existiere, und gestehst, daß
er alle Macht habe, indem du auf seinen Willen Rücksicht nimmst. Du leugnest
zugleich, daß die ändern Götter seien, indem du sie mit besondern Namen
benennst: Saturn, Jupiter, Mars, Minerva, Denn wenn du ihn in der Art als Gott
bezeichnest, daß du auch dann, wenn du die ändern zuweilen auch einmal Götter
nennst, dich gleichsam einer fremden und geliehenen Sache zu bedienen scheinst,
so behauptest du damit, daß er der alleinige Gott sei.
Auch die
Beschaffenheit des Gottes, den wir predigen, ist dir nicht verborgen, „Gott ist
gütig, Gott macht es wohl" ist deine Ausdrucksweise, Ausdrücklich fügst du
hinzu; „Aber der Mensch ist schlecht". Durch diese entgegengesetzte
Behauptung wirfst du versteckter und verblümter Weise dem Menschen vor, daß er
eben deshalb schlecht sei, weil er vom guten Gott abgewichen ist. Weil jeder
beim Gott der Güte und Liebe erteilte Segen für uns die höchste Weihe unseres
sittlichen Lebens und Wandels ist, sprichst du auch das „Es segne dich
Gott" mit derselben Leichtigkeit aus, wie der Christ es muß. Wenn du
hingegen die Nennung des Wortes Gott in einen Fluch verwandelst, so bekennst du
auf gleiche Weise durch deine Rede wie wir, daß alle Macht über uns ihm gehöre.
Es gibt Leute, die,
obwohl sie Gott nicht leugnen, ihn doch nicht für den Beobachter, Augenzeugen
und Richter [unserer Handlungen] halten; darin mißfallen wir, die wir aus
Furcht vor dem angekündigten Gerichte uns dieser Lehre in die Arme werfen,
ihnen am meisten, indem sie Gott, dem sie auch nicht einmal einen Zorn
zuschreiben, in der Weise ehren wollen, daß sie ihn von den Sorgen des
Zuschauens und den Unbequemlichkeiten der Bestrafung entbinden. Wenn Gott
zürnt, sagen sie, so ist er veränderlich und den Leidenschaften ausgesetzt, und
weiter, was dem Leiden und der Veränderung unterworfen ist, das ist auch dem
Untergange ausgesetzt, was Gott nicht ist. Ich erwidere: eben dieselben Leute erklären
ein andermal die Seele für etwas Göttliches und von Gott Gegebenes, und so
unterliegen sie dem Zeugnis der Seele selbst, welches gegen die
frühere Meinung geltend zu machen ist.
Wenn die Seele etwas Göttliches oder doch von Gott Gegebenes ist, so kennt sie
ohne Zweifel ihren Geber, Wenn sie ihn kennt, so fürchtet sie ihn an letzter
Stelle auch als ihren Urheber. Oder sollte sie etwa den nicht fürchten, den sie
doch lieber gnädig gegen sich gesinnt als erzürnt sehen will? Woher dann also
die natürliche Furcht der Seele vor Gott, wenn Gott nicht zürnen kann? Wie
könnte der gefürchtet werden, welcher nicht beleidigt werden kann? Was wird
denn überhaupt gefürchtet, wenn nicht der Zorn? Und woher der Zorn, wenn nicht
wegen der Bestrafung? Woher die Bestrafung, wenn nicht in Folge eines Gerichts?
Woher sonst das Gericht als in Folge von Macht? Und wer hat die höchste Mächt,
wenn nicht Gott allein? Von dorther also hast du, o Seele, durch dein Wissen
Grund genug, sowohl zu Hause als draußen zu sagen: „Gott sieht alles",
„Ich empfehle es Gott", „Gott wird es dir vergelten", „Gott wird
zwischen uns richten", ohne daß jemand spottet oder es verwehrt. Woher
kommt dieses, wenn du keine Christin bist? Und zwar oft sogar dann, wenn du mit
der Kopfbinde der Ceres umwunden bist, wenn du im Purpurmantel des Saturn oder
im Linnengewande der Göttin Isis prangst. Mit einem Wort, in den Tempeln selbst
rufest du Gott als Richter an, Du stehst vor Äskulap, du flehest zur Juno in
der Luft, du versiehst den Helm der Minerva mit dunkeln Formen2) und rufst dabei keinen der
gegenwärtigen Götter zu Zeugen an. Auf deinem Forum appellierst du an einen
Richter von anderswo, in deinen Tempeln duldest du noch einen ändern Gott, O
Zeugnis der Wahrheit, welches im Angesichte der Dämonen selbst einen Zeugen für
die Christen erweckt!