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18. Allein diese Aussprüche zielen, so
sagt er, dahin, jegliche Unzucht zu untersagen und vollständige Keuschheit zu
diktieren, wobei jedoch für die Verzeihung Raum gelassen wird. Letztere ist
nicht sofort versagt, wenn gegen die Vergehungen eine Verdammung ausgesprochen
wird, da ja die Zeit für die Verzeihung mit der Verdammung konkurriert, und
letztere durch sie aufgehoben wird241). -- Es konnte nicht
ausbleiben, daß die Psychiker auch auf diesen Gedanken verfielen; daher haben
wir für diesen Abschnitt die Auseinandersetzung der Bestimmungen aufgespart, welche
klar und deutlich gegen eine Erteilung der Kirchengemeinschaft in solchen
Fällen, selbst in der alten Zeit, getroffen worden sind242).
Schon in den
Sprichwörtern Salomos, welche wir paroimi/ai nennen, heißt es speziell vom
Ehebruch als von etwas nicht wieder gut zu Machendem: „Der - s447/793 -
Ehebrecher
bringt durch Niedrigkeit seiner Gedanken Verderben über seine Seele; Unehre und
Schande warten seiner. Seine Schmach wird nicht vertilgt in Ewigkeit; denn der
eifernde Grimm schont nicht des Mannes am Tage des Gerichts”243). Wenn du der Ansicht sein
solltest, dieser Ausspruch beziehe sich auf die Heiden, so hast du sicher von
Isaias hinsichtlich der Gläubigen den Ausspruch vernommen: „Ziehet aus aus
ihrer Mitte, sondert euch ab und rühret Unreines nicht an”244). Du findest im Anfang der
Psalmen: „Selig der Mann, der nicht geht zum Rate der Gottlosen, noch auf dem
Wege der Sünder steht und auf dem Stuhle des Verderbens nicht sitzt”245). Nachher heißt es da: „Ich
habe nicht gesessen in der Ratsversammlung der Toren und werde nicht eingehen
zu den Übeltätern, ich haßte die Versammlung der Übeltäter, und bei den
Gottlosen werde ich nicht sitzen” und „ich will mit den Unschuldigen meine
Hände waschen und zu Deinem Altar hinzutreten, o Herr”246), einer so gut wie mehrere;
denn es heißt auch: „Mit dem Heiligen wirst du heilig und mit dem unschuldigen
Manne wirst du unschuldig sein; mit dem Auserwählten wirst du auserwählt und
mit dem Verkehrten verkehrt sein”247). Und anderswo heißt es: „Zu
dem Sünder spricht der Herr: Warum verkündigest du meine Gerechtigkeiten und
nimmst in den Mund meinen Bund? Wenn du einen Dieb sähest, so liefest du mit
ihm und machtest Gemeinschaft mit den Ehebrechern”248). Aus diesen Quellen
Belehrung schöpfend, sagt der Apostel: „Ich habe euch auch geschrieben, ihr
solltet mit Hurern nicht umgehen, natürlich nicht mit Hurern dieser Welt” usw.,
„sonst müßtet ihr ja aus der Welt hinausgehen. Jetzt aber schreibe ich euch:
Wenn bei euch einer ein Mitbruder heißt, der ein Hurer oder Götzendiener ist”
-- wie sind sie doch so eng verbunden! -- „oder ein Betrüger” -- denn was ist
so nahe miteinander - s448/794 -
verwandt! -- usw., „mit solchen sollt
ihr gemeinschaftlich nicht einmal Speise nehmen” -- geschweige denn die
Eucharistie, -- „denn auch ein wenig Sauerteig verdirbt die ganze
Masse”249). Ebenso schreibt er an Timotheus: „Lege niemandem
vorschnell die Hände auf und nimm nicht teil an fremden Sünden”250), ebenso an die Epheser:
„Wollet nicht ihre Mitgenossen sein; denn ihr wäret einmal auch
Finsternis”251). Noch eindringlicher ist folgendes: „Wollet nicht
teilnehmen an den unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr überwindet sie!
Denn was in der Verborgenheit von ihnen geschieht, ist schimpflich auch nur
auszusprechen”252). Was ist schimpflicher als
Unkeuschheiten? Wenn er den Thessalonichern gebietet, sich einem dem Müßiggange
ergebenen Bruder zu entziehen253), um wieviel mehr noch einem
Hurer!
Das sind die
Ratschläge Christi, der die Kirche liebt, „der sich für sie dahingegeben hat,
auf daß er sie heilige, sie reinigend durch das Bad des Wassers in seinem Wort,
und sich eine Gemeinde in Herrlichkeit herstelle ohne Makel und Runzel” --
natürlich nach dem Bade, -- „damit sie heilig sei und ohne Fehl”254), von da an natürlich ohne
Runzel des Alters, wie eine Jungfrau, ohne Makel der Hurerei, wie eine Braut,
ohne die Schande der Gemeinheit, wie eine Gereinigte.
Wie, wenn du nun auf
die Idee verfielest, uns auch hier zur Antwort zu geben, es werde allerdings
den Sündern, vor allem den durch fleischliche Vergehen Befleckten, die
Kirchengemeinschaft genommen, aber nur für jetzt, sie sei ihnen indes,
wohlgemerkt, infolge des Wetteifers der Buße255) wieder zurückzugeben, wie es
der Barmherzigkeit Gottes entspreche, gemäß der er lieber die Buße des Sünders
will als seinen Tod. -- Dieses Fundament eurer Anschauung muß nämlich bis - s449/795 -
auf den
Grund zusammengeschlagen werden. Wir behaupten daher, wenn es der göttlichen
Milde angemessen gewesen wäre, den Erweis derselben auch den nach der Annahme
des Glaubens Gefallenen zu gewähren, so würde sich der Apostel in folgender
Weise ausgedrückt haben: Wollet nicht Gemeinschaft haben mit den Werken der
Finsternis -- außer wenn sie Buße getan haben, und mit solchen Leuten sollt ihr
nicht einmal Speise genießen -- außer nachdem sie sich vor den Brüdern am Boden
gewälzt und ihnen die Schuhe abgeputzt haben, und wer den Tempel Gottes
verunehrt hat, den wird Gott verderben -- außer wenn er in der Kirche die Asche
von allen Kochherden für seinen Kopf verbraucht hat. Denn er hätte für das, was
er verdammte, ebenfalls die genaue Bestimmung beigeben müssen, für wie lange
und unter welcher Bedingung er es verdammte, falls seine Strenge im Verdammen
wirklich nur eine zeitweilige und bedingte, keine dauernde war. Da er nun aber
in allen seinen Briefen, und zwar nach Annahme der Taufe die Zulassung solcher
Leute untersagt und die Zugelassenen aus der Gemeinschaft stößt, ohne alle
Hoffnung auf irgendeine Bedingung oder Frist, so steht er mehr auf seiten
unserer Ansicht und gibt zu erkennen, jene Buße, welche vor Annahme des
Glaubens, vor der Taufe stattfindet, sei dem Herrn willkommener und gelte für
besser als der Tod des Sünders, welch letzterer einmal256) abzuwaschen ist durch die
Gnade Christi, der auch nur einmal für unsere Sünden den Tod erlitten hat.
Dies statuiert der Apostel
auch an seiner eigenen Person. Er sagt nämlich, Christus sei zu dem Zwecke
gekommen, die Sünder zu erretten, „deren erster er selbst gewesen sei”, und was
fügt er hinzu? „Ich habe Barmherzigkeit gefunden, da ich in Unwissenheit
gehandelt habe, im Unglauben”257). So bezieht sich denn jene
Milde Gottes, welche lieber die Bekehrung des Sünders will als seinen Tod, auf
die noch Unwissenden und Ungläubigen, um deren Erlösung willen Christus
gekommen ist, nicht auf die, welche Gott bereits - s450/796 -
erkahnt und die Geheimnisse
des Glaubens kennen gelernt haben. Wenn nun Unwissenden und Ungläubigen die
Nachsicht Gottes zugute kommt, dann zieht sicherlich die Buße die Nachsicht auf
sich herab, unbeschadet übrigens jener Art der Buße, die nach Annahme des
Glaubens stattfindet und durch welche man für die leichteren Fehler Vergebung
vom Bischöfe erlangen kann, oder für die größeren und unvergebbaren von Gott
allein.
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