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20. Die Disziplin also setzen zwar schon
die an erster Stelle und ausschlaggebend in Betracht kommenden eigenen
Schriften der Apostel als eine solche fest, die als Vorsteherin Wache hält über
die volle Heiligkeit des Tempels Gottes und jeden sakrilegischen Frevel gegen
die Keuschheit schonungslos überall aus der Kirche ausrottet, ohne die
geringste Erwähnung einer Wiederaufnahme289). Ich will jedoch zum
Überfluß - s457/803 -
auch noch das Zeugnis eines Begleiters der Apostel
hinzufügen, welches geeignet ist, die Disziplin der Lehrer, und zwar mit
unmittelbar folgendem Recht, zu bestätigen. Es ist nämlich ein an die Hebräer
gerichtetes Schreiben des Barnabas vorhanden290). Der - s458/804 -
selbe war
ein von Gott hochgeehrter Mann, da ihn Paulus in Beobachtung der Enthaltsamkeit
sich zur Seite stellte, da er in einem Zuge fortfährt: „Haben denn bloß ich und
Barnabas nicht das Recht zu arbeiten?”291) Jedenfalls ist der Brief des
Barnabas bei den Kirchen mehr angenommen292) als jener apokryphe „Pastor”
der Ehebrecher.
Indem Barnabas also
die Schüler ermahnt, mit Beiseitelassung aller Anfangsstufen nach der
Vollkommenheit zu streben und nicht wieder den Grund in der Buße über tote
Werke293) zu legen, sagt er: „Es ist unmöglich, daß diejenigen,
welche einmal erleuchtet sind, das himmlische Geschenk gekostet, an dem Hl.
Geiste teilgenommen und die Süßigkeit des Wortes Gottes gekostet haben, wenn
sie, da die Welt sich bereits zum Untergang neigt294), abgefallen sind, wiederum
zur Buße berufen werden, sie, die den Sohn Gottes in ihrer Person wieder ans
Kreuz schlagen und verspotten. Denn das Land, welches öfters die darauf
herabrinnende Feuchtigkeit getrunken und Früchte gebracht hat, denen zum
Nutzen, um derentwillen es bebaut wird, empfängt Segen von Gott; trägt es aber
Dornen, so ist es verworfen und dem Fluche nahe, sein Ende ist
Verbrennung”295). Wer dies von dem Apostel gelernt
und mit den Aposteln gelehrt hat, der wußte, daß dem Ehebrecher und Hurer - s459/805 -
von den
Aposteln keine zweite Buße in Aussicht gestellt sei. Denn dafür erklärte er das
Gesetz zu gut, und was dessen Figuren vorbilden, besaß er bereits in der
Wirklichkeit.
In Bezug auf diesen
Punkt der Disziplin war nämlich in Bezug auf die Aussätzigen folgende
Bestimmung getroffen: „Wenn der Ausschlag heraussproßt auf die Haut und die
ganze Haut bedeckt hat von Kopf bis zu Füßen, wo man hinblickt, und der
Priester ihn beschaut hat, so soll er ihn für rein erklären; weil er weiß
geworden, ist er rein. An welchem Tage aber an einem solchen sich rohes Fleisch
zeigt, ist er befleckt”296). Denn wenn der Mensch sich bekehrt
vom früheren Aussehen seines Fleisches zur Weiße des Glaubens, welcher vor der
Welt als ein Fehler und Flecken gilt, so sollte der Gereinigte auch für ganz
erneuert angesehen werden, da er bereits nicht mehr bunt vom Ausschlag und
weder vom alten noch von einem neuen Ausschlag befleckt ist. Wenn aber nach der
Reinigung wieder etwas an seinem Fleische von dem, was der Sünde abgestorben zu
sein schien, wiederauflebt, so daß der frühere Zustand wieder da ist297), so sollte er für unrein
erklärt und nicht mehr vom Priester gereinigt werden. So ist der Ehebruch, der
aus der Vergangenheit sich wiederholt und die eine neue Farbe, von der er
ausgeschlossen worden war, befleckt, auch ein Gebrechen, von dem man nicht mehr
gereinigt werden kann.
Ähnlich war es mit
den Häusern, Wenn dem Priester das Vorhandensein gewisser Flecken und
Vertiefungen an den Wänden angezeigt wurde, so ließ er, bevor er eintrat, es in
Augenschein zu nehmen, alles aus dem Hause tragen, indem so, was zum Hause
gehörte, nicht unrein wurde. Dann sollte der Priester eintreten, und wenn er
grünliche oder rötliche Vertiefungen bemerkte, die beim Anblick etwas tiefer
als die Wandfläche - s460/806 -
erschienen, so sollte er aus der Türe
gehen und das Haus sieben Tage schließen. Wenn er sodann, am siebenten Tage
wiederkommend, bemerkte, daß jene getroffenen Stellen an den Wänden um sich gegriffen
hatten, so sollte er befehlen, die Steine, an welchen sich die Spuren vom
Aussatz fanden, herauszuziehen, sie außerhalb der Stadt an einen unreinen Ort
zu werfen, andere behauene and feste Steine zu nehmen, an die Stelle der
früheren zu setzen und das Haus mit anderem Staube anzustreichen298).
Denn wenn man zu
Christus, dem höchsten Priester des Vaters, hintritt, so ist es nötig, zuvor in
Zeit einer Woche aus dem Hause unserer Person alle Hindernisse zu entfernen,
damit ein reines Haus bleibe, Leib und Seele, und sobald das Wort Gottes in
dasselbe eintritt und rötliche oder grünliche Flecken findet, sofort die
todbringenden und blutdürstigen Gesinnungen herauszuziehen und hinauszuwerfen
-- auch die Apokalypse läßt den Tod auf einem fahlen299), den Streiter aber auf einem
roten Pferde sitzen -- und anstatt ihrer behauene, zusammengefügte und feste
Steine einzufügen, so beschaffen, daß sie zu Kindern Abrahams werden300), damit der Mensch so
geeignet werde, Gott aufzunehmen301). Wenn aber der Priester nach
der Wiederinbesitznahme und Herstellung an demselben Hause wiederum etwas von
den früheren Aushöhlungen und Flecken wahrnahm, so erklärte er es für unrein
und ließ das Material, die Steine und das ganze Gefüge niederlegen und an einen
unreinen Ort wegbringen.
Dem entspräche nun
der Mensch, Leib und Seele, der, nachdem er durch die Taufe und den Eintritt
der - s461/807 -
Priester erneuert wurde, von neuem den Ausschlag und die
Flecken des Fleisches auf sich nimmt und aus der Stadt hinaus an einen unreinen
Ort geworfen, dem Satan nämlich zum Verderben des Fleisches übergeben und in
der Kirche nach seinem Sturze nicht wieder aufgebaut wird. So heißt es auch von
dem Beischlaf mit einer Sklavin, die für einen Mann bestimmt, aber noch nicht
losgekauft, noch nicht eine freie war: „Man soll für sie Fürsorge treffen, und
sie soll nicht sterben, weif sie noch nicht für den freigelassen war, für den
sie bestimmt war”302). Das von Christus nämlich, für den
es bestimmt war, noch nicht befreite Fleisch wurde noch ungestraft befleckt.
Darum gibt es für dasselbe jetzt, da es befreit ist, keine Vergebung mehr.
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