Wie denn? - Man fragt sich
unversehens, ob die von den Strukturalisten unserer Tage erträumte
Stammesgesellschaft nicht eine Antwort auf diese Frage weiß. Der
Strukturalismus sieht im Stammesleben eine illusorische Synthese zwischen
höchster individueller Freiheit und allgemein akzeptiertem Kollektivismus, in
der letzterer die Freiheit schließlich verschlingen wird. Nach den Ideen des
Kollektivismus verschmelzen die verschiedenen „Ich" oder Einzelpersonen
mit ihrem Verstand, ihrem Willen und ihrem Gefühl, also auch mit den ihnen
eigenen und unter einander in Konflikt stehenden Daseinsweisen, um sich in der
Einheit des Stammes aufzulösen, die eine einheitliche Art des Denkens und
Wollens sowie ein gemeinsames Daseinsgefühl hervorbringen wird.
Der Weg zu diesem tribalen Zustand
führt wohlgemerkt über die Auslöschung der überkommenen, individuell
ausgerichteten Normen des Denkens, Wollens und Fühlens, die nach und nach einer
immer kollektiveren Form des Denkens, Entscheidens und Fühlens weichen müssen.
Der Wandel wird sich demnach vor allem auf diesem Gebiet abspielen.
Auf welche Weise? - Im Stamm wird
der Zusammenhalt unter seinen Mitgliedern vor allem von einem gemeinsamen
Denken und Fühlen garantiert, aus dem sich gemeinsame Gewohnheiten und ein
gemeinsames Wollen ergeben. Die Vernunft des einzelnen bleibt auf kaum mehr als
nichts, das heißt eben nur auf jene ursprünglichsten, elementarsten Regungen,
die ihr atrophischer Zustand erlaubt, beschränkt. Ein „wildes Denken"
19, das eben nicht denkt, sondern sich nur dem Konkreten zuzuwenden
vermag. Das ist der Preis des kollektivistischen Aufgehens im Stamm. Dem
Medizinmann fällt die Aufgabe zu, dieses kollektive Seelenleben durch
totemistische Kulthandlungen voller verworrener „Botschaften", aber
„reich" an den aus den Welten der Transpsychologie und der Parapsychologie
stammenden Irrlichtern auf mystischer Ebene am Leben zu halten. Der Erwerb
solcherlei „Reichtümer" wäre der Ausgleich, den der Mensch für die
Atrophie seiner Vernunft gewinnen würde.
Eine Vernunft, die früher von der
Denkfreiheit, vom Kartesianismus usw. hypertrophiert, von der Französischen
Revolution vergöttlicht, von der kommunistischen Denkschule bis zum äußersten
mißbraucht wurde, verkümmert nun und ordnet sich schließlich als Sklavin dem
transpsychologischen und parapsychologischen Totemismus unter... .
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