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Plinio Corrêa de Oliveira
Revolution und Gegenrevolution

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  • Dritter Teil   Revolution und Gegenrevolution Zwanzig Jahre Später
    • II. KAPITEL   Höhepunkt und Krise der III. Revolution
      • 2. Unerwartete Hindernisse bei der Anwendung der klassischen Methoden der III. Revolution
        • A. Die Überzeugungskraft hat abgenommen
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2. Unerwartete Hindernisse bei der Anwendung der klassischen Methoden der III. Revolution

A. Die Überzeugungskraft hat abgenommen

Untersuchen wir zuerst einmal die genannten Umstände. Die erste davon ist der Rückgang der Überzeugungskraft der kommunistischen Proselytenmacher.

Es gab einmal eine Zeit, in der die offene, kategorische Indoktrinierung das wichtigste Werkzeug des internationalen Kommunismus zur Gewinnung neuer Anhänger darstellte.

In weiten Kreisen der Öffentlichkeit und in fast der ganzen westlichen Welt haben sich, aus Gründen, deren Aufzählung uns hier zu lange aufhalten würde, die Bedingungen in beträchtlichem Maße zu Ungunsten dieser Art von Indoktrinierung gewandelt. Die Überzeugungskraft der Dialektik und der umfassenden, augenscheinlichen kommunistischen Propaganda ist deutlich zurückgegangen.

So erklärt es sich, daß die kommunistische Propaganda unserer Tage immer häufiger auf getarnte Weise, sanft und langsam vorgeht. Diese Tarnung kommt zum Beispiel darin zum Ausdruck, daß hie und da marxistische Prinzipien verschleiert über die sozialistische Literatur verbreitet werden, oder auch daß diese Prinzipien wie Keimzellen selbst in die Kultur der „Mitte" eingeschleust werden, wo sie sich vermehren und die Vertreter der Mitte Schritt für Schritt unmerklich zur Annahme der ganzen kommunistischen Lehre führen.

Kommentar aus dem Jahre 1992:
Perestroika" und „Glasnost":
Demontage der III. Revolution oder Metamorphose des Kommunismus?
Am Ende des Jahres 1989 schien der höchsten Führung des internationalen Kommunismus der Augenblick reif für einen ungeheuren politischen Schachzug, den größten in der Geschichte des Kommunismus. Er sollte darin bestehen, den Eisernen Vorhang und die Berliner Mauer zu stürzen, was zusammen mit der Durchführung der „Liberalisierungsprogramme" von Glasnost (1985) und Perestroika (1986) die scheinbare Demontage der III. Revolution in der sowjetischen Einflußsphäre hervorrufen würde.
Diese Demontage sollte dann wiederum ihrem höchsten Vertreter und Garanten, Mikhail Gorbatschow, aufs nachdrücklichste Sympathie und grenzenloses Vertrauen der staatswirtschaftlichen Mächte sowie vieler privater Wirtschaftsmächte der Industrieländer sichern.
Damit könnte dann der Kreml mit dem Zufluß von Finanzmitteln in phantastischem Umfang in seine leere Staatskasse rechnen. Diese Erwartungen haben sich zum größten Teil erfüllt und es Gorbatschow und seiner Mannschaft erlaubt, mit der Hand am Steuer auf dem Meer des Elends, der Faulheit und der Untätigkeit weiterzusegeln. Die russische Bevölkerung aber, die noch bis vor kurzem dem totalen Staatskapitalismus ausgeliefert war, verhält sich demgegenüber bisher verwirrend passiv. Diese Passivität fördert hinwiederum das allgemeine Klima von Marasmus und Chaos, das sich leicht zu einer inneren Krise ausweiten und in einen Bürgerkrieg, wenn nicht gar in einen Weltkrieg ausarten kann * .

                            

Bei diesem Stand der Dinge kam es im August 1991 zu jenen sensationellen, undurchsichtigen Ereignissen, deren Rädelsführer unter anderen Gorbatschow und Jelzin waren. Sie machten schließlich der Umwandlung der UdSSR in einen losen Staatenbund den Weg frei und führten später sogar zu ihrer Auflösung.
Es ist auch die Rede von einem eventuellen Sturz des Castro-Regimes auf Kuba und dem möglichen Einfall ausgehungerter Horden aus dem Osten und dem Maghreb in Westeuropa. Die wiederholten Versuche albanischer Hilfesuchender, in Italien einzudringen, seien nur eine Art Vorspiel dieses neuenEinfalls der Barbaren" in Europa.
Wie in anderen Ländern Europas fehlt es auch auf der iberischen Halbinsel nicht an Stimmen, die diese Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Anwesenheit einer großen Anzahl von Muslimen sehen, die in früheren Jahren in ganz Europa vielerorts ohne weiteres aufgenommen wurden, oder mit den Plänen zum Bau einer Brücke über die Straße von Gibraltar, die Nordafrika mit Spanien verbinden und damit weitere islamische Einwanderungswellen nach Europa auslösen würde.
Die Folgen des Zusammenbruchs des Eisernen Vorhangs und des Baus dieser Brücke weisen eine seltsame Gemeinsamkeit auf. Beide würden den europäischen Kontinent für Invasionen zugänglich machen, wie sie Karl der Große einst siegreich abgewehrt hat, nämlich die der wilden oder halbwilden Horden aus dem Osten und die der islamischen Horden über den südlichen Teil des europäischen Kontinents.
Fast möchte man behaupten, daß sich das vormittelalterliche Bild wieder zusammenfügt. Ein Faktor fehlt jedoch: Der jugendliche Glaubenseifer der katholischen Bevölkerung, die gleichzeitig beiden Anstürmen entgegentreten mußte. Vor allem aber fehlt einer: Wo soll man heute einen Mann von der Statur Karls des Großen ausfindig machen?
Wenn wir die oben genannten Hypothesen, deren Hauptschauplatz der Westen wäre, einmal weiterdächten, wären wir bestimmt bestürzt von der Größe und dramatischen Gewalt der Folgen, die sich daraus ergeben würden.
Dieser Überblick reicht aber bei weitem nicht an die umfassenden Folgen heran, die wohlinformierte Leute aus zum Teil entgegengesetzten Lagern und unparteiliche Presseorgane uns in diesen Tagen ankündigen.
Da ist zum Beispiel der wachsende Gegensatz zwischen den Konsumländem und den armen Ländern. Oder mit anderen Worten zwischen reichen Industrieländern und denen, die lediglich Rohstoffe zu liefern haben.
Dies werde zu einem Zusammenstoß weltweiten Ausmaßes zwischen unterschiedlichen Ideologien führen, die sich auf der einen Seite um eine uneingeschränkte Bereicherung bilden würden und auf der anderen um den Subkonsum des Elends. Angesichts dieses eventuellen Zusammenstoßes kommt man nicht um die Erinnerung an den von Marx angekündigten Klassenkampf herum. Und es taucht natürlich die Frage auf, ob es sich bei diesem Kampf nicht etwa um eine die ganze Welt umfassende Auseinandersetzung handeln wird, die der von Marx vor allem als sozioökonomische Erscheinung innerhalb der Völker konzipierten ähnlich ist, nur daß hier eben jedes Volk mit den ihm eigenen Merkmalen beteiligt sein würde.
Würde im Falle einer solchen Auseinandersetzung zwischen den Industrieländern und der Dritten Welt der Marxismus sich nicht nach seinem katastrophalen sozioökonomischen Scheitern dieser Tarnung bedienen, um nun in einem anderen Gewand mit neuen Erfolgsaussichten den Endsieg zu erreichen? Den Sieg, der sich wenigstens vorerst dem Zugriff Gorbatschows entzogen hat, der zwar sicher nicht der Doktor, aber doch wenigstens eine Mischung aus Barde und Zauberkünstler der „Perestroika" ist...
Jawohl, der „Perestroika", die zweifellos eine Raffinesse des Kommunismus ist, denn als solche bezeichnet sie ja ihr eigener Autor in seiner PropagandaschriftPerestroika - Neue Ideen für mein Land und die Welt" (Ed. Best Seller, S. Paulo 1987, S. 35): „Diese Reform hat den Zweck ... den Übergang von einem übertrieben zentralisierten und von übergeordneten Stellen abhängigen zu einem demokratischen System zu sichern, das sich auf eine Verbindung von demokratischem Zentralismus und Selbstverwaltungstützt". Nun war aber gerade diese Selbstverwaltung von jeher „das höchste Ziel des Sowjetstaates", wie die Einleitung zur Verfassung der früheren UdSSR ausdrücklich festgelegt hatte.

 




* Anmerkung des Herausgebers: Mit dem Titel Kommunismus und Antikommunismus an der Schwelle des letzten Jahrzehnts dieses Jahrtausends erschien im Februar 1990 eine nachdrückliche Interpellation des Autors an die kommunistischen Führer Rußlands und der westlichen Länder im Hinblick auf die „ Perestroika". Sie wurde in 21 Zeitungen in acht Ländern veröffentlicht - in Deutschland in der ,.WELT’ vom 12.5.90 - und hat insbesondere in Italien großes Echo hervorgerufen (vgl. Catolicismo, März 1990).




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