7. Warum wollen wir von den Vorfällen aus
der alten Zeit nicht lieber die gelten lassen, welche mit den späteren in
betreff der Sittenzucht übereinstimmen und den Übergang von der Ordnung des
Altertums zu der der Neuzeit bilden? Siehe, ich finde, daß im alten Gesetze die
Freiheit, mehrmals zu heiraten, doch auch Einschränkungen erlitten habe. Im
Levitikus ist vorgesehen: „Meine Priester werden nicht mehrfach
heiraten"17). Ich kann sagen, auch das ist
mehrfach, was nicht ein einziges Mal ist. Was nicht eins ist, ist zählbar. Denn
wenn die Einzahl überschritten ist, fängt das Zählen an. Einheitlich ist aber
alles, was nur einmal existiert. Wie in den übrigen Dingen, so war auch in
Bezug hierauf Christo die Vervollständigung des Gesetzes vorbehalten. Daher
wird bei uns umfassender und bestimmter die Vorschrift gegeben, diejenigen,
welche zum priesterlichen Range aufgenommen werden, dürfen nur Männer einer
Verheiratung sein18), Mir sind noch immer Fälle im
Gedächtnis, daß einige als Digami19) ihrer Stelle entsetzt
wurden.
Du wirst einwenden:
Also steht es dann doch den übrigen, die Paulus ausnimmt, frei, — Wir würden Toren
sein, wenn wir glauben wollten, den Laien stehe frei, was den Priestern nicht
freisteht. Sind wir Laien denn nicht auch Priester! Es steht geschrieben: „Auch
uns hat er zu einem Reiche und zu Priestern für Gott und seinen Vater
gemacht"20). Der Unterschied zwischen den
Ordinierten und dem Volk ist durch die Autorität der Kirche festgestellt und
ihr Rang durch das Zusammensitzen der Ordinierten geheiligt worden. Denn wo es
kein Zusammensitzen der Ordinierten der Kirche gibt, da opferst du und taufst
du und bist Priester für dich allein. Aber wo drei sind, da ist eine Gemeinde,
wenn es auch nur Laien sind. Jeder einzelne nämlich21) hat das Leben durch seinen
Glauben, und Gott macht keine Ausnahme in betreff der Personen, da nicht die
bloßen Hörer des Gesetzes von Gott gerechtfertigt werden, sondern die
Vollzieher, gemäß dem Ausspruche des Apostels22). Wenn du also, wo ein
Notfall vorhanden ist, das Recht des Priesters besitzest, so mußt du für die
Notfälle, die vorkommen, das Recht des Priesters auszuüben, auch die
Sittenzucht des Priesters beobachten. Willst du nun als Digamus taufen? Als
Digamus opfern? Um wieviel mehr ist es für einen Laien, der ein Digamus ist,
ein Kapitalvergehen, priesterliche Handlungen vorzunehmen, da einem Priester,
wenn er Digamus geworden, das Recht, als Priester zu handeln, sogar wieder
genommen wird?!
Aber, sagst du, man
gibt ja nur der Notwendigkeit nach, — Was nicht zu sein braucht, wird nicht als
Notwendigkeit entschuldigt. Laß dich also nicht als Digamus finden, und du
wirst keinen Fehler begehen, gegen die Notwendigkeit zu verrichten, was einem
Digamus nicht gestattet ist. Gott will, daß wir alle so beschaffen sind, daß
wir überall seine Geheimnisse zu begehen
geeignet seien. Es gibt nur
einen Gott und einen Glauben, und die Sittenzucht ist auch nur eine. Wenn also
nicht auch die Laien immerfort das befolgen, um dessentwillen man zum Priester
ausgewählt wird, wie sollte es denn Priester geben, da sie doch aus den Laien
gewählt werden? Also müssen wir dafür eintreten, daß dem Laien zuerst befohlen
sei, sich der zweiten Ehe zu enthalten, da niemand anders Priester werden kann,
als ein Laie, der nur einmal verheiratet gewesen ist.