platonische, indem sie dir
auch noch die Gabe des Körpers wiedergegeben werden läßt, wenngleich
annehmbarer als die epikureische, indem sie dir die Auflösung erspart, so wird
sie dennoch wegen ihres Namens für einen bloßen Wahn, für Borniertheit und, wie
man auch sagt, für eine vermessene Phantasterei angesehen. Jedoch wir schämen
uns unserer anmaßlichen Phantasterei nicht, wenn du sie mit uns teilst.
Erstens, wenn du dich
nämlich eines Verstorbenen erinnerst, nennst du ihn „den Armen"; natürlich
nicht, weil er der Wohltat des Lebens entrissen, sondern weil er bereits der
Strafe und dem Gerichte überantwortet ist, Ein anderes Mal sagst du von
Verstorbenen, sie seien „wohl aufgehoben". Damit gestehst du die
Mühseligkeit des Lebens und das Wohltätige des Todes ein. Du nennst sie sogar
dann „gut aufgehoben", wenn du gerade, mit Fischspeisen und Leckerbissen
eigentlich dir selbst ein Totenopfer bereitend, die Grabhügel vor dem Tore
besuchst oder etwas angesäuselt von den Grabhügeln heimkommst. Ich habe es aber
mit deiner Ansicht zu tun, wie du sie im nüchternen Zustande hast, — dann
nennst du die Toten „arm", wenn du von deinem Zustand ausgehend sprichst,
weil du weit von ihnen entfernt bist. Denn bei den ihnen zu Ehren gegebenen
Mahlzeiten, wenn sie gleichsam anwesend sind und mit zu Tische sitzen, kannst
du ihnen doch aus ihrem Lose keinen Vorwurf machen; da mußt du ja denen
Höflichkeiten sagen, welche die Veranlassung deiner Fröhlichkeit sind. Nennst
du folglich arm etwa denjenigen, der nichts mehr empfindet? Wie aber, wenn du
ihm nun fluchst, als hätte er Empfindung? Wessen Andenken für dich mit dem
Stachel einer Beleidigung verbunden ist, dem wünschest du, daß ihm die Erde
schwer sein, und seine Asche in der Unterwelt zu leiden haben möge3). In gleicher Weise erflehest
du im günstigen Falle, wenn du jemandem Dank schuldest: „Ruhe
seinen Gebeinen und seiner Asche"
und wünschest, daß er „sanft ruhen möge unter den Toten".
Wenn du nach dem Tode
keine Empfindung mehr hast, wenn dir kein Gefühl mehr bleibt, wenn du endlich,
sobald du den Körper verlassen hast, selber ein Nichts bist, warum lügst du dir
zu deinem Nachteil vor, du könntest ferner noch etwas leiden? Noch mehr, warum
überhaupt fürchtest du dann den Tod? Du hast nach dem Tode ja nichts zu
fürchten, ebenso wenig als nach dem Tode überhaupt noch etwas zu erwarten.
Denn, obschon man vorgeben könnte, deshalb den Tod zu fürchten, nicht weil er
noch mit etwas drohe, sondern weil er die Annehmlichkeit des Lebens abschneide,
so beseitigt er, da die weit zahlreicheren Widerwärtigkeiten des Lebens
entfallen, doch auch mit dem sichern Erwerbe des bessern Teils die Furcht, und
man braucht daher auch den Verlust des Gutes, welches durch ein anderes Gut,
nämlich die Sicherheit vor Widerwärtigkeiten, aufgewogen wird, nicht mehr zu
fürchten. Dasjenige hat man nicht zu fürchten, was uns von jeder Furcht
befreit. Wenn du dich fürchtest, das Leben zu verlassen, weil du es als ein
großes Gut kennen gelernt hast, so darfst du sicherlich den Tod nicht fürchten,
von dem du ja doch nicht weißt, ob er ein Übel ist. Ja, du würdest ändern
Falles gar nicht wissen, daß er ein Übel sei; — weil du ihn dann nicht fürchten
würdest, wenn du nicht wüßtest, daß es nach dem Tode etwas gebe, was ihn zu
einem Übel macht, das man zu fürchten hat.
Wir wollen nun die
natürliche Todesfurcht beiseite lassen; niemand möge fürchten, was er nicht
vermeiden kann! Ich nehme von einer ändern Seite den Kampf auf, von seilen der
freudigeren Hoffnung nach dem Tode, Fast allen Menschen nämlich ist ein
Verlangen nach Nachruhm nach dem Tode angeboren. Es wäre zu weitläufig, Männer
wie Curtius und Regulus vorzuführen oder die Griechen, deren Lobeserhebungen
der Todesverachtung im Hinblick auf den nachfolgenden Ruhm unzählig sind. Wer ist
auf Auffrischung seines Andenkens nach seinem Tode heutzutage nicht so sehr