26. Novelle
Doktor Simon muß auf Branos und Baffalmaccos Anstiften
dem Calandrino einreden,
daß er schwanger ist. Sie lassen sich von ihm Kapaune und
Geld geben, um ihm
Arznei zu verschaffen, worauf er ohne niederzukommen
wieder gesund wird.
Als dem Calandrino eine Base starb, die ihm zweihundert
Lire in Silber
hinterließ, verbreitete er überall, daß er ein Gut dafür
kaufen wolle, und er
handelte deswegen mit so vielen Maklern in Florenz, als
wenn er zehntausend
Goldgulden hätte anzulegen gehabt, wie wohl der Handel
sich immer wieder
zerschlug, sobald von dem Preise des Gutes die Rede war.
Bruno und Buffalmacco, die davon gehört hatten, sagten
ihm zwar oft, er täte
besser, das Geld mit ihnen zu verjuxen, als Ländereien zu
kaufen, gleich als
wolle er Lehmkugeln daraus drehn. Allein sie konnten ihn
nicht einmal dahin
bringen, daß er ihnen ein einziges Mal etwas zum besten
gegeben hätte. Indem sie
sich nun einst darüber beklagten, und noch einer von
ihren Mitgesellen, der
Maler Nello, dazukam, fingen sie an, alle drei
miteinander zu beratschlagen, wie
sie sich auf Kosten des Calandrino einmal den Bauch
füllen könnten. Sie wurden
auch bald über einen Anschlag einig, dessen Ausführung
und das, was jeder dabei
zu tun hätte, sie auf den folgenden Morgen miteinander
verabredeten.
Als Calandrino des Morgens kaum aus seinem Hause gegangen
war, kam ihm Nello
entgegen und sagte: "Guten Tag, Calandrino."
"Gott gebe dir dergleichen," antwortete
Calandrino, "und ein gutes Jahr dazu!"
Nello stand ein wenig still und sah ihm steif ins Gesicht
bis ihn Calandrino
fragte: "Was betrachtest du?"
"Hast du diese Nacht nichts empfunden?" fragte
Nello. Du bist ja ganz
verändert."
Calandrino war gleich erschrocken und sagte: "Ach
Gott! Was meinst du denn, das
mir fehlen solle?"
"Ei, ich meine eben nichts Besonderes damit,"
sprach Nello, "du scheinst mir
ganz verändert, doch das mag wohl eine andere Ursache
haben."
Calandrino ging betroffen weiter, obwohl er nicht fühlte,
das ihm das geringste
fehle. Bald darauf begegnete ihm Buffalmacco, der nur
gelauert hatte, bis Nello
ihn verließ, und fragte ihn, indem er ihn grüßte, ob er
nichts fühle.
"Ich wüßte nicht," sprach Calandrino;
"allein eben jetzt sagte mir auch Nello,
daß er mich ganz verändert fände. Sollte mir wirklich
etwas fehlen?"
"Jawohl, es fehlt dir was, und keine
Kleinigkeit", sprach Buffalmacco. "Du
scheinst mehr tot als lebendig." Jetzt glaubte
Calandro schon ein Fieber zu
haben; und siehe da, Bruno kam auch, und sein erstes Wort
war: "Calandrino, was
machst du für ein Gesicht? Du siehst ja aus wie eine
Leiche; was fehlt dir?"
Als Calandrino sie alle so reden hörte, glaubte er ganz
gewiß, daß er krank
wäre, und fragte ängstlich, was er anfangen solle.
"Mich deucht," sprach Bruno, "du solltest
wieder nach Hause gehen, dich zu Bett
legen und gut zudecken. Dann schickst du dein Wasser zum
Doktor Simon, der unser
guter Freund ist, wie du wohl weißt. Er wird dir bald
sagen, was du tun mußt.
Wir wollen mit dir gehen, und wenn es nötig ist, so
wollen wir dir Hilfe
leisten."
Nello stieß auch wieder zu ihnen, und sie begleiteten
sämtlich Calandrino nach
Hause. Er trat ganz atemlos in seine Kammer und sprach zu
seiner Frau: "Komm und
decke mich warm zu, ich befinde mich gar nicht
wohl."
Sobald man ihn zu Bett gebracht hatte, schickte er sein
Wasser durch ein kleines
Mädchen zum Doktor Simon, der damals seine Budike am
alten Markte im Zeichen der
Melone hatte. Bruno sprach indessen zu seinen Kameraden:
"Bleibt ihr jetzt bei
ihm; ich will hingehen und hören, was der Doktor sagt,
und will ihn, wenn es
nötig ist, mit herbringen."
"Ach ja, Bruder!" sprach Calandrino. "Geh
hin und bringe mir Nachricht, wie es
mit mir ist. Ich weiß nicht, was es ist, das ich im Leibe
fühle."
Bruno ging hin und kam zu dem Doktor, ehe das Mädchen ihm
das Wasserglas brachte
und gab ihm die nötigen Winke. Als demnach das Mädchen
kam, und der Doktor das
Wasser besah, sprach er zu ihm: "Geh und sage
Calandrino, er soll sich recht
warm halten; ich werde gleich zu ihm kommen und ihm
sagen, was ihm fehlt und was
er brauchen muß."
Das Mädchen ging mit der Antwort zurück, und nicht lange
danach kam auch der
Doktor mit Bruno. Der Doktor setzte sich neben ihn, fühlte
ihm den Puls und
sagte zu ihm nach einer kleinen Pause in Gegenwart seiner
Frau: "Höre,
Calandrino, ich muß dir als dein Freund sagen, dir fehlt
weder mehr noch
weniger, als daß du schwanger bist."
,Ach, du lieber Himmel, Tessa!" rief Calandrino mit
kläglicher Stimme. "Daran
bist du schuld! Hab' ich dir nicht längst gesagt, es
würde nimmer gut gehen, daß
du stets oben liegen willst?"
Die Frau, sittsam wie sie war, ward vor Scham bis über
die Ohren rot, als sie
ihren Mann so reden hörte. Sie schlug die Augen nieder
und ging, ohne ein Wort
zu reden, aus dem Zimmer. Calandrino fuhr indessen fort
zu jammern und sagte:
"Was soll ich machen, ich armer, unglücklicher Mann.
Wie soll ich das Kind zur
Welt bringen? Die törichte Grille meiner Frau wird mir
noch das Leben kosten.
Daß sie der Himmel züchtige! Wenn ich nur nicht so krank
wäre wie ich bin, so
könnt' ich aufstehen und ihr so viele Rippenstöße geben,
daß sie keinen gesunden
Fleck am Leibe behielte; und doch muß ich mich selbst
schämen, denn ich hätt' es
ihr nie erlauben sollen, immer oben zu liegen. Aber wenn
ich nur wieder gesund
werde, so will ich ihr künftig die Lust wohl
vertreiben."
Bruno, Buffalmacco und Nello wollten vor Lachen über sein
Geschwätz bersten;
doch hielten sie sich; aber der Doktor Eisenhart lachte
aus vollem Halse derart,
daß man ihm die Zähne hätte aus dem Mund nehmen können.
Endlich bat Calandrino
den Doktor um Rat und Hilfe, und der Doktor sagte:
"Sei nur nicht bange,
Calandrino; denn wir sind glücklicherweise das Ding noch
früh genug gewahr
geworden, um dich mühelos in kurzer Zeit von dem Übel
befreien zu können. Du
wirst aber ein wenig den Beutel ziehen müssen."
"Ach ja, gerne," sprach Calandrino, "helft
mir nur um des Himmels willen! Ich
habe hier zweihundert Lire, wofür ich ein Gütchen kaufen
wollte. Nehmt sie alle
hin, wenn's nötig ist, damit ich nur nicht niederkommen
muß; denn ich wüßte
nicht, wie ich es anfangen sollte. Man hört ja, welchen
Zeter die Weiber
anheben, wenn das Gebären losgeht, und sie haben doch
ganz andere Mittel und
Wege, groß genug, sich ihrer Bürde zu entledigen Ich aber
glaube, ich müßte vor
Schmerzen den Geist aufgeben, ehe ich damit zustande
käme."
"Mach dir keine Sorgen", sprach der Doktor.
"Ich will dir einen Trank
verschreiben, der dir sehr gut und an genehm schmecken
soll und dir in drei
Tagen alles auflöst, daß du wieder so gesund wirst wie
ein Fisch. Abe sieh zu,
sei künftig klüger und begehe nicht wieder solch
Torheiten. Zu dem Getränk
brauchen wir drei Paar gut fette Kapaune, und zu
allerhand andern Kleinigkeiten,
di noch dazu erforderlich sind, gib einem deiner
Kameraden fünf Lire an kleiner
Münze mit, daß er sie einkauft und mir alles in meinen
Laden liefert, so will
ich dir morgen früh den Trank schicken, wovon du jedesmal
eine tüchtigen Becher
voll nehmen mußt."
"Ich verlasse mich auf Euch, Doktor", sprach
Calandrino, als er das hörte, gab
Bruno die fünf Lire und das Geld zu den drei Paar
Kapaunen und bat ihn, er möcht
sich ihm zuliebe die Mühe nicht verdrießen lassen. De
Doktor nahm Abschied, ließ
ein wenig Gewürzwein bereiten und schickte ihn hin. Bruno
kaufte die Kapaune und
was sonst zu einem trefflichen Mahl gehörte und machte
sich mit dem Arzt und den
übrigen einen fröhlichen Tag. Calandrino trank drei Tage
nacheinander morgens
von dem Gewürzwein, und am vierten Tage kam der Arzt
nebst seinen Freunden zu
ihm und sagte: "Calandrino, du bist völlig genesen,
kannst von nun an deinen
Geschäften wieder nachgehen und brauchst nicht mehr zu
Haus zu hocken."
Calandrino stand fröhlich auf, ging an seine Hantierung
und rühmte allenthalben,
wohin er nur kam und mit Leuten redete, die treffliche
Kunst, welche Doktor
Simon an ihm bewiesen, indem er ihm in drei Tagen ohne
alle Schmerzen die
Schwangerschaft vertrieben hätte. Bruno, Buffalmacco und
Nello freuten sich
unterdessen, daß sie ihn mit seiner Knauserei ein wenig
zum besten gehabt
hatten. Monna Tessa aber, die den Streich merkte,
schmollte mit ihrem Manne noch
lange deswegen.
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