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Plinio Corrêa de Oliveira
Revolution und Gegenrevolution

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  • Dritter Teil   Revolution und Gegenrevolution Zwanzig Jahre Später
    • II. KAPITEL   Höhepunkt und Krise der III. Revolution
      • 4. Die psychologische Offensive der III. Revolution innerhalb der Kirche
        • A. Das Zweite Vatikanische Konzil
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A. Das Zweite Vatikanische Konzil

Unter dem Blickwinkel von Revolution und Gegenrevolution hat der lächelnde Kommunismus nach Stalin seinen größten Erfolg dadurch errungen, daß das II. Vatikanische Konzil in bezug auf den Kommunismus ein rätselhaftes, verunsicherndes, Erstaunen erregendes, ja auf apokalyptische Weise tragisches Schweigen gewahrt hat.

Das Konzil selbst sollte pastoraler und nicht dogmatischer Natur sein. Tatsächlich hatte es keine dogmatische Tragweite. Das Ausbleiben einer Stellungnahme gegenüber dem Kommunismus kann es aber außerdem auch als das apastorale Konzil in die Geschichte eingehen lassen.

Sehen wir uns die besondere Bedeutung, die wir dieser Behauptung geben, einmal näher an.

Der Leser möge sich zunächst einmal eine ungeheure Herde vorstellen, die abgemattet über magere, dürre Weiden zieht und von allen Seiten Schwärme von Bienen, Wespen und Raubvögeln auf sich einstürzen sieht.

Die Hirten machen sich nun daran, das Weideland zu bewässern und die angreifenden Schwärme abzuwehren. Kann man eine solche Tätigkeit als pastoral bezeichnen? Theoretisch ja. Wenn aber die Herde gleichzeitig von einer Meute gefräßiger Wölfe, von denen viele sich mit Schafsfellen getarnt haben, angefallen würde, und es die mit der Vertreibung von Insekten und Vögeln beschäftigten Hirten unterließen, diese Wölfe zu entlarven und zu verjagen, könnte man dann ihr Werk pastoral, das heißt guten, treuen Hirten entsprechend nennen?

Haben mit anderen Worten jene, die beim II. Vatikanischen Konzil die weniger wichtigen Gegner verscheuchen wollten, während sie gleichzeitig dem größeren Gegner durch ihr Schweigen freie Hand gaben, sich als wahre Hirten verhalten?

Mit seinen angeblich der heutigen Zeit angepaßten Taktiken, von denen man übrigens bestenfalls behaupten kann, daß sie auf theoretischer Ebene fragwürdig und in ihren praktischen Auswirkungen ruinös sind, hat das II. Vatikanische Konzil sozusagen versucht, Bienen, Wespen und Raubvögel zu verscheuchen, sein Schweigen gegenüber dem Kommunismus hat jedoch den Wölfen volle Freiheit eingeräumt. Die Arbeit dieses Konzils wird weder in die Geschichte noch ins Buch des Lebens als wirklich pastoral eingehen.

Es ist schmerzlich, davon zu sprechen, aber die Fakten lassen keinen anderen Schluß zu: das II. Vatikanische Konzil ist als einer der größten Unglücksfälle wenn nicht gar als deren größter in der Kirchengeschichte anzusehen 9.

Seither dringt in einem nie erwarteten Ausmaße der „Rauch des Satans " in die Kirche ein und breitet sich mit der furchtbaren Ausdehnungskraft des Gases von Tag zu Tag mehr aus. Zum Ärgernis unzähliger Seelen ist der Mystische Leib Christi in den unheilvollen Sog einer Art Selbstzerstörung geraten *.

Die Geschichte berichtet von zahllosen Erschütterungen, denen sich die Kirche in den zwanzig Jahrhunderten ihres Daseins bisher ausgesetzt sah. Sie weiß von Gegnern zu erzählen, die außerhalb der Kirche aufstanden und sie von außen zu zerstören trachteten, von Tumoren" die sich in ihrem Innern gebildet hatten und von ihr herausgeschnitten wurden, und die dann versuchten, sie von außen mit aller Gewalt zu zerstören.

Wann aber hat es in der Geschichte bisher einen Versuch zur Zerstörung der Kirche gegeben, der nicht etwa von einem Gegner ausging, der in einer Rede, die weltweit Aufsehen erregte, von höchster Stelle als „Selbstzerstörung" bezeichnet wurde 10.

 

Kommentar aus dem Jahre 1992:
Überraschende Mißstände in der nachkonziliären Kirche
Was die Mißstände in der nachkonziliären Phase der Kirche angeht, kommt der historischen Aussage Paul Vl. in seiner AnspracheResistite fortes in fiele", vom 29. Juni 1972, die wir hier nach der Poliglotta Vaticana zitieren, grundlegende Bedeutung zu: „Auf die heutige Lage der Kirche eingehend, behauptet der Heilige Vater das Gefühl zu haben, daß,durch irgendeinen Riß der Rauch des Satans in den Tempel Gottes eingedrungen sei'. Es gibt Zweifel, Unsicherheit, umfangreiche Probleme, Unruhe, Unzufriedenheit, Konfrontation. Man hat kein Vertrauen mehr in die Kirche, verläßt sich auf den erstbesten (der Kirche fremden) profanen Propheten, der uns in einer Zeitung oder Sozialbewegung anspricht, um ihm dann hinterher zu laufen und zu fragen, ob er nicht die Formel des wahren Lebens kenne. Und wir merken nicht, daß wir diese bereits besitzen und Meister dann sind. Der Zweifel hat in unser Gewissen Einzug gehalten, und wahrscheinlich ist er durch Fenster eingedrungen, die dem Lichte offenstehen sollten. ...
Auch in der Kirche herrscht dieser Zustand der Unsicherheit. Man hatte geglaubt, daß nach dem Konzil ein sonniger Tag für die Geschichte der Kirche heraufziehen würde. Doch tatsächlich wurde es ein Tag voller Wolken, Unwetter, Dunkelheit, Fragen, Ungewissheit. Wir predigen den Okurnenismus und entfernen uns doch immer mehr von einander. Wir graben Abgründe, statt sie aufzufüllen.
Wie konnte dies geschehen? Der Papst vertraut den Anwesenden einen seiner Gedanken an: daß sich eine gegnerische Macht eingeschaltet hat. Dieses geheimnisvolle Wesen, auf das bereits der Heilige Petrus in seinem Brief hinweist, hört auf den Namen Teufel" (vgl. „Insegnamenti di Paolo VI", Tipografia Poliglotta Vaticana, Bd. X, S. 707-709).
Einige Jahre vorher hatte derselbe Papst in einer Ansprache an die Schüler des Seminars der Lombardei am 7. Dezember 1968 gesagt, daß „die Kirche sich heute in einem Augenblick der Unruhe befindet. Einige führen Selbstkritik, man könnte sogar sagen Selbstzerstörung. Es verhält sich damit wie mit einer akuten und komplexen inneren Verwirrung, wie sie niemand nach dem Konzil erwartet hätte. Man hatte an ein Aufblühen, eine ruhige Verbreitung der während der großen konziliären Versammlung herangereiften Begriffe gedacht. Noch ist dieser Aspekt der Blüte in der Kirche wahrnehmbar. Angesichts des Prinzips, bonum ex integra causa, malum ex quocumque defecturichtet sich die Aufmerksamkeit jedoch besonders auf den schmerzlichen Aspekt. Die Kirche wird selbst von denen angegriffen, die zu ihr gehören" (vgl. Insegnamenti di Paolo VI, Tipografia Poliglotta Vaticana, Bd. VI, S. 1188).
Seine Heiligkeit Johannes Paul Il. hat ebenfalls ein düsteres Bild von der Lage der Kirche gezeichnet: „Man muß realistisch und mit tiefer Anteilnahme zugeben, daß sich die Christen heute großenteils verloren, konfus, perplex und sogar enttäuscht vorkommen: großzügig wurden Ideen verbreitet, die der offenbarten und stets gelehrten Wahrheit entgegenstehen; richtiggehende Häresien wurden auf dogmatischem und sittlichem Gebiet ausgestreut, und sie haben Zweifel, Verwirrung und Aufruhr geschaffen; selbst die Liturgie der Kirche wurde geändert; dem intellektuellen und sittlichenRelativismus' und also der Permissivität verhaftet, sehen sich die Christen dem Atheismus, dem Agnostizismus, einer vagen moralischen Aufklärung, einem soziologischen Christianismus ohne feste Dogmen und objektive Moral ausgesetzt" (Ansprache vom 6.2.81 an die Ordensleute und Priester, Teilnehmer des I. Italienischen Kongresses zum Thema Sendung zum Volke in den 80er Jahren, in LOsservatore Romano, 7.2.81).
In ähnlicher Weise sprach sich später Kardinal Ratzinger, Präfekt der Glaubenskongregation, aus: „Die Folgen des Konzils scheinen auf grausame Weise den Erwartungen aller entgegenzustehen, angefangen von Johannes XXIII. und dann Paul VI. ... Die Päpste und die Konzilsväter erhofften sich eine neue katholische Einheit, doch der Weg führte zu Meinungsverschiedenheiten, die - um mit den Worten Paul VI. zu sprechen - von der Selbstkritik in Selbstzerstörung umzuschlagen schien. Man erwartete eine neue Begeisterung, und an ihre Stelle trat leider viel zu oft der Überdruß und die Mutlosigkeit. Man erwartete einen Sprung nach vorn, und stattdessen sehen wir uns einem Prozeß fortschreitenden Verfalls gegenüber...". Und er schließt mit den Worten: „Mit deutlichen Buchstaben wird behauptet, daß eine wirkliche Reform der Kirche die entschiedene Abkehr von jenen falschen Wegen voraussetzt, die zu unzweifelhaft negativen Folgen geführt haben" (vgl. Vittorio Messori, „A coloquio con il cardinale Ratzinger, Rapporto sulla fede", Edizioni Paoline, Mailand 1985, S.27-28).

 

Für die Kirche und für die noch verbliebenen Reste christlicher Kultur bedeutet dies eine ungeheure Niederlage. Die vatikanische Ostpolitik zum Beispiel und das massive Eindringen des Kommunismus in die katholischen Reihen sind das Ergebnis dieser Unglücksfälle. Für die psychologische Offensive der III. Revolution gegen die

Kirche aber sind sie als weitere Erfolge zu buchen *.




9) Vgl. Ansprache Paul Vl. vom 29.6.1972.

* Die hervorgehobenen Stellen auf den folgenden Seiten hat der Autor dem Text 1992 hinzugefügt.

10) Vgl. Ansprache Paul Vl. an das Lombardische Seminar. 7.12.1968.

* Die hervorgehobenen Stellen auf den folgenden Seiten hat der Autor dem Text 1992 hinzugefügt.




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