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Johannes Paulus II
Pastores gregis

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  • DRITTES KAPITEL LEHRER DES GLAUBENS UND HEROLD DES WORTES GOTTES
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DRITTES KAPITEL

LEHRER DES GLAUBENS UND
HEROLD DES WORTES GOTTES

 »Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium« (Mk 16, 15)

26. Seinen Aposteln erteilt der auferstandene Jesus den Auftrag, alle Völker »zu Jüngern zu machen« und sie zu lehren, alles zu befolgen, was er selbst ihnen geboten hat. Der Kirche, der Gemeinschaft der Jünger des gekreuzigten und auferstandenen Herrn, wird also feierlich die Aufgabe übertragen, allen Geschöpfen das Evangelium zu verkünden. Es ist eine Aufgabe, die bis ans Ende der Zeiten andauern wird. Von jenem ersten Anfang her ist es nicht mehr möglich, an eine Kirche ohne diesen Evangelisierungsauftrag zu denken. Das Bewußtsein dafür hat der Apostel Paulus mit den bekannten Worten bekundet: »Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deswegen nicht rühmen; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!« (1 Kor 9, 16).

Wenn die Pflicht zur Verkündigung des Evangeliums der ganzen Kirche und jedem ihrer Glieder zu eigen ist, so gilt das ganz besonders für die Bischöfe. Diese übernehmen am Tag der heiligen Weihe, die sie in die Apostolische Sukzession hineinstellt, als ihre hauptsächliche Aufgabe jene, das Evangelium zu verkündigen, und es so zu verkündigen, daß sie »in der Kraft des Geistes die Menschen zum Glauben rufen oder im lebendigen Glauben stärken« .100

Die Evangelisierungstätigkeit des Bischofs, deren Ziel es ist, die Menschen zum Glauben zu führen oder sie im Glauben zu stärken, bildet einen herausragenden Ausdruck seiner Vaterschaft. Er kann daher mit Paulus wiederholen: »Hättet ihr nämlich auch ungezählte Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter. Denn in Christus Jesus bin ich durch das Evangelium euer Vater geworden« (1 Kor 4, 15). Eben durch diese Dynamik, neues Leben gemäß dem Geist hervorzubringen, erweist sich das Bischofsamt in der Welt als Zeichen der Hoffnung für die Völker und für jeden Menschen.

Sehr passend haben deshalb die Synodenväter daran erinnert, daß der Verkündigung Christi stets der erste Platz zukommt und daß der Bischof durch sein Wort und durch das Zeugnis seines Lebens der erste Verkünder des Evangeliums ist. Er muß sich der Herausforderungen bewußt sein, die die gegenwärtige Stunde mit sich bringt, und den Mut haben, sich diesen zu stellen. Alle Bischöfe werden als Diener der Wahrheit diese ihre Aufgabe kraftvoll und mit Vertrauen wahrnehmen.101

Christus im Herzen des Evangeliums und des Menschen

27. Tatsächlich ragte in den Beiträgen der Synodenväter das Thema der Verkündigung des Evangeliums hervor. Sie haben wiederholt und auf verschiedenste Weise festgehalten, daß der lebendige Mittelpunkt in der Verkündigung des Evangeliums der für die Rettung aller Menschen gekreuzigte und auferstandene Christus ist.102

Christus ist in der Tat das Herz der Evangelisierung, deren Programm »letztlich in Christus selbst seine Mitte findet. Ihn gilt es kennenzulernen, zu lieben und nachzuahmen, um in ihm das Leben des Dreifaltigen Gottes zu leben und mit ihm der Geschichte eine neue Gestalt zu geben, bis sie sich im himmlischen Jerusalem erfüllt. Das Programm ändert sich nicht mit dem Wechsel der Zeiten und Kulturen, auch wenn es für einen echten Dialog und eine wirksame Kommunikation die Zeit und die Kultur berücksichtigt. Es ist unser Programm für das dritte Jahrtausend« .103

Von Christus, dem Herzen des Evangeliums, gehen alle anderen Glaubenswahrheiten aus, und von ihm erstrahlt die Hoffnung für alle Menschen. Denn Christus ist das Licht, das jeden Menschen erleuchtet, und jeder, der in ihm wiedergeboren wurde, empfängt die Erstlingsgaben des Geistes, durch die er fähig wird, das neue Gesetz der Liebe zu erfüllen.104

Der Bischof ist also kraft seiner apostolischen Sendung dazu befähigt, sein Volk in das Herz des Geheimnisses des Glaubens einzuführen, wo es der lebendigen Person Jesu Christi begegnen kann. Die Gläubigen werden so begreifen, daß alle christliche Erfahrung ihre Quelle und ihren unvergänglichen Bezugspunkt im Pascha Jesu hat, des Siegers über Sünde und Tod.105

Die Verkündigung des Todes und der Auferstehung des Herrn »muß folglich die prophetische Verkündigung eines Jenseits enthalten, das eine tiefe, endgültige Berufung des Menschen ist, die zugleich eine Fortsetzung und ein völliges Übersteigen des jetzigen Zustandes darstellt: jenseits der Zeit und der Geschichte, jenseits der Wirklichkeit dieser Welt, deren Gestalt vergeht [...] Die Evangelisierung enthält somit auch die Verkündigung einer Hoffnung auf die Verheißungen, die von Gott im Neuen Bund in Jesus Christus gegeben worden sind« .106

Der Bischof, Hörer und Bewahrer des Wortes

28. Indem es den von der Überlieferung der Kirche vorgezeichneten Weg fortsetzt, erklärt das Zweite Vatikanische Konzil, daß das den Bischöfen eigene Lehramt darin besteht, den Glauben heilig zu bewahren und mutig zu verkünden.107

Unter diesem Gesichtspunkt enthüllt sich in seinem ganzen Bedeutungsreichtum der im römischen Ritus der Bischofsweihe vorgesehene Gestus, bei dem das geöffnete Evangeliar über das Haupt des Erwählten gehalten wird: Damit soll einerseits zum Ausdruck gebracht werden, daß das Wort den Dienst des Bischofs umfängt und behütet, und andererseits, daß das Leben des Bischofs ganz dem Wort Gottes unterworfen sein muß in der täglichen Hingabe an die Verkündigung des Evangeliums in geduldiger Belehrung (vgl. 2 Tim 4). Auch die Synodenväter haben mehrmals daran erinnert, daß es der Bischof ist, der das Wort Gottes liebevoll bewahrt und mutig verteidigt, indem er von seiner Heilsbotschaft Zeugnis gibt. Tatsächlich geht der Sinn des bischöflichen munus docendi aus dem Wesen dessen hervor, was bewahrt werden soll, nämlich der Schatz des Glaubens.

Unser Herr Christus hat seiner Kirche in der Heiligen Schrift beider Testamente und in der Tradition den einen Schatz der göttlichen Offenbarung anvertraut, der gleichsam ein Spiegel ist, »in dem die Kirche Gott, von dem sie alles empfängt, auf ihrer irdischen Pilgerschaft anschaut, bis sie hingeführt wird, ihn von Angesicht zu Angesicht zu sehen, so wie er ist« .108  Dies ist im Gang der Jahrhunderte bis heute geschehen: Wenn die verschiedenen Gemeinden im Wechsel der Zeiten das immer neue und wirkungsvolle Wort annahmen, haben sie folgsam auf die Stimme des Heiligen Geistes gehört und sich bemüht, es in den aktuellen Zeitumständen der verschiedenen geschichtlichen Epochen lebendig und wirksam werden zu lassen. So ist das überlieferte Wort, die Tradition, immer bewußter zum Wort des Lebens geworden. Währenddessen wurde die Aufgabe seiner Verkündigung und seiner Bewahrung unter der Leitung und dem Beistand des Geistes der Wahrheit fortschreitend verwirklicht als ununterbrochene Übermittlung von allem, was die Kirche ist, und von allem, was sie glaubt.109

Diese Tradition, die ihren Ursprung von den Aposteln herleitet, schreitet im Leben der Kirche fort, wie das Zweite Vatikanische Konzil gelehrt hat. In ähnlicher Weise wächst und entfaltet sich das Verständnis der überlieferten Dinge und Worte, so daß im Festhalten am überlieferten Glauben, in seiner Verwirklichung und in seinem Bekenntnis einer einzigartiger Einklang zwischen Bischöfen und Gläubigen herrscht.110  Auf der Suche nach der Treue zu dem Geist, der in der Kirche spricht, begegnen sich die Gläubigen und die Hirten und festigen jene tiefen Glaubensbande, die gleichsam das erste Moment des sensus fidei darstellen. Es ist nützlich, diesbezüglich noch einmal die Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils zu hören: »Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung vom Heiligen Geist haben (vgl. 1 Joh 2, 10. 27), kann im Glauben nicht irren. Und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie ,,von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien'' ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert« .111

Darum ist das Leben der Kirche und das Leben in der Kirche für jeden Bischof die Voraussetzung für die Ausübung seines Lehramtes. Ein Bischof findet seine Identität und seinen Platz innerhalb der Gemeinschaft der Jünger des Herrn, in der er die Gabe des göttlichen Lebens und die erste Unterweisung im Glauben empfangen hat. Jeder Bischof muß, besonders wenn er von seinem Bischofsstuhl aus vor der Versammlung der Gläubigen sein Amt als Lehrer in der Kirche ausübt, mit dem heiligen Augustinus wiederholen können: »Von diesem Platz aus sind wir für euch Lehrer; aber unter dem einen Lehrer sind wir in dieser Schule alle zusammen Mitschüler« .112  In der Kirche, der Schule des lebendigen Gottes, sind alle, Bischöfe und Gläubige, Mitschüler, und alle bedürfen der Unterweisung durch den Geist.

Tatsächlich sind die Orte zahlreich, von denen aus der Geist seine innere Belehrung erteilt: zunächst das Herz jedes einzelnen und dann das Leben der verschiedenen Teilkirchen, in denen die vielfältigen Bedürfnisse der Menschen und der verschiedenen kirchlichen Gemeinschaften sichtbar werden und sich in bekannten, aber auch in anderen, neuen Sprachen bemerkbar machen.

Der Geist verschafft sich noch immer Gehör, während er in der Kirche unterschiedliche Formen von Charismen und Diensten weckt. Gewiß auch aus diesem Grund waren in der Synodenaula mehrmals Stimmen zu hören, die den Bischof nach dem Vorbild des Guten Hirten, der seine Schafe kennt und jedes bei seinem Namen ruft, zur direkten Begegnung und zum persönlichen Kontakt mit den Gläubigen aufforderten, die in den seiner Hirtensorge anvertrauten Gemeinden leben. Denn die häufige Begegnung des Bischofs vornehmlich mit seinen Priestern und dann mit den Diakonen, mit den Ordensleuten und ihren Kommunitäten, mit den gläubigen Laien, einzeln und in den verschiedenen Gruppierungen, hat große Bedeutung für die Ausübung eines wirksamen Dienstes inmitten des Volkes Gottes.

Der authentische und autoritative Dienst am Wort

29. Mit der Bischofsweihe hat jeder Bischof die grundlegende Sendung empfangen, mit Vollmacht das Wort zu verkünden. Denn jeder Bischof ist kraft der heiligen Weihe authentischer Lehrer, der dem ihm anvertrauten Volk den Glauben verkündet, der angenommen und im sittlichen Leben umgesetzt werden muß. Das heißt, die Bischöfe sind mit der Autorität Christi selbst ausgerüstet, und das ist der fundamentale Grund, weswegen »die Bischöfe, wenn sie in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof lehren, von allen als Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit zu verehren sind. Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi vorgetragenen Urteil ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen« .113  In diesem Dienst an der Wahrheit steht jeder Bischof der Gemeinde gegenüber, insofern er für die Gemeinde da ist, der er seine pastorale Sorge zuwendet und für die er eindringlich sein Gebet zu Gott erhebt.

Jeder Bischof gibt also das, was er gehört und aus dem Herzen der Kirche empfangen hat, seinen Brüdern zurück, für die er wie der Gute Hirt Sorge tragen muß. Der sensus fidei erreicht in ihm seine Vollständigkeit. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt nämlich: »Durch jenen Glaubenssinn, der vom Geist der Wahrheit geweckt und genährt wird, hält das Gottesvolk unter der Leitung des heiligen Lehramtes, in dessen treuer Gefolgschaft es nicht mehr das Wort von Menschen, sondern wirklich das Wort Gottes empfängt (vgl. 1 Thess 2, 13), den einmal den Heiligen übergebenen Glauben (vgl. Jud 3) unverlierbar fest. Durch ihn dringt es mit rechtem Urteil immer tiefer in den Glauben ein und wendet ihn im Leben voller an« .114  Es ist also ein Wort, das innerhalb der Gemeinde und ihr gegenüber nicht mehr einfach das Wort des Bischofs als Privatperson ist, sondern das Wort des Hirten, der den Glauben bestätigt, um das Geheimnis Gottes versammelt und Leben hervorbringt.

Die Gläubigen brauchen das Wort ihres Bischofs, sie brauchen die Bestätigung und die Läuterung ihres Glaubens. Die Synodenversammlung hat ihrerseits dieses Bedürfnis dadurch unterstrichen, daß sie einige spezifische Bereiche hervorhob, wo das besonders spürbar ist. Einen dieser Bereiche stellt das kerygma, die Erstverkündigung dar, die immer notwendig ist, um den Glaubensgehorsam zu wecken, die sich aber gerade in der von religiöser Gleichgültigkeit und Unwissenheit so vieler Christen gekennzeichneten Situation der heutigen Zeit als noch dringender erweist.115  Auch im Bereich der Katechese ist offensichtlich der Bischof der Katechet schlechthin. Die markante Rolle heiliger und großer Bischöfe, deren katechetische Texte noch heute voll Bewunderung konsultiert werden, ermutigt uns zu betonen, daß es die stets aktuelle Aufgabe des Bischofs ist, die oberste Leitung der Katechese zu übernehmen. Bei dieser Aufgabe soll er es nicht versäumen, auf den Katechismus der Katholischen Kirche zu verweisen.

Es gilt daher noch immer, was ich im Apostolischen Schreiben Catechesi tradendae geschrieben habe: »Ihr [Bischöfe] habt in euren Kirchen eine besondere Sendung; ihr seid dort die für die Katechese zuallererst Verantwortlichen« .116  Deshalb ist es Pflicht jedes Bischofs, in seiner Teilkirche die effektive Priorität einer aktiven und wirksamen Katechese zu gewährleisten. Ja, er muß selber seine Sorge um die Katechese durch direktes Eingreifen wahrnehmen, das darauf abzielt, eine echte Liebe für die Katechese zu wekken und zu pflegen.117

Im Wissen um seine Verantwortung im Bereich der Weitergabe des Glaubens und der Glaubenserziehung muß sich jeder Bischof dafür einsetzen, daß ein ähnlicher Eifer bei allen vorhanden ist, die aufgrund ihrer Berufung und Sendung zur Weitergabe des Glaubens bestellt sind. Es handelt sich um die Priester und Diakone, um die Gläubigen des geweihten Lebens, um die Familienväter und -mütter, um die pastoralen Mitarbeiter und insbesondere die Katecheten sowie auch um die Dozenten für Theologie und kirchliche Wissenschaften und die Lehrer für katholischen Religionsunterricht.118  Deshalb soll sich der Bischof sowohl um ihre grundlegende Ausbildung als auch um ihre ständige Fortbildung kümmern.

Besonders nützlich ist auch für diese seine Pflicht der offene Dialog und die Zusammenarbeit mit den Theologen, denen es obliegt, den unergründlichen Reichtum des Mysteriums Christi mit geeigneten Methoden zu vertiefen. Mögen es die Bischöfe nicht versäumen, den Theologen wie auch den Schulen und akademischen Lehranstalten, an denen diese tätig sind, Ermutigung und Unterstützung zu bieten, damit sie ihre Arbeit als Dienst am Volk Gottes in Treue zur Tradition und mit Achtsamkeit gegenüber den Erfordernissen der Geschichte erfüllen.119  Wenn immer es angebracht ist, sollen die Bischöfe mit Standhaftigkeit die Einheit und Unversehrtheit des Glaubens verteidigen und hierbei mit Vollmacht beurteilen, was dem Wort Gottes mehr oder weniger entspricht.120

Die Synodenväter haben die Aufmerksamkeit der Bischöfe auch auf ihre lehramtliche Verantwortung im Bereich der Moral gelenkt. Die von der Kirche aufgestellten Vorschriften spiegeln die göttlichen Gebote wider, die ihre Zusammenfassung und ihre Krönung im Liebesgebot des Evangeliums finden. Das Ziel, das jede göttliche Vorschrift anstrebt, ist das höchste Wohl des Menschen. Auch heute gilt die Empfehlung aus dem Buch Deuteronomium: »Ihr sollt nur auf dem Weg gehen, den der Herr, euer Gott, euch vorgeschrieben hat, damit ihr Leben habt und es euch gut geht« (5, 33). Man darf zudem nicht vergessen, daß die Zehn Gebote fest in der menschlichen Natur selbst verwurzelt sind und daß darum die Werte, die sie verteidigen, universale Gültigkeit besitzen. Das gilt besonders für das menschliche Leben, das von seiner Empfängnis bis zu seinem Ende durch den natürlichen Tod verteidigt werden muß, die Freiheit der Menschen und Völker, die soziale Gerechtigkeit und die Strukturen zu deren Durchsetzung.121

Der bischöfliche Dienst für die Inkulturation des Evangeliums

30. Die Evangelisierung der Kultur und die Inkulturation des Evangeliums sind ein wesentlicher Bestandteil der Neuevangelisierung und somit eine Aufgabe gerade des Bischofsamtes. Diesbezüglich griff die Synode einige meiner früheren Äußerungen auf und wiederholte: »Ein Glaube, der nicht zur Kultur wird, ist kein voll akzeptierter, ganzheitlich durchdachter und getreu ins Leben umgesetzter Glaube« .122

Es handelt sich in Wirklichkeit um eine alte und stets neue Aufgabe, die ihren Ursprung im Geheimnis der Inkarnation hat und ihren Grund in der dem Evangelium innewohnenden Fähigkeit, in jeder Kultur Wurzeln zu schlagen, ihr Form zu geben und sie zu fördern, sie zu läutern und sie für die Fülle von Wahrheit und Leben zu öffnen, die in Christus Jesus Wirklichkeit geworden ist. Große Aufmerksamkeit wurde diesem Thema während der Kontinentalsynoden geschenkt, von denen wertvolle Hinweise kamen. Ich selbst habe mich bei mehreren Gelegenheiten damit befaßt.

Jeder Bischof wird daher in Anbetracht der auf dem Gebiet seiner Teilkirche vorhandenen Kulturwerte eifrig darum bemüht sein, daß das Evangelium unversehrt und unverkürzt verkündet wird, um das Herz der Menschen und die Bräuche der Völker zu formen. Eine wertvolle Hilfe in diesem Unterfangen der Evangelisierung wird für ihn der Beitrag der Theologen sein, ebenso wie der Beitrag der Fachleute bei der Bewertung des kulturellen, künstlerischen und historischen Erbes der Diözese: Dies betrifft sowohl die alte wie die neue Evangelisierung und stellt ein wirksames pastorales Instrument dar.123

Von großer Bedeutung für die Verkündigung des Evangeliums auf jedem »neuen Areopag« und für die Weitergabe des Glaubens sind ebenfalls die sozialen Kommunikationsmittel. Auch diesen galt die Aufmerksamkeit der Synodenväter, die die Bischöfe zu einer größeren Zusammenarbeit zwischen den Bischofskonferenzen sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene ermutigt haben, damit sich daraus eine qualifiziertere Tätigkeit auf diesem heiklen und wertvollen Gebiet des sozialen Lebens ergebe.124

Wo es um die Verkündigung des Evangeliums geht, ist es in der Tat wichtig, sich außer um deren Rechtgläubigkeit auch um eine einprägsame Präsentation zu kümmern, die dem Hören und der Aufnahme der Verkündigung förderlich ist. Dies schließt offensichtlich die Verpflichtung ein, besonders in den Seminaren einen angemessenen Zeitraum für die Ausbildung der Priesteramtskandidaten im Gebrauch der sozialen Kommunikationsmittel einzuplanen, damit die zur Evangelisation Berufenen gute Verkündiger und gute Kommunikatoren werden.

Predigen durch Wort und Beispiel

31. Der Dienst des Bischofs als Verkünder des Evangeliums und Bewahrer des Glaubens im Volk Gottes wäre nicht vollständig dargestellt, würde der Hinweis auf die Verpflichtung zur persönlichen Glaubwürdigkeit fehlen: Seine Lehrtätigkeit setzt sich im Zeugnis und im Beispiel eines echten Glaubenslebens fort. Würde der Bischof, der mit einer im Namen Jesu Christi ausgeübten Autorität 125  das in der Gemeinde gehörte Wort lehrt, selber nicht leben, was er lehrt, gäbe er der Gemeinde selbst eine widersprüchliche Botschaft.

Es erscheint somit klar, daß sämtliche Aktivitäten des Bischofs auf die Verkündigung des Evangeliums, »eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt« (Röm 1, 16), ausgerichtet sein müssen. Seine wesentliche Aufgabe ist es, dem Volk Gottes dabei zu helfen, dem Wort der Offenbarung Glaubensgehorsam entgegenzubringen (vgl. Röm 1, 5) und die Lehre Christi vollständig anzunehmen. Man könnte sagen, im Bischof verbinden sich Sendung und Leben in einer Weise, daß man dabei nicht mehr an zwei verschiedene Dinge denken darf: Wir Bischöfe sind unsere Sendung. Erfüllten wir sie nicht, wären wir nicht mehr wir selbst. Im Zeugnis unseres Glaubens wird unser Leben zum sichtbaren Zeichen der Gegenwart Christi in unseren Gemeinden.

Das Lebenszeugnis wird für den Bischof gleichsam ein neuer Ausweis von Autorität, der sich an die in der Weihe empfangene objektive Gegebenheit annähert. So tritt an die Seite der Autorität das Ansehen. Beides ist nötig. Denn aus dem einen ersteht die objektive Forderung, daß die Gläubigen an der authentischen Lehre des Bischofs festhalten; der zweite Aspekt erleichtert es ihnen, Vertrauen in die Botschaft zu setzen. Ich möchte in diesem Zusammenhang anführen, was ein großer Bischof der antiken Kirche, der heilige Hilarius von Poitiers, geschrieben hat: »Der selige Apostel Paulus, der das Idealbild eines zukünftigen Bischofs definieren und durch seine Lehren einen völlig neuen Kirchenmann formen wollte, erklärte, was bei ihm sozusagen das Maximum an Vollkommenheit wäre. Er sagte, daß der Bischof eine sichere, mit dem Lehramt übereinstimmende Lehre bekennen müsse, um zur gesunden Lehre auffordern und die Gegner widerlegen zu können. [...] Einerseits wird ein Diener von untadeligem Leben, wenn er nicht gebildet ist, höchstens sich selbst von Nutzen sein; andererseits wird ein gebildeter Diener ohne Autorität in seiner Lehre sein, wenn sich sein Leben nicht als untadelig erweist« .126

Der Apostel Paulus gebraucht folgende Worte, um die zu befolgende Verhaltensweise festzulegen: »Gib selbst ein Beispiel durch gute Werke. Lehre die Wahrheit unverfälscht und mit Würde, mit gesunden, unanfechtbaren Worten; so wird der Gegner beschämt und kann nichts Schlechtes über uns sagen« (Tit 2, 7-8).




100 II. Vatikanisches Konzil, Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche Christus Dominus, 12; vgl. Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 25.



101 Vgl. Propositiones 14; 15.



102 Vgl. Propositio 14.



103 Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6. Januar 2001), 29: AAS 93 (2001), 285-286.



104 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et spes, 22.



105 Vgl. Propositio 15.



106 Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8. Dezember 1975), 28: AAS 68 (1976), 24.



107 Vgl. Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 25; Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 10; Codex des kanonischen Rechtes, can. 747 § 1; Gesetzbuch für die katholischen Ostkirchen, can. 595 § 1.



108 II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 7.



109 Vgl. ebd., 8.



110 Vgl. ebd., 10.



111 Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 12.



112 Enarrationes in Psalmos 126, 3: PL 37, 1669.



113 II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen gentium, 25.



114 Ebd., 12.



115 Vgl. Propositio 15.



116 Nr. 63: AAS 71 (1979), 1329.



117 Vgl. Kongregation fÜr den Klerus, Allgemeines Direktorium für die Katechese (15. August 1997), 223: Enchiridion Vaticanum 16 (1997), Nr. 1053.



118 Vgl. Propositio 15.



119 Vgl. Propositio 47.



120 Vgl Kongregation fÜr die Glaubenslehre, Instruktion Donum veritatis (24. Mai 1990), 19: AAS 82 (1990), 1558; Codex des kanonischen Rechtes, can. 386 § 2; Gesetzbuch für die katholischen Ostkirchen, can. 196 § 2.



121 Vgl. Propositio 16.



122  Ansprache an die Teilnehmer des nationalen Kongresses der Kirchlichen Bewegung für die Kulturaufgaben (16. Januar 1982), 2: Insegnamenti V/1 (1982), 131; vgl. Propositio 64.



123 Vgl. Propositio 65.



124 Vgl. Propositio 66.



125 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche Offenbarung Dei verbum, 10.



126  De Trinitate, VIII, 1: PL 10, 236.






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