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Päpstlicher Rat „Cor Unum“
Hunger in der Welt

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  • I. HUNGER ALS REALITÄT
    • A. WIRTSCHAFTLICHE GRÜNDE
      • Die tieferliegenden Ursachen
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A. WIRTSCHAFTLICHE GRÜNDE

Die tieferliegenden Ursachen

10. Hunger entsteht zunächst einmal aus Armut. Ernährungssicherheit hängt hauptsächlich von der Kaufkraft der Menschen ab und nicht von der physischen Verfügbarkeit der Nahrung.(18) Hunger existiert in allen Ländern: Er ist in den west- und osteuropäischen Ländern erneut aufgetreten, und er ist in den weniger entwickelten Ländern sehr verbreitet.

Dennoch zeigt die Geschichte des 20. Jhd., daß wirtschaftliche Armut kein unabwendbares Schicksal ist. Zahlreiche Länder haben einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt und machen hierbei weiter Fortschritte; andere hingegen schlittern immer tiefer in die Armut. Sie sind Opfer einer nationalen oder internationalen Politik, die von falschen Prämissen ausgeht.

Hunger entsteht aus folgenden Gegebenheiten:

a) Eine nicht optimale Wirtschaftspolitik in allen Ländern; schlechte Politik in den Entwicklungsländern wirkt sich indirekt, aber dennoch in besonders starkem Maße auf die wirtschaftlich Schwachen aller Länder aus.

b) Strukturen und Gewohnheiten, die die Ressourcen des Landes wenig effizient nutzen oder sogar schlicht zerstören:

– Auf nationaler Ebene in den entwicklungsschwachen(19) Ländern selbst: Große staatliche oder private Institutionen haben Monopolmacht (was zum Teil unumgänglich ist) und hemmen so häufig die Entwicklung statt sie anzukurbeln; die Umstrukturierungen, die seit zehn Jahren in zahlreichen Ländern durchgeführt werden, belegen dies.

– Auf nationaler Ebene in den Industrieländern: Ihre Schwächen zeigen sich weniger auf internationaler Ebene, schaden aber direkt oder indirekt den Ärmsten der Welt.

– Auf internationaler Ebene: Handelshemmnisse und zum Teil übertriebene wirtschaftliche Anreize.

c) Ein moralisch verwerfliches Verhalten mit dem Ziel, sich selbst zu bereichern, Macht und Ansehen zu gewinnen; der Dienst an der Gemeinschaft verliert zugunsten des einzelnen oder der Kasten an Bedeutung; und denken wir nur an die Korruption, die beträchtliche Ausmaße und vielfältige Formen angenommen hat. Kein Land kann sich rühmen, frei von Korruption zu sein.

All dies zeigt, welche Vielzahl von Faktoren menschliches Handeln berücksichtigen muß. Trotz guter Absichten wurden häufig Fehler gemacht, die zu prekären Situationen geführt haben. Um diese zu beheben, ist es notwendig, sie zu benennen.

Wirtschaftliche Entwicklung muß gelernt werden. Jeder muß Verantwortung tragen, der einzelne Mensch, aber auch die Institutionen. Der Staat kann seine Rolle am sinnvollsten übernehmen, wenn er sich von der Soziallehre der Kirche und den Analysen ihre Sozialenzykliken leiten läßt.

Die eigentliche Ursache für eine fehlende oder unzureichende Entwicklung liegt darin begründet, daß es am Willen und an der Fähigkeit zum unentgeltlichen Dienst am Menschen, durch den Menschen und für den Menschen mangelt. Dieser Dienst ist eine Frucht der Liebe. Dieser Wille und diese Fähigkeit durchdringen die gesamte komplexe Wirklichkeit, alle Bereiche der Technik im weitesten Sinne, die Strukturen und die Gesetzgebung sowie auch die Sittlichkeit des menschlichen Verhaltens. Sie zeigen sich in der Planung und Durchführung seines Handelns, dessen wirtschaftliche Tragweite mehr oder wenig weitreichend sein kann.

Unangemessene Strukturen, die einen Dienst am Menschen zum bestmöglichen Preis verhindern, moralisch falsches Verhalten eines jeden einzelnen und fehlende Liebe sind die Ursachen des Hungers. Jede Unzulänglichkeit bezüglich irgendeines dieser Aspekte an einem beliebigen Ort der Welt hat zur Folge, daß die Scheibe Brot dessen, der schon Hunger leidet, noch dünner wird.

Die jüngsten internationalen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen illustrieren diese komplexen Phänomene. Technik und sittliche Moral beeinflussen sie in besonderem Maße und sind für die wirtschaftlichen Ergebnisse verantwortlich. Es ist von der Schuldenkrise zu sprechen, die den Großteil der schwach entwickelten Länder heimsucht und über die Anpassungsmaßnahmen, die schon durchgeführt wurden oder geplant sind.




18) Vgl. Weltbank, Poverty and Hunger, 1986.



19) Der französische Ausdruck pays en mal de développement übersteigt eine blob ökonomische Betrachtungsweise. Er wird auf die Länder angewandt, deren wirtschaftliche und soziale Entwicklung einen hohen Preis an menschlichem Verzicht und an finanziellen Mitteln kostet und gleichzeitig fordert, erprobte Kenntnisse und Praktiken aufzugeben sowie lange vertraute Aktivitäten zu opfern.






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