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Ioannes Paulus PP. II
Dominum et vivificantem

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3. Gott schenkt sich im Heiligen Geist zu unserem Heil

11. Die Abschiedsrede Christi beim Ostermahl bezieht sich in besonderer Weise auf dieses »Schenken« und »Sichverschenken« des Heiligen Geistes. In diesem Text des Johannesevangeliums enthüllt sich gleichsam die tiefste »Logik« des im ewigen Plan Gottes enthaltenen Heilsgeheimnisses als Ausweitung der unaussprechlichen Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Es ist die göttliche »Logik«, die vom Geheimnis der Dreifaltigkeit zum Geheimnis der Erlösung der Welt in Jesus Christus führt. Die Erlösung, vom Sohne Gottes vollbracht in den Dimensionen der irdischen Geschichte des Menschen - vollbracht in seinem »Fortgehen« durch Kreuz und Auferstehung - wird zugleich in ihrer vollen erlösenden Kraft dem Heiligen Geist übertragen: demjenigen, der »von dem Meinen nehmen wird«40. Die Worte des johanneischen Textes zeigen, daß das »Fortgehen« Christi im göttlichen Heilsplan unerläßliche Bedingung für die Sendung und das Kommen des Heiligen Geistes ist; sie besagen aber auch, daß Gott dann beginnt, sich im Heiligen Geist zu unserem Heil erneut mitzuteilen.

12. Es ist dies ein neuer Anfang im Vergleich zu jenem ersten, ursprünglichen Anfang der heilbringenden Selbstmitteilung Gottes, der mit dem Geheimnis der Schöpfung selbst identisch ist. So lesen wir schon in den ersten Zeilen des Buches der Genesis: »Im Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen..., und Gottes Geistruah Elohim«) schwebte über dem Wasser«41. Dieser biblische Begriff der Schöpfung enthält nicht nur den Ruf ins Dasein des Kosmos als solchem, das heißt das Geschenk der Existenz, sondern auch die Gegenwart des Geistes Gottes in der Schöpfung, das heißt den Anfang der heilbringenden Selbstmitteilung Gottes an die Dinge, die er erschafft. Das gilt vor allem für den Menschen, der nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen worden ist: »Laßt uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich«42. »Laßt uns machen«: Darf man annehmen, daß die Mehrzahl, die der Schöpfer beim Sprechen von sich selbst hier benutzt, schon in gewisser Weise das dreifaltige Geheimnis, die Gegenwart der Dreifaltigkeit im Werk der Erschaffung des Menschen, nahelegt? Der christliche Leser, der die Offenbarung dieses Geheimnisses bereits kennt, kann dessen Widerschein auch in diesen Worten schon entdecken. Auf jeden Fall erlaubt uns der Zusammenhang des Buches der Genesis, in der Erschaffung des Menschen den ersten Anfang der heilbringenden Selbstmitteilung Gottes nach dem Maß seines »Abbildes« und seiner »Ähnlichkeit« zu sehen, die er dem Menschen schenkt.

13. Es scheint also, daß auch die Worte Jesu bei der Abschiedsrede im Hinblick auf jenen so fernen, aber grundlegenden »Anfang« gelesen werden müssen, den wir aus der Genesis kennen. »Wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden«. Indem Christus sein »Fortgehen« als Bedingung für das »Kommen« des Beistandes darstellt, verbindet er den neuen Anfang der heilbringenden Selbstmitteilung Gottes im Heiligen Geist mit dem Geheimnis der Erlösung. Das ist ein neuer Anfang vor allem deswegen, weil sich zwischen den ersten Anfang und die gesamte Geschichte des Menschen - angefangen mit dem Urfall - die Sünde gestellt hat, welche den Widerspruch zur Gegenwart des Geistes Gottes in der Schöpfung und vor allem zur heilbringenden Selbstmitteilung Gottes an den Menschen bedeutet. Der heilige Paulus schreibt, daß gerade aufgrund der Sünde »die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen ist ... und bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt« und daß sie »sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes wartet«43.

14. Darum sagt Jesus Christus im Abendmahlssaal: »Es ist gut für euch, daß ich fortgehe«; »wenn ich aber gehe, so werde ich ihn zu euch senden«44. Das »Fortgehen« Christi durch das Kreuz enthält erlösende Kraft - und das bedeutet auch eine neue Gegenwart Gottes in der Schöpfung: der neue Anfang der Selbstmitteilung Gottes an den Menschen im Heiligen Geist. »Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba, Vater«, schreibt der Apostel Paulus im Galaterbrief45.

Der Heilige Geist ist der Geist des Vaters, wie die Worte der Abschiedsrede im Abendmahlssaal bezeugen. Er ist zugleich der Geist des Sohnes: der Geist Jesu Christi, wie die Apostel und insbesondere Paulus von Tarsus46 bezeugen werden. Wenn dieser Geist »in unsere Herzen ausgegossen« wird, beginnt sich damit zu erfüllen, worauf die »Schöpfung sehnsüchtig wartet«, wie wir im Römerbrief lesen. Der Heilige Geist kommt um den Preis des »Fortgehens« Christi. Wenn dieses »Fortgehen« bei den Aposteln Traurigkeit hervorgerufen hat47, die ihren Höhepunkt beim Leiden und Sterben am Karfreitag erreichen sollte, so wird sich doch dieser Kummer seinerseits »in Freude verwandeln«48. Das erlösende »Fortgehen« Christi wird ja auch die Herrlichkeit der Auferstehung und der Auffahrt zum Vater umfassen. Der Anteil der Apostel beim »Fortgehen« ihres Meisters ist also eine Traurigkeit, die von Freude durchstrahlt wird; es ist ein »gutes« Fortgehen, weil dadurch ein anderer »Beistand« kommen sollte49. Um den Preis des Kreuzes, des Werkzeuges der Erlösung, und in der Kraft des gesamten Ostergeheimnisses Jesu Christi kommt der Heilige Geist, um vom Pfingsttag an bei den Aposteln zu bleiben, um bei der Kirche und in der Kirche und durch sie in der Welt zu bleiben. Auf diese Weise verwirklicht sich endgültig jener neue Anfang der Selbstmitteilung des dreieinigen Gottes im Heiligen Geist durch Jesus Christus, den Erlöser des Menschen und der Welt.

 




40 Joh 16, 14.



41 Gen 1, 1 f.



42 Gen 1, 26.



43 Röm 8, 19-22.



44 Joh 16, 7.



45 Gal 4, 6, vgl. Röm 8, 15.



46 Vgl. Gal 4, 6; Phil 1, 19; Röm 8, 11.



47 Vgl. Joh 16, 6.



48 Vgl. Joh 16, 20.



49 Vgl. Joh 16, 7.






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