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Päpstlicher Rat „Cor Unum“
Hunger in der Welt

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  • I. HUNGER ALS REALITÄT
    • A. WIRTSCHAFTLICHE GRÜNDE
      • Die strukturellen Anpassungsprogramme
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Die strukturellen Anpassungsprogramme

12. Das Ausmaß und die Härte der monetären Phänomene haben vielen Ländern drastische Maßnahmen abverlangt, die Krise zu bewältigen und möglichst überall das Gleichgewicht wiederherzustellen. Logische Folge dieser Maßnahmen ist ein beträchtlicher durchschnittlicher Kaufkraftverlust in den betreffenden Ländern.

Wirtschaftskrisen haben erhebliche Probleme und Leiden für die Bevölkerung zur Folge, selbst wenn sie zuguterletzt zu mehr Wohlstand führen.

Durch die Krise werden die Schwächen des Landes deutlich, ob sie nun von außen kommen oder dem System innewohnen. Dazu gehören Fehler in der Politik zur Entwicklung des Landes, die von den aufeinanderfolgenden Regierungen, ihren Partnerländern oder sogar der Weltgemeinschaft gemacht worden sind. Oft werden die vielfältigen Schwächen erst im nachhinein deutlich sichtbar. Andere gründen in der Unabhängigkeitspolitik. So kann das, was die Stärke der Kolonialmacht ausmachte, nun für die Schwäche des unabhängigen Landes verantwortlich sein, ohne daß dies durch flankierende Maßnahmen abgefedert wird. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die großen Projekte, denn sie gewinnen in einer Zeit an Bedeutung, da im ganzen Land Solidarität besonders wichtig wird. In Wahrheit zielt die Politik des Wiederaufbaus aber darauf ab, die Ausgaben zurückzufahren und somit die Einkommen zu senken. Die wirtschaftlich Schwachen des Landes haben die Wahl, den aufeinanderfolgenden Regierungen zu vertrauen oder zu versuchen, sich ihrer zu entledigen. Oft werden sie Opfer ehrgeiziger Gruppierungen, die unter Umgehung demokratischer Regeln, aus ideologischen Gründen oder aus Ehrgeiz, an die Macht wollen, und die auch bereit sind, sich dabei fremde Kräfte zunutze zu machen.

Wirtschaftsreformen verlangen von der Regierung die Fähigkeit, politische Entscheidungen zu treffen. Über den Erfolg entscheiden nicht nur die technischen Aspekte der Stabilisierungsmaßnahmen, sondern auch die Frage, ob die Mehrheit der Bevölkerung, darunter auch die Ärmsten der Bevölkerung, die Regierung und die Maßnahmen unterstützen wird. Die Regierung muß folglich alle Schichten der Bevölkerung dazu bringen, einen beträchtlichen Teil der Last zu tragen. Gemeint sind hier die wenigen Personen mit internationalem Durchschnittseinkommen, aber auch die Beamten und Angestellten des Staates, die bis dato beneidenswert gut lebten und die nun Gefahr laufen, von heute auf morgen einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens einzubüben. Es geht also um gelebte Solidarität in traditionellem Sinn: Die Armen waren schon immer bereit, ihre Familie in prekärer Situation zu unterstützen, die man überwunden glaubte.

Die Unterstützung der Ärmsten während solcher Anpassungsphasen wurde erst nach und nach von den Verantwortlichen auf nationaler und internationaler Ebene berücksichtigt. Mehrere Jahre vergingen, bis ein erstes Konzept begleitender Maßnahmen für die gefährdetsten Gruppen der Bevölkerung erstellt wurde. So wie häufig in Notsituationen besteht auch hier die Gefahr, zu spät und zu abrupt auf die Bremse zu treten, was die schwächsten Glieder besonders hart trifft.

In Afrika und Lateinamerika(20) wurden umfangreiche Projekte in Angriff genommen. Im einzelnen:

strukturelle Anpassungsprogramme, die strenge makroökonomische Maßnahmen beinhalten,

– die Bewilligung weiterer hoher Kredite,

– eine weitreichende Reform der örtlichen ineffizienten Strukturen; hier vor allem im Bereich der staatlichen Monopole, die einen Großteil des nationalen Einkommens binden, ohne dafür in zufriedenstellendem Maße Dienstleistungen zum Wohl der Allgemeinheit bereitstellen. In vielen Ländern haben die öffentlichen Dienste an Effizienz eingebüßt, und da Spreu und Weizen oft schwer zu trennen sind, wurden auch leistungsstarke Bereiche in Mitleidenschaft gezogen.(21)

Einige Regierungen haben Erstaunliches geleistet, was international oft nicht anerkannt wird. Sie haben politischen Mut bewiesen und die unumgänglichen Maßnahmen durchgesetzt und dabei dem Druck und den verschiedenen Meinungen von außen Rechnung getragen. Sie haben sich nicht geschont und sich beispielhaft für mehr Solidarität und eine bessere Zusammenarbeit in ihrem Land eingesetzt, um Rückschlägen vorzubeugen. Zu unterstreichen ist in diesem Zusammenhang der Einfluß, den das Regierungsoberhaupt hat - nicht nur durch seine Führungsqualitäten und seine sinnvollen Entscheidungen, sondern auch durch seine Fähigkeit, der sozialen Ungerechtigkeit entgegenzuwirken, die in solchen Situationen immer anzutreffen ist.

Die Industrieländer müssen sich ernsthaft fragen, ob sie sich bei ihrer Haltung bzw. Präferenz gegenüber entwicklungsschwachen Ländern von der Kompetenz der politisch Verantwortlichen im sozialen, technischen oder politischen Bereich leiten lassen, oder ob sie andere Kriterien als Maßstab nehmen.




20) Asien war aufgrund einer effizienteren Politik und einer besseren Umsetzung im allgemeinen leistungsstärker. Die zwischenmenschlichen Beziehungen waren jedoch nicht besser, noch war die Korruption weniger ausgeprägt.



21) In einigen Ländern mußten die Mittel im Bildungsbereich gekürzt werden. Viele Länder mit Entwicklungsproblemen tendieren dazu, die Grundschulbildung zugunsten der höheren Schulbildung zu vernachlässigen. Dieses häufig anzutreffende Problem muß von den internationalen Institutionen im Dialog mit diesen Ländern angegangen werden.






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