12. Ich weiß wohl, mit was für
Entschuldigungen man die unersättliche Begierde des Fleisches bemäntelt. Man
schützt vor, die Notwendigkeit einer Hilfe in Besorgung des Hauswesens und
Überwachung der Dienerschaft, die Bewahrung der Kasse und der Schlüssel, die
Aufsicht in der Spinnstube, die Leitung der Küche und die Abnahme der
Sorgen33). Natürlich, nur eines Ehemannes Haus ist wohlbestellt.
Es gehen unter die Haushaltungen der Ehelosen, Hab und Gut der Kastraten, der
Besitz der Soldaten und Reisenden geht, weil sie ohne Gattinnen sind, immer
zugrunde! Aber sind wir denn nicht auch Soldaten, und zwar unter einer noch
viel strengeren Kriegszucht, weil Soldaten eines so erhabenen Herrschers? Sind
wir nicht auch Pilgrime in dieser Welt? Warum, mein Christ, steht es so mit
dir, daß du ohne eine Ehefrau nicht fertig werden kannst? Hast du noch immer
eine Teilnehmerin an den Lasten des Hauswesens notwendig, gut, dann habe irgend
eine geistige Ehefrau! Nimm dir irgend eine von den Witwen, deren Schönheit im
Glauben, deren Mitgift in der Armut, deren Auszeichnung im Alter besteht. Das
wird eine löbliche Heirat sein. Derartige Gattinnen kann man sogar mehrere
haben, und es ist Gott angenehm.
Es kommt auch vor,
daß Christen, für die es doch kein Morgen gibt, auf Nachkommenschaft bedacht
sind. Leibeserben sollte der Knecht Gottes sich wünschen, er, der sich selbst
zum Enterbten vor der Welt gemacht hat!? Es sollte ein Grund sein, sich zu
wiederholten Malen zu verehelichen, wenn man aus der vorigen Ehe keine Kinder
hat!? Demzufolge wird man es für das
höchste Gut halten, lange zu
leben, während der Apostel zum Herrn eilte. Man wird ganz gewiß bei den
Verfolgungen der Bereitwilligste, beim Martyrium der Standhafteste, der
Willfährigste beim Hergeben, der Zurückhaltendste im Erwerb sein, und zuletzt
mit besonderer Ruhe sterben, da man ja Kinder hinterläßt, welche uns vielleicht
ein Begräbnis besorgen. Werden solche Leute vielleicht durch die Sorge um den
Staat dazu bewogen? Damit die Städte nicht ausstürben, wenn nicht für Nachwuchs
gesorgt wird, die gesetzlichen Rechte und der Handel nicht zugrunde gehen, die
Tempel nicht leer stehen und damit es nicht an Leuten fehlt, die das Geschrei
erheben: Die Christen vor die Löwen! Solche Rufe sind es, welche die zu hören
wünschen, die nach Kindern verlangen.
Zur Anempfehlung des
Witwenstandes dürften schon die, zumal bei uns eintretenden Ungelegenheiten,
welche durch Kinder versucht werden, genügen34); zur Aufziehung derselben
müssen die Menschen ja sogar erst durch Gesetze angehalten werden, weil kein
weiser Mann von freien Stücken jemals nach Kindern verlangt. Was wirst du also
tun, wenn du die neue Gattin mit dem, was du verstehst, in andere Umstände
versetzt hast? Willst du dann etwa das Empfangene durch Arzneimittel
beseitigen? Mich dünkt, es ist uns ebenso wenig erlaubt, einen in der Geburt
begriffenen Menschen als einen schon geborenen zu töten. Aber vielleicht wirst
du dich erkühnen, in jener Zeit, wo deine Frau schwanger ist, ein Heilmittel
für diesen großen Kummer von Gott zu erbitten, weil du das in deiner Gewalt befindliche
Heilmittel35) verschmäht hast. Vermutlich wird man sich eine
unfruchtbare Frau besorgen oder eine, die schon im kälteren Alter steht?! Sehr
weise und vor allem auch der Religion entsprechend! Denn daran, daß eine
Unfruchtbare oder eine Greisin durch den Willen Gottes geboren habe36), glauben wir ja nicht. Das
kann
um so leichter geschehen, wenn
jemand dadurch, daß er in dieser Weise auf seine Vorsicht vertraut, die
Feindschaft Gottes herausfordert. Wir kennen z. B. einen Fall, wo einer von den
Mitbrüdern, da er um seiner Tochter willen in zweiter Ehe eine Unfruchtbare
genommen hatte, nochmals Vater wurde, wie er nochmals Gatte geworden war.