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Johann Gottlieb Stephanie der Jüngere
Die Entführung aus dem Serail

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Zweiter Aufzug

 

Garten am Palast des Bassa Selim. An der Seite Osmins Wohnung.

 

N.8 Arie

 

BLONDE

Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln,

Gefälligkeit und Scherzen

Erobert man die Herzen

Der guten Mädchen leicht.

 

Doch mürrisches Befehlen,

Und Poltern, Zanken, Plagen

Macht, dass in wenig Tagen

So Lieb' als Treu' entweicht.

 

N.9 Duett

 

OSMIN

Ich gehe, doch rate ich dir,

den Schurken Pedrillo zu meiden.

 

BLONDE

Fort, pack' dich nicht mit mir,

Du weißt ja, ich kann es nicht leiden.

 

OSMIN

Versprich mir...

 

BLONDE

Was fällt dir da ein!

 

OSMIN

Zum Henker!

 

BLONDE

Fort, laß mich allein!

 

OSMIN

Wahrhaftig, kein Schritt von der Schwelle,

Bist du zu gehorchen mir schwörst.

 

BLONDE

Nicht soviel, du armer Geselle,

Und wenn du der Großmogul wärst.

 

OSMIN

O Engländer! Seid ihr nicht Toren,

Ihr laßt euern Weibern den Willen!

Wie isr man geplagt und geschoren,

Wenn soch eine zucht man erhält!

 

BLONDE

Ein Herz so in Freiheit geboren

Läßt niemals sich sklavisch behandeln;

Bleibt, wenn schon die Freiheit verloren,

Noch stoz auf sie, lachet der Welt!

 

Nun troll' dich!

 

OSMIN

So sprichst du mit mir?

 

BLONDE

Nicht anders!

 

OSMIN

Nun bleib' ich erst hier!

 

BLONDE

(stößt ihn fort)

Ein andermal! Jetzt mußt du gehen.

 

OSMIN

Wer hat solche Frechheit gesehen!

 

BLONDE

(stellt sich, als wollte sie ihm die Augen auskratzen)

Es ist um die Augen geschehen,

Wofern du noch länger verweilst!

 

OSMIN

(furchtsam zurückweichen)

Nur ruhig, ich will ja gern gehen,

Bevor du gar Schläge erteilst!

(Er geht ab)

 

N.10 Rezitativ und Arie

 

KONSTANZE

Welcher Wechsel herrscht in meiner Seele

Seit dem Tag, da uns das Schiksal trennte.

O Belmonte, hin sind die Freuden,

Die ich sonst an deiner Seite kannte!

Banger Sehnsucht Leiden

Wohnen nun dafür in der beklemmten Brust.

 

Traurigkeit ward mir zum Lose,

Weil ich dir entrissen bin.

Gleich der wurmzernagten Rose,

Gleich dem Gras im Wintermoose,

Welkt mein banges Leben hin.

 

Selbst der Luft darf ich nicht sagen

Meiner Seele bittern Schmerz,

Denn, unwillig ihn zu tragen,

Haucht sie alle meine Klagen

Wieder in mein armes Herz.

 

N.11 Arie

 

KONSTANZE

Martern aller Arten

Mögen meiner warten,

Ich verlache Qual und Pein.

Nichts soll mich erschüttern.

Nur dann würd' ich zittern,

Wenn ich untreu könnte sein.

Lass dich bewegen, verschone mich!

Des Himmels Segen belohne dich!

Doch du bist entschlossen.

Willig, unverdrossen,

Wähl ich jede Pein und Not.

Ordne nur, gebiete,

Lärme, tobe, wüte,

Zuletzt befreit mich doch der Tod.

 

N.12 Arie

 

BLONDE

Welche Wonne, welche Lust

Regt sich nun in meiner Brust!

Voller Freuden will ich springen,

Ihr die frohe Nachricht bringen;

Und mit lachet und mit Scherzen

Ihrem schwachen, kranken Herzen

Freud und Jubel prophezeihn.

 

N.13 Arie

 

PEDRILLO

Frisch zum Kampfe, frisch zum Streite!

Nur ein feiger Tropf verzagt.

Sollt' ich zittern, sollt' ich zagen?

Nicht mein Leben mutig wagen?

Nein, ach nein, es sei gewagt!

Nur ein feiger Tropf verzagt.

Frisch zum Kampfe! Frisch zum Streite!

 

N.14 Duett

 

PEDRILLO

Vivat Bacchus! Bacchus lebe!

Bacchus war ein braver Mann!

 

OSMIN

Ob ich's wage? Ob's ich trinke?

Ob's wohl Allah sehen kann?

 

PEDRILLO

Was hilft das Zaudern? Hinunter, hinunter!

Nicht lange, nicht lange gefragt!

 

OSMIN

Nun wär's geschehen, nun wär's hinunter!

Das heiß' ich, das heiß' ich gewagt!

 

BEIDE

Es leben die Mädchen,

die Blonden, die Braunen!

Sie leben noch!

 

PEDRILLO

Das schmeckt trefflich!

 

OSMIN

Das schmeckt herrlich!

 

BEIDE

Ah! das heiß' ich Göttertrank!

Vivat Bacchus!

Bacchus lebe!

Bacchus, der den Wein erfand!

 

N.15 Arie

 

BELMONTE

Wenn der Freude Tränen fliessen,

Lächelt Liebe dem Geliebten hold.

Von den Wangen sie zu küssen

Ist der Liebe schönster, grösster Sold.

 

Ach, Konstanze! Dich zu sehen,

Dich voll Wonne, voll Entzücken

An mein treues Herz zu drücken.

Lohnt fürwahr nicht Kron' und Pracht!

 

Ah, dieses sel'ge Wiederfinden

Lässt innig mich erst ganz empfinden,

Welchen Schmerz die Trennung macht.

 

N.16 Quartett

 

KONSTANZE

Ach, Belmonte! Ach, mein Leben!

 

BELMONTE

Ach, Konstanze! Ach, mein Leben!

 

KONSTANZE

Ist es möglich? Welch Entzücken,

Dich an meine Brust zu drücken

Nach so vieler Tage Leid!

 

BELMONTE

Welche Wonne, dich zu finden!

Nun muß aller Kummer schwinden!

O wie ist meon Herz erfreut!

 

KONSTANZE

Sieh, die Freudeträne fließen!

 

BELMONTE

Holde! Laß hinweg sie küssen!

 

KONSTANZE

Daß es doch die letzte sei!

 

BELMONTE

Ja, noch heute wirst du frei!

 

PEDRILLO

Also Blondchen, hast's verstanden?

Alles ist zur Flucht vorhanden,

Um Schlag Zwölfe sind wir da!

 

BLONDE

Unbesorgt! Es wird nichts fehlen,

Die Minuten werd' ich zählen,

Wär' der Augenblick schon da!

 

ALLE

Endlich schneit die Hoffnungssonne

Hell durchs trübe Firmament!

Voll Entzücken, Freud und Wonne

Sehn wir unsrer Leiden End'!

 

BELMONTE

Doch, ach! bei aller Lust

Empfindet meine Brust

Doch manch' geheime Sorgen!

 

KONSTANZE

Was ist es Liebster, sprich!

Geschwind, erkläre dich!

O halt mir nichts verborgen!

 

BELMONTE

Man sagt... man sagt... du seist...

 

(Belmonte und Konstanze sehen einander stillschweigend und furchtsam an)

 

KONSTANZE

Nun weiter?

 

PEDRILLO

(zeigt, daß er es wage, gehenkt zu werden)

Doch Blondchen, ach, die Leiter!

Bist du wohl soviel wert?

 

BLONDE

Hans Narr, schnappt's bei dir über?

Ei, hättest du nur lieber

Die Frage umgekehrt.

 

PEDRILLO

Doch Herr Osmin...

 

BLONDE

Laß hören!

 

KONSTANZE

Willst du dich nicht erklären?

 

BELMONTE

Man sagt...

 

PEDRILLO

Doch Herr Osmin...

 

BELMONTE

Du seist...

 

PEDRILLO

Doch Herr Osmin...

 

KONSTANZE

Nun weiter?

 

BLONDE

Laß hören!

 

KONSTANZE

Willst du dich nicht erklären?

 

BELMONTE

Ich will. Doch zürne nicht,

Wenn ich nach dem Gerücht,

Das ich gehört, es wage,

Dich zitternd, bebend frage,

Ob du den Bassa liebst?

 

PEDRILLO

(zu Blonde)

Hat nicht Osmin etwan,

Wie man fast glauben kann,

Sein Recht als Herr probieret

Und bei dir exerzieret?

Dann wär's ein schlechter Kauf!

 

KONSTANZE

(zu Belmonte)

O wie du mich betrübst!

(Sie weint)

 

BLONDE

(zu Pedrillo)

Da, nimm die Antwort drauf!

(gibt dem Pedrillo eine Ohrfeige)

 

PEDRILLO

(hält sich die Wange)

Nun bin ich aufgeklärt!

 

BELMONTE

Konstanze, ach vergib!

 

BLONDE

(geht zornig von Pedrillo)

Du bist mich gar nicht wert!

 

KONSTANZE

(seufzend sich von Belmonte wegwendend)

Ob ich dir treu verlieb?

 

BLONDE

(zu Konstanze)

Der Schlingel fragt gar an,

Ob ich ihm treu gelieben.

 

KONSTANZE

(zu Blonde)

Belmonte sagte man,

Ich soll den Bassa lieben!

 

PEDRILLO

(hält sich die Wange; zu Belmonte)

Daßnde ehrlich sei,

Schwör' ich bei allen Teufeln!

 

BELMONTE

(zu Pedrillo)

Konstanze ist mir treu,

Daran ist nicht zu zweifeln!

 

KONSTANZE, BLONDE

Wenn unsre Ehre wegen

Die Männer Argwohn hegen,

Verdächtig auf uns sehn,

Das ist nicht auszustehn!

 

BELMONTE, PEDRILLO

Sobald sich Weiber kränhen,

Daß wir sie untreu denken,

Dann sind sie wahrhaft treu,

Von allem Vorwurf frei!

 

PEDRILLO

Liebstes Bondchen, ach, verzeihe!

Sieh, ich bau' auf deine Treue

Mehr jetzt ja als auf meinen Kopf!

 

BLONDE

Nein, das kann ich dir nicht schenken,

Mich mit so was zu verdenken,

Mit dem alten, dummen Tropf!

 

BELMONTE

Ach, Konstanze! Ach, mein Leben!

Könntest du mir noch vergehen,

Daß ich diese Frage tat?

 

KONSTANZE

Belmonte, wie? Du könntest glauben,

Daß man dir dies Herz könnt' rauben,

Das nur dir geschlagen hat?

 

PEDRILLO, BELMONTE

Ach, verzeihe!

 

BELMONTE, PEDRILLO

Ich bereue!

 

KONSTANZE, BLONDE

Ich verzeihe deiner Reue!

 

ALLE

Wohl, es sei nun Abgetan!

Es lebe die Liebe!

Nur sie sei uns teuer;

Nichts fache das Feuer

Der Eifersucht an.

 




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