Die Ordnung der Dinge, um deren
Zerstörung es tatsächlich geht, ist die der mittelalterlichen Christenheit. Nun
war aber diese Christenheit nicht irgendeine mögliche Ordnung, so wie viele
andere Ordnungen möglich wären. Sie war vielmehr die, in die örtlichen und
zeitlichen Gegebenheiten, eingebettete Verwirklichung der einzig wahren Ordnung
unter den Menschen, der christlichen Kultur.
In seiner Enzyklika Immortale Dei
beschreibt Leo XIII. die mittelalterliche Christenheit so: „Es war eine Zeit,
da gab die Lehre des Evangeliums die Orientierung in der Staatsregierung;
Gesetze, In stitutionen, Volkssitten, alle Stände und Funktionen im Staat
hatten ihren hohen und segensreichen Einfluß erfahren; da war der Religion Jesu
Christi in der Offentlichkeit jener Platz gesichert, der ihrer Würde gebührt,
da blühte sie überall unter dem wohlwollenden Schutz der rechtmäßigen Obrigkeit
und Verwaltung, da waren Staat und Kirche in glücklicher Eintracht und durch
gegenseitige Freundesdienste verbunden. Diese Staatsordnung trug über alles
Erwarten reiche Früchte, deren Erinnerung noch lebt und von denen unzählige
Geschichtswerke Zeugnis geben, das durch keine Ränke der Feinde verfälscht oder
verdunkelt werden kann 15.
Was somit seit dem 15. Jahrhundert
zerstört wurde und in unseren Tagen praktisch nicht mehr vorhanden ist, das ist
die Ordnung von Menschen und Dingen gemäß der Lehren der Kirche, die
Lehrmeisterin der Offenbarung und des Naturgesetzes. Diese Anordnung ist das
Bild der Ordnung schlechthin. Was man jedoch einführen möchte, ist das exakte
Gegenteil hiervon, nämlich die Revolution an sich.
Die gegenwärtige Revolution kennt
natürlich auch ihre Vorläufer und Vorbilder. So waren zum Beispiel Arius und
Mohammed Vorbilder Luthers. Zu verschiedensten Zeiten hat es auch Utopisten
gegeben, die sich in ihren Träumen Tage ausgemalt hatten, die denen der
Revolution durchaus ähnlich sehen. Schließlich haben Völker oder Gruppen von
Menschen verschiedentlich versucht, einen den Chimären der Revolution ähnlichen
Zustand der Dinge zu schaffen.
Alle diese Träume aber, alle diese
Vorbilder sind wenig oder nichts im Vergleich zu der Revolution, wie wir sie
erleben. Ihr Radikalismus, ihre umfassender Charakter, ihre Zugkraft geht so
tief und so weit, daß es in der Geschichte nichts Vergleichbares gibt. Ja, man
kann sogar sagen, daß sich manch bedächtiger Geist ehrlich fragen muß, ob wir
nicht schon die Zeit des Antichrist erreicht haben. Tatsächlich scheint diese
nach den Worten des Heiligen Vaters Johannes XXIII. nicht mehr fern zu sein:
„Außerdem rufen wir euch auf, in dieser schrecklichen Stunde, in der der Geist
des Bösen mit allen Mitteln das Reich Gottes zu zerstören sucht, dieses mit
aller Energie zu verteidigen, wenn anders ihr eure Stadt vor viel größerem Ruin
bewahren wollt als dem, den vor fünfzig Jahren das Erdbeben eurer Stadt
zugefügt hat. Wieviel schwieriger wird es dann sein, die
Seelen
wieder aufzurichten, wenn sie erst einmal von der Kirche getrennt sind oder als
Sklaven den falschen Ideologien unserer Zeit unterworfen wurden“ 16.
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