Index | Wörter: alphabetisch - Frequenz - rückläufig - Länge - Statistik | Hilfe | IntraText-Bibliothek
Giovanni Boccaccio
Decameron

IntraText CT - Text

  • Text
    • 3. Novelle
zurück - vor

Hier klicken um die Links zu den Konkordanzen anzuzeigen

3. Novelle

 

Drei Jünglinge verschwenden das Ihrige und geraten in Armut. Einer ihrer Neffen,

der aus Verzweiflung nach Hause zurückkehrt, macht unterwegs mit einem Abt

Bekanntschaft, den er hernach für eine Tochter des Königs von England erkennt.

Sie vermählt sich mit ihm, ersetzt seinen Oheimen ihren Verlust und verhilft

ihnen wieder zum Wohlstand.

In Florenz war einst ein Kavalier namens Tedaldo, von dem Geschlechte der

Lamberti, wie einige behaupten wollen, obgleich andere behaupten, er habe den

Agolanti zugehört, welche letzteren ihre Meinung vielleicht auf das Gewerbe

stützten, das in der Folge seine Söhne trieben und da in der Familie der

Agolanti Tradition geworden ist. Ohne mich darauf einzulassen, von welchem

dieser Häuser er abstammte, wird es genügen, anzumerken, daß er zu seiner Zeit

einer der reichsten Edelleute war, und daß er drei Söhne hatte, von denen der

älteste Lamberto hieß, der zweite Tedaldo und der dritte Agolante, lauter

schöne, muntere Jünglinge, von welchen jedoch der älteste kaum achtzehn Jahre

alt war, als der Vater starb und ihnen, als seinen rechtmäßigen Erben, sein

bewegliches und unbewegliches Vermögen hinterließ. Die Jünglinge, die einen so

beträchtlichen Schatz an barem Gelde und an Grundstücken in die Hände bekamen

und damit nach ihrem eigenen Belieben, ohne Einrede und Widerspruch, schalten

konnten, fingen an, auf allerlei Art das Ihrige zu vertun, indem sie ein großes

Haus, kostbare Pferde, Jagdhunde, Falken, offene Tafel hielten, Geschenke

machten, Turniere Anstellten und nicht nur lebten, wie es Edelleuten ziemt,

sondern wie es ihnen nach ihrem jugendlichen Leichtsinn in den Kopf kam. Diese

Lebensart konnte nicht lange dauern, ohne die väterlichen Schätze zu erschöpfen.

Als ihre gewöhnlichen Einkünfte nicht zureichten, fingen sie an, ihre

Grundstücke eines nach dem andern zu versetzen und zu verkaufen, und wurden es

nicht eher gewahr, wie sie mit ihren Umständen nach und nach auf die Neige

gerieten, bis die Armut ihnen die Augen öffnete, die der Reichtum verschlossen

hatte. Lamberto berief deswegen eines Tages seine Brüder zusammen und stellte

ihnen vor, in welchem Ansehen ihr Vater gelebt hätte und in welche Dürftigkeit

sie durch die übermäßige Verschwendung geraten wären. Er gab sich daher alle

Mühe, sie zu überreden, ehe ihre armseligen Umstände noch sichtbarer würden,

seinem Rat und Beispiel zu folgen, die wenigen Güter zu verkaufen, die ihnen

noch übrig geblieben wären, und davonzureisen; was sie auch taten und ohne

Abschied und Aufsehen Florenz verließen und geradeswegs nach England gingen,

ohne irgendwo Station zu machen. In London mieteten sie ein kleines Haus,

machten wenig Aufwand und liehen ihr bißchen Geld, das ihnen geblieben, auf

Wucherzinsen; hierbei war ihnen das Glück so günstig, daß sie in wenigen Jahren

einen ungeheuren Reichtum sammelten. Einer nach dem andern zogen sie nun wieder

nach Florenz, kauften einen großen Teil ihrer vorigen Besitztümer zurück und

manches neue dazu; verheirateten sich, und da sie noch immer in England Wucher

trieben, so übergaben sie dort einem ihrer Neffen namens Alessandro ihre

Geschäfte; allein uneingedenk des Zustandes, in welchen ihre törichte

Verschwendung sie schon einmal versetzt hatte, und ohne Rücksicht darauf, daß

sie alle drei jetzt Familienväter geworden waren, fingen sie wieder an, in

Florenz mehr Aufwand als je vorher zu treiben, zumal, da sie bei allen

Kaufleuten großen Kredit genossen.

Einige Jahre hindurch waren sie imstande, diesen Aufwand fortzusetzen, weil

ihnen Alessandro ansehnliche Summen überwies, der in England den Baronen auf

ihre Liegenschaften und andere Einkünfte Geld vorstreckte und dafür ansehnliche

Zinsen bezog. Indem aber die drei Brüder fortfuhren zu verschwenden und zu

borgen, wenn sie nichts hatten, weil sie immer auf England oder eine Goldquelle

rechneten, brach daselbst wider alles Vermuten ein Krieg aus zwischen dem Könige

und einem seiner Prinzen. Darüber geriet die ganze Insel in Zwiespalt, indem es

der eine mit dem Vater, der andere mit dem Sohne hielt, so daß dem Alessandro

die verpfändeten Güter der Barone keine Sicherheit mehr boten und alle seine

Hilfsquellen versiegten. Weil man indessen immer noch hoffte, daß zwischen dem

Vater und dem Sohne wieder Frieden werden und daß Alessandro alsdann seine

Gelder samt den Zinsen erhalten würde, so blieb dieser noch in England, und

seine drei Oheime dachten nicht daran, ihre Ausgaben einzuschränken, so daß sie

täglich tiefer in Schulden gerieten. Wie sich aber nach einigen Jahren die

Hoffnung ganz verlor, daß ihre Erwartungen würden erfüllt werden, ging nicht nur

ihr Kredit zu Ende, sondern ihre Gläubiger drangen auch auf Bezahlung, und da

ihr Vermögen bei weitem nicht hinreichte, ihre Schulden zu tilgen, so mußten sie

ins Gefängnis wandern, ihre Weiber und Kinder irrten auf den Dörfern und sonst

hier und da in armseligen Lumpen umher, und es schien, als ob ihnen nichts

anderes als immerdar Not und Elend bevorstände.

Alessandro, der in England verschiedene Jahre vergebens auf den Frieden gewartet

hatte und besorgte, daß sein dortiger Aufenthalt ihm ebenso gefährlich werden

könnte, als er unnütz war, entschloß sich, nach Italien zurückzukehren, und

machte sich ganz allein auf den Weg. Wie er nun durch Brügge kam, ward er

gewahr, daß ein Abt in weißer Ordenstracht mit ihm zugleich aus der Stadt ritt,

den eine Menge Mönche nebst einem zahlreichen Troß begleiteten, und daß ihnen

zwei Kavaliere aus altangesehenem Geschlecht, Verwandte des Königs, nachfolgten,

mit denen Alessandro, als mit guten Bekannten, ein Gespräch anknüpfte und von

ihnen willig zum Reisegefährten angenommen ward. Unterwegs fragte sie Alessandro

im Vertrauen, wer die Mönche wären, die mit so vielem Gepäck voranzögen? Einer

von den Kavalieren gab ihm zur Antwort: "Derjenige, der vor uns herzieht, ist

ein junger Vetter von uns, der kürzlich zum Abt einer der reichsten Abteien in

England ist erwählt worden. Weil er aber noch zu jung ist, um nach den Gesetzen

mit dieser Würde bekleidet zu werden, so ziehen wir mit ihm nach Rom, um von dem

Heiligen Vater Dispensation wegen seines Alters und die Bestätigung in seiner

Würde zu erlangen. Aber hierüber soll mit niemand gesprochen werden."

Da nun der junge Abt bald vorn, bald hinten im Zuge ritt, wie vornehme Herren

auf Reisen wohl zu tun pflegen, so traf er einmal mit Alessandro zusammen, der

ein sehr schöner und wohlgewachsener Jüngling und überaus wohlerzogen, angenehm

und gebildet in seinen Sitten war, so daß er ihm auf den ersten Blick

außerordentlich gefiel. Er rief ihn zu sich, redete ihn freundlich an und fragte

ihn, wer er wäre, woher er käme und wohin er wolle. Alessandro erzählte ihm

unbefangen alle seine Umstände, befriedigte seine Neugier und erbot sich zu

allen ihm möglichen Diensten. Der Abt, der seine Rede zierlich und wohlgeordnet

fand, seine Manieren genau beobachtete und sich überzeugte, er müsse seiner

niedrigen Beschäftigung ungeachtet ein Edelmann sein, ward immer mehr und mehr

für ihn eingenommen. Da ihn ohnehin seine Schicksalsschläge bereits zum Mitleid

bewogen hatten, so tröstete er ihn sehr freundlich und ermahnte ihn, guten Mut

zu fassen, weil ihn, wenn er ein braver Mann sei, der Himmel sehr leicht auf

eben die Staffel wieder erheben könne, von welcher das Glück ihn hinabgestürzt

habe, und vielleicht noch höher. Zugleich bat er ihn, weil er doch nach Toskana

ginge, ihn zu begleiten, weil er auch dahin wolle. Alessandro dankte ihm für

seine tröstlichen Worte und versicherte, daß er ihm völlig zu Diensten stände.

Indem nun der Abt, bei welchem die Unterredung mit Alessandro allerlei neue

unbekannte Empfindungen geweckt hatte, weiterreiste, kamen sie nach einiger Zeit

in ein Dorf, das eben nicht reichlich mit Herbergen versehen war. Weil nun der

Abt daselbst zu übernachten wünschte, so ließ ihn Alessandro bei einem Wirte ab

steigen, mit dem er wohlbekannt war, und bestellte ihm ein Nachtlager in dem

noch am ehesten geeigneten Zimmer des Hauses. Und weil er als ein gewandter

Jüngling bereits des Abtes rechte Hand geworden war, so brachte er die übrige

Reisegesellschaft, so gut er konnte, da und dort im Dorfe unter. Als der Abt zu

Abend gegessen hatte, und es schon gegen die Nacht ging, so daß ein jeder sich

zur Ruhe gelegt hatte, fragte Alessandro den Wirt, wo er denn selbst schlafen

könne.

"Das weiß ich wahrhaftig nicht", sprach der Wirt. "Du siehst, alles ist

vollgepfropft, und ich muß selbst mit den Meinigen auf Bänken und Brettern

liegen; doch in der Kammer des Abtes stehen ein paar Kornkisten, worauf ich dir

ein Stück Bettzeug legen kann, und damit mußt du dich, wenn du willst, für diese

Nacht begnügen."

"Was soll ich in des Abtes Kammer machen," sprach Alessandro, ;,die so klein

ist, daß man nicht einmal einen seiner Mönche neben ihn hat betten können? Hätt'

ich das bedacht, ehe die Vorhänge zugezogen wurden, so hätten meinetwegen die

Mönche auf den Kornkisten liegen mögen und ich hätte mich da gebettet, wo sie

jetzt übernachten."

"Die Sache ist aber nun einmal nicht anders," sprach der Wirt, "und du wirst

dich dort so gut befinden wie anderswo. Der Abt schläft; die Vorhänge sind

zugezogen; ich lege dir leise eine Matratze hin, und du schläfst wie ein König."

 

Da Alessandro fand, daß die Sache sich einrichten ließ, ohne den Abt zu stören,

ließ er es sich gefallen und legte sich, so sacht er konnte, zur Ruhe. Der Abt

aber, der noch nicht eingeschlafen war, sondern seinen neu geweckten Gedanken

leidenschaftlich nachhing, hatte alles gehört, was Alessandro und der Wirt

miteinander sprachen, und hatte auch bemerkt, wo sich Alessandro schlafen legte.

Er war sehr froh darüber und dachte: Der Himmel hat meine Wünsche begünstigt,

und wenn ich mir diese Gelegenheit nicht zunutze mache, so kommt sie vielleicht

so bald nicht wieder. Er entschloß sich demnach, sie nicht fahren zu lassen, und

wie es ihm schien, daß alles im Hause schon im tiefen Schlummer lag, rief er den

Alessandro mit leiser Stimme und befahl ihm, sich neben ihn zu legen, was dieser

auch tat und sich, jedoch nicht ohne einigen Widerspruch, entkleidete und neben

ihm niederlegte. Der Abt fuhr ihm darauf mit der Hand über die bloße Brust, wie

wohl ein liebendes Mädchen seinem Liebhaber zu tun pflegt; worüber Alessandro

sich mächtig wunderte und nicht wußte, ob den Abt nicht irgendeine unerlaubte

Lust anwandele. Entweder, weil der Abt eine solche Besorgnis bei ihm vermuten

mußte oder Alessandro sie wirklich nicht verhehlen konnte, ward sie der Abt bald

gewahr und lächelte darüber, nahm die Hand des Alessandro und legte sie auf

seine eigene Brust, indem er sagte: "Alessandro, laß deinen unbegründeten

Verdacht fahren und erkenne hier, was ich bisher verbarg."

Alessandro fühlte, indem er seine Hand auf die Brust des Abtes legte, ein Paar

runde, zarte, feste Brüste, die aus lebendem Elfenbein schienen und die ihm bald

begreiflich machten, daß er neben einem Mädchen läge, und er war schon im

Begriff, sie, ohne eine weitere Aufmunterung zu erwarten, in seine Arme zu

schließen und zu küssen, wie sie ihm mit diesen Worten zuvorkam: "Ehe du dich

mir näherst, höre zuvor, was ich dir sagen will. Du weißt nunmehr, daß ich ein

Weib bin und kein Mann. Ich habe als Jungfrau das Haus meines Vaters verlassen,

in der Absicht, vom Papst mich vermählen zu lassen. Entweder, dein Glück oder

mein Unstern hat es so gefügt, daß ich neulich, wie ich dich zuerst sah, mich

dergestalt in dich verliebte, wie noch nie eine Frau geliebt hat. Sogleich

beschloß ich, dich und keinen andern zum Gemahl zu wählen. Willst du mich aber

nicht zu deinem Weibe, so entferne dich augenblicklich von mir und begib dich

zurück auf dein Lager."

Alessandro, der zwar nicht wußte, wer sie war, der aber Rücksicht nahm auf seine

Begleiter, und also nicht zweifelte, sie müsse sehr reich und vornehm sein, und

der überdies ihre Schönheit kannte, bedachte sich nicht lange, sondern

versicherte, daß er sich höchst glücklich schätzen würde, da sie es wünsche, ihr

Gemahl zu werden. Darauf richtete sie sich im Bett auf, vor einem Bilde, worauf

ein Kruzifix vorgestellt war, gab ihm einen Ring in die Hand und hieß ihm, mit

demselben sich feierlich mit ihr zu verloben, worauf sie beide den Überrest der

Nacht in zärtlicher und wonnevoller Umarmung miteinander zubrachten. Nachdem sie

für die Zukunft ihre Maßregeln verabredet hatten, stand Alessandro zeitig auf,

ging aus der Kammer, ohne daß jemand gewahr ward, wo er geschlafen hatte, und

machte sich mit unbeschreiblichem Vergnügen mit dem Abt und seinen Begleitern

wieder auf den Weg. Nach mancher Tagesreise gelangten sie miteinander endlich

nach Rom.

Nachdem sie sich dort einige Tage aufgehalten hatten, begab sich der Abt mit den

beiden Kavalieren und Alessandro geradeswegs zum Papst, den der Abt, nachdem er

ihm seine geziemende Ehrerbietung erwiesen hatte, folgendermaßen anredete:

",Heiliger Vater, Ihr wißt besser als irgendein anderer, daß ein jeder, der gut

und ehrbar in der Welt zu leben wünscht, jede Gelegenheit vermeiden muß, die ihn

zu andern Wegen verleiten könnte. Ich bin deswegen, um immer unangefochten leben

zu können, in der Tracht, in welcher ich vor Euch erscheine, und mit einem

großen Teil der Schätze meines Vaters, des Königs von England, heimlich

entflohen, weil er mich blutjunges Mädchen mit dem König von Schottland, einem

abgetakelten, steinalten Herrn, vermählen wollte. Deswegen machte ich mich auf

den Weg, um zu Euch zu kommen, damit Ihr mir einen Gemahl gebt. Mich bewog auch

nicht so sehr das Alter des Königs von Schottland zur Flucht, als vielmehr die

Besorgnis, es möchte mich die Schwachheit meiner Jugend verlocken, wenn ich mich

mit ihm vermählt hätte, etwas zu tun, das den göttlichen Gesetzen und dem

königlichen Blute meines Vaters zuwider wäre. Indem ich in dieser Absicht

hierher reiste, hat, wie ich glaube, Gott, der am besten weiß, was jedem not

tut, mir nach seiner Barmherzigkeit denjenigen zugeführt, den er mir zum Gemahl

bestimmte, nämlich diesen Jüngling" - und sie zeigte auf Alessandro - "der hier

neben mir steht und dessen hohe Tugenden und Sitten der einer Königin würdig

sind, wenngleich seine Geburt keiner königlichen gleichkommt. Ihn habe ich mir

erwählt, und ihn und keinen andern begehre ich zu meinem Gemahl, was auch die

Absicht meines Vaters oder anderer Leute sein mag. Und obwohl jetzt der erste

Beweggrund wegfällt, weswegen ich die Reise hierher unternahm, so gefiel es mir

doch, sie bis Ende fortzusetzen, teils um die heiligen und ehrwürdigen Stätten,

von welchen diese Stadt voll ist, und Eure Heiligkeit selbst zu besuchen, teils

auch, damit ich meine Vermählung mit Alessandro, die bisher nur im Angesicht

Gottes geschlossen war, auch vor Euch und mithin vor der ganzen Welt kundmache.

Deswegen bitte ich Euch demütigst, Euch dasjenige gefällig sein zu lassen, was

Gott und mir gefallen hat, und uns Euren Segen zu geben, damit wir durch ihn der

Zustimmung des da oben, dessen Statthalter Ihr seid, desto mehr versichert zu

Gottes und Eurer Ehre miteinander leben und dereinst sterben mögen."

Alessandro verwundene sich über die Maßen, wie er hörte, daß seine Gemahlin eine

Prinzessin von England sei, doch erfüllte es ihn mit heimlicher Freude. Allein

weit mehr verwundenen sich die beiden Kavaliere und waren so außer sich, daß sie

Alessandro und vielleicht auch der Prinzessin würden einen Schimpf angetan

haben, wenn sie sich anderswo als in Gegenwart des Papstes befunden hätten.

Andererseits wunderte sich der Papst ebenfalls über die Kleidung der Prinzessin

und über ihre Wahl; weil er aber sah, daß das Geschehene nicht mehr zu ändern

war, entschloß er sich, ihre Bitte zu gewähren. Er besänftigte demnach zuerst

die Kavaliere, deren Unwillen er bemerkte, und nachdem er sie mit der Prinzessin

und mit Alessandro versöhnt hatte, ordnete er an, was weiter geschehen solle,

und an einem gewissen, von ihm bestimmten Tage, an dem er alle Kardinäle und

andere vornehme Herren zu einem großen Feste hatte einladen lassen, stellte er

ihnen die Prinzessin im königlichen Schmucke vor, in welchem sie so schön und

liebenswürdig erschien, daß sie mit Recht von jedermann bewundert ward. Auch

Alessandro war prächtig gekleidet und zeigte in seinem Anstande und in seinen

Sitten nicht den Jüngling, der sich von Wucher ernährt hatte, sondern vielmehr

ein königliches Wesen, so daß ihm die beiden Kavaliere mit Ehrerbietung

begegneten; worauf der Papst die Vermählung feierlich begehen ließ und, nachdem

die Hochzeit mit vieler Pracht vollzogen war, dem Brautpaar seinen päpstlichen

Segen gab und sie entließ.

Es gefiel Alessandro und seiner Gemahlin, wie sie Rom verließen, nach Florenz zu

gehen, woselbst die Fama bereits die Nachricht von ihrer Verbindung verbreitet

hatte und wo sie von den Einwohnern mit großen Ehrenbezeigungen empfangen

wurden. Die Prinzessin ließ die drei Brüder wieder auf freien Fuß stellen,

nachdem sie ihre Schulden bezahlt und sie und ihre Gemahlinnen in alle ihre

Güter wieder eingesetzt hatte. Alessandro und seine Gemahlin nahmen mit

Einwilligung der andern den Agolante mit sich und verließen Florenz. Bei ihrer

Ankunft in Paris wurden sie vom König von Frankreich ehrenvoll empfangen. Von

dort gingen die beiden Kavaliere voraus nach England und vermochten den König,

die Prinzessin wieder zu Gnaden anzunehmen und sie und ihren Gemahl mit großer

Feierlichkeit zu empfangen. Er schlug ihn bald darauf mit großem Gepränge zum

Ritter und gab ihm die Grafschaft Cornwall zum Geschenk. Dieser aber bewies sein

großes Geschick und gab sich erfolgreich Mühe, Vater und Sohn wieder

auszusöhnen, welches dem Lande zum großen Heil gereichte und ihm die Herzen

aller Untertanen gewann. Agolante erhielt auch alles wieder, was man ihm

schuldig war, und kehrte mit bedeutendem Reichtum nach Florenz zurück, nachdem

ihn der Graf Alessandro vorher zum Ritter geschlagen hatte. Dieser lebte hernach

sehr geehrt und glücklich mit seiner Gemahlin. Der Sage nach eroberte er durch

seine Tapferkeit und Klugheit, und mit dem Beistande seines Schwiegervaters, das

Königreich Schottland und ward zum Könige darüber gekrönt.

 

 

 




zurück - vor

Index | Wörter: alphabetisch - Frequenz - rückläufig - Länge - Statistik | Hilfe | IntraText-Bibliothek

Best viewed with any browser at 800x600 or 768x1024 on Tablet PC
IntraText® (V89) - Some rights reserved by EuloTech SRL - 1996-2007. Content in this page is licensed under a Creative Commons License