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Quintus Septimius Florens Tertullianus
Über die Ehrbarkeit.

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15. Wenn du auch das, was in dem angeführten Briefe weiter folgt, auf die Androhung durch den Apostel ausdehnst, so darf auch dieses keineswegs für die Tilgung der Blutschande in Anspruch genommen werden, damit dem Apostel nicht die Schmach angetan werde, als stimmten seine späteren Gesinnungen mit den früheren nicht überein. Was würde es heißen, wenn er, nachdem er soeben dem blutschänderischen Hurer


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die Rückkehr in den Kirchenfrieden verliehen hat, sofort scharfe Warnungen hinsichtlich der Verabscheuung der Unzucht, der Beseitigung der Makeln und eindringliche Ermahnungen zur Heiligkeit anreiht, gerade so, als ob er nicht kurz vorher etwas dekretiert hätte, was dem widerspräche? Vergleiche z. B., ob der imstande ist, zu sagen: „Darum, da wir dieses Amt erhalten haben gemäß der Erbarmung, die wir erlangten, lassen wir nicht ab, sondern richten unsere Absage gegen alle heimliche Schlechtigkeit184), der nicht etwa eine Schlechtigkeit, sondern ein offenbares Verbrechen verziehen185) hat? Ob der irgendeine Unkeuschheit noch entschuldigen kann, der bei Aufzählung seiner Arbeiten nach den Bedrängnissen und Nöten, nach den Fasten und Nachtwachen auch die Keuschheit hervorgehoben hat?186) Ob ferner der jeden beliebigen Verworfenen in die Gemeinschaft wieder aufgenommen haben kann, der da schreibt: „Was haben Gerechtigkeit und Gottlosigkeit miteinander zu tun, welche Gemeinschaft besteht zwischen Licht und Finsternis, welche Übereinstimmung zwischen Christus und Belial? Welchen Anteil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen, welche Übereinstimmung der Tempel Gottes mit den Idolen?”187) Würde man ihm nicht frischweg zur Antwort geben müssen: Wie kannst du voneinander scheiden, was du vorhin durch Wiederaufnahme des Blutschänders miteinander verbunden hast? Wenn dieser der Kirche wiederum einverleibt ist, dann befindet sich die Gerechtigkeit in der Gesellschaft der Gottlosigkeit, das Licht steht mit der Finsternis in Gemeinschaft, Belial harmoniert mit Christus, und der Gläubige hat mit dem Ungläubigen Anteil an


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den Sakramenten. Und was die Idole angeht, siehe da: der Besudler des Tempels Gottes kommt ja sogar in den Tempel. Denn er sagt an dieser Stelle auch: „Ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes, denn es heißt: Ich werde unter ihnen wohnen und wandeln und werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Deswegen weichet aus ihrer Mitte, sondert euch ab und rühret Unreines nicht an”188). Auch dieses189), lieber Apostel, legst du vor, und das tust du gerade dann, wo du einem Ausbund von Unzucht die Hand reichst! Ja du fügst noch den Ausspruch hinzu: „Im Besitz also dieser Verheißung, Geliebte, wollen wir uns reinigen von jeder Befleckung des Geistes und Leibes, vollendend die Keuschheit in der Furcht Gottes190). Ich bitte dich, wer unserem Geiste solche Grundsätze einprägt, hatte der wohl einen Hurer in die Kirche zurückgerufen? Oder schreibt er es nicht vielmehr deshalb, um jetzt191) bei dir den Schein fernzuhalten, als hätte er einen solchen zurückgerufen?

Diese Stellen müssen sowohl in Bezug auf das Vorangegangene als Prozeßeinreden dienen, als auch für das Folgende zum voraus die Norm feststellen. Wenn er also gegen Ende des Briefes sagt: „Damit mich Gott, wenn ich abermals komme, nicht demütige und ich nicht viele von denen zu beklagen habe, die vorher gesündigt und keine Buße getan haben für die Unzucht, Hurerei und Geilheit, die sie getrieben haben”192), so hat er damit keinesfalls festgesetzt, daß solche Menschen, die er noch in der Kirche finden sollte193), wiederaufgenommen


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werden sollten, für den Fall, daß sie Buße täten, sondern sie sollten beweint und ohne Zaudern ausgestoßen werden, um von ihrer Buße keinen Nutzen zu haben. Im übrigen aber geht es nicht an, daß er hier über die Erteilung der Gemeinschaft Anweisungen gegeben habe, er, der vorher die Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis, Gerechtigkeit und Gottlosigkeit in Abrede gestellt hatte. Aber die kennen den Apostel nicht, welche eines seiner Worte im Widerspruch zum Charakter und zur Denkart dieses Mannes selbst, sowie gegen die ständige Norm und Regel seiner Lehren deuten und glauben, er, der jegliche Heiligkeit auch durch sein eigenes Leben lehrte, der alle Unreinheit verfluchte und ausfegte und sich immer in dieser Weise zeigte, habe dem Blutschänder und nicht vielmehr einem ändern, der einer geringeren Sünde schuldig war, die Kirchengemeinschaft wieder erteilt.




1841) 2 Kor. 4, 1 f.



1852) Gangneius überlieferte manifestando damnaverat, was unmöglich ist, Gelenius und die anderen Ausgahen lesen manifestum dedamnaverit. Rauschen hebt hervor, daß dedamnare in der ganzen Latinität niemals vorkommt, und setzt richtig statt „dedamnarerit” „donaverit” und liestmanifesta donaverit”. Vielleicht liest man richtiger: non dedecoris tantum, sed et sceleris manifestum quid donaverit.



1863) 2 Kor. 6, 6.



1874) Ebd. 6, 14 ff.



1881) 2 Kor. 6. 16 ff.



1892) hoc evolvis, gemeint ist mit hoc jene vom Apostel aus den zitierten Stellen Lev. 26, 11 f. und Is. 52, 11 gezogene Folgerung.



1903) 2 Kor. 7, 1.



1914) Die überlieferte Lesartnunc” in „hunc” zu ändern, ist nicht angängig. Der Sinn spricht vielmehr für ,,nunc”. Der so schrieb, hatte sicher nicht kurz vorher einen Unzüchtigen wieder aufgenommen (revocaverat), und er schrieb so, daß auch später keiner, also auch jetzt nicht der Gegner T.'s auf den Gedanken kommen solle, er habe so etwas getan.



1925) 2 Kor. 12, 21.



1936) d. h. der Apostel ist (nach T.'s Exegese) betrübt, daß er eventuell solche Menschen noch in der Kirche dulden muß, daß sie nicht längst ohne jedes Schwanken ausgeschlossen worden sind.






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