkeit,
Wahrhaftigkeit und Offenheit gegeben werden. Wenn kirchliche Stellen
Nachrichten zurückhalten oder nicht in der Lage sind zu informieren,
öffnen sie schädlichen Gerüchten Tür und Tor, anstatt die
Wahrheit ans Licht zu fördern. Geheimhaltung muß daher unbedingt auf
solche Fälle begrenzt bleiben, bei denen es um den Ruf und das Ansehen
eines Menschen geht oder andere Rechte einzelner bzw. von Gruppen verletzt würden.
b) Dialog zwischen Kirche und Welt
122. Das Gespräch der
Kirche beschränkt sich nicht auf die Gläubigen, sondern bezieht die
ganze Welt ein. Die Kirche muß ihre Lehre und ihr Wirken offenkundig
machen: die Menschen, an deren Schicksal sie ja teilhat, haben ein Recht
darauf, und sie selbst ist dazu durch ein klares göttliches Gebot
verpflichtet.(6) Ferner ist sie nach dem Wort des II. Vatikanischen
Konzils gehalten, die "Zeichen der Zeit zu deuten"; denn auch durch
diese spricht Gott, und sie sind ein Dokument der Vorsehung, die darin die
Heilsgeschichte weiterhin offenbar macht. Die Kirche muß also wissen, wie
alle Zeitgenossen, nicht nur die Katholiken, auf die jeweils neuesten
Ereignisse und geistigen Strömungen antworten. Solches Wissen der Kirche
wird um so gründlicher sein, je deutlicher die Instrumente der Sozialen
Kommunikation diese Antworten darstellen.
123. Wer immer in der Kirche
Verantwortung trägt, muß ständig bestrebt sein, durch die
Medien umfassende und wahrheitsgemäße Informationen zu vermitteln,
damit man ein zutreffendes Bild von der Kirche und ihrem Leben erhält. Da
die Kommunikationsmittel oft die einzigen Nachrichtenverbindungen zwischen
Kirche und Welt sind, würde jemand, der sie ungenutzt ließe, von
Gott verliehene Talente in die Erde vergraben. Wenn die Kirche hofft und
erwartet, daß Nachrichtenagenturen und Medien sich religiösen Themen
zuwenden und diese mit der hier besonders gebotenen Sorgfalt behandeln, dann muß
die Kirche auch bereit sein, diesen Institutionen vollständige, wahre und
genaue Informationen anzubieten. Denn nur dann können sie ihre Aufgaben
allenthalben gut erfüllen.
124. Was früher schon
gesagt wurde,(7) behält auch da, wo es um Information und
Interpretation von Ereignissen im Leben der Kirche geht, seine volle Geltung.
Daraus folgt, daß erfahrene Führungskräfte in der Kirche sich
auf die dort genannten Schwierigkeiten von vornherein einstellen und sich die
Initiative von andern nicht entreißen lassen. Es empfiehlt sich, wichtige
kirchliche Vorhaben und Entscheidungen einigen Fachleuten schon im voraus unter
Angabe einer Sperrfrist zugänglich zu machen, damit solche Vorgänge
im Interesse der Kirche zu gegebener Zeit auch richtig erläutert und
dargestellt werden können.
125. In dreifacher Hinsicht
sind also die Instrumente der Sozialen Kommunikation für die Katholiken
bedeutsam: sie helfen der Kirche, sich der heutigen Welt verständlich zu
machen; sie fördern das innerkirchliche Gespräch; schließlich
vermitteln sie der Kirche das Verständnis für die Mentalität und
die Menschen unserer Zeit, denen sie auf Gottes Geheiß die Botschaft vom
Heil bringen soll. Dabei wird sie eine Sprache sprechen, die von den Menschen
verstanden wird; und sie wird ansetzen bei den Fragen, welche die Menschheit im
Innersten bewegen.
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