Ruf des Glaubens
Bei jeder Feier des
göttlichen Opfers ruft der Priester, nachdem er Brot und Wein konsekriert
und sie in Leib und Blut Christi verwandelt hat: »Geheimnis des Glaubens!« Es
ist ein Wunder, das die Anbetung auslöst, auch wenn sich für die
irdischen Augen scheinbar nichts verändert hat. In seiner Enzyklika gibt
der Heilige Vater dem Wunsch Ausdruck, sich mit uns »in Anbetung vor dieses
Mysterium zu begeben: das große Geheimnis, das Geheimnis der
Barmherzigkeit« (11). Und er fügt hinzu: »Was hätte Jesus noch mehr
für uns tun können? In der Eucharistie zeigt er uns wirklich eine
Liebe, die bis zur Vollendung (Joh 13,1) geht, eine Liebe, die kein
Maß kennt.«
Die hl. Messe ist das
Gedächtnis des Opfers am Kreuz. »Die Kirche lebt unaufhörlich vom
Erlösungsopfer. Ihm nähert sie sich nicht nur durch ein
gläubiges Gedenken, sie tritt mit ihm auch wirklich in Kontakt. Denn
dieses Opfer wird gegenwärtig und dauert auf sakramentale Weise in jeder
Gemeinschaft fort, in der es durch die Hände des geweihten Priesters
dargebracht wird. Auf diese Weise wendet die Eucharistie den Menschen von heute
die Versöhnung zu, die Christus ein für allemal für die Menschen
aller Zeiten erworben hat. In der Tat: Das Opfer Christi und das Opfer der
Eucharistie sind ein einziges Opfer (KKK 1367)« (12).
Die Eucharistie ist Opfer im
eigentlichen Sinn und in erster Linie Gabe Christi an den Vater: »Ein Opfer,
das der Vater angenommen hat, indem er für die Ganzhingabe seines Sohnes,
der gehorsam wurde bis zum Tod (Phil 2,8), die ihm als Vater eigene
Gabe zurückschenkte, d.h. ein neues, ewiges Leben in der Auferstehung.« »Indem
Christus der Kirche sein Opfer schenkte, wollte er sich auch das geistliche
Opfer der Kirche zu eigen machen, die berufen ist, mit dem Opfer Christi auch
sich selbst darzubringen« (13).
Der Heilige Vater unterstreicht
besonders, daß »das eucharistische Opfer nicht nur das Mysterium vom
Leiden und Tod des Erlösers gegenwärtig macht, sondern auch das
Mysterium der Auferstehung, in der das Opfer seine Vollendung findet. Weil
Christus lebt und auferstanden ist, kann er sich in der Eucharistie zum Brot
des Lebens (Joh 6,35.48), zum lebendigen Brot (Joh 6,51)
machen« (14).
Die Darbringung des Opfers ist
daher Quelle eines neuen Lebens. In Fülle verwirklicht sich die
heilbringende Wirkung des Opfers in der Kommunion: »Wir empfangen ihn selbst,
der sich für uns hingegeben hat, seinen Leib, den er für uns am Kreuz
dargebracht hat, sein Blut, das er für viele vergossen hat zur
Vergebung der Sünden (Mt 26,28)« (16).
»Durch die Teilhabe an seinem
Leib und an seinem Blut teilt Christus uns auch seinen Geist mit« (17).
»Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes, und erfülle
uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in
Christus. So läßt Christus durch die Gabe seines Leibes und seines
Blutes in uns die Gabe seines Geistes wachsen, der uns schon in der Taufe
eingegossen und im Sakrament der Firmung als Siegel geschenkt wurde.«
Außerdem lassen uns die
Worte »bis du kommst in Herrlichkeit « besser die eschatologische Perspektive
der Eucharistie erschließen: »Die Eucharistie bedeutet Spannung auf das
Ziel hin, Vorgeschmack der vollkommenen Freude, die Christus versprochen hat
(vgl. Joh 15,11); in gewisser Weise ist sie Vorwegnahme des Paradieses,
Unterpfand der künftigen Herrlichkeit« (18).
Diese Aussicht, die uns auf die
Gemeinschaft mit der himmlischen Kirche – die wir immer im Geist und im Herzen
haben sollen – hin öffnet, mag uns noch in weiter Ferne scheinen, sie
spornt aber »unseren Verantwortungssinn für die gegenwärtige Welt«
an, indem sie »in die tägliche Arbeit und Pflicht eines jeden einen Samen
lebendiger Hoffnung legt« (20).
Der Aufruf zum Verantwortungssinn
gilt für alle. Bei uns Priestern findet er einen noch spezielleren
Widerhall. Jede Eucharistiefeier ist dazu bestimmt, das Gewissen derer zu
wecken, die daran teilnehmen. Für den Priester erwacht die Verantwortung
für eine Welt, die durch die Eucharistie verändert, verwandelt werden
soll. Wenn der Priester die Worte: »Geheimnis des Glaubens« spricht oder
hört, versteht er besser, daß dieser Ruf des Glaubens ihn zu einer
Welt hin drängt, in der Christus Wunder wirkt und ihn die missionarische
Dringlichkeit und Unaufschiebbarkeit spüren läßt, sein Reich
überall zu verbreiten.
Er empfängt eine neue
Erleuchtung über seine priesterliche Sendung, mit der er betraut wurde,
und über die Rolle, die er übernehmen muß, damit die Kraft der
Eucharistie in jedem Menschen alle ihre Wirkungen hervorbringen kann. Dem
Priester obliegt die Verantwortung für den Aufbau einer neuen Gesellschaft
in Christus. Er hat insbesondere die Möglichkeit, in der aus jeder
Konsekration, die Brot und Wein in den Leib und das Blut des Herrn verwandelt,
hervorgehenden neuen Gegenwart ein Glaubenszeugnis zu geben.
Das Wunder dieser Gegenwart
öffnet in der Seele des Priesters die Tür zu einer neuen Hoffnung,
die alle Hindernisse überwindet, die sich auf dem Weg seines Dienstamtes,
das oft Konflikten und Prüfungen ausgesetzt ist, angehäuft haben.
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