Garten am Palast des Bassa
Selim. An der Seite Osmins Wohnung.
N.8 Arie
BLONDE
Durch Zärtlichkeit und
Schmeicheln,
Gefälligkeit und Scherzen
Erobert man
die Herzen
Der guten
Mädchen leicht.
Doch mürrisches Befehlen,
Und Poltern, Zanken, Plagen
Macht, dass in wenig Tagen
So Lieb'
als Treu' entweicht.
N.9 Duett
OSMIN
Ich gehe, doch rate ich
dir,
den Schurken Pedrillo zu meiden.
BLONDE
Fort, pack' dich nicht mit
mir,
Du weißt ja,
ich kann es nicht leiden.
OSMIN
Versprich mir...
BLONDE
Was fällt dir da ein!
OSMIN
Zum Henker!
BLONDE
Fort, laß mich allein!
OSMIN
Wahrhaftig, kein Schritt
von der Schwelle,
Bist du
zu gehorchen mir schwörst.
BLONDE
Nicht soviel, du armer
Geselle,
Und wenn
du der Großmogul wärst.
OSMIN
O Engländer! Seid ihr nicht
Toren,
Ihr laßt euern Weibern den
Willen!
Wie isr man geplagt und
geschoren,
Wenn soch eine zucht man
erhält!
BLONDE
Ein Herz so in Freiheit
geboren
Läßt niemals sich sklavisch
behandeln;
Bleibt, wenn schon die
Freiheit verloren,
Noch stoz auf sie, lachet
der Welt!
Nun troll' dich!
OSMIN
So
sprichst du mit mir?
BLONDE
Nicht anders!
OSMIN
Nun bleib' ich erst hier!
BLONDE
(stößt
ihn fort)
Ein andermal! Jetzt mußt du gehen.
OSMIN
Wer hat solche Frechheit
gesehen!
BLONDE
(stellt
sich, als wollte sie ihm die Augen auskratzen)
Es ist
um die Augen geschehen,
Wofern du noch länger
verweilst!
OSMIN
(furchtsam
zurückweichen)
Nur ruhig, ich will ja gern gehen,
Bevor du gar Schläge
erteilst!
(Er geht ab)
N.10 Rezitativ und Arie
KONSTANZE
Welcher Wechsel herrscht in
meiner Seele
Seit dem
Tag, da uns das Schiksal trennte.
O Belmonte, hin sind die Freuden,
Die ich sonst an deiner Seite kannte!
Banger Sehnsucht Leiden
Wohnen
nun dafür in der beklemmten Brust.
Traurigkeit ward mir zum
Lose,
Weil ich dir entrissen bin.
Gleich der wurmzernagten
Rose,
Gleich dem Gras im
Wintermoose,
Welkt
mein banges Leben hin.
Selbst der Luft darf ich
nicht sagen
Meiner Seele bittern
Schmerz,
Denn, unwillig ihn zu
tragen,
Haucht sie alle meine
Klagen
Wieder in
mein armes Herz.
N.11 Arie
KONSTANZE
Martern aller Arten
Mögen meiner warten,
Ich
verlache Qual und Pein.
Nichts soll mich erschüttern.
Nur dann würd' ich zittern,
Wenn ich
untreu könnte sein.
Lass dich bewegen,
verschone mich!
Des Himmels Segen belohne
dich!
Doch du
bist entschlossen.
Willig, unverdrossen,
Wähl ich
jede Pein und Not.
Ordne nur, gebiete,
Lärme, tobe, wüte,
Zuletzt befreit mich doch der Tod.
N.12 Arie
BLONDE
Welche Wonne, welche Lust
Regt sich nun in meiner
Brust!
Voller Freuden will ich
springen,
Ihr die frohe Nachricht
bringen;
Und mit lachet und mit Scherzen
Ihrem schwachen, kranken
Herzen
Freud und
Jubel prophezeihn.
N.13 Arie
PEDRILLO
Frisch zum Kampfe, frisch zum Streite!
Nur ein feiger Tropf verzagt.
Sollt' ich zittern, sollt' ich zagen?
Nicht
mein Leben mutig wagen?
Nein, ach nein, es sei
gewagt!
Nur ein
feiger Tropf verzagt.
Frisch zum Kampfe! Frisch
zum Streite!
N.14 Duett
PEDRILLO
Vivat Bacchus! Bacchus
lebe!
Bacchus war ein braver
Mann!
OSMIN
Ob ich's wage? Ob's ich trinke?
Ob's wohl Allah
sehen kann?
PEDRILLO
Was hilft das Zaudern? Hinunter,
hinunter!
Nicht lange,
nicht lange gefragt!
OSMIN
Nun wär's geschehen, nun
wär's hinunter!
Das heiß' ich, das heiß'
ich gewagt!
BEIDE
Es leben die Mädchen,
die Blonden, die Braunen!
Sie leben noch!
PEDRILLO
Das schmeckt trefflich!
OSMIN
Das schmeckt herrlich!
BEIDE
Ah! das
heiß' ich Göttertrank!
Vivat Bacchus!
Bacchus lebe!
Bacchus, der den Wein
erfand!
N.15 Arie
BELMONTE
Wenn der Freude Tränen
fliessen,
Lächelt Liebe dem Geliebten
hold.
Von den Wangen sie zu
küssen
Ist der
Liebe schönster, grösster Sold.
Ach, Konstanze! Dich zu sehen,
Dich voll Wonne, voll
Entzücken
An mein treues Herz zu drücken.
Lohnt fürwahr nicht Kron'
und Pracht!
Ah, dieses sel'ge
Wiederfinden
Lässt innig mich erst ganz empfinden,
Welchen Schmerz die Trennung macht.
N.16 Quartett
KONSTANZE
Ach, Belmonte! Ach, mein
Leben!
BELMONTE
Ach, Konstanze! Ach, mein
Leben!
KONSTANZE
Ist es möglich? Welch Entzücken,
Dich an
meine Brust zu drücken
Nach so vieler Tage Leid!
BELMONTE
Welche Wonne, dich zu
finden!
Nun muß aller Kummer
schwinden!
O wie ist
meon Herz erfreut!
KONSTANZE
Sieh, die Freudeträne
fließen!
BELMONTE
Holde! Laß hinweg sie küssen!
KONSTANZE
Daß es doch die letzte sei!
BELMONTE
Ja, noch heute wirst du frei!
PEDRILLO
Also Blondchen, hast's
verstanden?
Alles ist
zur Flucht vorhanden,
Um Schlag Zwölfe sind wir da!
BLONDE
Unbesorgt! Es wird nichts
fehlen,
Die Minuten werd' ich
zählen,
Wär' der Augenblick schon
da!
ALLE
Endlich schneit die
Hoffnungssonne
Hell durchs trübe
Firmament!
Voll Entzücken, Freud und
Wonne
Sehn wir unsrer Leiden
End'!
BELMONTE
Doch, ach! bei aller Lust
Empfindet meine Brust
Doch manch' geheime Sorgen!
KONSTANZE
Was ist
es Liebster, sprich!
Geschwind, erkläre dich!
O halt mir nichts
verborgen!
BELMONTE
Man sagt... man sagt... du
seist...
(Belmonte und Konstanze
sehen einander stillschweigend und furchtsam an)
KONSTANZE
Nun
weiter?
PEDRILLO
(zeigt,
daß er es wage, gehenkt zu werden)
Doch Blondchen, ach, die Leiter!
Bist du wohl soviel wert?
BLONDE
Hans Narr, schnappt's bei
dir über?
Ei, hättest du nur lieber
Die Frage umgekehrt.
PEDRILLO
Doch Herr Osmin...
BLONDE
Laß hören!
KONSTANZE
Willst du
dich nicht erklären?
BELMONTE
Man sagt...
PEDRILLO
Doch Herr Osmin...
BELMONTE
Du seist...
PEDRILLO
Doch Herr Osmin...
KONSTANZE
Nun weiter?
BLONDE
Laß hören!
KONSTANZE
Willst du
dich nicht erklären?
BELMONTE
Ich will. Doch zürne nicht,
Wenn ich nach dem Gerücht,
Das ich gehört, es wage,
Dich zitternd, bebend
frage,
Ob du den
Bassa liebst?
PEDRILLO
(zu
Blonde)
Hat nicht Osmin etwan,
Wie man fast glauben kann,
Sein Recht als Herr probieret
Und bei
dir exerzieret?
Dann wär's ein schlechter
Kauf!
KONSTANZE
(zu Belmonte)
O wie du mich betrübst!
(Sie weint)
BLONDE
(zu Pedrillo)
Da, nimm die Antwort drauf!
(gibt
dem Pedrillo eine Ohrfeige)
PEDRILLO
(hält
sich die Wange)
Nun bin ich aufgeklärt!
BELMONTE
Konstanze, ach vergib!
BLONDE
(geht
zornig von Pedrillo)
Du bist mich gar nicht wert!
KONSTANZE
(seufzend
sich von Belmonte wegwendend)
Ob ich dir treu
verlieb?
BLONDE
(zu Konstanze)
Der Schlingel fragt gar an,
Ob ich ihm treu
gelieben.
KONSTANZE
(zu Blonde)
Belmonte sagte man,
Ich soll den Bassa lieben!
PEDRILLO
(hält
sich die Wange; zu Belmonte)
Daßnde ehrlich sei,
Schwör' ich bei allen Teufeln!
BELMONTE
(zu Pedrillo)
Konstanze ist mir treu,
Daran ist
nicht zu zweifeln!
KONSTANZE, BLONDE
Wenn unsre Ehre wegen
Die Männer Argwohn hegen,
Verdächtig auf uns sehn,
Das ist
nicht auszustehn!
BELMONTE, PEDRILLO
Sobald sich Weiber kränhen,
Daß wir sie untreu denken,
Dann sind
sie wahrhaft treu,
Von allem Vorwurf frei!
PEDRILLO
Liebstes Bondchen, ach,
verzeihe!
Sieh, ich bau' auf deine
Treue
Mehr jetzt ja als auf meinen Kopf!
BLONDE
Nein, das kann ich dir
nicht schenken,
Mich mit so was zu verdenken,
Mit dem alten, dummen
Tropf!
BELMONTE
Ach, Konstanze! Ach, mein
Leben!
Könntest du mir noch
vergehen,
Daß ich diese Frage tat?
KONSTANZE
Belmonte,
wie? Du könntest
glauben,
Daß man dir dies Herz
könnt' rauben,
Das nur
dir geschlagen hat?
PEDRILLO, BELMONTE
Ach, verzeihe!
BELMONTE, PEDRILLO
Ich bereue!
KONSTANZE, BLONDE
Ich verzeihe deiner Reue!
ALLE
Wohl, es sei nun Abgetan!
Es lebe die Liebe!
Nur sie sei uns teuer;
Nichts fache das Feuer
Der
Eifersucht an.
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