Um etwaigen Mißverständnissen
vorzubeugen, gilt es deutlich zu machen, daß hier nicht die Behauptung
aufgestellt wird, die Republik sei notwendigerweise ein revolutionäres
politisches System. Leo XIII. hat in seinen Ausführungen über die verschiedenen
Regierungsformen darauf hingewiesen, daß „jede von ihnen gut sei, sofern sie
nur fähig ist, geradlinig auf ihr Ziel zuzugehen, auf das Gemeinwohl nämlich,
für das die gesellschaftliche Autorität eingesetzt worden ist 3.
Für revolutionär aber halten wir die
grundsätzlich feindliche Haltung gegenüber Monarchie und Aristokratie, als ob
diese ihrem Wesen nach mit der Menschenwürde und der natürlichen Ordnung der
Dinge unvereinbar wären. Dieser Irrtum wurde vom Hl. Pius X. in seinem
apostolischen Schreiben Notre Charge Apostolique vom 25. August 1910
ausdrücklich verurteilt. Darin verwirft der große, heilige Papst die These des
„Sillon", nach der „somit würde nur die Demokratie das Reich der wahrhaftigen
Gerechtigkeit eröffnen ", und ruft aus: „Ist es nicht eine Beleidigung für
alle übrigen Regierungsformen, die man auf diese Weise auf den Rang von
machtlosen Notbehelf-Regierungen erniedrigt? 4
Ohne diesen in dem von uns erwähnten
Prozeß eingefleischten Irrtum läßt es sich nicht erklären, warum die von Papst
Pius VI. als die theoretisch beste Regierungsform bezeichnete Monarchie -
praestantioris monarchici regiminis forma 5- im Laufe des 19. und 20.
Jahrhunderts weltweit angefeindet wurde, und schließlich sogar die
ehrwürdigsten Throne und Dynastien gestürzt wurden. Die reihenweise Entstehung
von Republiken auf der ganzen Welt ist unserer Meinung nach ein typisches
Ergebnis und einer der wichtigsten Aspekte der Revolution.
Als Revolutionär sollte nicht
eingestuft werden, wer aus bestimmten, örtlich bedingten Gründen für sein
Vaterland die Demokratie der Aristokratie oder Monarchie bei gleichzeitiger
Wahrung der legitimen Autorität vorzieht, sondern wer aus dem egalitären Geist
der Revolution heraus die Aristokratie und die Monarchie grundsätzlich haßt und
sie als wesenhaft ungerecht und unmenschlich bezeichnet.
Aus diesem gegen Monarchie und
Aristokratie gerichteten Haß heraus entstehen Demokratien der Volksverhetzung,
die die Tradition bekämpfen, die Eliten verfolgen, den allgemeinen Lebensgeist
drosseln und jene vulgäre Stimmung aufkommen lassen, die nun zu einer Art
Kulturdominante geworden ist, soweit man den Begriff Kultur unter diesen
Bedingungen überhaupt noch anwenden kann.
Wie sehr
unterscheidet sich doch von einer solchen revolutionären Demokratie die von
Pius XII. mit folgenden Worten beschriebene Demokratie: „Nach dem Zeugnis der
Geschichte ist das Leben des Volkes dort, wo eine wahre Demokratie herrscht,
von gesunden Traditionen getragen, die man nicht niederreißen darf. Vertreter dieser
Traditionen sind vor allem die führenden Klassen oder die Gruppen von Männern
und Frauen oder Vereinigungen, die, wie man zu sagen pflegt, den Ton angeben im
Dorf und in der Stadt, in der Provinz und im ganzen Land.
Dies ist der Grund, warum in allen
Kulturvölkern im erhabensten Sinn des Wortes hervorragend aristokratische
Einrichtungen - wie es manche Akademien von weitreichender Berühmtheit sind -
bestehen und Einfluß ausüben. Hierher gehört auch der Adel "6.
Wie man sieht, ist also der Geist
der revolutionären Demokratie ein ganz anderer als der, der nach der Lehre der
Kirche eine Demokratie beseelen sollte.
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