nach vorherigem Genuß der
Wollust erfunden, damit die Schuld der Christen der die heilbringende
Enthaltsamkeit zurückweist, um so größer werde.
Als Beweis dafür
dürften uns auch gewisse heidnische Frauen dienen, welche wegen ihres
beharrlichen Aushaltens bei einem Manne Ruhm erlangt haben. Eine gewisse Dido,
welche in ein fremdes Land geflüchtet war, wo sie die Ehe mit dem Könige
ihrerseits hätte wünschen sollen, wollte, um nicht eine zweite Ehe eingehen zu
müssen, lieber Begierde leiden als heiraten. Lukretia, welche nur einmal und
wider ihren Willen mit einem fremden Manne zu tun gehabt hatte, wusch ihren
befleckten Leib sogar in ihrem eigenen Blute rein, um nicht zu leben als eine,
die in ihren eigenen Augen schon nicht mehr eingattig war.
Zahlreichere und
zuverlässige37) Beispiele würde man bei den
Unserigen finden, und zwar sind sie in anderer Weise erhaben, weil es
schwieriger ist, in der Enthaltsamkeit zu leben als für sie zu sterben. Es ist
leichter, sein Leben hingeben, weil man ein Gut verloren hat, als durch das
Leben das zu bewahren, wofür man gern sterben würde. Wie viele Männer und wie
viele Frauen zählen um ihrer Enthaltsamkeit willen zu den kirchlichen Ständen!
Sie wollten lieber Bräute Gottes sein, sie brachten selber ihren Leib wieder zu
Ehren und erwarben schon hienieden die Weihe der Kinder der anderen Welt, indem
sie die Begierlichkeit des Fleisches und alles das in sich ertöteten, was
keinen Zutritt ins Paradies erhalten kann. Daraus muß man die Überzeugung
schöpfen, daß diejenigen, welche Aufnahme ins Paradies erhalten wollen, endlich
einmal von dem ablassen müssen, wovon das Paradies unberührt ist38). Gnade also sei mit dem, der
es einsieht! Gedenke in deinen Gebeten des Tertullian, der hierzu ermahnt.