AKT II
Szene I. Ännchen, Agathe
(Duett)
Ännchen
Schelm, halt fest!
Ich will dich' lehren!
Spukerein kann man entbehren
In solch altem Eulennest.
Agathe
Laß das Ahnenbild in Ehren!
Ännchen
Ei, dem alten Herrn
Zoll ich Achtung gern;
Doch dem Knechte Sitte lehren,
Kann Respekt nicht wehren.
Agathe
Sprich, wen meinst du? Welchen Knecht?
Ännchen
Nun, den Nagel! Kannst du fragen?
Sollt' er seinen Herrn nicht tragen?
Ließ ihn fallen! War das nicht schlecht?
Agathe
Alles wird dir zum Feste,
Alles beut dir Lachen und Scherz!
O wie anders fühlt mein Herz!
Ännchen
Grillen sind mir böse Gäste!
Immer mit leichtem Sinn
Tanzen durchs Leben hin,
Das nur ist Hochgewinn!
Sorgen und Gram muß man verjagen!
Immer mit leichtem Sinn!
Agathe
Wer bezwingt des Busens Schlagen?
Wer der Liebe süßen Schmerz?
Stets um dich, Geliebter, zagen
Muß dies ahnungsvolle Herz.
Ännchen
So, nun wird der Altvater wohl wieder ein Jahrhundertchen festhängen.
Aber du hast das Tuch schon abgebunden?
Agathe
Sei ohne Sorgen, liebes Annchen! Der Schreck war das schlimmste! Wo nur Max
bleibt?
Ännchen
Nun kommt er gewiß bald. Herr Kuno sagte ja bestimmt, daß er ihn noch einmal
heimsenden werde. Unangenehm ist's freilich, in einem solchen verwünschten
Schloß am Polterabend fast mutterseelenallein zu sein, zumal wenn sich so
ehrwürdige, längst vermoderte Herrschaften mir nichts, dir nichts von den
Wänden herabbemühen. Da lob ich mir die lebendigen und jungen!
Ännchen (Arietta)
Kommt ein schlanker Bursch gegangen,
Blond von Locken oder braun,
Hell von Aug' und rot von Wangen,
Ei, nach dem kann man wohl schauen.
Zwar schlägt man das Aug' aufs Mieder
Nach verschämter Mädchen Art;
Doch verstohlen hebt man's wieder,
Wenn's das Bürschchen nicht gewahrt.
Sollten ja sich Blicke finden,
Nun, was hat das auch für Not?
Man wird drum nicht gleich erblinden,
Wird man auch ein wenig rot.
Blickchen hin und Blick herüber,
Bis der Mund sich auch was traut!
Er seufzt: Schönste! Sie spricht: Lieber!
Bald heißt's Bräutigam und Braut.
Immer näher, liebe Leuchten!
Wollt ihr mich im Kranze sehn?
Gelt, das ist ein nettes Bräutchen,
Und der Bursch nicht minder schön?
Agathe
Jetzt fühle ich mich um vieles leichter.
Ännchen
Erzähle doch! Noch weiß ich nicht, wie dein Besuch abgelaufen ist, außer daß
dir der fromme Greis diese geweihten Rosen geschenkt hat.
Agathe
Er warnte mich vor einer unbekannten Gefahr. Nun ist seine Warnung in Erfüllung
gegangen. Das herabstürzende Bild konnte mich töten!
Ännchen
Gut geklärt! So muß man böse Vorbedeutungen nehmen!
Agathe
Die Rosen sind mir nun doppelt teuer.
Ännchen
Wie wär's, wenn ich sie vors Fenster setzte?
Agathe
Tue das, liebes Ännchen!
Ännchen
Aber dann laß uns auch zu Bette gehn!
Agathe
Nicht eher, bis Max dagewesen ist!
Ännchen
Hat man nicht seine Not mit euch Liebesleuchten!
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