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Päpstlicher Rat „Cor Unum“
Hunger in der Welt

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  • I. HUNGER ALS REALITÄT
    • C. POLITISCHE GRÜNDE
      • Der Einfluß der Politik
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C. POLITISCHE GRÜNDE

Der Einfluß der Politik

16. Nahrungsentzug wurde im Laufe der Geschichte genauso wie heute als politische oder militärische Waffe eingesetzt. Bisweilen kann von Verbrechen gegen die Menschheit gesprochen werden.

Viele Fälle stammen aus dem 20. Jhd. Hier einige Beispiele:

Stalin verwehrte den ukrainischen Bauern um 1930 systematisch jegliche Nahrung. Die Bilanz: ca. 8 Mio. Tote. Lange war dieses Verbrechen nicht bekannt. Erst unlängst wurde es im Zusammenhang mit der Öffnung der Archive des Kremls bestätigt.

– Die jüngste Belagerung Bosniens, insbesondere der Stadt Sarajewo. Die Hilfsorganisationen selbst wurden als Geiseln genommen.

– Die Vertreibung der Bevölkerung Äthiopiens durch die regierende Einheitspartei zur Erlangung der politischen Kontrolle. Hunderttausende Vertriebene verhungerten, weil sie ihre Felder verlassen mußten.

Aushungern der Bevölkerung in Biafra in den 70er Jahren als Waffe gegen die politische Spaltung.

Viele Auslöser von Bürgerkriegen sind durch den Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr vorhanden: Ausweglose Revolutionen, Vertreibung der Bevölkerung, schlechte Bewirtschaftung der Felder, Stammesfehden, Völkermorde. Dennoch gibt es immer noch Situationen bzw. sind neue entstanden, die zu diesen Phänomenen führen können. Auch wenn sie nicht die gleichen Dimensionen haben, so leidet dennoch die Bevölkerung darunter. Zu nennen ist hier vor allem das Wiederaufflammen des Nationalismus, der in einigen Staaten mit ideologisch geprägter Regierung gefördert wird oder da lokaler Ausprägung ist, wo entwickelte Länder um Einfluß kämpfen. Er entsteht auch, wo ein Machtkampf wütet, vor allem in einigen Ländern Afrikas.

Zu nennen sind hier auch Länder wie Kuba oder der Irak, über die aus politischen Gründen ein Embargo verhängt wurde. Das Regime in diesen Ländern wird als Bedrohung für die internationale Sicherheit angesehen und die Bevölkerung als Geisel des Regimes. Opfer dieser Embargos ist in erster Linie die Bevölkerung, die doch vorrangig geschützt werden soll. Daher müssen die Folgen für die Menschen bei solchen Entscheidungen genau berücksichtigt werden. Andererseits setzen einige Verantwortliche das Elend ihres Volkes, das sie selbst zu verantworten haben, als Mittel ein, um die Staatengemeinschaft zu zwingen, ihre Lieferungen wieder aufzunehmen. Den Besonderheiten einer Situation muß jeweils im Sinne der Weltdeklaration zur Ernährung Rechnung getragen werden. In dieser Erklärung heißt es: »Hilfe in Form von Lebensmitteln darf nicht aus Gründen politischer, geographischer, geschlechts- und altersspezifischer Zugehörigkeit oder der Zugehörigkeit zu einer ethischen, Stammes- oder religiösen Gruppe verwehrt werden«.(28)

Politisches Handeln kann auch aus anderen Gründen Hunger zur Folge haben. Mehrfach haben die Industrieländer ihre Überschüsse aus der landwirtschaftlichen Produktion (beispielsweise Weizen) unentgeltlich in solche entwicklungsschwachen Länder exportiert, wo die Nahrungsgrundlage aus Reis besteht. Ziel war es, den Binnenkurs zu stützen. Diese Gratisexporte wirkten sich verheerend aus: Die Bevölkerung änderte ihre traditionellen Ernährungsgewohnheiten, und den Produzenten im Land wurde die Existenzgrundlage entzogen.




28) FAO und WHO, Welternährungskonferenz. Weltdeklaration zur Ernährung. Schlußbericht der Konferenz, Punkt 15, Rom 1992.






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