Die
Verschuldung der entwicklungsschwachen Länder
11. Die
drastische Erhöhung der Ölpreise 1973 und 1979 hat die Länder,
die kein Erdöl fördern, hart getroffen. Das Bankensystem versuchte,
die beträchtlichen Geldströme, die frei wurden, neu anzulegen; das
allgemeine Wirtschaftswachstum wurde gebremst. Hauptopfer dieser Ereignisse
wurden die armen Länder. Aus verschiedenen Gründen haben die meisten
Länder in den 70er und 80er Jahren hohe Kredite mit variablen
Zinssätzen aufnehmen können. Die Länder Lateinamerikas und
Afrikas konnten ihren staatlichen Sektor in spektakulärer Weise ausbauen.
Während dieser Zeit des »leichten Geldes« kam es zu vielfältigen
Exzessen: unnötige, bzw. schlecht geplante oder durchgeführt
Projekte, brutale Zerstörung des traditionellen Wirtschaftssystems,
Anstieg der Korruption in allen Ländern. Einige Länder Asiens haben
diese Fehler nicht gemacht, was ihnen dann eine sehr schnelle Entwicklung
erlaubte.
Der
explosionsartige Anstieg der Zinssätze - ausgelöst durch die
unkontrollierten und wahrscheinlich auch nicht kontrollierbaren
Marktkräfte - hat dazu geführt, daß die meisten Länder
Lateinamerikas und Afrikas nicht mehr in der Lage waren, ihre Schulden
aufzufangen. Es kam zum Phänomen der Kapitalflucht, was sehr bald zu einer
Gefahr für das soziale Netz vor Ort wurde - auch wenn dies ohnehin schon löchrig
war - und letztendlich für das Bankensystem selbst. Schon bald wurde
deutlich, welche Ausmaße die Schäden auf wirtschaftlichem,
strukturellem und moralischem Gebiet annahmen. Wie immer wurden zunächst
Lösungen rein technischer Natur gesucht. Es wurde jedoch deutlich, daß
diese Maßnahmen, sofern sie denn nötig und nützlich sind, immer
einhergehen müssen mit einer grundlegenden Verhaltensänderung jedes
einzelnen, vor allem aber derer - egal, in welchem Land sie leben und in
welchem Bereich sie arbeiten -, die nicht von jenen Zwängen betroffen
sind, die die Armut dem Menschen bei seiner Lebensgestaltung auferlegt.
In der
Anfangsphase der Anpassungsmaßnahmen kehrte sich das Vorzeichen der
Geldtransfers um: Die Kredite wurden gesperrt, die Ölpreise wurden auf
einem künstlich hohen - für die Entwicklungsländer zu hohen -
Niveau eingefroren, die Rohstoffpreise sanken ab, hervorgerufen durch das
verlangsamte Wirtschaftswachstum, für das wiederum die hohen Ölpreise
und die Schuldenkrise verantwortlich waren. Die internationalen Organisationen
haben zu langsam darauf reagiert, um z.B. den Ländern Liquidität zur
Verfügung zu stellen. Eine Ausnahme bildet der Internationale
Währungsfonds. In dieser Zeit begann der Lebensstandard in den
verschuldeten Ländern drastisch zu sinken.
Man kann leicht
ermessen, wieviel Weisheit der Umgang mit Geld erfordert. Technisches und
wirtschaftliches Wissen reicht nicht aus. Die Bereitstellung
beträchtlicher finanzieller Mittel zeitigt negative strukturelle und
personelle Folgen anstatt überall zu spektakulären Verbesserungen der
Situation der Ärmsten zu führen.
Zentrale
Schlußfolgerungen müssen wir aus dem Gesagten ziehen: Voraussetzung
für die Entwicklung des Menschen ist die Fähigkeit zum Altruismus,
d.h. zur Liebe. Für die praktische Umsetzung ist dies von elementarer
Wichtigkeit. Auf den Punkt gebracht und auf die Gegenwart bezogen, heißt
dies: Nächstenliebe ist kein Luxus, sondern die Voraussetzung für das
Überleben einer großen Anzahl von Menschen.
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