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17. Fordere die apostolische Schlachtreihe
heraus! Blicke hin auf seine Briefe: sie kämpfen sämtlich für die Ehrbarkeit,
für die Keuschheit, für die Heiligkeit; alle werfen ihre Geschosse gegen die
Werke der Ausschweifung, Geilheit und Wollust, Was schreibt er an die
Thessalonicher? „Unsere Aufmunterung kommt nicht aus Irrwahn, noch aus
Unlauterkeit”, und „das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, daß ihr euch
enthaltet von der Hurerei, jeder von euch wisse sein Gefäß zu besitzen in
Heiligkeit und Anstand, nicht in der Lust der Begierde, wie die Heiden, welche
Gott nicht kennen”223). Was bekamen die Galater zu lesen?
„Die Werke des Fleisches sind offenbar.” Welche denn? Voran stellt er die
Hurerei, Unreinheit und Geilheit, „in Betreff derer ich euch verkündige, wie
ich euch bereits verkündigt habe: die, welche solches tun, werden das Reich
Gottes nicht ererben”224).
Die Römer aber, was
sollen sie vor allem lernen, als gerade Gott nach Annahme des Glaubens nicht
mehr zu - s443/789 -
verlassen, „Was also wollen wir sagen? Sollen wir
beharren in der Sünde, damit die Gnade um so reichlicher werde? Das sei fern!
Wir sind der Sünde abgestorben, wie könnten wir noch in ihr leben? Oder wisset
ihr nicht, daß wir, die wir getauft sind, auf Christus, auf seinen Tod getauft
sind? Wir sind also durch die Taufe mit ihm begraben in den Tod, damit, wie
Christus von den Toten auferstanden ist, auch wir in der Neuheit des Lebens
wandeln. Denn, wenn wir mit ihm begraben sind in Verähnlichung seines Todes, so
werden wir es auch sein in seiner Auferstehung, wissend, daß unser alter Mensch
mit ihm ist gekreuzigt worden. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben
wir auch, daß wir mit ihm leben werden, wissend, daß Christus, von den Toten
auferweckt, nicht mehr stirbt und der Tod nicht mehr herrscht über ihn. Denn
was er gestorben, ist er der Sünde gestorben ein für allemal, was er aber lebt,
lebt er für Gott. Daher erachtet auch euch selbst als solche, die abgestorben
sind der Sünde, aber für Gott leben durch Christus Jesus”225), Da also Christus ein für
allemal gestorben ist, so kann niemand, der nach Christus gestorben ist226), der Sünde und noch dazu
einer so großen wieder aufleben. Oder aber, wenn Hurerei und Ehebruch abermals
könnten Einlaß erhalten, so wäre es auch möglich, daß Christus abermals stürbe.
Der Apostel fährt
fort mit seinen Verboten, daß die Sünde in unserem sterblichen Leibe herrschen
soll, dessen Fleischesschwäche er kennen gelernt hatte. „Wie ihr eure Glieder
dargeboten habt, zu dienen der Unzucht und Gottlosigkeit, so bietet sie nun
auch dar für den Dienst der Gerechtigkeit zur Heiligkeit”227), Wenn er auch in Abrede
gestellt hatte, „daß etwas Gutes in seinem Fleische wohne”228), so war das nach dem Gesetz
des Buchstabens geschehen, in dem er gelebt hatte; nach dem Gesetz des Geistes
aber, an das er uns weist, sagt er: „Das Gesetz des Geistes des Lebens hat mich
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gemacht vom Gesetze der Sünde und des Todes”229). Obwohl es zum Teil den
Anschein hat, als wenn er vom Standpunkte des Judentums aus spräche, so richtet
er doch die sittlichen Vorschriften in ihrer Vollständigkeit und Vollkommenheit
an uns, um derentwillen Gott, da wir unter dem Gesetz uns abmühten, „seinen
Sohn im Fleische sendete, in der Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde, und wegen
der Sünde verdammte er die Sünde im Fleische, damit das Recht des Gesetzes an
uns erfüllt werde, die wir nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste
wandeln. Denn die, welche nach dem Fleische wandeln, sinnen auf das, was des
Fleisches ist, und die nach dem Geiste auf das, was des Geistes ist”230). Die Gesinnung des Fleisches
bezeichnete er als Tod, sodann als Feindschaft gegen Gott. „Die, welche im
Fleische leben”, sagt er, d. h. in der Gesinnung des Fleisches, „können Gott
nicht wohlgefällig sein”, und „wenn ihr nach dem Fleische lebt, werdet ihr sterben”231). Was verstehen wir unter
fleischlicher Gesinnung und fleischlichem Leben anders als die Dinge, welche
man sich schämt, auszusprechen? Sonstige Dinge, die das Fleisch angehen, hätte
auch der Apostel mit ihrem Namen benannt.
Ebenso rückt er den
Ephesern die Vergangenheit vor und ermahnt sie für die Zukunft. „In solchen
Dingen sind auch wir gewandelt, tuend nach den Begierden und Lüsten des
Fleisches”232). Er beschuldigt endlich jene, welche abgeleugnet
hatten, nämlich Christen zu sein, der Undankbarkeit233), weil sie sich Werken
jeglicher Unreinheit hingegeben hatten, und sagt: „Ihr aber, ihr habt Christum
nicht so kennen gelernt”234). Und wiederum, wenn er sagt: „Wer
gestohlen hat, der stehle nicht mehr”235), verschweigt er236): Wer bisher ein Ehebrecher - s445/791 -
war, der
breche die Ehe nicht mehr, und wer ein Hurer war bisher, der hure nicht mehr.
Dies nämlich hätte er sicher hinzugefügt, wenn er die Gewohnheit gehabt hätte,
solchen Verzeihung zu gewähren, oder gewollt hätte, daß sie ihnen überhaupt
gewährt werden solle, er, der, weil er nicht wollte, daß man sich auch nur mit
einem Worte beflecke, sagt: „Keine schändliche Rede gehe hervor aus deinem
Munde”237), und ebenso: „Hurerei und jegliche Unreinheit soll
unter euch nicht einmal genannt werden, wie es bei Heiligen sich geziemt” -- um
wieviel weniger würde er für das Begehen derselben eine Entschuldigung zulassen
--, „die da wissen, daß kein Hurer oder Unreiner das Reich Gottes besitzen
wird. Niemand verführe euch mit leeren Worten! Deswegen kam der Zorn Gottes
über die Kinder des Unglaubens”238). Wer verführt denn mit
leeren Worten, wenn nicht der, der predigt, daß der Ehebruch nachlaßbar sei,
und dabei nicht einmal bedenkt, daß vom Apostel auch die Fundamente desselben
zerstört wurden, indem er der Trunkenheit und Schlemmerei die Zügel anlegt, wie
z. B. aa der unmittelbar folgenden Stelle: „Wollet euch nicht berauschen mit
Wein, worin Unkeuschheit ist”239). Er zeigt auch den
Kolossern, welche Glieder sie töten sollen auf Erden: „Die Hurerei, Unreinheit,
Geilheit, böse Begierlichkeit und Zotenreißerei”240).
Gib doch nun nach
allen diesen zahlreichen Aussprüchen den Satz auf, an dem du festhältst! Das - s446/792 -
Wenige wird durch das Viele,
das Unsichere durch das Gewisse, das Undeutliche durch das Deutliche in den
Schatten gestellt. Wenn es auch sicher wäre, daß der Apostel jenem Korinther
die Hurerei verziehen hätte, so wäre das nur ein zweiter Beleg dafür, daß er
für einmal den Zeitumständen entsprechend gegen seine eigene Anordnung
gehandelt hat. Er beschnitt ja auch den einzigen Timotheus, und doch schaffte
er die Beschneidung ab.
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