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Joseph von Sonnleithner
Fidelio

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  • AKT II
    • Szene 2. Leonore, Rocco, Florestan
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Szene 2. Leonore, Rocco, Florestan

 

LEONORE
Wie kalt ist es in diesem
unterirdischen Gewölbe!

ROCCO
Das ist natürlich,
es ist ja so tief!

LEONORE
Ich glaubte schon, wir würden
den Eingang gar nicht finden.

ROCCO
Da ist er.

LEONORE
Er scheint ganz ohne Bewegung.

ROCCO
Vielleicht ist er tot.

LEONORE
Ihr meint es ?

ROCCO
Nein, nein, er schlaft.
Das müssen wir benutzen,
und gleich ans Werk gehen,
wir haben keine Zeit zu verlieren.

LEONORE
Es ist unmöglich,
seine Züge zu unterscheiden.
Gott steh mir bei, wenn er es ist!

ROCCO
Hier unter diesen Trümmern
ist die Zisterne,
von der ich gesagt habe.
Wir brauchen nicht viel zu graben,
um an die Öffnung zu kommen,
gib mir eine Haue,
und du stelle dich hierher!
Du zitterst, fürchtest du dich?

LEONORE
O nein, es ist nur so kalt.

ROCCO
So mache fort, im Arbeiten
wird dir schon warm werden.

ROCCO
Nur hurtig fort,
nur frisch gegraben, es währt
nicht lang er kommt herein.

LEONORE
Ihr sollt ja nicht zu klagen haben,
ihr sollt gewiß zufrieden sein.

ROCCO
Komm, hilf, komm hilf
doch diesen Stein mit heben,
hab acht, hab acht, er hat Gewicht!

LEONORE
Ich helfe schon,
sorgt euch nicht,
ich will mir alle Mühe geben.

ROCCO
Ein wenig noch!

LEONORE
Geduld!

ROCCO
Er weicht!

LEONORE
Nur etwas noch!

ROCCO
Es ist nicht leicht!

ROCCO
Nur hurtig fort,
nur frisch gegraben, es währt
nicht lang er kommt herein.

LEONORE
Laßt mich nur wieder Kräfte haben,
wir werden bald zu Ende sein.
Wer du auch seist,
ich will dich retten,
bei Gott, bei Gott,
du sollst kein Opfer sein,
gewiß, gewiß,
ich löse deine Ketten ich
will du Armer, dich befrein!

ROCCO
Was zauderst du
in deiner Pflicht?

LEONORE
Mein Vater, nein, ich zauderst nicht!
Ihr sollt ja nicht zu klagen haben,
laßt mich nur wieder Kräfte haben,
denn mir wird keine Arbeit schwer.

LEONORE
Er erwacht!

ROCCO
Er erwacht, sagst du?

LEONORE
Ja, er hat eben den Kopf gehoben.

ROCCO
Ohne Zweifel wird er wieder
tausend Fragen an mich stellen.
Ich muß allein mit ihm reden.

LEONORE
Was in mir vorgeht,
ist unaussprechlich!

ROCCO
Nun, habt ihr wieder etwas geruht?

FLORESTAN
Geruht?
Wie fände ich Ruhe?

LEONORE
Diese Stimme!
Wenn ich nur einen Augenblick
sein Gesicht sehen könnte.

FLORESTAN
Werdet ihr immer bei
meinen Fragen taub sein,
grausamer Mann?

LEONORE
Gott, er ist's!

ROCCO
Was verlangt Ihr denn von
mir?
Ich vollziehe die Befehle,
die man mir gibt;
das ist mein Amt, meine Pflicht.

FLORESTAN
Sagt mir endlich einmal,
wer ist Gouverneur
dieses Gefängnisses?

ROCCO
Jetzt kann ich ihm ja ohne
Gefahr genug tun.
Der Gouverneur dieses Gefängnissen
ist Don Pizarro

FLORESTAN
Pizarro!

LEONORE
O Barbar !
Deine Grausamkeit gibt mir
meine Kräfte wieder.

FLORESTAN
Wenn Ihr mir dienen wolltet,
so schickt sobald als möglich
nach Sevilla,
fragt nach Leonore Florestan...

LEONORE
Gott, er ahnt nicht,
daß sie jetzt sein Grab gräbt.

FLORESTAN
Gebt ihr Nachricht,
daß ich hier in Ketten liege.

ROCCO
Es ist unmöglich, sag ich euch.
Ich würde mich ins Verderben stürzen,
ohne euch genützt zu haben.

FLORESTAN
Wenn ich denn verdammt bin,
mein Leben zu enden,
laßt mich nicht langsam
verschmachten.

LEONORE
O Gott,
wer kann das ertragen?

FLORESTAN
Aus Barmherzigkeit,
gib mir nur einen Tropfen Wasser,
das ist ja so wenig.

ROCCO
Es geht mir wider meinen
Willen zu Herzen.

LEONORE
Er scheint sich zu erweichen.

FLORESTAN
Du gibst mir keine Antwort?

ROCCO
Ich kann euch nicht verschaffen,
was Ihr verlangt.
Alles was ich euch anbieten kann,
ist ein Restchen Wein,
das ich im Krug habe. Fidelio!

LEONORE
Da ist er! Da ist er!

FLORESTAN
Wer ist das?

ROCCO
Mein Schließer,
und in wenigen Tagen mein Eidam.
Es ist freilich nur wenig Wein,
aber ich geb ihn euch gern.
Du bist ja ganz in Bewegung, du?

LEONORE
Wer sollt es nicht sein?

ROCCO
Es ist wahr, der Mensch hat
so eine Stimme...

LEONORE
Jawohl, sie dringt in die
Tiefe des Herzens.

FLORESTAN
Euch werde Lohn in bessern Welten,
der Himmel,
der Himmel hat euch mir geschickt,
o Dank, ihr habt mich süß erquickt,
ich kann die Wohltat,
ich kann sie nicht vergelten.

ROCCO
Ich labt ihn gern, den armen Mann,
es ist ja bald um ihn getan.
Ich tu, was meine Pflicht gebeut,
doch haß ich Grausamkeit.

LEONORE
Wie heftig pochet dieses Herz,
es wogt in Freud und
scharfem Schmerz.
Die hehre, bange Stunde winkt,
die Tod mir oder Rettung bringt.

FLORESTAN
Bewegt seh ich den Jüngling hier,
und Rührung zeigt
auch dieser Mann, o Gott,
o Gott, du sendest Hoffnung mir,
daß ich sie noch gewinnen kann.

LEONORE
Dies Stücken Brot, ja,
seit zwei Tagen trag
ich es Immer schon bei mir.

ROCCO
Ich möchte gern, doch sag ich dir,
das hieße wirklich zu viel wagen.

LEONORE
Ach !
Ihr labtet gern den armen Mann.

ROCCO
Das geht nicht an.

LEONORE
Es ist ja bald um ihn getan.

ROCCO
So sei es, so sei's,
du kannst es wagen.

LEONORE
Da nimm, da nimm das Brot,
du armer, du armer Mann!

FLORESTAN
O Dank dir, Dank.
Euch werde Lohn in bessern Welten,
der Himmel, der Himmel
hat euch mir geschickt, o Dank,
ihr habt mich süß erquickt,
ich kann die Wohltat,
ich kann sie nicht vergelten.

LEONORE
Der Himmel schicke Rettung dir,
dann wird mir hoher Lohn gewährt.

ROCCO
Mich rührte oft dein Leiden hier,
doch Hilfe,
doch Hilfe war mir streng verwehrt.

LEONORE
Ihr labt ihn gern, den armen Mann!

FLORESTAN
O daß ich euch nicht lohnen kann,
o Dank ich kann
die Wohltat nicht vergelten,
o Dank!

LEONORE
O mehr, als ich ertragen kann,
du armer Mann.

ROCCO
Alles ist bereit; ich gehe,
das Signal zu geben.

LEONORE
O Gott,
gib mir Mut und Stärke!

FLORESTAN
Wohin geht er?
Ist das der Vorbote meines Todes?

LEONORE
Nein, nein! Beruhige dich,
lieber Gefangner.

FLORESTAN
O meine Leonore!
So soll ich dich nie wieder sehen!

LEONORE
Mein ganzes Herz reißt
mich zu ihm hin!
Sei ruhig, sag ich dir!
Vergiß nicht,
was du auch hören und sehen magst,
vergiß nicht, daß überall
eine Vorsehung ist...ja,
ja, es giebt eine Vorsehung!





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